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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Vorrede, oder Vorbericht
[Spaltenumbruch] billige es zwar nicht/ daß manche
Interpretes bey der Erklärung in
viele Neben-Dinge/ die doch auch
ihren Nutzen haben können/ sich
eingelassen haben; z. E. da unter
andern mancher/ wenn er über ein
Buch hat schreiben wollen/ viele
interpretes nicht allein von seiner/
sondern auch anderer Confessionen/
oder Kirchen/ um sich her gelegt/
und fast bey einem jedem Vers dar-
aus erstlich nach der Länge die Mei-
nungen aller solcher Auctorum kürtz-
lich recensiret/ und denn darauf mit
einer epicrisi die seinige hinzu ge-
than/ sich auch noch wol über das in
diese und jene Controverse, oder Cri-
tique,
eingelassen hat. Dieses/ sage
ich/ mißbillige ich zwar nicht; aber
solcher Methode folge ich doch nicht.
Denn obwol auch solches alles/
wenn es recht tractiret und ange-
wendet wird/ seinen guten Nutzen
haben kan: so hält es doch die Leser
auf/ und machet sie zum Nachschla-
gen und vielem Fortlesen müde. Zu-
mal wenn sie darauf nicht viel Zeit
wenden können. Wie denn auch
von solchen Interpretibus, nach dem
sie sich in den Neben-Sachen so lan-
ge aufgehalten haben/ hernach dem
Texte selbst gemeiniglich kein rechtes
Genügen geschiehet/ sondern es bey
einer so kurtzen Anzeigung bleibet/
damit manchen Lesern/ die ein meh-
rers gesucht haben/ nicht gar viel
gedienet ist. Es ist auch/ die
Wahrheit zu sagen/ der bekannten
vielen subsidiorum wegen/ viel leich-
ter/ einen solchen Commentarium
zu schreiben/ darinnen man viel
controvertiret/ disputiret/ und
critisiret/ auch vielerley Meynun-
gen recensiret/ auch einige refutiret/
als darinnen man sich von dem al-
len enthält/ und bloß bey dem Texte
bleibet; und zwar also/ daß man
denselben nach dem Grunde der
Analogie des Glaubens/ und nach
Anweisung einer richtigen Herme-
[Spaltenumbruch] nevtic,
aus eigener Meditation,
nicht allein nach seinem Wort-Ver-
stande/ sondern auch nach seiner
emphasi im Grund-Texte/ suchet
einiger massen zu exhauriren/ oder
in seiner Fülle darzulegen/ auch zur
nützlichen Application zu bringen.
Zwar giebet eine solche Abhande-
lung denen/ welche ein Werck nach
jenen parergis, auch zum Theil pe-
riergis,
schätzen/ weniger ins Auge/
und gilt bey ihnen viel weniger:
aber sie ist doch viel gründlicher und
nützlicher. Daher ich mich allezeit
dieser Methode bedienet habe/ wie
in meinen täglichen exegetischen
lectionibus, also auch in meinen ge-
ringen Schriften; als da sonderlich
sind die Lateinischen Commentarii über
die Briefe Petri und Johannis. Denn
ob es gleich über die kurtzen Episteln
ein Werck ist von 10. Alphabethen;
so habe ich doch durch GOttes
Gnade so vieles im Texte selbst ge-
funden/ daß ich nicht nöthig gehabt/
aus dem centro iustae exegeseos zu
einiger nicht so nöthigen peripherie
auszuschweifen. Und dieses hat im
gegenwärtigen Wercke so viel we-
niger geschehen können/ so viel kür-
tzer ich mich habe fassen müssen/ um
alles in einen Band/ darauf es nur
angesehen gewesen ist/ zu bringen;
da ich sonst gerne manche philologi-
sche Anmerckungen dazu würde ge-
macht haben.

§. VI.

Diese Art die heilige Schrift
auszulegen/ habe ich so viel lieber
erwehlet/ jemehr mein Gemüth
von Jugend auf zum meditiren sich
geneigt gefunden und gewöhnet hat.
Jch habe zwar das/ was mein
äusserlicher Beruf in vita litteraria
mit sich bringet/ nicht versäumet/
das ist/ manches gute Buch gele-
sen: ich kan auch nicht sagen/ daß
es mir an subsidiis in der Hermenev-
tica sacra
gefehlet habe/ da ich einen

ziem-

Vorrede, oder Vorbericht
[Spaltenumbruch] billige es zwar nicht/ daß manche
Interpretes bey der Erklaͤrung in
viele Neben-Dinge/ die doch auch
ihren Nutzen haben koͤnnen/ ſich
eingelaſſen haben; z. E. da unter
andern mancher/ wenn er uͤber ein
Buch hat ſchreiben wollen/ viele
interpretes nicht allein von ſeiner/
ſondern auch anderer Confeſſionen/
oder Kirchen/ um ſich her gelegt/
und faſt bey einem jedem Vers dar-
aus erſtlich nach der Laͤnge die Mei-
nungen aller ſolcher Auctorum kuͤrtz-
lich recenſiret/ und denn darauf mit
einer epicriſi die ſeinige hinzu ge-
than/ ſich auch noch wol uͤber das in
dieſe und jene Controverſe, oder Cri-
tique,
eingelaſſen hat. Dieſes/ ſage
ich/ mißbillige ich zwar nicht; aber
ſolcher Methode folge ich doch nicht.
Denn obwol auch ſolches alles/
wenn es recht tractiret und ange-
wendet wird/ ſeinen guten Nutzen
haben kan: ſo haͤlt es doch die Leſer
auf/ und machet ſie zum Nachſchla-
gen und vielem Fortleſen muͤde. Zu-
mal wenn ſie darauf nicht viel Zeit
wenden koͤnnen. Wie denn auch
von ſolchen Interpretibus, nach dem
ſie ſich in den Neben-Sachen ſo lan-
ge aufgehalten haben/ hernach dem
Texte ſelbſt gemeiniglich kein rechtes
Genuͤgen geſchiehet/ ſondern es bey
einer ſo kurtzen Anzeigung bleibet/
damit manchen Leſern/ die ein meh-
rers geſucht haben/ nicht gar viel
gedienet iſt. Es iſt auch/ die
Wahrheit zu ſagen/ der bekannten
vielen ſubſidiorum wegen/ viel leich-
ter/ einen ſolchen Commentarium
zu ſchreiben/ darinnen man viel
controvertiret/ diſputiret/ und
critiſiret/ auch vielerley Meynun-
gen recenſiret/ auch einige refutiret/
als darinnen man ſich von dem al-
len enthaͤlt/ und bloß bey dem Texte
bleibet; und zwar alſo/ daß man
denſelben nach dem Grunde der
Analogie des Glaubens/ und nach
Anweiſung einer richtigen Herme-
[Spaltenumbruch] nevtic,
aus eigener Meditation,
nicht allein nach ſeinem Wort-Ver-
ſtande/ ſondern auch nach ſeiner
emphaſi im Grund-Texte/ ſuchet
einiger maſſen zu exhauriren/ oder
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nuͤtzlichen Application zu bringen.
Zwar giebet eine ſolche Abhande-
lung denen/ welche ein Werck nach
jenen parergis, auch zum Theil pe-
riergis,
ſchaͤtzen/ weniger ins Auge/
und gilt bey ihnen viel weniger:
aber ſie iſt doch viel gruͤndlicher und
nuͤtzlicher. Daher ich mich allezeit
dieſer Methode bedienet habe/ wie
in meinen taͤglichen exegetiſchen
lectionibus, alſo auch in meinen ge-
ringen Schriften; als da ſonderlich
ſind die Lateiniſchen Commentarii uͤber
die Briefe Petri und Johannis. Denn
ob es gleich uͤber die kurtzen Epiſteln
ein Werck iſt von 10. Alphabethen;
ſo habe ich doch durch GOttes
Gnade ſo vieles im Texte ſelbſt ge-
funden/ daß ich nicht noͤthig gehabt/
aus dem centro iuſtæ exegeſeos zu
einiger nicht ſo noͤthigen peripherie
auszuſchweifen. Und dieſes hat im
gegenwaͤrtigen Wercke ſo viel we-
niger geſchehen koͤnnen/ ſo viel kuͤr-
tzer ich mich habe faſſen muͤſſen/ um
alles in einen Band/ darauf es nur
angeſehen geweſen iſt/ zu bringen;
da ich ſonſt gerne manche philologi-
ſche Anmerckungen dazu wuͤrde ge-
macht haben.

§. VI.

Dieſe Art die heilige Schrift
auszulegen/ habe ich ſo viel lieber
erwehlet/ jemehr mein Gemuͤth
von Jugend auf zum meditiren ſich
geneigt gefunden und gewoͤhnet hat.
Jch habe zwar das/ was mein
aͤuſſerlicher Beruf in vita litteraria
mit ſich bringet/ nicht verſaͤumet/
das iſt/ manches gute Buch gele-
ſen: ich kan auch nicht ſagen/ daß
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[0016] Vorrede, oder Vorbericht billige es zwar nicht/ daß manche Interpretes bey der Erklaͤrung in viele Neben-Dinge/ die doch auch ihren Nutzen haben koͤnnen/ ſich eingelaſſen haben; z. E. da unter andern mancher/ wenn er uͤber ein Buch hat ſchreiben wollen/ viele interpretes nicht allein von ſeiner/ ſondern auch anderer Confeſſionen/ oder Kirchen/ um ſich her gelegt/ und faſt bey einem jedem Vers dar- aus erſtlich nach der Laͤnge die Mei- nungen aller ſolcher Auctorum kuͤrtz- lich recenſiret/ und denn darauf mit einer epicriſi die ſeinige hinzu ge- than/ ſich auch noch wol uͤber das in dieſe und jene Controverſe, oder Cri- tique, eingelaſſen hat. Dieſes/ ſage ich/ mißbillige ich zwar nicht; aber ſolcher Methode folge ich doch nicht. Denn obwol auch ſolches alles/ wenn es recht tractiret und ange- wendet wird/ ſeinen guten Nutzen haben kan: ſo haͤlt es doch die Leſer auf/ und machet ſie zum Nachſchla- gen und vielem Fortleſen muͤde. Zu- mal wenn ſie darauf nicht viel Zeit wenden koͤnnen. Wie denn auch von ſolchen Interpretibus, nach dem ſie ſich in den Neben-Sachen ſo lan- ge aufgehalten haben/ hernach dem Texte ſelbſt gemeiniglich kein rechtes Genuͤgen geſchiehet/ ſondern es bey einer ſo kurtzen Anzeigung bleibet/ damit manchen Leſern/ die ein meh- rers geſucht haben/ nicht gar viel gedienet iſt. Es iſt auch/ die Wahrheit zu ſagen/ der bekannten vielen ſubſidiorum wegen/ viel leich- ter/ einen ſolchen Commentarium zu ſchreiben/ darinnen man viel controvertiret/ diſputiret/ und critiſiret/ auch vielerley Meynun- gen recenſiret/ auch einige refutiret/ als darinnen man ſich von dem al- len enthaͤlt/ und bloß bey dem Texte bleibet; und zwar alſo/ daß man denſelben nach dem Grunde der Analogie des Glaubens/ und nach Anweiſung einer richtigen Herme- nevtic, aus eigener Meditation, nicht allein nach ſeinem Wort-Ver- ſtande/ ſondern auch nach ſeiner emphaſi im Grund-Texte/ ſuchet einiger maſſen zu exhauriren/ oder in ſeiner Fuͤlle darzulegen/ auch zur nuͤtzlichen Application zu bringen. Zwar giebet eine ſolche Abhande- lung denen/ welche ein Werck nach jenen parergis, auch zum Theil pe- riergis, ſchaͤtzen/ weniger ins Auge/ und gilt bey ihnen viel weniger: aber ſie iſt doch viel gruͤndlicher und nuͤtzlicher. Daher ich mich allezeit dieſer Methode bedienet habe/ wie in meinen taͤglichen exegetiſchen lectionibus, alſo auch in meinen ge- ringen Schriften; als da ſonderlich ſind die Lateiniſchen Commentarii uͤber die Briefe Petri und Johannis. Denn ob es gleich uͤber die kurtzen Epiſteln ein Werck iſt von 10. Alphabethen; ſo habe ich doch durch GOttes Gnade ſo vieles im Texte ſelbſt ge- funden/ daß ich nicht noͤthig gehabt/ aus dem centro iuſtæ exegeſeos zu einiger nicht ſo noͤthigen peripherie auszuſchweifen. Und dieſes hat im gegenwaͤrtigen Wercke ſo viel we- niger geſchehen koͤnnen/ ſo viel kuͤr- tzer ich mich habe faſſen muͤſſen/ um alles in einen Band/ darauf es nur angeſehen geweſen iſt/ zu bringen; da ich ſonſt gerne manche philologi- ſche Anmerckungen dazu wuͤrde ge- macht haben. §. VI. Dieſe Art die heilige Schrift auszulegen/ habe ich ſo viel lieber erwehlet/ jemehr mein Gemuͤth von Jugend auf zum meditiren ſich geneigt gefunden und gewoͤhnet hat. Jch habe zwar das/ was mein aͤuſſerlicher Beruf in vita litteraria mit ſich bringet/ nicht verſaͤumet/ das iſt/ manches gute Buch gele- ſen: ich kan auch nicht ſagen/ daß es mir an ſubſidiis in der Hermenev- tica ſacra gefehlet habe/ da ich einen ziem-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/16>, abgerufen am 21.11.2024.