Wir sind an den Untersatz gar nicht gewöhnt, weil es scheint, als müßten wir alle Steine durch die Mu- sterung gehen lassen, um den Magneten darunter zu finden. Hingegen, daß der Magnet ein Stein ist, ist ein Satz, der uns ungleich natürlicher einfällt, und kein Besinnen erfordert. So auch: Ein Zirkel ist kein Viereck. Denn ein Zirkel ist rund, das Viereck nicht. Dieser Beweis in der ersten Figur würde so lauten:
Was nicht rund ist, ist kein Zirkel;
Ein Viereck ist nicht rund;
Folglich etc.
Hier ist der Obersatz mittelst eines Termini infiniti umgekehrt, und seine Wahrheit wird uns nur durch das Bewußtseyn einleuchtender, daß alle Zirkel rund sind. Denn ohne diesen Satz würden wir anstehen, ob, weil doch unzählig viele Sachen nicht rund sind, der Zirkel nicht etwann auch darunter gehöre? Man denkt, nein, weil man weis, daß er rund ist.
§. 231.
Man sieht demnach hieraus, daß wir jede Schluß- figur da gebrauchen, wo uns die Sätze, so wie sie jede Figur erfordert, bekannter und geläufiger sind. Dem- nach beruht der Unterschied der Figuren nicht nur auf ihrer Form, sondern er dehnt sich in Absicht auf ihren Gebrauch auch auf die Sache selbst aus, und jede gebrauchen wir da, wo sie natürlicher ist; Die erste zur Erfindung oder Beweis der Eigen- schaften eines Dinges, die andre zur Erfin- dung oder Beweis des Unterschieds der Dinge, die dritte zu Erfindung und Beweis der Bey-
spiele
IV. Hauptſtuͤck,
Oberſatz. Alle Magneten ziehen Eiſen an.
Unterſatz. Einige Steine ſind Magneten.
Schluß. Einige Steine ziehen Eiſen an.
Wir ſind an den Unterſatz gar nicht gewoͤhnt, weil es ſcheint, als muͤßten wir alle Steine durch die Mu- ſterung gehen laſſen, um den Magneten darunter zu finden. Hingegen, daß der Magnet ein Stein iſt, iſt ein Satz, der uns ungleich natuͤrlicher einfaͤllt, und kein Beſinnen erfordert. So auch: Ein Zirkel iſt kein Viereck. Denn ein Zirkel iſt rund, das Viereck nicht. Dieſer Beweis in der erſten Figur wuͤrde ſo lauten:
Was nicht rund iſt, iſt kein Zirkel;
Ein Viereck iſt nicht rund;
Folglich ꝛc.
Hier iſt der Oberſatz mittelſt eines Termini infiniti umgekehrt, und ſeine Wahrheit wird uns nur durch das Bewußtſeyn einleuchtender, daß alle Zirkel rund ſind. Denn ohne dieſen Satz wuͤrden wir anſtehen, ob, weil doch unzaͤhlig viele Sachen nicht rund ſind, der Zirkel nicht etwann auch darunter gehoͤre? Man denkt, nein, weil man weis, daß er rund iſt.
§. 231.
Man ſieht demnach hieraus, daß wir jede Schluß- figur da gebrauchen, wo uns die Saͤtze, ſo wie ſie jede Figur erfordert, bekannter und gelaͤufiger ſind. Dem- nach beruht der Unterſchied der Figuren nicht nur auf ihrer Form, ſondern er dehnt ſich in Abſicht auf ihren Gebrauch auch auf die Sache ſelbſt aus, und jede gebrauchen wir da, wo ſie natuͤrlicher iſt; Die erſte zur Erfindung oder Beweis der Eigen- ſchaften eines Dinges, die andre zur Erfin- dung oder Beweis des Unterſchieds der Dinge, die dritte zu Erfindung und Beweis der Bey-
ſpiele
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IV. Hauptſtuͤck,
Oberſatz. Alle Magneten ziehen Eiſen an.
Unterſatz. Einige Steine ſind Magneten.
Schluß. Einige Steine ziehen Eiſen an.
Wir ſind an den Unterſatz gar nicht gewoͤhnt, weil
es ſcheint, als muͤßten wir alle Steine durch die Mu-
ſterung gehen laſſen, um den Magneten darunter zu
finden. Hingegen, daß der Magnet ein Stein iſt,
iſt ein Satz, der uns ungleich natuͤrlicher einfaͤllt, und
kein Beſinnen erfordert. So auch: Ein Zirkel iſt
kein Viereck. Denn ein Zirkel iſt rund, das Viereck
nicht. Dieſer Beweis in der erſten Figur wuͤrde ſo
lauten:
Was nicht rund iſt, iſt kein Zirkel;
Ein Viereck iſt nicht rund;
Folglich ꝛc.
Hier iſt der Oberſatz mittelſt eines Termini infiniti
umgekehrt, und ſeine Wahrheit wird uns nur durch
das Bewußtſeyn einleuchtender, daß alle Zirkel rund
ſind. Denn ohne dieſen Satz wuͤrden wir anſtehen,
ob, weil doch unzaͤhlig viele Sachen nicht rund
ſind, der Zirkel nicht etwann auch darunter gehoͤre?
Man denkt, nein, weil man weis, daß er rund iſt.
§. 231.
Man ſieht demnach hieraus, daß wir jede Schluß-
figur da gebrauchen, wo uns die Saͤtze, ſo wie ſie jede
Figur erfordert, bekannter und gelaͤufiger ſind. Dem-
nach beruht der Unterſchied der Figuren nicht nur
auf ihrer Form, ſondern er dehnt ſich in Abſicht auf
ihren Gebrauch auch auf die Sache ſelbſt aus, und
jede gebrauchen wir da, wo ſie natuͤrlicher iſt; Die
erſte zur Erfindung oder Beweis der Eigen-
ſchaften eines Dinges, die andre zur Erfin-
dung oder Beweis des Unterſchieds der Dinge,
die dritte zu Erfindung und Beweis der Bey-
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/162>, abgerufen am 29.11.2024.
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