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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 8, v 21-23.
[Spaltenumbruch] welche keine geringe Wohlthat mit sich führet.
Denn da es ietzo bey so vieler Unvollkommenheit
der Creaturen, oder bey ihrem unter den Fluch ge-
rathenen Zustande, so schwer hält, das Hertz davon
abzuziehen und sie zu verläugnen; was würde
nicht geschehen, wo sie noch ohne den Fluch in
ihrer ersten Vortreflichkeit sich befinden solten?

V. 21.

Denn auch die Creatur frey werden
wird von dem Dienst des vergänglichen
Wesens
(von allem Fluch, auch vom Mißbrau-
che) zu der herrlichen Freyheit der Kinder
GOttes;
(und also wird die Creatur nicht ver-
nichtet, sondern erneuert, und in einen herrli-
chern Stand gesetzet, und also jener ihrer
Herrlichkeit auf eine ihr gemässe Art mit theil-
haftig gemachet werden.)

Anmerckungen.
1. Der Apostel stellet die künftige Erneu-
rung der grossen Welt als etwas sonderlich be-
wunderns-würdiges vor. Welches er in diesem
Verse auch damit anzeiget, daß er spricht: kai
aute e ktisis, und auch SELBST die
Creatur
u. s. w.
2. Die Kinder GOttes kommen zwar so
fort zur geistlichen Freyheit, so bald sie in der
Wiedergeburt und Rechtfertigung von dem
Fluche und Joche, oder Herrschaft der Sünde
befreyet werden: unterdessen bleiben sie doch,
nicht allein der Seelen nach, noch der Erb-Sün-
de, mit allem dem, was daher entstehet, und al-
so auch vielem Kampfe, unterworfen; sondern
dem Leibe nach behalten sie auch viele von der
Sünde entstehende Noth an sich. Nun werden
sie zwar von dieser in so fern durch den zeitlichen
Tod erlöset, daß die Seele ihrer loß wird: al-
lein der Leib selbst muß doch noch erst wieder
dargestellet werden, und zwar in der Verklärung.
Da denn die rechte Freyheit in ihre Vollkom-
menheit eintritt.
3. Die Freyheit der Kinder GOttes ist ei-
ne Freyheit tes doxes, der Herrlichkeit nach
Leib und Seel, sonderlich in ihrer Vollendung:
da hingegen die Freyheit, oder vielmehr Frech-
heit, der Welt-Kinder
ist lauter Schande,
die sich auch in einer schändlichen Sclaverey an-
fänget, fortgehet und endet.
V. 22.

Denn wir wissen (es ist uns diese Materie
nicht unbekant, da sie auch im alten Testament
enthalten ist) daß alle Creatur sehnet sich
(gleichsam) mit uns, und ängstet sich noch
immerdar
(menschlich also davon zu reden:
sunodinei lieget gleichsam mit uns in den Geburts-
Schmertzen, und erwartet der grossen Palinge-
nesi
e, der Wiedergeburt an der gantzen Natur,
davon unser Heiland saget Matth. 19, 18.
Wahrlich, ich sage euch, daß ihr, die ihr
mir seyd nachgefolget, in der
(allgemei-
nen) Wiedergeburt (dieser grossen Welt,
siehe Ap. Gesch. 3, 21. 1 Cor. 15, 42. 2 Pet. 3,
13. Offenb. 21, 1.) da des Menschen Sohn
wird sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlich-
[Spaltenumbruch] keit, werdet ihr auch sitzen auf 12 Stüh-
len, und richten die 12 Geschlechte Jsrael.

Jn solchen ängstlichen Geburts-Schmertzen aber
befinden sich vornehmlich die Kinder GOttes.

Anmerckungen.

1. Es gelangen zwar die Kinder GOttes be-
reits im Reiche der Gnaden zu einer solchen Glau-
bens-Freudigkeit, daß sie öfters ein Hallelujah,
oder Lob GOttes anstimmen: allein weil sie
doch noch die Erb-Sünde an sich tragen, und
davon mancherley Noth haben, sich auch dazu
noch mit im Reiche dieser äusserlichen Welt be-
finden, so haben sie auch noch immer Ursache zu
seufzen: ja es ist die Noth, darein sie nach Leib und
Seel gerathen, oft so groß, daß sie mit dem
Schmertz einer Gebährerin kan verglichen wer-
den. Daher sich Paulus der Worte sustena zei
sunodinei bedienet. Und dieses ists, was unser
Heiland bezeuget, wenn er spricht: Joh. 16, 20.
21. Jhr werdet weinen und heulen, aber
die Welt wird sich freuen - - Ein Weib,
wenn sie gebieret, so hat sie Traurigkeit

u. s. w.

2. Es stehet demnach der Stand des Seuf-
zens und des Aenstigens keines weges dem Gna-
den-Stande der Kinder GOttes entgegen; wie
ungeübte dafür zu halten pflegen; sondern er ge-
höret zum Geheimnisse des Creutzes, welches bey
diesem vermachet ist.

V. 23.

Nicht allein aber sie, sondern auch wir
selbst, die wir haben des Geistes Erstlin-
ge
(die ersten Gaben des Heiligen Geistes, die
wir haben als die Erstlinge, und als ein Unter-
Pfand von der künftigen vollen Erndte der durch
CHristum erworbenen Heils-Güter: gleichwie
die Jsraeliten am Oster-Feste die Erstlinge
der Garben
vom Felde nahmen, und GOTT
im Tempel darbrachten, und damit ein Recht
erhielten zu der gantzen Erndte, derselben im Se-
gen zu geniessen 3 B. Mos. 23, 10. seqq.) seh-
nen uns auch bey uns selbst nach der
(völli-
gen Offenbarung) der Kindschaft, und war-
ten
(apekdekhometha warten gar sehnlich) auf
unsers Leibes
(welcher mit zu der sichtbaren
Creatur gehöret,) Erlösung (völlige Befrey-
ung von allem Ubel, und Verklärung, nach der
Verheissung Dan. 12, 2. 3. Joh. 5, 19. 28. 29.
1 Cor. 15. Phil. 3, 20. 21. Unser Wandel ist
im Himmel, von dannen wir auch warten
unsers Heilandes JESU CHristi, welcher
unsern nichtigen Leib verklären wird, daß
er ähnlich werde seinem verklärten Lei-
be
etc.

Anmerckungen.
1. Weil das Leben der Gläubigen verbor-
gen ist mit CHristo in GOTT, und also auch
ihre Kindschaft Col. 3, 3. 4; diese auch von den
gottlosen Welt-Kindern gemeiniglich in Zweifel
gezogen, ja bestritten wird: so muß sie vor aller
Welt offenbar werden. Da wird so denn ge-
schehen, was im Buche der Weisheit c. 5, 1.
seqq. gar nachdrücklich vorgestellet wird, wenn
es

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 8, v 21-23.
[Spaltenumbruch] welche keine geringe Wohlthat mit ſich fuͤhret.
Denn da es ietzo bey ſo vieler Unvollkommenheit
der Creaturen, oder bey ihrem unter den Fluch ge-
rathenen Zuſtande, ſo ſchwer haͤlt, das Hertz davon
abzuziehen und ſie zu verlaͤugnen; was wuͤrde
nicht geſchehen, wo ſie noch ohne den Fluch in
ihrer erſten Vortreflichkeit ſich befinden ſolten?

V. 21.

Denn auch die Creatur frey werden
wird von dem Dienſt des vergaͤnglichen
Weſens
(von allem Fluch, auch vom Mißbrau-
che) zu der herrlichen Freyheit der Kinder
GOttes;
(und alſo wird die Creatur nicht ver-
nichtet, ſondern erneuert, und in einen herrli-
chern Stand geſetzet, und alſo jener ihrer
Herrlichkeit auf eine ihr gemaͤſſe Art mit theil-
haftig gemachet werden.)

Anmerckungen.
1. Der Apoſtel ſtellet die kuͤnftige Erneu-
rung der groſſen Welt als etwas ſonderlich be-
wunderns-wuͤrdiges vor. Welches er in dieſem
Verſe auch damit anzeiget, daß er ſpricht: καὶ
ἀυτὴ ἡ κτίσις, und auch SELBST die
Creatur
u. ſ. w.
2. Die Kinder GOttes kommen zwar ſo
fort zur geiſtlichen Freyheit, ſo bald ſie in der
Wiedergeburt und Rechtfertigung von dem
Fluche und Joche, oder Herrſchaft der Suͤnde
befreyet werden: unterdeſſen bleiben ſie doch,
nicht allein der Seelen nach, noch der Erb-Suͤn-
de, mit allem dem, was daher entſtehet, und al-
ſo auch vielem Kampfe, unterworfen; ſondern
dem Leibe nach behalten ſie auch viele von der
Suͤnde entſtehende Noth an ſich. Nun werden
ſie zwar von dieſer in ſo fern durch den zeitlichen
Tod erloͤſet, daß die Seele ihrer loß wird: al-
lein der Leib ſelbſt muß doch noch erſt wieder
dargeſtellet werden, und zwar in der Verklaͤrung.
Da denn die rechte Freyheit in ihre Vollkom-
menheit eintritt.
3. Die Freyheit der Kinder GOttes iſt ei-
ne Freyheit τῆς δόξης, der Herrlichkeit nach
Leib und Seel, ſonderlich in ihrer Vollendung:
da hingegen die Freyheit, oder vielmehr Frech-
heit, der Welt-Kinder
iſt lauter Schande,
die ſich auch in einer ſchaͤndlichen Sclaverey an-
faͤnget, fortgehet und endet.
V. 22.

Denn wir wiſſen (es iſt uns dieſe Materie
nicht unbekant, da ſie auch im alten Teſtament
enthalten iſt) daß alle Creatur ſehnet ſich
(gleichſam) mit uns, und aͤngſtet ſich noch
immerdar
(menſchlich alſo davon zu reden:
συνωδίνει lieget gleichſam mit uns in den Geburts-
Schmertzen, und erwartet der groſſen Palinge-
neſi
e, der Wiedergeburt an der gantzen Natur,
davon unſer Heiland ſaget Matth. 19, 18.
Wahrlich, ich ſage euch, daß ihr, die ihr
mir ſeyd nachgefolget, in der
(allgemei-
nen) Wiedergeburt (dieſer groſſen Welt,
ſiehe Ap. Geſch. 3, 21. 1 Cor. 15, 42. 2 Pet. 3,
13. Offenb. 21, 1.) da des Menſchen Sohn
wird ſitzen auf dem Stuhl ſeiner Herrlich-
[Spaltenumbruch] keit, werdet ihr auch ſitzen auf 12 Stuͤh-
len, und richten die 12 Geſchlechte Jſrael.

Jn ſolchen aͤngſtlichen Geburts-Schmertzen aber
befinden ſich vornehmlich die Kinder GOttes.

Anmerckungen.

1. Es gelangen zwar die Kinder GOttes be-
reits im Reiche der Gnaden zu einer ſolchen Glau-
bens-Freudigkeit, daß ſie oͤfters ein Hallelujah,
oder Lob GOttes anſtimmen: allein weil ſie
doch noch die Erb-Suͤnde an ſich tragen, und
davon mancherley Noth haben, ſich auch dazu
noch mit im Reiche dieſer aͤuſſerlichen Welt be-
finden, ſo haben ſie auch noch immer Urſache zu
ſeufzen: ja es iſt die Noth, darein ſie nach Leib und
Seel gerathen, oft ſo groß, daß ſie mit dem
Schmertz einer Gebaͤhrerin kan verglichen wer-
den. Daher ſich Paulus der Worte συστενα ζει
συνωδινει bedienet. Und dieſes iſts, was unſer
Heiland bezeuget, wenn er ſpricht: Joh. 16, 20.
21. Jhr werdet weinen und heulen, aber
die Welt wird ſich freuen - - Ein Weib,
wenn ſie gebieret, ſo hat ſie Traurigkeit

u. ſ. w.

2. Es ſtehet demnach der Stand des Seuf-
zens und des Aenſtigens keines weges dem Gna-
den-Stande der Kinder GOttes entgegen; wie
ungeuͤbte dafuͤr zu halten pflegen; ſondern er ge-
hoͤret zum Geheimniſſe des Creutzes, welches bey
dieſem vermachet iſt.

V. 23.

Nicht allein aber ſie, ſondern auch wir
ſelbſt, die wir haben des Geiſtes Erſtlin-
ge
(die erſten Gaben des Heiligen Geiſtes, die
wir haben als die Erſtlinge, und als ein Unter-
Pfand von der kuͤnftigen vollen Erndte der durch
CHriſtum erworbenen Heils-Guͤter: gleichwie
die Jſraeliten am Oſter-Feſte die Erſtlinge
der Garben
vom Felde nahmen, und GOTT
im Tempel darbrachten, und damit ein Recht
erhielten zu der gantzen Erndte, derſelben im Se-
gen zu genieſſen 3 B. Moſ. 23, 10. ſeqq.) ſeh-
nen uns auch bey uns ſelbſt nach der
(voͤlli-
gen Offenbarung) der Kindſchaft, und war-
ten
(ἀπεκδεχόμεϑα warten gar ſehnlich) auf
unſers Leibes
(welcher mit zu der ſichtbaren
Creatur gehoͤret,) Erloͤſung (voͤllige Befrey-
ung von allem Ubel, und Verklaͤrung, nach der
Verheiſſung Dan. 12, 2. 3. Joh. 5, 19. 28. 29.
1 Cor. 15. Phil. 3, 20. 21. Unſer Wandel iſt
im Himmel, von dannen wir auch warten
unſers Heilandes JESU CHriſti, welcher
unſern nichtigen Leib verklaͤren wird, daß
er aͤhnlich werde ſeinem verklaͤrten Lei-
be
ꝛc.

Anmerckungen.
1. Weil das Leben der Glaͤubigen verbor-
gen iſt mit CHriſto in GOTT, und alſo auch
ihre Kindſchaft Col. 3, 3. 4; dieſe auch von den
gottloſen Welt-Kindern gemeiniglich in Zweifel
gezogen, ja beſtritten wird: ſo muß ſie vor aller
Welt offenbar werden. Da wird ſo denn ge-
ſchehen, was im Buche der Weisheit c. 5, 1.
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[104/0132] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 8, v 21-23. welche keine geringe Wohlthat mit ſich fuͤhret. Denn da es ietzo bey ſo vieler Unvollkommenheit der Creaturen, oder bey ihrem unter den Fluch ge- rathenen Zuſtande, ſo ſchwer haͤlt, das Hertz davon abzuziehen und ſie zu verlaͤugnen; was wuͤrde nicht geſchehen, wo ſie noch ohne den Fluch in ihrer erſten Vortreflichkeit ſich befinden ſolten? V. 21. Denn auch die Creatur frey werden wird von dem Dienſt des vergaͤnglichen Weſens (von allem Fluch, auch vom Mißbrau- che) zu der herrlichen Freyheit der Kinder GOttes; (und alſo wird die Creatur nicht ver- nichtet, ſondern erneuert, und in einen herrli- chern Stand geſetzet, und alſo jener ihrer Herrlichkeit auf eine ihr gemaͤſſe Art mit theil- haftig gemachet werden.) Anmerckungen. 1. Der Apoſtel ſtellet die kuͤnftige Erneu- rung der groſſen Welt als etwas ſonderlich be- wunderns-wuͤrdiges vor. Welches er in dieſem Verſe auch damit anzeiget, daß er ſpricht: καὶ ἀυτὴ ἡ κτίσις, und auch SELBST die Creatur u. ſ. w. 2. Die Kinder GOttes kommen zwar ſo fort zur geiſtlichen Freyheit, ſo bald ſie in der Wiedergeburt und Rechtfertigung von dem Fluche und Joche, oder Herrſchaft der Suͤnde befreyet werden: unterdeſſen bleiben ſie doch, nicht allein der Seelen nach, noch der Erb-Suͤn- de, mit allem dem, was daher entſtehet, und al- ſo auch vielem Kampfe, unterworfen; ſondern dem Leibe nach behalten ſie auch viele von der Suͤnde entſtehende Noth an ſich. Nun werden ſie zwar von dieſer in ſo fern durch den zeitlichen Tod erloͤſet, daß die Seele ihrer loß wird: al- lein der Leib ſelbſt muß doch noch erſt wieder dargeſtellet werden, und zwar in der Verklaͤrung. Da denn die rechte Freyheit in ihre Vollkom- menheit eintritt. 3. Die Freyheit der Kinder GOttes iſt ei- ne Freyheit τῆς δόξης, der Herrlichkeit nach Leib und Seel, ſonderlich in ihrer Vollendung: da hingegen die Freyheit, oder vielmehr Frech- heit, der Welt-Kinder iſt lauter Schande, die ſich auch in einer ſchaͤndlichen Sclaverey an- faͤnget, fortgehet und endet. V. 22. Denn wir wiſſen (es iſt uns dieſe Materie nicht unbekant, da ſie auch im alten Teſtament enthalten iſt) daß alle Creatur ſehnet ſich (gleichſam) mit uns, und aͤngſtet ſich noch immerdar (menſchlich alſo davon zu reden: συνωδίνει lieget gleichſam mit uns in den Geburts- Schmertzen, und erwartet der groſſen Palinge- neſie, der Wiedergeburt an der gantzen Natur, davon unſer Heiland ſaget Matth. 19, 18. Wahrlich, ich ſage euch, daß ihr, die ihr mir ſeyd nachgefolget, in der (allgemei- nen) Wiedergeburt (dieſer groſſen Welt, ſiehe Ap. Geſch. 3, 21. 1 Cor. 15, 42. 2 Pet. 3, 13. Offenb. 21, 1.) da des Menſchen Sohn wird ſitzen auf dem Stuhl ſeiner Herrlich- keit, werdet ihr auch ſitzen auf 12 Stuͤh- len, und richten die 12 Geſchlechte Jſrael. Jn ſolchen aͤngſtlichen Geburts-Schmertzen aber befinden ſich vornehmlich die Kinder GOttes. Anmerckungen. 1. Es gelangen zwar die Kinder GOttes be- reits im Reiche der Gnaden zu einer ſolchen Glau- bens-Freudigkeit, daß ſie oͤfters ein Hallelujah, oder Lob GOttes anſtimmen: allein weil ſie doch noch die Erb-Suͤnde an ſich tragen, und davon mancherley Noth haben, ſich auch dazu noch mit im Reiche dieſer aͤuſſerlichen Welt be- finden, ſo haben ſie auch noch immer Urſache zu ſeufzen: ja es iſt die Noth, darein ſie nach Leib und Seel gerathen, oft ſo groß, daß ſie mit dem Schmertz einer Gebaͤhrerin kan verglichen wer- den. Daher ſich Paulus der Worte συστενα ζει συνωδινει bedienet. Und dieſes iſts, was unſer Heiland bezeuget, wenn er ſpricht: Joh. 16, 20. 21. Jhr werdet weinen und heulen, aber die Welt wird ſich freuen - - Ein Weib, wenn ſie gebieret, ſo hat ſie Traurigkeit u. ſ. w. 2. Es ſtehet demnach der Stand des Seuf- zens und des Aenſtigens keines weges dem Gna- den-Stande der Kinder GOttes entgegen; wie ungeuͤbte dafuͤr zu halten pflegen; ſondern er ge- hoͤret zum Geheimniſſe des Creutzes, welches bey dieſem vermachet iſt. V. 23. Nicht allein aber ſie, ſondern auch wir ſelbſt, die wir haben des Geiſtes Erſtlin- ge (die erſten Gaben des Heiligen Geiſtes, die wir haben als die Erſtlinge, und als ein Unter- Pfand von der kuͤnftigen vollen Erndte der durch CHriſtum erworbenen Heils-Guͤter: gleichwie die Jſraeliten am Oſter-Feſte die Erſtlinge der Garben vom Felde nahmen, und GOTT im Tempel darbrachten, und damit ein Recht erhielten zu der gantzen Erndte, derſelben im Se- gen zu genieſſen 3 B. Moſ. 23, 10. ſeqq.) ſeh- nen uns auch bey uns ſelbſt nach der (voͤlli- gen Offenbarung) der Kindſchaft, und war- ten (ἀπεκδεχόμεϑα warten gar ſehnlich) auf unſers Leibes (welcher mit zu der ſichtbaren Creatur gehoͤret,) Erloͤſung (voͤllige Befrey- ung von allem Ubel, und Verklaͤrung, nach der Verheiſſung Dan. 12, 2. 3. Joh. 5, 19. 28. 29. 1 Cor. 15. Phil. 3, 20. 21. Unſer Wandel iſt im Himmel, von dannen wir auch warten unſers Heilandes JESU CHriſti, welcher unſern nichtigen Leib verklaͤren wird, daß er aͤhnlich werde ſeinem verklaͤrten Lei- be ꝛc. Anmerckungen. 1. Weil das Leben der Glaͤubigen verbor- gen iſt mit CHriſto in GOTT, und alſo auch ihre Kindſchaft Col. 3, 3. 4; dieſe auch von den gottloſen Welt-Kindern gemeiniglich in Zweifel gezogen, ja beſtritten wird: ſo muß ſie vor aller Welt offenbar werden. Da wird ſo denn ge- ſchehen, was im Buche der Weisheit c. 5, 1. ſeqq. gar nachdruͤcklich vorgeſtellet wird, wenn es

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/132>, abgerufen am 27.11.2024.