Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 13, v. 3-8. an die Römer. [Spaltenumbruch]
welchem sie sebst in seiner Verordnung widerste-hen. Siehe auch Sprüchw. 24, 21. 22.) V. 3. Denn die Gewaltigen (so fern sie ihr V. 4. Denn sie ist (soll es von Rechts wegen al- V. 5. So seyd nun aus Noth (dio anagke, V. 6. Derohalben müsset ihr auch Schoß V. 7. Darum gebet iederman, was ihr Anmerckungen. 1. Das Wort phoros, Schoß, wird hier 2. Die Griechischen Worte haben eine el- V. 8. Seyd niemand nichts schuldig, denn Anmerckungen. 1. Es kan der Mensch dem andern aus vie- len besondern Ursachen diß und das schuldig seyn, theils am Gelde und Gute, theils an Ehre, Furcht und Gehorsam, theils an diesem und jenem Bey- stande. Und wenn er gleich, vermöge seiner Schuldigkeit, allen solchen besondern Pflichten nachkömmet, und nichts an sich ermangeln läßt, worauf Paulus gehet, so bleibet er doch einem solchen und allen andern die Liebe schuldig, wel- che ihm immer wieder neue Gelegenheit, und mit dieser auch die Schuldigkeit anweiset, dem Nächsten zu dienen; also, daß er diese Schuld nie völlig ablegen kan: sintemal er an der Liebe gleichsam ein solches Capital auf sich behält, davon er die Zinsen ohne Aufhören entrichten muß. 2. Das Gesetz erfüllen und halten ist ei- nerley. Denn was alhier heißt erfüllen, das heißt anderwärtig halten. Nur stehet der Un- terscheid darinnen, daß das Wort erfüllen nachdrücklicher ist, als das halten. 3. So lange die Liebe noch unvollkommen ist, so lange ist auch die Erfüllung und Haltung des Gesetzes noch unvollkommen. Und ist es kei- ne contradiction unvollkommen seyn, und doch erfüllen. Denn ob gleich die Erfüllung, die al- hier U 2
Cap. 13, v. 3-8. an die Roͤmer. [Spaltenumbruch]
welchem ſie ſebſt in ſeiner Verordnung widerſte-hen. Siehe auch Spruͤchw. 24, 21. 22.) V. 3. Denn die Gewaltigen (ſo fern ſie ihr V. 4. Denn ſie iſt (ſoll es von Rechts wegen al- V. 5. So ſeyd nun aus Noth (διὸ ἀνάγκη, V. 6. Derohalben muͤſſet ihr auch Schoß V. 7. Darum gebet iederman, was ihr Anmerckungen. 1. Das Wort φόρος, Schoß, wird hier 2. Die Griechiſchen Worte haben eine el- V. 8. Seyd niemand nichts ſchuldig, denn Anmerckungen. 1. Es kan der Menſch dem andern aus vie- len beſondern Urſachen diß und das ſchuldig ſeyn, theils am Gelde und Gute, theils an Ehre, Furcht und Gehorſam, theils an dieſem und jenem Bey- ſtande. Und wenn er gleich, vermoͤge ſeiner Schuldigkeit, allen ſolchen beſondern Pflichten nachkoͤmmet, und nichts an ſich ermangeln laͤßt, worauf Paulus gehet, ſo bleibet er doch einem ſolchen und allen andern die Liebe ſchuldig, wel- che ihm immer wieder neue Gelegenheit, und mit dieſer auch die Schuldigkeit anweiſet, dem Naͤchſten zu dienen; alſo, daß er dieſe Schuld nie voͤllig ablegen kan: ſintemal er an der Liebe gleichſam ein ſolches Capital auf ſich behaͤlt, davon er die Zinſen ohne Aufhoͤren entrichten muß. 2. Das Geſetz erfuͤllen und halten iſt ei- nerley. Denn was alhier heißt erfuͤllen, das heißt anderwaͤrtig halten. Nur ſtehet der Un- terſcheid darinnen, daß das Wort erfuͤllen nachdruͤcklicher iſt, als das halten. 3. So lange die Liebe noch unvollkommen iſt, ſo lange iſt auch die Erfuͤllung und Haltung des Geſetzes noch unvollkommen. Und iſt es kei- ne contradiction unvollkommen ſeyn, und doch erfuͤllen. Denn ob gleich die Erfuͤllung, die al- hier U 2
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Cap. 13, v. 3-8. an die Roͤmer.
welchem ſie ſebſt in ſeiner Verordnung widerſte-
hen. Siehe auch Spruͤchw. 24, 21. 22.)
V. 3.
Denn die Gewaltigen (ſo fern ſie ihr
Amt recht verwalten) ſind nicht den guten
Wercken, ſondern den boͤſen zu fuͤrchten
(halten ſie aber den boͤſen Wercken Schutz, und
hindern die guten Wercke, ja verbieten und be-
ſtrafen ſie, wie ſo manche heidniſche Kaͤyſer zu
Rom, auch wol leider ſo manche Regenten in
der Chriſtenheit gethan haben, und auch wol
noch thun, ſo handeln ſie wider ihren obrigkeit-
lichen Character, und ſtehen mit ihrem Gewiſſen
vor GOTT, dem kuͤnftigen gerechten Richter.)
Wilt du dich aber nicht fuͤrchten vor der
Obrigkeit, ſo thue Gutes, ſo wirſt du
(wenn ſie eine loͤbliche und gerechte Obrigkeit
iſt,) Lob (Gnade, Liebe, Schutz und Foͤrde-
rung zu allem Guten) von derſelben haben.
1 Petr. 2, 14.
V. 4.
Denn ſie iſt (ſoll es von Rechts wegen al-
lemal und allenthalben ſeyn) GOttes Diene-
rin (die ſich alſo nicht uͤber oder wider GOTT
erheben, ſondern in allem auf GOttes, unter
dem ſie ſo wol ſtehet, als ein Unterthan, Willen
ſehen ſoll) dir zu gute, (daß du unter ihrem
Schutz ein ſtilles und geruhiges Leben fuͤhren
koͤnneſt in aller Gottſeligkeit und Ehrbarkeit.
1 Tim. 2, 2.) Thuſt du aber Boͤſes (und
zwar auf eine ſolche Art, daß du daruͤber in die
weltlichen Gerichte verfaͤlleſt) ſo fuͤrchte dich:
denn ſie traͤget das Schwerdt (und alle ih-
re mit dem Schwerdt bezeichnete Gewalt) nicht
umſonſt: ſie iſt GOttes Dienerin, (ein ſchoͤ-
nes Ehren-Wort; aber auch ein Wort vieler
guten Erinnerung und noͤthigen Pruͤfung,) eine
Raͤcherin zur Strafe uͤber den, der Boͤſes
thut. Siehe auch 2 Chron. 19, 6. 7. 2 Pet.
2, 14.
V. 5.
So ſeyd nun aus Noth (διὸ ἀνάγκη,
derohalben iſt es noth, oder nothwendig, unter-
than zu ſeyn: nemlich um der goͤttlichen Ver-
ordnung willen, da ohne Regiment auch keine
Republic ordentlicher weiſe beſtehen und wohl
eingerichtet ſeyn kan) unterthan; nicht allein
um der Strafe willen, (um die nicht uͤber ſich
zu ziehen) ſondern auch um des Gewiſſens
willen, (welches auf die goͤttliche Verordnung
ſiehet.)
V. 6.
Derohalben muͤſſet ihr auch Schoß
(oder Schatzung) geben. Denn ſie (die Obrig-
keiten) ſind GOttes Diener, die ſolchen
Schutz ſollen handhaben (Gr. dieſem Ge-
ſchaͤfte immer obliegen, nemlich das Boͤſe zu
verwehren und zu beſtrafen, das Gute aber zu
befoͤrdern und zu beſchuͤtzen. Gleichwie nun Un-
terthanen ſchuldig ſind, was ihnen auferleget
wird, abzutragen: ſo haben obrigkeitliche Per-
ſonen ſich vor GOTT wohl zu pruͤfen, ob die
Auflagen oft nicht unnoͤthig und uͤbermaͤßig ſind,
in manchen Stuͤcken die Geſtalt einer Bedru-
ckung an ſich haben, und daher eine ſchwere
Verantwortung nach ſich ziehen.
V. 7.
Darum gebet iederman, was ihr
ſchuldig ſeyd, Schoß, dem der Schoß ge-
buͤhret, Zoll, dem der Zoll gebuͤhret,
Furcht, dem bie Furcht gebuͤhret, Ehre,
dem die Ehre gebuͤhret.
Anmerckungen.
1. Das Wort φόρος, Schoß, wird hier
in einem etwas engern Verſtande genommen,
als v. 6. und heißt ſo viel, als die Schatzung,
welche auf die Perſonen, Haͤuſer und Laͤndereyen
geleget waren: Zoll aber, τὸ τέλος, wurde
von den Guͤtern, oder Waaren im Handel und
Wandel entrichtet. Und gleichwie der Obrig-
keit Schoß und Zoll gehoͤret, um zum Schutz
und Wohlſtande des Landes gute Anſtalten zu
machen und zu unterhalten; ſo gebuͤhret ihnen
auch ihrer Auctoritaͤt wegen Furcht und Ehre,
in ſo fern dieſes mit der Furcht und Ehre, die
man GOtt ſchuldig iſt, beſtehen kan. Siehe auch
Matth. 22, 21. 1 Pet. 2, 17.
2. Die Griechiſchen Worte haben eine el-
lipſin, und muͤſſen alſo ſuppliret werden: τῷ (pro
_ , ſeu ὲκείνῳ, ᾡ) τὸν φόρον (ὀφείλετε, ἀπό-
δοτε) τὸν φόρον: oder kuͤrtzer: τῷ τὸν φόρον ὀφει-
λομένῳ, &c. alſo auch in dem folgenden.
V. 8.
Seyd niemand nichts ſchuldig, denn
daß ihr euch unter einander liebet. Denn
wer den andern liebet, der hat das Geſetz
erfuͤllet.
Anmerckungen.
1. Es kan der Menſch dem andern aus vie-
len beſondern Urſachen diß und das ſchuldig ſeyn,
theils am Gelde und Gute, theils an Ehre, Furcht
und Gehorſam, theils an dieſem und jenem Bey-
ſtande. Und wenn er gleich, vermoͤge ſeiner
Schuldigkeit, allen ſolchen beſondern Pflichten
nachkoͤmmet, und nichts an ſich ermangeln laͤßt,
worauf Paulus gehet, ſo bleibet er doch einem
ſolchen und allen andern die Liebe ſchuldig, wel-
che ihm immer wieder neue Gelegenheit, und
mit dieſer auch die Schuldigkeit anweiſet, dem
Naͤchſten zu dienen; alſo, daß er dieſe Schuld nie
voͤllig ablegen kan: ſintemal er an der Liebe
gleichſam ein ſolches Capital auf ſich behaͤlt,
davon er die Zinſen ohne Aufhoͤren entrichten
muß.
2. Das Geſetz erfuͤllen und halten iſt ei-
nerley. Denn was alhier heißt erfuͤllen, das
heißt anderwaͤrtig halten. Nur ſtehet der Un-
terſcheid darinnen, daß das Wort erfuͤllen
nachdruͤcklicher iſt, als das halten.
3. So lange die Liebe noch unvollkommen
iſt, ſo lange iſt auch die Erfuͤllung und Haltung
des Geſetzes noch unvollkommen. Und iſt es kei-
ne contradiction unvollkommen ſeyn, und doch
erfuͤllen. Denn ob gleich die Erfuͤllung, die al-
hier
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