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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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I. Hauptstück. Von der symbolischen
wenn, nachdem Diomedes aus dem Treffen weg ist,
Merion und die andern Subalternen sich matt weh-
ren, damit Achilles sich zeigen, und ehe er schlägt, den
Trojanern den schon gefaßten Muth mit einem male fal-
len machen könne.

§. 51. Die Abbildungen sind im engern Verstande,
Abschriften des Originals, wie bey den Portraits und
allen nach dem Leben gezeichneten Gemälden. Oder
wie bey den Tonkünstlern, wenn sie den Gesang der
Vögel und jeden andern Schall, so gut es mit Jnstru-
menten möglich ist, oder in der Vocalmusik den Ton
der Affecten vorstellen. Jm weitläuftigern Verstande
sind Abbildungen auch die Sinnbilder, und mit Wor-
ten die Beschreibung jeder Eigenschaften der Sache,
von abstracten Dingen aber die Metaphern und
sinnlichen Bilder, die mit der Sache eine merkliche-
re Aehnlichkeit haben. Diese letztern grenzen nun nä-
her an die Zeichen, welche wir wissenschaftlich nennen,
und von dem bloßen Unwisse der Abbildung, bis über-
haupt zu jeder Vorstellung der Sache oder ihres sinnli-
chen Bildes gehen. Die Stufen der Aehnlichkeit sind
nun folgende.

§. 52. Einmal, wenn die Sache, so gezeichnet werden
soll, selbst eine Figur, Bewegung, Rangordnung, Suc-
ceßion etc. ist, so hat man die Zeichnung nicht weit her-
zuholen. Jn der Choreographie läßt sich die Figur des
Tanzes durch Linien, die Größe eines jeden Schrittes
durch numerirte Punkte, die Art des Schrittes durch
einfache Züge, welche die Stellung des Fußes, und über-
haupt des Leibes, anzeigen, an sich vorstellen, weil die
Bewegung linear, und bey dem Tanze alles Figur ist.
Die Succeßion ist ebenfalls linear, und daher wird in
der Sprache jeder Buchstabe, in der Musik jede Note
nach der andern gezeichnet, wie sie auf einander folgen.
Die Ordnung der Töne, in Absicht auf ihre Höhe und

Tiefe,

I. Hauptſtuͤck. Von der ſymboliſchen
wenn, nachdem Diomedes aus dem Treffen weg iſt,
Merion und die andern Subalternen ſich matt weh-
ren, damit Achilles ſich zeigen, und ehe er ſchlaͤgt, den
Trojanern den ſchon gefaßten Muth mit einem male fal-
len machen koͤnne.

§. 51. Die Abbildungen ſind im engern Verſtande,
Abſchriften des Originals, wie bey den Portraits und
allen nach dem Leben gezeichneten Gemaͤlden. Oder
wie bey den Tonkuͤnſtlern, wenn ſie den Geſang der
Voͤgel und jeden andern Schall, ſo gut es mit Jnſtru-
menten moͤglich iſt, oder in der Vocalmuſik den Ton
der Affecten vorſtellen. Jm weitlaͤuftigern Verſtande
ſind Abbildungen auch die Sinnbilder, und mit Wor-
ten die Beſchreibung jeder Eigenſchaften der Sache,
von abſtracten Dingen aber die Metaphern und
ſinnlichen Bilder, die mit der Sache eine merkliche-
re Aehnlichkeit haben. Dieſe letztern grenzen nun naͤ-
her an die Zeichen, welche wir wiſſenſchaftlich nennen,
und von dem bloßen Unwiſſe der Abbildung, bis uͤber-
haupt zu jeder Vorſtellung der Sache oder ihres ſinnli-
chen Bildes gehen. Die Stufen der Aehnlichkeit ſind
nun folgende.

§. 52. Einmal, wenn die Sache, ſo gezeichnet werden
ſoll, ſelbſt eine Figur, Bewegung, Rangordnung, Suc-
ceßion ꝛc. iſt, ſo hat man die Zeichnung nicht weit her-
zuholen. Jn der Choreographie laͤßt ſich die Figur des
Tanzes durch Linien, die Groͤße eines jeden Schrittes
durch numerirte Punkte, die Art des Schrittes durch
einfache Zuͤge, welche die Stellung des Fußes, und uͤber-
haupt des Leibes, anzeigen, an ſich vorſtellen, weil die
Bewegung linear, und bey dem Tanze alles Figur iſt.
Die Succeßion iſt ebenfalls linear, und daher wird in
der Sprache jeder Buchſtabe, in der Muſik jede Note
nach der andern gezeichnet, wie ſie auf einander folgen.
Die Ordnung der Toͤne, in Abſicht auf ihre Hoͤhe und

Tiefe,
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[32/0038] I. Hauptſtuͤck. Von der ſymboliſchen wenn, nachdem Diomedes aus dem Treffen weg iſt, Merion und die andern Subalternen ſich matt weh- ren, damit Achilles ſich zeigen, und ehe er ſchlaͤgt, den Trojanern den ſchon gefaßten Muth mit einem male fal- len machen koͤnne. §. 51. Die Abbildungen ſind im engern Verſtande, Abſchriften des Originals, wie bey den Portraits und allen nach dem Leben gezeichneten Gemaͤlden. Oder wie bey den Tonkuͤnſtlern, wenn ſie den Geſang der Voͤgel und jeden andern Schall, ſo gut es mit Jnſtru- menten moͤglich iſt, oder in der Vocalmuſik den Ton der Affecten vorſtellen. Jm weitlaͤuftigern Verſtande ſind Abbildungen auch die Sinnbilder, und mit Wor- ten die Beſchreibung jeder Eigenſchaften der Sache, von abſtracten Dingen aber die Metaphern und ſinnlichen Bilder, die mit der Sache eine merkliche- re Aehnlichkeit haben. Dieſe letztern grenzen nun naͤ- her an die Zeichen, welche wir wiſſenſchaftlich nennen, und von dem bloßen Unwiſſe der Abbildung, bis uͤber- haupt zu jeder Vorſtellung der Sache oder ihres ſinnli- chen Bildes gehen. Die Stufen der Aehnlichkeit ſind nun folgende. §. 52. Einmal, wenn die Sache, ſo gezeichnet werden ſoll, ſelbſt eine Figur, Bewegung, Rangordnung, Suc- ceßion ꝛc. iſt, ſo hat man die Zeichnung nicht weit her- zuholen. Jn der Choreographie laͤßt ſich die Figur des Tanzes durch Linien, die Groͤße eines jeden Schrittes durch numerirte Punkte, die Art des Schrittes durch einfache Zuͤge, welche die Stellung des Fußes, und uͤber- haupt des Leibes, anzeigen, an ſich vorſtellen, weil die Bewegung linear, und bey dem Tanze alles Figur iſt. Die Succeßion iſt ebenfalls linear, und daher wird in der Sprache jeder Buchſtabe, in der Muſik jede Note nach der andern gezeichnet, wie ſie auf einander folgen. Die Ordnung der Toͤne, in Abſicht auf ihre Hoͤhe und Tiefe,

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/38>, abgerufen am 28.04.2024.