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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Erkenntniß überhaupt.
als Zeichen ansieht, zumal da sie in der That auch nur
Verhältnißbegriffe sind.

§. 35. Das vollkommenste Muster der Charakte-
ristik aber ist die Algeber, und die dadurch veranlaßte
Theile der Analysis der Mathematiker. Sie hat als
Zeichenkunst ihre eigene Theorie, die man niemals
weit genug wird treiben können. Wird aber eine Auf-
gabe aus andern Wissenschaften auf eine algebraische
reducirt, so kann man von derselben ganz abstrahiren,
und die Auflösung der algebraischen Aufgabe ist zugleich
auch die von der andern Aufgabe, welche man auf die
algebraische reducirt hatte.

§. 35a. Da hier der Ort ist, die Algeber nicht als
Algeber, sondern als Charakteristik zu betrachten, so se-
tzen wir sie voraus, und merken daher an, daß diese
Wissenschaft nur bestimmt, welche zusammenge-
setzte Möglichkeiten aus allen möglichen Ver-
bindungen der an sich unbedingten Postulaten
der Größenlehre entstehen, wie weit sie rei-
chen, welche Verhältnisse sie haben, und wie
sie sich in einander verwandeln lassen.
Daß
die Postulata im Reiche der Wahrheiten überhaupt all-
gemeine und unbedingte Möglichkeiten angeben, haben
wir in der Alethiologie (§. 246.) erwiesen. Solche
sind nun in der Größenlehre diejenigen, welche die Al-
geber durch die Zeichen + und -- ausdrückt. Die
nächst daraus fließenden werden durch die Zeichen (·)
und (:) und sqrt vorgestellt, und aus diesen begeben sich
die Exponenten, und jede Wurzeln. Der Ausdruck

sqrt (a -- b)

fängt schon an, Grenzen der Möglichkeit zu haben, weil,
wenn b > a, die Quadratwurzel, unmöglich und daher
nur eingebildet ist.

§. 36.
B 4

Erkenntniß uͤberhaupt.
als Zeichen anſieht, zumal da ſie in der That auch nur
Verhaͤltnißbegriffe ſind.

§. 35. Das vollkommenſte Muſter der Charakte-
riſtik aber iſt die Algeber, und die dadurch veranlaßte
Theile der Analyſis der Mathematiker. Sie hat als
Zeichenkunſt ihre eigene Theorie, die man niemals
weit genug wird treiben koͤnnen. Wird aber eine Auf-
gabe aus andern Wiſſenſchaften auf eine algebraiſche
reducirt, ſo kann man von derſelben ganz abſtrahiren,
und die Aufloͤſung der algebraiſchen Aufgabe iſt zugleich
auch die von der andern Aufgabe, welche man auf die
algebraiſche reducirt hatte.

§. 35a. Da hier der Ort iſt, die Algeber nicht als
Algeber, ſondern als Charakteriſtik zu betrachten, ſo ſe-
tzen wir ſie voraus, und merken daher an, daß dieſe
Wiſſenſchaft nur beſtimmt, welche zuſammenge-
ſetzte Moͤglichkeiten aus allen moͤglichen Ver-
bindungen der an ſich unbedingten Poſtulaten
der Groͤßenlehre entſtehen, wie weit ſie rei-
chen, welche Verhaͤltniſſe ſie haben, und wie
ſie ſich in einander verwandeln laſſen.
Daß
die Poſtulata im Reiche der Wahrheiten uͤberhaupt all-
gemeine und unbedingte Moͤglichkeiten angeben, haben
wir in der Alethiologie (§. 246.) erwieſen. Solche
ſind nun in der Groͤßenlehre diejenigen, welche die Al-
geber durch die Zeichen + und — ausdruͤckt. Die
naͤchſt daraus fließenden werden durch die Zeichen (·)
und (:) und √ vorgeſtellt, und aus dieſen begeben ſich
die Exponenten, und jede Wurzeln. Der Ausdruck

√ (a — b)

faͤngt ſchon an, Grenzen der Moͤglichkeit zu haben, weil,
wenn b > a, die Quadratwurzel, unmoͤglich und daher
nur eingebildet iſt.

§. 36.
B 4
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[23/0029] Erkenntniß uͤberhaupt. als Zeichen anſieht, zumal da ſie in der That auch nur Verhaͤltnißbegriffe ſind. §. 35. Das vollkommenſte Muſter der Charakte- riſtik aber iſt die Algeber, und die dadurch veranlaßte Theile der Analyſis der Mathematiker. Sie hat als Zeichenkunſt ihre eigene Theorie, die man niemals weit genug wird treiben koͤnnen. Wird aber eine Auf- gabe aus andern Wiſſenſchaften auf eine algebraiſche reducirt, ſo kann man von derſelben ganz abſtrahiren, und die Aufloͤſung der algebraiſchen Aufgabe iſt zugleich auch die von der andern Aufgabe, welche man auf die algebraiſche reducirt hatte. §. 35a. Da hier der Ort iſt, die Algeber nicht als Algeber, ſondern als Charakteriſtik zu betrachten, ſo ſe- tzen wir ſie voraus, und merken daher an, daß dieſe Wiſſenſchaft nur beſtimmt, welche zuſammenge- ſetzte Moͤglichkeiten aus allen moͤglichen Ver- bindungen der an ſich unbedingten Poſtulaten der Groͤßenlehre entſtehen, wie weit ſie rei- chen, welche Verhaͤltniſſe ſie haben, und wie ſie ſich in einander verwandeln laſſen. Daß die Poſtulata im Reiche der Wahrheiten uͤberhaupt all- gemeine und unbedingte Moͤglichkeiten angeben, haben wir in der Alethiologie (§. 246.) erwieſen. Solche ſind nun in der Groͤßenlehre diejenigen, welche die Al- geber durch die Zeichen + und — ausdruͤckt. Die naͤchſt daraus fließenden werden durch die Zeichen (·) und (:) und √ vorgeſtellt, und aus dieſen begeben ſich die Exponenten, und jede Wurzeln. Der Ausdruck √ (a — b) faͤngt ſchon an, Grenzen der Moͤglichkeit zu haben, weil, wenn b > a, die Quadratwurzel, unmoͤglich und daher nur eingebildet iſt. §. 36. B 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/29>, abgerufen am 27.04.2024.