Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

des ersten Briefs an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] füget hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Wäre des HErrn JESU Sinn dahin gegan-
gen, daß er den Jüden so viele Ursachen der
Scheidung, als einige heute zu Tage dazu rech-
nen wollen, eingeräumet, so hätten die Jünger
nicht sagen dürfen: Es ist nicht gut ehelich
zu werden;
sondern umgekehrt: Stehet die
Sache eines Mannes mit seinem Weibe al-
so; so ists gar gut ehelich zu werden:
denn,
wenn man es nicht trift, so kan man das Weib
bald wieder loß werden, und eine andere nehmen.
Und wenn deme also wäre, wie würden manche
Ehe-Männer mit ihren Weibern umgehen, und,
um ihrer bald loß zu werden, und sich an andere
zu hangen, auf mancherley Art zu der Ursache
der Scheidung Gelegenheit geben, wo nicht gar
die Ursachen gleichsam vom Zaune brechen.

§. XIII. Es ist auch gantz vergeblich, wenn
einige sich beziehen auf die Redens-Art, logos
porneias, denn es ist in dieser phrasi ein purer
Hebraismus, und ist logos so viel als [fremdsprachliches Material - fehlt], so
bey den Hebräern heißt res, causa; und heißt
also logos porneias nichts anders, als der Han-
del des Ehebruchs,
das ist der Ehebruch selbst
in seiner Realität. Zwar legen es einige aus
von einer solchen Ursache der Scheidung, welche
dem Ehebruche gleich komme: allein man ge-
braucht dieser Auslegung gar nicht; es leydet
sie auch weder der Hebraismus noch Graecismus:
und sind hingegen die Dinge, welche man zur
Ehe-Scheidung nebst dem Ehebruche mit
Recht für hinlänglich erachtet, von solcher Be-
schaffenheit, daß vermöge derselben entweder
gar keine rechte Ehe gewesen, als z. E. wo sich
ein absolutes Unvermögen, mit dem andern Theil
ein Fleisch zu werden, und Kinder zu zeugen, fin-
det, oder ein Theil dem andern sich gleich an-
fänglich entzogen hätte, und beharrlich entzöge;
oder die gewesene Ehe schon gebrochen, als da-
durch eine muthwillige desertion geschiehet.

§. XIV. Nun berufet und verlässet man
sich zwar auf die Auctorität des berühmten Eng-
länders Seldeni, der in seinem Buche de uxore
Hebraica L. lll. c.
23. erwiesen haben soll, daß
die Worte logos porneias nach der Jüdischen
Mund-Art damals in einem so weitläuftigem
Verstande von allerhand Ursachen der Schei-
dung zu verstehen seyn: allein, was diesen Au-
ctorem
betrift, so ist er zwar ein in jüdischen An-
tiquit
äten und in Rabbinis sehr belesener Mann:
daß er aber seine Scripta mit gnugsamen judicio
und accuration daraus solte verfertiget haben,
das haben viel gelehrte Männer, zumal die, wel-
che in solchen Sachen auch nicht unerfahren sind,
gar nicht finden können; wol aber das Gegen-
theil. Und da in den meisten Scriptis Talmudi-
cis
und Rabbinicis nebst der grossen Dunckelheit
viel fabulirens und eine recht grosse Verwirrung
ist; so kan einer, der nicht mit gnugsamen ju-
dicio
dazu schreitet, oder darinnen versiret, gar
leichtlich mit verwirret werden. Und also ist es
dem guten Seldeno gegangen, der dazu seine eige-
ne unrichtige hypotheses hie u. da mit vorgegebe-
nen jüdischen Rechten und Gebräuchen zu schmü-
cken gesuchet hat. Und daß er insonderheit c.
23. Lib. lll, de Uxore Hebraica
von dem Verstan-
[Spaltenumbruch] de der Worte Christi Matth. 5, 32. parektos lo-
gou porneias, ohne alle solidität schreibet, und
ein rechtes Gewirre machet, kan ein ieder, der
jüdischen Dinge auch Unerfahrner, wenn er nur
selbst will, und vor Liebe zu seiner hypothesi dazu
kommen kan, sehen und gleichsam mit Händen
greifen. Denn 1) fluctuiret er p. 351. seqq. in
welcher Sprache, der Syrischen, Hebräischen,
oder Talmudischen, CHristus geredet; und denn
welcher Worte, wenn er in dieser, oder jener ge-
redet, er sich darinnen bedienet habe? und denn,
was doch wol solche Worte müssen bedeutet ha-
ben? und auf diesem sandigten Grund, da er
selbst nichts gewisses zu sagen und zu setzen ge-
wust, bauet er das gantze Gerüste seiner Meinung,
und läuft auch über das alles auf Conjecturen
hinaus; wie er es denn selbst aditum ad sensum
loci salebrosum
nennet. Und ob er wol seine
Conjecturas hin und wieder mit Vergessung sei-
ner selbst, für erweisliche, ja erwiesene Wahrhei-
ten ausgeben will; so ist er doch 2) endlich so
aufrichtig, daß er fast wider sich selbst p. 364.
schreibet: Nihil hic definimus de loci sensu: consi-
deranda tantum proponimus.
Hierzu kömmt 3)
daß er p. 348. selbst gestehet, die alten Patres
ecclesiae
und ersten Christen, hätten durch das
Wort porneia, nichts anders, als das adulteri-
um
verstanden. Et patres vetustissimi, heißt es,
ibi praeter caussam adulterii, & praeter ex caussa
adulterii vertunt, dum nihil aliud in vocabuli vi ibi
contineri volunt, praeter conjugii per illicitum concu-
bitum violationem.
Und setzet dazu, daß er vor
dem diesen sensum in seinem jure naturae & gen-
tium L. VII. c. 12. p.
845. auch selbst admittiret
habe. Weil er aber hier davon gern wieder
abspringen will, so soll es dort nur obiter ge-
schehen seyn. So gestehet er auch p. 348. seqq.
daß die Syrische und Arabische Version eben den
sensum de adulterio exprimire, auch p. 350. daß
der alte Griechische Lexicographus, Hesychius,
nebst einem andern alten Etymologo, dieses
Wort eben also erkläre. Und zu dieser seiner
contradiction gehöret, wenn er in eben dieser
Materie c. XXII. p. 345. der Jüdischen Meinung
von den Ehe-Scheidungen aus der Berg-Pre-
digt CHristi Matth. 5, den 31. und 32. Vers op-
ponir
et, und p. 347. setzet: aperte improbat Chri-
stus Judaeorum opinionem.
Und so sehr er auch der
Hillelianer ihren falschen Grund, da sie die Worte
5 B. Mos. 24, 1. [fremdsprachliches Material - fehlt], turpitudo rei, con-
tra legem grammaticam disjunctive
genommen
pro turpitudine, aut quavis alia caussa c. XXI. p.
p.
332. zu schmücken suchet; so kan er doch an
dem schon angezogenen Orte selbst nicht leugnen,
daß CHristus mit seinem Ausspruche Matth. 19,
9. solches improbiret und über einen Haufen ge-
worfen habe. Es hilft ihm auch 4) seine instan-
tia,
die er p. 350. vom Ehebruch machet, gar
nichts, wenn er saget: adulterium legitime pro-
batum ex judicio forensi capitale erat, nec ita,
divortio luendum.
Denn im 16. Cap. p. 297.
seqq.
hat er selbst mit mehrern gezeiget, daß nicht
alle des Ehebruchs halben verdächtige Weiber
haben legaliter überzeuget, und also legitime zum
Tode verurtheilet werden können. Wie sehr
er aber, um mit dem vorgegebenen sensu des

Worts
F f

des erſten Briefs an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] fuͤget hat, ſoll der Menſch nicht ſcheiden.
Waͤre des HErrn JESU Sinn dahin gegan-
gen, daß er den Juͤden ſo viele Urſachen der
Scheidung, als einige heute zu Tage dazu rech-
nen wollen, eingeraͤumet, ſo haͤtten die Juͤnger
nicht ſagen duͤrfen: Es iſt nicht gut ehelich
zu werden;
ſondern umgekehrt: Stehet die
Sache eines Mannes mit ſeinem Weibe al-
ſo; ſo iſts gar gut ehelich zu werden:
denn,
wenn man es nicht trift, ſo kan man das Weib
bald wieder loß werden, und eine andere nehmen.
Und wenn deme alſo waͤre, wie wuͤrden manche
Ehe-Maͤnner mit ihren Weibern umgehen, und,
um ihrer bald loß zu werden, und ſich an andere
zu hangen, auf mancherley Art zu der Urſache
der Scheidung Gelegenheit geben, wo nicht gar
die Urſachen gleichſam vom Zaune brechen.

§. XIII. Es iſt auch gantz vergeblich, wenn
einige ſich beziehen auf die Redens-Art, λόγος
πορνείας, denn es iſt in dieſer phraſi ein purer
Hebraiſmus, und iſt λόγος ſo viel als [fremdsprachliches Material – fehlt], ſo
bey den Hebraͤern heißt res, cauſa; und heißt
alſo λόγος πορνείας nichts anders, als der Han-
del des Ehebruchs,
das iſt der Ehebruch ſelbſt
in ſeiner Realitaͤt. Zwar legen es einige aus
von einer ſolchen Urſache der Scheidung, welche
dem Ehebruche gleich komme: allein man ge-
braucht dieſer Auslegung gar nicht; es leydet
ſie auch weder der Hebraiſmus noch Græciſmus:
und ſind hingegen die Dinge, welche man zur
Ehe-Scheidung nebſt dem Ehebruche mit
Recht fuͤr hinlaͤnglich erachtet, von ſolcher Be-
ſchaffenheit, daß vermoͤge derſelben entweder
gar keine rechte Ehe geweſen, als z. E. wo ſich
ein abſolutes Unvermoͤgen, mit dem andern Theil
ein Fleiſch zu werden, und Kinder zu zeugen, fin-
det, oder ein Theil dem andern ſich gleich an-
faͤnglich entzogen haͤtte, und beharrlich entzoͤge;
oder die geweſene Ehe ſchon gebrochen, als da-
durch eine muthwillige deſertion geſchiehet.

§. XIV. Nun berufet und verlaͤſſet man
ſich zwar auf die Auctoritaͤt des beruͤhmten Eng-
laͤnders Seldeni, der in ſeinem Buche de uxore
Hebraica L. lll. c.
23. erwieſen haben ſoll, daß
die Worte λόγος πορνείας nach der Juͤdiſchen
Mund-Art damals in einem ſo weitlaͤuftigem
Verſtande von allerhand Urſachen der Schei-
dung zu verſtehen ſeyn: allein, was dieſen Au-
ctorem
betrift, ſo iſt er zwar ein in juͤdiſchen An-
tiquit
aͤten und in Rabbinis ſehr beleſener Mann:
daß er aber ſeine Scripta mit gnugſamen judicio
und accuration daraus ſolte verfertiget haben,
das haben viel gelehrte Maͤnner, zumal die, wel-
che in ſolchen Sachen auch nicht unerfahren ſind,
gar nicht finden koͤnnen; wol aber das Gegen-
theil. Und da in den meiſten Scriptis Talmudi-
cis
und Rabbinicis nebſt der groſſen Dunckelheit
viel fabulirens und eine recht groſſe Verwirrung
iſt; ſo kan einer, der nicht mit gnugſamen ju-
dicio
dazu ſchreitet, oder darinnen verſiret, gar
leichtlich mit verwirret werden. Und alſo iſt es
dem guten Seldeno gegangen, der dazu ſeine eige-
ne unrichtige hypotheſes hie u. da mit vorgegebe-
nen juͤdiſchen Rechten und Gebraͤuchen zu ſchmuͤ-
cken geſuchet hat. Und daß er inſonderheit c.
23. Lib. lll, de Uxore Hebraica
von dem Verſtan-
[Spaltenumbruch] de der Worte Chriſti Matth. 5, 32. παρεκτὸς λό-
γου πορνείας, ohne alle ſoliditaͤt ſchreibet, und
ein rechtes Gewirre machet, kan ein ieder, der
juͤdiſchen Dinge auch Unerfahrner, wenn er nur
ſelbſt will, und vor Liebe zu ſeiner hypotheſi dazu
kommen kan, ſehen und gleichſam mit Haͤnden
greifen. Denn 1) fluctuiret er p. 351. ſeqq. in
welcher Sprache, der Syriſchen, Hebraͤiſchen,
oder Talmudiſchen, CHriſtus geredet; und denn
welcher Worte, wenn er in dieſer, oder jener ge-
redet, er ſich darinnen bedienet habe? und denn,
was doch wol ſolche Worte muͤſſen bedeutet ha-
ben? und auf dieſem ſandigten Grund, da er
ſelbſt nichts gewiſſes zu ſagen und zu ſetzen ge-
wuſt, bauet er das gantze Geruͤſte ſeiner Meinung,
und laͤuft auch uͤber das alles auf Conjecturen
hinaus; wie er es denn ſelbſt aditum ad ſenſum
loci ſalebroſum
nennet. Und ob er wol ſeine
Conjecturas hin und wieder mit Vergeſſung ſei-
ner ſelbſt, fuͤr erweisliche, ja erwieſene Wahrhei-
ten ausgeben will; ſo iſt er doch 2) endlich ſo
aufrichtig, daß er faſt wider ſich ſelbſt p. 364.
ſchreibet: Nihil hic definimus de loci ſenſu: conſi-
deranda tantum proponimus.
Hierzu koͤmmt 3)
daß er p. 348. ſelbſt geſtehet, die alten Patres
eccleſiæ
und erſten Chriſten, haͤtten durch das
Wort πορνεία, nichts anders, als das adulteri-
um
verſtanden. Et patres vetuſtiſſimi, heißt es,
ibi præter cauſſam adulterii, & præter ex cauſſa
adulterii vertunt, dum nihil aliud in vocabuli vi ibi
contineri volunt, præter conjugii per illicitum concu-
bitum violationem.
Und ſetzet dazu, daß er vor
dem dieſen ſenſum in ſeinem jure naturæ & gen-
tium L. VII. c. 12. p.
845. auch ſelbſt admittiret
habe. Weil er aber hier davon gern wieder
abſpringen will, ſo ſoll es dort nur obiter ge-
ſchehen ſeyn. So geſtehet er auch p. 348. ſeqq.
daß die Syriſche und Arabiſche Verſion eben den
ſenſum de adulterio exprimire, auch p. 350. daß
der alte Griechiſche Lexicographus, Heſychius,
nebſt einem andern alten Etymologo, dieſes
Wort eben alſo erklaͤre. Und zu dieſer ſeiner
contradiction gehoͤret, wenn er in eben dieſer
Materie c. XXII. p. 345. der Juͤdiſchen Meinung
von den Ehe-Scheidungen aus der Berg-Pre-
digt CHriſti Matth. 5, den 31. und 32. Vers op-
ponir
et, und p. 347. ſetzet: aperte improbat Chri-
ſtus Judæorum opinionem.
Und ſo ſehr er auch der
Hillelianer ihren falſchen Grund, da ſie die Worte
5 B. Moſ. 24, 1. [fremdsprachliches Material – fehlt], turpitudo rei, con-
tra legem grammaticam disjunctive
genommen
pro turpitudine, aut quavis alia cauſſa c. XXI. p.
p.
332. zu ſchmuͤcken ſuchet; ſo kan er doch an
dem ſchon angezogenen Orte ſelbſt nicht leugnen,
daß CHriſtus mit ſeinem Ausſpruche Matth. 19,
9. ſolches improbiret und uͤber einen Haufen ge-
worfen habe. Es hilft ihm auch 4) ſeine inſtan-
tia,
die er p. 350. vom Ehebruch machet, gar
nichts, wenn er ſaget: adulterium legitime pro-
batum ex judicio forenſi capitale erat, nec ita,
divortio luendum.
Denn im 16. Cap. p. 297.
ſeqq.
hat er ſelbſt mit mehrern gezeiget, daß nicht
alle des Ehebruchs halben verdaͤchtige Weiber
haben legaliter uͤberzeuget, und alſo legitime zum
Tode verurtheilet werden koͤnnen. Wie ſehr
er aber, um mit dem vorgegebenen ſenſu des

Worts
F f
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0253" n="225"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des er&#x017F;ten Briefs an die Corinthier.</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#fr">fu&#x0364;get hat, &#x017F;oll der Men&#x017F;ch nicht &#x017F;cheiden.</hi><lb/>
Wa&#x0364;re des HErrn JESU Sinn dahin gegan-<lb/>
gen, daß er den Ju&#x0364;den &#x017F;o viele Ur&#x017F;achen der<lb/>
Scheidung, als einige heute zu Tage dazu rech-<lb/>
nen wollen, eingera&#x0364;umet, &#x017F;o ha&#x0364;tten die Ju&#x0364;nger<lb/>
nicht &#x017F;agen du&#x0364;rfen: <hi rendition="#fr">Es i&#x017F;t nicht gut ehelich<lb/>
zu werden;</hi> &#x017F;ondern umgekehrt: <hi rendition="#fr">Stehet die<lb/>
Sache eines Mannes mit &#x017F;einem Weibe al-<lb/>
&#x017F;o; &#x017F;o i&#x017F;ts gar gut ehelich zu werden:</hi> denn,<lb/>
wenn man es nicht trift, &#x017F;o kan man das Weib<lb/>
bald wieder loß werden, und eine andere nehmen.<lb/>
Und wenn deme al&#x017F;o wa&#x0364;re, wie wu&#x0364;rden manche<lb/>
Ehe-Ma&#x0364;nner mit ihren Weibern umgehen, und,<lb/>
um ihrer bald loß zu werden, und &#x017F;ich an andere<lb/>
zu hangen, auf mancherley Art zu der Ur&#x017F;ache<lb/>
der Scheidung Gelegenheit geben, wo nicht gar<lb/>
die Ur&#x017F;achen gleich&#x017F;am vom Zaune brechen.</p><lb/>
            <p>§. <hi rendition="#aq">XIII.</hi> Es i&#x017F;t auch gantz vergeblich, wenn<lb/>
einige &#x017F;ich beziehen auf die Redens-Art, &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2;<lb/>
&#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;, denn es i&#x017F;t in die&#x017F;er <hi rendition="#aq">phra&#x017F;i</hi> ein purer<lb/><hi rendition="#aq">Hebrai&#x017F;mus,</hi> und i&#x017F;t &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2; &#x017F;o viel als <foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign>, &#x017F;o<lb/>
bey den Hebra&#x0364;ern heißt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">res, cau&#x017F;a</hi>;</hi> und heißt<lb/>
al&#x017F;o &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2; nichts anders, als <hi rendition="#fr">der Han-<lb/>
del des Ehebruchs,</hi> das i&#x017F;t der Ehebruch &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Realit</hi>a&#x0364;t. Zwar legen es einige aus<lb/>
von einer &#x017F;olchen Ur&#x017F;ache der Scheidung, welche<lb/>
dem Ehebruche gleich komme: allein man ge-<lb/>
braucht die&#x017F;er Auslegung gar nicht; es leydet<lb/>
&#x017F;ie auch weder der <hi rendition="#aq">Hebrai&#x017F;mus</hi> noch <hi rendition="#aq">Græci&#x017F;mus:</hi><lb/>
und &#x017F;ind hingegen die Dinge, welche man zur<lb/>
Ehe-Scheidung neb&#x017F;t dem Ehebruche mit<lb/>
Recht fu&#x0364;r hinla&#x0364;nglich erachtet, von &#x017F;olcher Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit, daß vermo&#x0364;ge der&#x017F;elben entweder<lb/>
gar keine rechte Ehe gewe&#x017F;en, als z. E. wo &#x017F;ich<lb/>
ein <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olut</hi>es Unvermo&#x0364;gen, mit dem andern Theil<lb/>
ein Flei&#x017F;ch zu werden, und Kinder zu zeugen, fin-<lb/>
det, oder ein Theil dem andern &#x017F;ich gleich an-<lb/>
fa&#x0364;nglich entzogen ha&#x0364;tte, und beharrlich entzo&#x0364;ge;<lb/>
oder die gewe&#x017F;ene Ehe &#x017F;chon gebrochen, als da-<lb/>
durch eine muthwillige <hi rendition="#aq">de&#x017F;ertion</hi> ge&#x017F;chiehet.</p><lb/>
            <p>§. <hi rendition="#aq">XIV.</hi> Nun berufet und verla&#x0364;&#x017F;&#x017F;et man<lb/>
&#x017F;ich zwar auf die <hi rendition="#aq">Auctorit</hi>a&#x0364;t des beru&#x0364;hmten Eng-<lb/>
la&#x0364;nders <hi rendition="#aq">Seldeni,</hi> der in &#x017F;einem Buche <hi rendition="#aq">de uxore<lb/>
Hebraica L. lll. c.</hi> 23. erwie&#x017F;en haben &#x017F;oll, daß<lb/>
die Worte &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2; nach der Ju&#x0364;di&#x017F;chen<lb/>
Mund-Art damals in einem &#x017F;o weitla&#x0364;uftigem<lb/>
Ver&#x017F;tande von allerhand Ur&#x017F;achen der Schei-<lb/>
dung zu ver&#x017F;tehen &#x017F;eyn: allein, was die&#x017F;en <hi rendition="#aq">Au-<lb/>
ctorem</hi> betrift, &#x017F;o i&#x017F;t er zwar ein in ju&#x0364;di&#x017F;chen <hi rendition="#aq">An-<lb/>
tiquit</hi>a&#x0364;ten und in <hi rendition="#aq">Rabbinis</hi> &#x017F;ehr bele&#x017F;ener Mann:<lb/>
daß er aber &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Scripta</hi> mit gnug&#x017F;amen <hi rendition="#aq">judicio</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">accuration</hi> daraus &#x017F;olte verfertiget haben,<lb/>
das haben viel gelehrte Ma&#x0364;nner, zumal die, wel-<lb/>
che in &#x017F;olchen Sachen auch nicht unerfahren &#x017F;ind,<lb/>
gar nicht finden ko&#x0364;nnen; wol aber das Gegen-<lb/>
theil. Und da in den mei&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Scriptis Talmudi-<lb/>
cis</hi> und <hi rendition="#aq">Rabbinicis</hi> neb&#x017F;t der gro&#x017F;&#x017F;en Dunckelheit<lb/>
viel <hi rendition="#aq">fabulir</hi>ens und eine recht gro&#x017F;&#x017F;e Verwirrung<lb/>
i&#x017F;t; &#x017F;o kan einer, der nicht mit gnug&#x017F;amen <hi rendition="#aq">ju-<lb/>
dicio</hi> dazu &#x017F;chreitet, oder darinnen <hi rendition="#aq">ver&#x017F;ir</hi>et, gar<lb/>
leichtlich mit verwirret werden. Und al&#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
dem guten <hi rendition="#aq">Seldeno</hi> gegangen, der dazu &#x017F;eine eige-<lb/>
ne unrichtige <hi rendition="#aq">hypothe&#x017F;es</hi> hie u. da mit vorgegebe-<lb/>
nen ju&#x0364;di&#x017F;chen Rechten und Gebra&#x0364;uchen zu &#x017F;chmu&#x0364;-<lb/>
cken ge&#x017F;uchet hat. Und daß er in&#x017F;onderheit <hi rendition="#aq">c.<lb/>
23. Lib. lll, de Uxore Hebraica</hi> von dem Ver&#x017F;tan-<lb/><cb/>
de der Worte Chri&#x017F;ti Matth. 5, 32. &#x03C0;&#x03B1;&#x03C1;&#x03B5;&#x03BA;&#x03C4;&#x1F78;&#x03C2; &#x03BB;&#x03CC;-<lb/>
&#x03B3;&#x03BF;&#x03C5; &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;, ohne alle <hi rendition="#aq">&#x017F;olidit</hi>a&#x0364;t &#x017F;chreibet, und<lb/>
ein rechtes Gewirre machet, kan ein ieder, der<lb/>
ju&#x0364;di&#x017F;chen Dinge auch Unerfahrner, wenn er nur<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t will, und vor Liebe zu &#x017F;einer <hi rendition="#aq">hypothe&#x017F;i</hi> dazu<lb/>
kommen kan, &#x017F;ehen und gleich&#x017F;am mit Ha&#x0364;nden<lb/>
greifen. Denn 1) <hi rendition="#aq">fluctuir</hi>et er <hi rendition="#aq">p. 351. &#x017F;eqq.</hi> in<lb/>
welcher Sprache, der Syri&#x017F;chen, Hebra&#x0364;i&#x017F;chen,<lb/>
oder <hi rendition="#aq">Talmudi</hi>&#x017F;chen, CHri&#x017F;tus geredet; und denn<lb/>
welcher Worte, wenn er in die&#x017F;er, oder jener ge-<lb/>
redet, er &#x017F;ich darinnen bedienet habe? und denn,<lb/>
was doch wol &#x017F;olche Worte mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en bedeutet ha-<lb/>
ben? und auf die&#x017F;em &#x017F;andigten Grund, da er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nichts gewi&#x017F;&#x017F;es zu &#x017F;agen und zu &#x017F;etzen ge-<lb/>
wu&#x017F;t, bauet er das gantze Geru&#x0364;&#x017F;te &#x017F;einer Meinung,<lb/>
und la&#x0364;uft auch u&#x0364;ber das alles auf <hi rendition="#aq">Conjectur</hi>en<lb/>
hinaus; wie er es denn &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq">aditum ad &#x017F;en&#x017F;um<lb/>
loci &#x017F;alebro&#x017F;um</hi> nennet. Und ob er wol &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#aq">Conjecturas</hi> hin und wieder mit Verge&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;ei-<lb/>
ner &#x017F;elb&#x017F;t, fu&#x0364;r erweisliche, ja erwie&#x017F;ene Wahrhei-<lb/>
ten ausgeben will; &#x017F;o i&#x017F;t er doch 2) endlich &#x017F;o<lb/>
aufrichtig, daß er fa&#x017F;t wider &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq">p.</hi> 364.<lb/>
&#x017F;chreibet: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nihil hic definimus de loci &#x017F;en&#x017F;u: con&#x017F;i-<lb/>
deranda tantum proponimus.</hi></hi> Hierzu ko&#x0364;mmt 3)<lb/>
daß er <hi rendition="#aq">p.</hi> 348. &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;tehet, die alten <hi rendition="#aq">Patres<lb/>
eccle&#x017F;</hi> und er&#x017F;ten Chri&#x017F;ten, ha&#x0364;tten durch das<lb/>
Wort &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;, nichts anders, als das <hi rendition="#aq">adulteri-<lb/>
um</hi> ver&#x017F;tanden. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Et patres vetu&#x017F;ti&#x017F;&#x017F;imi</hi>,</hi> heißt es,<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ibi</hi> præter cau&#x017F;&#x017F;am adulterii, &amp; præter ex cau&#x017F;&#x017F;a<lb/>
adulterii <hi rendition="#i">vertunt, dum nihil aliud in vocabuli vi ibi<lb/>
contineri volunt, præter conjugii per illicitum concu-<lb/>
bitum violationem.</hi></hi> Und &#x017F;etzet dazu, daß er vor<lb/>
dem die&#x017F;en <hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;um</hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">jure naturæ &amp; gen-<lb/>
tium L. VII. c. 12. p.</hi> 845. auch &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq">admittir</hi>et<lb/>
habe. Weil er aber hier davon gern wieder<lb/>
ab&#x017F;pringen will, &#x017F;o &#x017F;oll es dort nur <hi rendition="#aq">obiter</hi> ge-<lb/>
&#x017F;chehen &#x017F;eyn. So ge&#x017F;tehet er auch <hi rendition="#aq">p. 348. &#x017F;eqq.</hi><lb/>
daß die Syri&#x017F;che und Arabi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;ion</hi> eben den<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;um de adulterio exprimir</hi>e, auch <hi rendition="#aq">p.</hi> 350. daß<lb/>
der alte Griechi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Lexicographus, He&#x017F;ychius,</hi><lb/>
neb&#x017F;t einem andern alten <hi rendition="#aq">Etymologo,</hi> die&#x017F;es<lb/>
Wort eben al&#x017F;o erkla&#x0364;re. Und zu die&#x017F;er &#x017F;einer<lb/><hi rendition="#aq">contradiction</hi> geho&#x0364;ret, wenn er in eben die&#x017F;er<lb/><hi rendition="#aq">Materi</hi>e <hi rendition="#aq">c. XXII. p.</hi> 345. der Ju&#x0364;di&#x017F;chen Meinung<lb/>
von den Ehe-Scheidungen aus der Berg-Pre-<lb/>
digt CHri&#x017F;ti Matth. 5, den 31. und 32. Vers <hi rendition="#aq">op-<lb/>
ponir</hi>et, und <hi rendition="#aq">p.</hi> 347. &#x017F;etzet: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">aperte improbat Chri-<lb/>
&#x017F;tus Judæorum opinionem.</hi></hi> Und &#x017F;o &#x017F;ehr er auch der<lb/><hi rendition="#aq">Hillelian</hi>er ihren fal&#x017F;chen Grund, da &#x017F;ie die Worte<lb/>
5 B. Mo&#x017F;. 24, 1. <foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign>, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">turpitudo rei,</hi> con-<lb/>
tra legem grammaticam disjunctive</hi> genommen<lb/><hi rendition="#aq">pro turpitudine, <hi rendition="#i">aut</hi> quavis alia cau&#x017F;&#x017F;a c. XXI. p.<lb/>
p.</hi> 332. zu &#x017F;chmu&#x0364;cken &#x017F;uchet; &#x017F;o kan er doch an<lb/>
dem &#x017F;chon angezogenen Orte &#x017F;elb&#x017F;t nicht leugnen,<lb/>
daß CHri&#x017F;tus mit &#x017F;einem Aus&#x017F;pruche Matth. 19,<lb/>
9. &#x017F;olches <hi rendition="#aq">improbir</hi>et und u&#x0364;ber einen Haufen ge-<lb/>
worfen habe. Es hilft ihm auch 4) &#x017F;eine <hi rendition="#aq">in&#x017F;tan-<lb/>
tia,</hi> die er <hi rendition="#aq">p.</hi> 350. vom Ehebruch machet, gar<lb/>
nichts, wenn er &#x017F;aget: <hi rendition="#aq">adulterium legitime pro-<lb/>
batum ex judicio foren&#x017F;i capitale erat, nec ita,<lb/>
divortio luendum.</hi> Denn im 16. Cap. <hi rendition="#aq">p. 297.<lb/>
&#x017F;eqq.</hi> hat er &#x017F;elb&#x017F;t mit mehrern gezeiget, daß nicht<lb/>
alle des Ehebruchs halben verda&#x0364;chtige Weiber<lb/>
haben <hi rendition="#aq">legaliter</hi> u&#x0364;berzeuget, und al&#x017F;o <hi rendition="#aq">legitime</hi> zum<lb/>
Tode verurtheilet werden ko&#x0364;nnen. Wie &#x017F;ehr<lb/>
er aber, um mit dem vorgegebenen <hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;u</hi> des<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f</fw><fw place="bottom" type="catch">Worts</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0253] des erſten Briefs an die Corinthier. fuͤget hat, ſoll der Menſch nicht ſcheiden. Waͤre des HErrn JESU Sinn dahin gegan- gen, daß er den Juͤden ſo viele Urſachen der Scheidung, als einige heute zu Tage dazu rech- nen wollen, eingeraͤumet, ſo haͤtten die Juͤnger nicht ſagen duͤrfen: Es iſt nicht gut ehelich zu werden; ſondern umgekehrt: Stehet die Sache eines Mannes mit ſeinem Weibe al- ſo; ſo iſts gar gut ehelich zu werden: denn, wenn man es nicht trift, ſo kan man das Weib bald wieder loß werden, und eine andere nehmen. Und wenn deme alſo waͤre, wie wuͤrden manche Ehe-Maͤnner mit ihren Weibern umgehen, und, um ihrer bald loß zu werden, und ſich an andere zu hangen, auf mancherley Art zu der Urſache der Scheidung Gelegenheit geben, wo nicht gar die Urſachen gleichſam vom Zaune brechen. §. XIII. Es iſt auch gantz vergeblich, wenn einige ſich beziehen auf die Redens-Art, λόγος πορνείας, denn es iſt in dieſer phraſi ein purer Hebraiſmus, und iſt λόγος ſo viel als _ , ſo bey den Hebraͤern heißt res, cauſa; und heißt alſo λόγος πορνείας nichts anders, als der Han- del des Ehebruchs, das iſt der Ehebruch ſelbſt in ſeiner Realitaͤt. Zwar legen es einige aus von einer ſolchen Urſache der Scheidung, welche dem Ehebruche gleich komme: allein man ge- braucht dieſer Auslegung gar nicht; es leydet ſie auch weder der Hebraiſmus noch Græciſmus: und ſind hingegen die Dinge, welche man zur Ehe-Scheidung nebſt dem Ehebruche mit Recht fuͤr hinlaͤnglich erachtet, von ſolcher Be- ſchaffenheit, daß vermoͤge derſelben entweder gar keine rechte Ehe geweſen, als z. E. wo ſich ein abſolutes Unvermoͤgen, mit dem andern Theil ein Fleiſch zu werden, und Kinder zu zeugen, fin- det, oder ein Theil dem andern ſich gleich an- faͤnglich entzogen haͤtte, und beharrlich entzoͤge; oder die geweſene Ehe ſchon gebrochen, als da- durch eine muthwillige deſertion geſchiehet. §. XIV. Nun berufet und verlaͤſſet man ſich zwar auf die Auctoritaͤt des beruͤhmten Eng- laͤnders Seldeni, der in ſeinem Buche de uxore Hebraica L. lll. c. 23. erwieſen haben ſoll, daß die Worte λόγος πορνείας nach der Juͤdiſchen Mund-Art damals in einem ſo weitlaͤuftigem Verſtande von allerhand Urſachen der Schei- dung zu verſtehen ſeyn: allein, was dieſen Au- ctorem betrift, ſo iſt er zwar ein in juͤdiſchen An- tiquitaͤten und in Rabbinis ſehr beleſener Mann: daß er aber ſeine Scripta mit gnugſamen judicio und accuration daraus ſolte verfertiget haben, das haben viel gelehrte Maͤnner, zumal die, wel- che in ſolchen Sachen auch nicht unerfahren ſind, gar nicht finden koͤnnen; wol aber das Gegen- theil. Und da in den meiſten Scriptis Talmudi- cis und Rabbinicis nebſt der groſſen Dunckelheit viel fabulirens und eine recht groſſe Verwirrung iſt; ſo kan einer, der nicht mit gnugſamen ju- dicio dazu ſchreitet, oder darinnen verſiret, gar leichtlich mit verwirret werden. Und alſo iſt es dem guten Seldeno gegangen, der dazu ſeine eige- ne unrichtige hypotheſes hie u. da mit vorgegebe- nen juͤdiſchen Rechten und Gebraͤuchen zu ſchmuͤ- cken geſuchet hat. Und daß er inſonderheit c. 23. Lib. lll, de Uxore Hebraica von dem Verſtan- de der Worte Chriſti Matth. 5, 32. παρεκτὸς λό- γου πορνείας, ohne alle ſoliditaͤt ſchreibet, und ein rechtes Gewirre machet, kan ein ieder, der juͤdiſchen Dinge auch Unerfahrner, wenn er nur ſelbſt will, und vor Liebe zu ſeiner hypotheſi dazu kommen kan, ſehen und gleichſam mit Haͤnden greifen. Denn 1) fluctuiret er p. 351. ſeqq. in welcher Sprache, der Syriſchen, Hebraͤiſchen, oder Talmudiſchen, CHriſtus geredet; und denn welcher Worte, wenn er in dieſer, oder jener ge- redet, er ſich darinnen bedienet habe? und denn, was doch wol ſolche Worte muͤſſen bedeutet ha- ben? und auf dieſem ſandigten Grund, da er ſelbſt nichts gewiſſes zu ſagen und zu ſetzen ge- wuſt, bauet er das gantze Geruͤſte ſeiner Meinung, und laͤuft auch uͤber das alles auf Conjecturen hinaus; wie er es denn ſelbſt aditum ad ſenſum loci ſalebroſum nennet. Und ob er wol ſeine Conjecturas hin und wieder mit Vergeſſung ſei- ner ſelbſt, fuͤr erweisliche, ja erwieſene Wahrhei- ten ausgeben will; ſo iſt er doch 2) endlich ſo aufrichtig, daß er faſt wider ſich ſelbſt p. 364. ſchreibet: Nihil hic definimus de loci ſenſu: conſi- deranda tantum proponimus. Hierzu koͤmmt 3) daß er p. 348. ſelbſt geſtehet, die alten Patres eccleſiæ und erſten Chriſten, haͤtten durch das Wort πορνεία, nichts anders, als das adulteri- um verſtanden. Et patres vetuſtiſſimi, heißt es, ibi præter cauſſam adulterii, & præter ex cauſſa adulterii vertunt, dum nihil aliud in vocabuli vi ibi contineri volunt, præter conjugii per illicitum concu- bitum violationem. Und ſetzet dazu, daß er vor dem dieſen ſenſum in ſeinem jure naturæ & gen- tium L. VII. c. 12. p. 845. auch ſelbſt admittiret habe. Weil er aber hier davon gern wieder abſpringen will, ſo ſoll es dort nur obiter ge- ſchehen ſeyn. So geſtehet er auch p. 348. ſeqq. daß die Syriſche und Arabiſche Verſion eben den ſenſum de adulterio exprimire, auch p. 350. daß der alte Griechiſche Lexicographus, Heſychius, nebſt einem andern alten Etymologo, dieſes Wort eben alſo erklaͤre. Und zu dieſer ſeiner contradiction gehoͤret, wenn er in eben dieſer Materie c. XXII. p. 345. der Juͤdiſchen Meinung von den Ehe-Scheidungen aus der Berg-Pre- digt CHriſti Matth. 5, den 31. und 32. Vers op- poniret, und p. 347. ſetzet: aperte improbat Chri- ſtus Judæorum opinionem. Und ſo ſehr er auch der Hillelianer ihren falſchen Grund, da ſie die Worte 5 B. Moſ. 24, 1. _ , turpitudo rei, con- tra legem grammaticam disjunctive genommen pro turpitudine, aut quavis alia cauſſa c. XXI. p. p. 332. zu ſchmuͤcken ſuchet; ſo kan er doch an dem ſchon angezogenen Orte ſelbſt nicht leugnen, daß CHriſtus mit ſeinem Ausſpruche Matth. 19, 9. ſolches improbiret und uͤber einen Haufen ge- worfen habe. Es hilft ihm auch 4) ſeine inſtan- tia, die er p. 350. vom Ehebruch machet, gar nichts, wenn er ſaget: adulterium legitime pro- batum ex judicio forenſi capitale erat, nec ita, divortio luendum. Denn im 16. Cap. p. 297. ſeqq. hat er ſelbſt mit mehrern gezeiget, daß nicht alle des Ehebruchs halben verdaͤchtige Weiber haben legaliter uͤberzeuget, und alſo legitime zum Tode verurtheilet werden koͤnnen. Wie ſehr er aber, um mit dem vorgegebenen ſenſu des Worts F f

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/253
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/253>, abgerufen am 16.07.2024.