Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 7, v. 5. 6. [Spaltenumbruch]
auch sie, als sein eignes Weib haben, haltenund behalten soll.) Anmerckungen. 1. Wir sehen hier abermal, daß der Apostel beyderseits Eheleuten in dem, was zum Wesen des Ehestandes gehöret, gleiches Recht zuerken- net, also, daß der Ehemann darinn nichts vor- aus behält. 2. Und dabey wird aufs neue hieraus klar, was schon aus den vorhergehenden Versen wi- der die Polygamie erwiesen ist. Denn so das Weib ihres Leibes nicht mächtig ist, daß sie den- selben ausser ihrem eignen und einzigen Eheman- ne kan mehrern Männern ehelich übergeben; sondern allein ihr einziger Mann die Macht dar- über also behält, daß er sich denselben allein vin- diciren kan: so muß, in Ansehung dergleichen ehelichen Verbindung, auch der Mann seines Leibes nicht mächtig seyn, daß er denselben, ausser seiner eigenen Frauen noch einer andern, oder gar noch mehrern, überlasse; sondern al- lein sein eigenes Weib behält die Macht dar- über. 3. Ein gleich-gültiger Schluß lieget auch in diesen Worten wider die willkührliche Ehescheidungen. Denn ist der Mann seines Leibes nicht mächtig, sondern das Weib, so kan er ihr durch die Ehescheidung oder Verstos- sung das Recht und die Macht über seinen Leib nicht absprechen, wie doch geschiehet, wenn er sie gar von sich thut. Und also ist dieses unzu- läßig. V. 5. Entziehe sich nicht eins dem andern Anmerckungen. 1. Der Apostel verstehet nicht das tägli- 2. Durch diesen Ausspruch Pauli werden 3. Stehen nun aber diese Worte Pauli V. 6. Solches (welches nechst vorhergehet v. 5.) Anmerckungen. 1. Aus Vergunst, kata suggnomen, nach gutem Rathe, nach seinem Gutbe- finden, etwas sagen, ist also rathen, daß man zwar seine Meynung, wie man es am besten er- kennet, saget, aber dem andern doch seine Frey- heit nach seinem Zustande lässet. Da hingegen aus Gebot etwas sagen so viel ist, als, zwar die Freyheit zum Widerstreben nicht aufheben, aber doch der Sachen Nothwendigkeit, so fern man seinem Gewissen rathen will, vorstellen. 3. Dieses aber kan unmöglich auf das wei- ter v. 2. 3. 4. vorhergeherde gezogen werden. Denn daß man zur Vermeidung der Hurerey und der bösen Brunst heyrathe oder nicht; und daß im Ehestande ein Ehegatte über des andern Leib zum ehelichen Gebrauch die Macht habe; und dannenhero einer dem andern sich nicht ent- ziehe, zumal beständig; dazu giebt der Apostel keine Erlaubniß, sondern ein Gebot, wel- ches
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 7, v. 5. 6. [Spaltenumbruch]
auch ſie, als ſein eignes Weib haben, haltenund behalten ſoll.) Anmerckungen. 1. Wir ſehen hier abermal, daß der Apoſtel beyderſeits Eheleuten in dem, was zum Weſen des Eheſtandes gehoͤret, gleiches Recht zuerken- net, alſo, daß der Ehemann darinn nichts vor- aus behaͤlt. 2. Und dabey wird aufs neue hieraus klar, was ſchon aus den vorhergehenden Verſen wi- der die Polygamie erwieſen iſt. Denn ſo das Weib ihres Leibes nicht maͤchtig iſt, daß ſie den- ſelben auſſer ihrem eignen und einzigen Eheman- ne kan mehrern Maͤnnern ehelich uͤbergeben; ſondern allein ihr einziger Mann die Macht dar- uͤber alſo behaͤlt, daß er ſich denſelben allein vin- diciren kan: ſo muß, in Anſehung dergleichen ehelichen Verbindung, auch der Mann ſeines Leibes nicht maͤchtig ſeyn, daß er denſelben, auſſer ſeiner eigenen Frauen noch einer andern, oder gar noch mehrern, uͤberlaſſe; ſondern al- lein ſein eigenes Weib behaͤlt die Macht dar- uͤber. 3. Ein gleich-guͤltiger Schluß lieget auch in dieſen Worten wider die willkuͤhrliche Eheſcheidungen. Denn iſt der Mann ſeines Leibes nicht maͤchtig, ſondern das Weib, ſo kan er ihr durch die Eheſcheidung oder Verſtoſ- ſung das Recht und die Macht uͤber ſeinen Leib nicht abſprechen, wie doch geſchiehet, wenn er ſie gar von ſich thut. Und alſo iſt dieſes unzu- laͤßig. V. 5. Entziehe ſich nicht eins dem andern Anmerckungen. 1. Der Apoſtel verſtehet nicht das taͤgli- 2. Durch dieſen Ausſpruch Pauli werden 3. Stehen nun aber dieſe Worte Pauli V. 6. Solches (welches nechſt vorhergehet v. 5.) Anmerckungen. 1. Aus Vergunſt, κατὰ συγγνώμην, nach gutem Rathe, nach ſeinem Gutbe- finden, etwas ſagen, iſt alſo rathen, daß man zwar ſeine Meynung, wie man es am beſten er- kennet, ſaget, aber dem andern doch ſeine Frey- heit nach ſeinem Zuſtande laͤſſet. Da hingegen aus Gebot etwas ſagen ſo viel iſt, als, zwar die Freyheit zum Widerſtreben nicht aufheben, aber doch der Sachen Nothwendigkeit, ſo fern man ſeinem Gewiſſen rathen will, vorſtellen. 3. Dieſes aber kan unmoͤglich auf das wei- ter v. 2. 3. 4. vorhergeherde gezogen werden. Denn daß man zur Vermeidung der Hurerey und der boͤſen Brunſt heyrathe oder nicht; und daß im Eheſtande ein Ehegatte uͤber des andern Leib zum ehelichen Gebrauch die Macht habe; und dannenhero einer dem andern ſich nicht ent- ziehe, zumal beſtaͤndig; dazu giebt der Apoſtel keine Erlaubniß, ſondern ein Gebot, wel- ches
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Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 7, v. 5. 6.
auch ſie, als ſein eignes Weib haben, halten
und behalten ſoll.)
Anmerckungen.
1. Wir ſehen hier abermal, daß der Apoſtel
beyderſeits Eheleuten in dem, was zum Weſen
des Eheſtandes gehoͤret, gleiches Recht zuerken-
net, alſo, daß der Ehemann darinn nichts vor-
aus behaͤlt.
2. Und dabey wird aufs neue hieraus klar,
was ſchon aus den vorhergehenden Verſen wi-
der die Polygamie erwieſen iſt. Denn ſo das
Weib ihres Leibes nicht maͤchtig iſt, daß ſie den-
ſelben auſſer ihrem eignen und einzigen Eheman-
ne kan mehrern Maͤnnern ehelich uͤbergeben;
ſondern allein ihr einziger Mann die Macht dar-
uͤber alſo behaͤlt, daß er ſich denſelben allein vin-
diciren kan: ſo muß, in Anſehung dergleichen
ehelichen Verbindung, auch der Mann ſeines
Leibes nicht maͤchtig ſeyn, daß er denſelben,
auſſer ſeiner eigenen Frauen noch einer andern,
oder gar noch mehrern, uͤberlaſſe; ſondern al-
lein ſein eigenes Weib behaͤlt die Macht dar-
uͤber.
3. Ein gleich-guͤltiger Schluß lieget
auch in dieſen Worten wider die willkuͤhrliche
Eheſcheidungen. Denn iſt der Mann ſeines
Leibes nicht maͤchtig, ſondern das Weib, ſo
kan er ihr durch die Eheſcheidung oder Verſtoſ-
ſung das Recht und die Macht uͤber ſeinen Leib
nicht abſprechen, wie doch geſchiehet, wenn er
ſie gar von ſich thut. Und alſo iſt dieſes unzu-
laͤßig.
V. 5.
Entziehe ſich nicht eins dem andern
(in Leiſtung der zuvor v. 3. gedachten ſchuldigen
ehelichen Freundſchaft) es ſey denn aus beyder
Bewilligung eine Zeitlang, daß ihr zum
(beſondern) Faſten und Beten Muſſe habet
(dieſer geiſtlichen Ubung deſto eifriger und
ernſtlicher oblieget) und kommet (haltet euch
wieder ehelich) zuſammen, auf daß euch der
Satan nicht verſuche um eurer Unkeuſch-
heit willen (daß nicht der Satan, bey Erman-
gelung der Gabe zur laͤngern, oder beſtaͤndigern,
Enthaltung, euch im Gemuͤth verunruhige, und
entweder beyde Theile, oder doch den einen und
ſchwaͤchern, zur Verunreinigung auſſer der Ehe
anreitze.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel verſtehet nicht das taͤgli-
che Gebet, als welches eigentlich mit keinem
Faſten verknuͤpfet war; welches auch dem recht-
maͤßigen Gebrauch des Eheſtandes nicht entge-
gen ſtehet; ſintemal er ſonſt dadurch muͤſte gar
aufgehoben werden; da man taͤglich, ja, was
das Gebet des Hertzens, dadurch dieſes zu
GOtt gerichtet iſt, betrifft, beſtaͤndig beten
ſoll; ſondern das Gebet heiliget denſelben viel-
mehr, alſo, daß chriſtliche Eheleute dadurch ihre
natuͤrliche Begierden beherrſchen und einſchraͤn-
cken, und dadurch mit ihrem Gemuͤthe vor
GOttes Augen in der Zucht und Heiligung
bleiben. Und alſo redet der Apoſtel nur von ei-
ner ſolchen beſondern mit einem Faſten verknuͤpf-
ten Ubung des Gebets und der Andacht, welche
in beſondern wichtigen Angelegenheiten entwe-
der die Eheleute unter ſich ſelbſt vornehmen,
oder aber welche, nach Beybehalt einer Gewohn-
heit der Juͤdiſchen Kirche, in der gantzen Gemei-
ne beliebet wurde. Dergleichen man lieſet
Exod. 19, 15. Joel 2, 16. Matth. 17, 21. Act.
13, 2. 3.
2. Durch dieſen Ausſpruch Pauli werden
die vorigen Gruͤnde wider die Vielweiberey
und Eheſcheidungen noch mehr beſtaͤtiget.
Denn ſoll der Ehemann ſich ſeinem Eheweibe
nicht einmal auf einige Zeit hinter einander ohne
ihre Bewilligung entziehen; wie kan er denn
ohne und wider ihre Bewilligung, noch ein an-
deres, ja noch mehrere Weiber nehmen, und ih-
nen ehelich anhangen; ſintemal ja dieſes noth-
wendig eine unverwilligte Entziehung von ſeiner
erſten Ehegattin nach ſich ziehet und mit ſich fuͤh-
ret. Und ſoll das Weib ſich dem Manne ohne
ſeine Bewilligung nicht eine zeitlang entziehen,
damit er dadurch ſeiner Schwachheit, oder in-
continenz wegen, nicht zum Ehebruch, oder un-
reinen und beunruhigenden Brunſt verſuchet
werde: wie will es denn der Mann immermehr
verantworten, wenn er durch das Anhangen an
mehrere Weiber ſich ſeiner erſtern Ehegattin
ohne und wider ihren Willen ſo viel entzieht,
als er jenen ergeben iſt? zumal wenn ſie in die-
ſem Stuͤcke ſchwach iſt, und er verurſachet, daß
ſie durch ſeine Entziehung zum Ehebruch verſu-
chet wird, oder in einer das Gemuͤth verunrei-
nigenden und verunruhigenden Brunſt ſtecken
bleibet.
3. Stehen nun aber dieſe Worte Pauli
ſo gar ſtarck der Vielweiberey entgegen; wie
viel mehr verbiethen ſie die Eheſcheidungen;
als welche eine immerwaͤhrende Entziehung mit
ſich fuͤhret.
V. 6.
Solches (welches nechſt vorhergehet v. 5.)
ſage ich aus Vergunſt, und nicht aus Ge-
bot.
Anmerckungen.
1. Aus Vergunſt, κατὰ συγγνώμην,
nach gutem Rathe, nach ſeinem Gutbe-
finden, etwas ſagen, iſt alſo rathen, daß man
zwar ſeine Meynung, wie man es am beſten er-
kennet, ſaget, aber dem andern doch ſeine Frey-
heit nach ſeinem Zuſtande laͤſſet. Da hingegen
aus Gebot etwas ſagen ſo viel iſt, als, zwar
die Freyheit zum Widerſtreben nicht aufheben,
aber doch der Sachen Nothwendigkeit, ſo fern
man ſeinem Gewiſſen rathen will, vorſtellen.
3. Dieſes aber kan unmoͤglich auf das wei-
ter v. 2. 3. 4. vorhergeherde gezogen werden.
Denn daß man zur Vermeidung der Hurerey
und der boͤſen Brunſt heyrathe oder nicht; und
daß im Eheſtande ein Ehegatte uͤber des andern
Leib zum ehelichen Gebrauch die Macht habe;
und dannenhero einer dem andern ſich nicht ent-
ziehe, zumal beſtaͤndig; dazu giebt der Apoſtel
keine Erlaubniß, ſondern ein Gebot, wel-
ches
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