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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem sinnlichen Schein.
Scheins haben, und uns statt der wahren Unterschie-
de der Arten
noch immer nur mit Kennzeichen be-
gnügen müssen, wenn wir sie mit Worten kenntlich ma-
chen wollen. Denn der Anblick, und überhaupt die
Empfindungen, machen uns dieselbe durch ihre Bilder
(§. 5.) auf eine ganz individuale Art (§. 74. 76.) be-
kannt, und wir dürfen dabey weiter nichts, als mit die-
sen Empfindungen die Namen verbinden. Sollen sie
aber durch Worte kenntlich gemacht werden, so nehmen
wir die in die Sinnen fallenden Theile, Figur etc. da-
durch sie am kenntlichsten sind, wie z. E. bey den Edel-
gesteinen, die Figur, welche sie durch die Chrystallisation
erhalten, bey den Kräutern die Anzahl, Figur und La-
ge der Blätter, Staubfäden etc. ihrer Blumen. Solche
Beschreibungen dienen aber nur, die Arten kenntlich zu
machen, ohne uns von ihrem Wesen, Eigenschaften,
Wirkungen, Verhältnissen etc. das geringste anzugeben,
als welches durch Versuche gefunden werden muß, weil
der Weg, es aus solchen Kennzeichen zu schließen, zu
weit, und noch unbekannt, und vermuthlich auch nicht
zureichend ist.

§. 81. Jn so ferne die Begriffe der Ausdehnung,
Solidität
und Beweglichkeit, die Grundlage zu
der wahren physischen Sprache sind, in so ferne dient
auch alles, was wir von der scheinbaren Gestalt der
Körper mit diesen Eigenschaften derselben in Verbin-
dung bringen können, zu der Vergleichung und Ver-
bindung der wahren Sprache und der Sprache des
Scheins. Letztere müssen wir gebrauchen, wo uns die
Körper noch weiter nicht als nach den Empfindungen
bekannt sind, und sich uns folglich nur noch durch den
Schein kenntlich machen. Wir können sie auch ge-
brauchen, weil dieser Schein real, und an Gesetze ge-
bunden ist, und weil das Jndividuale in den Körpern
auch den objectiven Schein derselben individual macht

(§. 74.).
R 5

Von dem ſinnlichen Schein.
Scheins haben, und uns ſtatt der wahren Unterſchie-
de der Arten
noch immer nur mit Kennzeichen be-
gnuͤgen muͤſſen, wenn wir ſie mit Worten kenntlich ma-
chen wollen. Denn der Anblick, und uͤberhaupt die
Empfindungen, machen uns dieſelbe durch ihre Bilder
(§. 5.) auf eine ganz individuale Art (§. 74. 76.) be-
kannt, und wir duͤrfen dabey weiter nichts, als mit die-
ſen Empfindungen die Namen verbinden. Sollen ſie
aber durch Worte kenntlich gemacht werden, ſo nehmen
wir die in die Sinnen fallenden Theile, Figur ꝛc. da-
durch ſie am kenntlichſten ſind, wie z. E. bey den Edel-
geſteinen, die Figur, welche ſie durch die Chryſtalliſation
erhalten, bey den Kraͤutern die Anzahl, Figur und La-
ge der Blaͤtter, Staubfaͤden ꝛc. ihrer Blumen. Solche
Beſchreibungen dienen aber nur, die Arten kenntlich zu
machen, ohne uns von ihrem Weſen, Eigenſchaften,
Wirkungen, Verhaͤltniſſen ꝛc. das geringſte anzugeben,
als welches durch Verſuche gefunden werden muß, weil
der Weg, es aus ſolchen Kennzeichen zu ſchließen, zu
weit, und noch unbekannt, und vermuthlich auch nicht
zureichend iſt.

§. 81. Jn ſo ferne die Begriffe der Ausdehnung,
Soliditaͤt
und Beweglichkeit, die Grundlage zu
der wahren phyſiſchen Sprache ſind, in ſo ferne dient
auch alles, was wir von der ſcheinbaren Geſtalt der
Koͤrper mit dieſen Eigenſchaften derſelben in Verbin-
dung bringen koͤnnen, zu der Vergleichung und Ver-
bindung der wahren Sprache und der Sprache des
Scheins. Letztere muͤſſen wir gebrauchen, wo uns die
Koͤrper noch weiter nicht als nach den Empfindungen
bekannt ſind, und ſich uns folglich nur noch durch den
Schein kenntlich machen. Wir koͤnnen ſie auch ge-
brauchen, weil dieſer Schein real, und an Geſetze ge-
bunden iſt, und weil das Jndividuale in den Koͤrpern
auch den objectiven Schein derſelben individual macht

(§. 74.).
R 5
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[265/0271] Von dem ſinnlichen Schein. Scheins haben, und uns ſtatt der wahren Unterſchie- de der Arten noch immer nur mit Kennzeichen be- gnuͤgen muͤſſen, wenn wir ſie mit Worten kenntlich ma- chen wollen. Denn der Anblick, und uͤberhaupt die Empfindungen, machen uns dieſelbe durch ihre Bilder (§. 5.) auf eine ganz individuale Art (§. 74. 76.) be- kannt, und wir duͤrfen dabey weiter nichts, als mit die- ſen Empfindungen die Namen verbinden. Sollen ſie aber durch Worte kenntlich gemacht werden, ſo nehmen wir die in die Sinnen fallenden Theile, Figur ꝛc. da- durch ſie am kenntlichſten ſind, wie z. E. bey den Edel- geſteinen, die Figur, welche ſie durch die Chryſtalliſation erhalten, bey den Kraͤutern die Anzahl, Figur und La- ge der Blaͤtter, Staubfaͤden ꝛc. ihrer Blumen. Solche Beſchreibungen dienen aber nur, die Arten kenntlich zu machen, ohne uns von ihrem Weſen, Eigenſchaften, Wirkungen, Verhaͤltniſſen ꝛc. das geringſte anzugeben, als welches durch Verſuche gefunden werden muß, weil der Weg, es aus ſolchen Kennzeichen zu ſchließen, zu weit, und noch unbekannt, und vermuthlich auch nicht zureichend iſt. §. 81. Jn ſo ferne die Begriffe der Ausdehnung, Soliditaͤt und Beweglichkeit, die Grundlage zu der wahren phyſiſchen Sprache ſind, in ſo ferne dient auch alles, was wir von der ſcheinbaren Geſtalt der Koͤrper mit dieſen Eigenſchaften derſelben in Verbin- dung bringen koͤnnen, zu der Vergleichung und Ver- bindung der wahren Sprache und der Sprache des Scheins. Letztere muͤſſen wir gebrauchen, wo uns die Koͤrper noch weiter nicht als nach den Empfindungen bekannt ſind, und ſich uns folglich nur noch durch den Schein kenntlich machen. Wir koͤnnen ſie auch ge- brauchen, weil dieſer Schein real, und an Geſetze ge- bunden iſt, und weil das Jndividuale in den Koͤrpern auch den objectiven Schein derſelben individual macht (§. 74.). R 5

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/271>, abgerufen am 24.11.2024.