Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 10, v. 9. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
5. Und darauf folgete der Sünden Ver- gebung und der Strafe Hinwegnehmung. Denn der HERR sprach zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange, und richte sie zum Zeichen auf: Wer gebissen ist, und siehet sie an, der soll leben. Da machte Moses eine eherne Schlange, und richte- te sie auf zum Zeichen. Und wenn iemand eine Schlange biß, so sahe er die eherne Schlange an, und blieb leben. 6. Nun ist sehr mercklich, daß gesagt wird, es hätten die Jsraeliten CHristum damals versuchet. Es ist auch nicht anders. Denn der damals verheissene CHristus, oder Messias, war nach seiner wahren GOttheit bey ihnen schon gegenwärtig: wie er denn aus dem feuri- gen Busch Mosen zur Ausführung des Volcks berufen, und durch ihn die grossen Wunder in Aegypten gethan, auch darauf vor dem auszie- henden Volcke in der Wolcken- und Feuer-Seu- le hergezogen war, sie durchs rothe Meer gefüh- ret, in der Wüsten mit Brodt vom Himmel, auch Wachteln, und mit Wasser aus dem Felsen ge- speiset und geträncket, ihnen auch ferner das Ge- setz auf dem Berge Sinai gegeben, und sich in der aufgerichteten Stifts-Hütte herrlich geoffen- baret hatte; gleichwie er sich darinnen göttlich bedienen lassen: der auch das Volck endlich ins gelobte Land eingeführet: ja der sich hernach durch die Propheten demselben auf mancherley Art offenbaret hat: wie denn, wenn der grosse GOTT, als Jehova, bey den Propheten redet, es durch und durch an den allermeisten Orten der Sohn GOttes ist, wie es der Context und die Sache selbst, davon gehandelt wird, auswei- set. Der Sohn GOttes ists, von dem der himmlische Vater 2 B. Mos. 23, 20. 21. sagt: Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege, und bringe dich an den Ort, den ich bereitet habe. Darum hüte dich vor seinem Angesicht, und ge- horche seiner Stimme, und erbittre ihn nicht. Denn er wird euer Ubertreten nicht vergeben, (er wird es nicht ungestraft hingehen lassen, so du dich nicht bekehrest) und mein Na- me ist in ihm. Es ist der Sohn GOttes, von dem der Vater zu Mose c. 24, 1. saget: Steig herauf zum HErrn etc. und den er mit den Aeltesten von Jsrael sahe, als den GOtt Jsrael in seiner göttlichen Majestät und Herrlichkeit v. 10. sqq. Der Sohn, welchen der Vater selbst verklärete, als er, der Sohn, vor dem Mose vor- über ging, und er, der Vater, von ihm sagte: HErr, HErr, GOtt, barmhertzig und gnä- dig, und geduldig, und von grosser Gnade und Treue etc. Siehe auch Jes. 63, 9. 10. das heißt: Christus gestern und heute, das ist im alten und neuen Testament Hebr. 13, 8. 7. Da nun die Jsraeliten es solchergestalt bereits mit dem Sohne GOttes, als dem ver- heissenen Meßia, oder Christo, zu thun gehabt ha- ben, so sind sie auch Christen, das ist Messiani ge- wesen, nur mit dem Unterscheid, daß sie Christen waren in der Verheissung und Hoffnung; da wir es sind nach der Erfüllung. Daher spricht Pau- lus Hebr. 11, 24. sqq. Durch den Glauben - [Spaltenumbruch] achtete Moses die Schmach Christi (wel- che auf ihn und auf das Jüdische Volck von den Heyden um des verheissenen Meßiä willen fiel) für grösser Reichthum, denn die Schätze Aegypti. etc. 8. Jm übrigen ist bey diesem Orte der Aus- spruch Christi wohl zu mercken, wenn er Joh. 3, 14. 15. spricht: Wie Moses in der Wüsten eine Schlange erhöhet hat, also muß des Menschen Sohn erhöhet werden, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verlohren werden, sondern das ewige Leben haben. Nun scheinet es zwar hart zu lauten, wenn man saget, Crristus sey durch die eherne Schlange vorgebildet worden: allein es ist an sich selbst nicht hart. Denn in dem Bilde wird nur ge- sehen auf das äussere an einer sehr hohen Stan- ge, die vermuthlich oben in der Form eines Creu- tzes ein Quer-Holtz gehabt, um das Zeichen dar- an veste zu machen, zumal wenn das Zeichen die Figur einer geflügelten Schlange, als es in den dasigen Wüsten gegeben hat, gewesen ist. Daß aber zu solchem Zeichen die Figur von solchen Schlangen, davon das Volck gebissen worden war, genommen ist, das ist daher geschehen, da- mit die Jsraeliten dadurch erinnert werden möch- ten, an den Fall des menschlichen Geschlechts, welcher durch die Verführung des Satans, der seines Sünden-Gifts wegen hin und wieder, sonderlich Apoc. 12. eine Schlange genant wird, kommen, und alle übrige Sünden nach sich ge- zogen: nicht weniger auch daher, weil alle Menschen von Natur sind Ottergezüchte, und ein Schlangen-Same, das ist, Kinder des Teu- fels, der durch die giftigen Schlangen reprae- sentiret worden Matth. 3, 7. 12, 34. 23, 33. Joh. 8, 44. 1 Joh. 3, 8. Christus aber ihre Person über sich genommen hat, und an ihre statt in den Tod am Creutze dahin gegeben wor- den, um den giftigen Schlangen-Biß hinweg zu nehmen. Und also ist Christus im Gegen- Bilde auf die in der Wüsten erhöhete Schlange anzusehen, nicht nach dem, was er an sich selbst ist, sondern nach dem, wozu er an unserer statt geworden, wie ein sündiger vom Satan verführ- ter und gleichsam zum Schlangen-Samen ge- machter Mensch, der unsere Sünden über sich genommen. 9. Die Application dieser Geschichte ist die- se: Es ist zu betrachten: a. Die Sünde, als ein arger Seelen Gift, der vom Satan, der alten Schlange, herrühret, und uns zu allem Bösen entzündet, auch end- lich aus dem geistlichen Tode dem ewigen ü- berliefert. b. Der Sünder, der, wenn ihm geholfen wer- den soll, die Sünde also fühlen muß, wie die Jsraeliten die feurigen und tödtlichen Schlan- gen-Bisse gefühlet haben. c. Der Sünden-Tilger, CHristus, wie er uns in seinem gantzen Mittler-Amte, und dar- innen insonderheit als am Creutze erhöhet, vorgestellet wird. d. Das Geschäfte des Glaubens, welches bestehet in dem sehnlichsten Verlangen, und in einem solchen Anschauen CHristi, welches mit M m 3
Cap. 10, v. 9. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
5. Und darauf folgete der Suͤnden Ver- gebung und der Strafe Hinwegnehmung. Denn der HERR ſprach zu Moſe: Mache dir eine eherne Schlange, und richte ſie zum Zeichen auf: Wer gebiſſen iſt, und ſiehet ſie an, der ſoll leben. Da machte Moſes eine eherne Schlange, und richte- te ſie auf zum Zeichen. Und wenn iemand eine Schlange biß, ſo ſahe er die eherne Schlange an, und blieb leben. 6. Nun iſt ſehr mercklich, daß geſagt wird, es haͤtten die Jſraeliten CHriſtum damals verſuchet. Es iſt auch nicht anders. Denn der damals verheiſſene CHriſtus, oder Meſſias, war nach ſeiner wahren GOttheit bey ihnen ſchon gegenwaͤrtig: wie er denn aus dem feuri- gen Buſch Moſen zur Ausfuͤhrung des Volcks berufen, und durch ihn die groſſen Wunder in Aegypten gethan, auch darauf vor dem auszie- henden Volcke in der Wolcken- und Feuer-Seu- le hergezogen war, ſie durchs rothe Meer gefuͤh- ret, in der Wuͤſten mit Brodt vom Himmel, auch Wachteln, und mit Waſſer aus dem Felſen ge- ſpeiſet und getraͤncket, ihnen auch ferner das Ge- ſetz auf dem Berge Sinai gegeben, und ſich in der aufgerichteten Stifts-Huͤtte herrlich geoffen- baret hatte; gleichwie er ſich darinnen goͤttlich bedienen laſſen: der auch das Volck endlich ins gelobte Land eingefuͤhret: ja der ſich hernach durch die Propheten demſelben auf mancherley Art offenbaret hat: wie denn, wenn der groſſe GOTT, als Jehova, bey den Propheten redet, es durch und durch an den allermeiſten Orten der Sohn GOttes iſt, wie es der Context und die Sache ſelbſt, davon gehandelt wird, auswei- ſet. Der Sohn GOttes iſts, von dem der him̃liſche Vater 2 B. Moſ. 23, 20. 21. ſagt: Siehe, ich ſende meinen Engel vor dir her, der dich behuͤte auf dem Wege, und bringe dich an den Ort, den ich bereitet habe. Darum huͤte dich vor ſeinem Angeſicht, und ge- horche ſeiner Stimme, und erbittre ihn nicht. Denn er wird euer Ubertreten nicht vergeben, (er wird es nicht ungeſtraft hingehen laſſen, ſo du dich nicht bekehreſt) und mein Na- me iſt in ihm. Es iſt der Sohn GOttes, von dem der Vater zu Moſe c. 24, 1. ſaget: Steig herauf zum HErrn ꝛc. und den er mit den Aelteſten von Jſrael ſahe, als den GOtt Jſrael in ſeiner goͤttlichen Majeſtaͤt und Herrlichkeit v. 10. ſqq. Der Sohn, welchen der Vater ſelbſt verklaͤrete, als er, der Sohn, vor dem Moſe vor- uͤber ging, und er, der Vater, von ihm ſagte: HErr, HErr, GOtt, barmhertzig und gnaͤ- dig, und geduldig, und von groſſer Gnade und Treue ꝛc. Siehe auch Jeſ. 63, 9. 10. das heißt: Chriſtus geſtern und heute, das iſt im alten und neuen Teſtament Hebr. 13, 8. 7. Da nun die Jſraeliten es ſolchergeſtalt bereits mit dem Sohne GOttes, als dem ver- heiſſenen Meßia, oder Chriſto, zu thun gehabt ha- ben, ſo ſind ſie auch Chriſten, das iſt Meſſiani ge- weſen, nur mit dem Unterſcheid, daß ſie Chriſten waren in der Verheiſſung und Hoffnung; da wir es ſind nach der Erfuͤllung. Daher ſpricht Pau- lus Hebr. 11, 24. ſqq. Durch den Glauben - [Spaltenumbruch] achtete Moſes die Schmach Chriſti (wel- che auf ihn und auf das Juͤdiſche Volck von den Heyden um des verheiſſenen Meßiaͤ willen fiel) fuͤr groͤſſer Reichthum, denn die Schaͤtze Aegypti. ꝛc. 8. Jm uͤbrigen iſt bey dieſem Orte der Aus- ſpruch Chriſti wohl zu mercken, wenn er Joh. 3, 14. 15. ſpricht: Wie Moſes in der Wuͤſten eine Schlange erhoͤhet hat, alſo muß des Menſchen Sohn erhoͤhet werden, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verlohren werden, ſondern das ewige Leben haben. Nun ſcheinet es zwar hart zu lauten, wenn man ſaget, Crriſtus ſey durch die eherne Schlange vorgebildet worden: allein es iſt an ſich ſelbſt nicht hart. Denn in dem Bilde wird nur ge- ſehen auf das aͤuſſere an einer ſehr hohen Stan- ge, die vermuthlich oben in der Form eines Creu- tzes ein Quer-Holtz gehabt, um das Zeichen dar- an veſte zu machen, zumal wenn das Zeichen die Figur einer gefluͤgelten Schlange, als es in den daſigen Wuͤſten gegeben hat, geweſen iſt. Daß aber zu ſolchem Zeichen die Figur von ſolchen Schlangen, davon das Volck gebiſſen worden war, genommen iſt, das iſt daher geſchehen, da- mit die Jſraeliten dadurch erinnert werden moͤch- ten, an den Fall des menſchlichen Geſchlechts, welcher durch die Verfuͤhrung des Satans, der ſeines Suͤnden-Gifts wegen hin und wieder, ſonderlich Apoc. 12. eine Schlange genant wird, kommen, und alle uͤbrige Suͤnden nach ſich ge- zogen: nicht weniger auch daher, weil alle Menſchen von Natur ſind Ottergezuͤchte, und ein Schlangen-Same, das iſt, Kinder des Teu- fels, der durch die giftigen Schlangen repræ- ſentiret worden Matth. 3, 7. 12, 34. 23, 33. Joh. 8, 44. 1 Joh. 3, 8. Chriſtus aber ihre Perſon uͤber ſich genommen hat, und an ihre ſtatt in den Tod am Creutze dahin gegeben wor- den, um den giftigen Schlangen-Biß hinweg zu nehmen. Und alſo iſt Chriſtus im Gegen- Bilde auf die in der Wuͤſten erhoͤhete Schlange anzuſehen, nicht nach dem, was er an ſich ſelbſt iſt, ſondern nach dem, wozu er an unſerer ſtatt geworden, wie ein ſuͤndiger vom Satan verfuͤhr- ter und gleichſam zum Schlangen-Samen ge- machter Menſch, der unſere Suͤnden uͤber ſich genommen. 9. Die Application dieſer Geſchichte iſt die- ſe: Es iſt zu betrachten: a. Die Suͤnde, als ein arger Seelen Gift, der vom Satan, der alten Schlange, herruͤhret, und uns zu allem Boͤſen entzuͤndet, auch end- lich aus dem geiſtlichen Tode dem ewigen uͤ- berliefert. b. Der Suͤnder, der, wenn ihm geholfen wer- den ſoll, die Suͤnde alſo fuͤhlen muß, wie die Jſraeliten die feurigen und toͤdtlichen Schlan- gen-Biſſe gefuͤhlet haben. c. Der Suͤnden-Tilger, CHriſtus, wie er uns in ſeinem gantzen Mittler-Amte, und dar- innen inſonderheit als am Creutze erhoͤhet, vorgeſtellet wird. d. Das Geſchaͤfte des Glaubens, welches beſtehet in dem ſehnlichſten Verlangen, und in einem ſolchen Anſchauen CHriſti, welches mit M m 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0305" n="277"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 10, v. 9. an die Corinthier.</hi> </fw><lb/> <cb/> <list> <item>5. Und darauf folgete der <hi rendition="#fr">Suͤnden Ver-<lb/> gebung</hi> und der Strafe Hinwegnehmung.<lb/> Denn der HERR ſprach zu Moſe: <hi rendition="#fr">Mache<lb/> dir eine eherne Schlange, und richte ſie<lb/> zum Zeichen auf: Wer gebiſſen iſt, und<lb/> ſiehet ſie an, der ſoll leben. Da machte<lb/> Moſes eine eherne Schlange, und richte-<lb/> te ſie auf zum Zeichen. Und wenn iemand<lb/> eine Schlange biß, ſo ſahe er die eherne<lb/> Schlange an, und blieb leben.</hi></item><lb/> <item>6. Nun iſt ſehr mercklich, daß geſagt wird,<lb/> es <hi rendition="#fr">haͤtten die Jſraeliten CHriſtum</hi> damals<lb/><hi rendition="#fr">verſuchet.</hi> Es iſt auch nicht anders. Denn<lb/> der damals verheiſſene CHriſtus, oder <hi rendition="#aq">Meſſias,</hi><lb/> war nach ſeiner wahren GOttheit bey ihnen<lb/> ſchon gegenwaͤrtig: wie er denn aus dem feuri-<lb/> gen Buſch Moſen zur Ausfuͤhrung des Volcks<lb/> berufen, und durch ihn die groſſen Wunder in<lb/> Aegypten gethan, auch darauf vor dem auszie-<lb/> henden Volcke in der Wolcken- und Feuer-Seu-<lb/> le hergezogen war, ſie durchs rothe Meer gefuͤh-<lb/> ret, in der Wuͤſten mit Brodt vom Himmel, auch<lb/> Wachteln, und mit Waſſer aus dem Felſen ge-<lb/> ſpeiſet und getraͤncket, ihnen auch ferner das Ge-<lb/> ſetz auf dem Berge Sinai gegeben, und ſich in<lb/> der aufgerichteten Stifts-Huͤtte herrlich geoffen-<lb/> baret hatte; gleichwie er ſich darinnen goͤttlich<lb/> bedienen laſſen: der auch das Volck endlich ins<lb/> gelobte Land eingefuͤhret: ja der ſich hernach<lb/> durch die Propheten demſelben auf mancherley<lb/> Art offenbaret hat: wie denn, wenn der groſſe<lb/> GOTT, als <hi rendition="#aq">Jehova,</hi> bey den Propheten redet,<lb/> es durch und durch an den allermeiſten Orten<lb/> der Sohn GOttes iſt, wie es der <hi rendition="#aq">Context</hi> und<lb/> die Sache ſelbſt, davon gehandelt wird, auswei-<lb/> ſet. Der Sohn GOttes iſts, von dem der him̃liſche<lb/> Vater 2 B. Moſ. 23, 20. 21. ſagt: <hi rendition="#fr">Siehe, ich<lb/> ſende meinen Engel vor dir her, der dich<lb/> behuͤte auf dem Wege, und bringe dich an<lb/> den Ort, den ich bereitet habe. Darum<lb/> huͤte dich vor ſeinem Angeſicht, und ge-<lb/> horche ſeiner Stimme, und erbittre ihn<lb/> nicht. Denn er wird euer Ubertreten nicht<lb/> vergeben,</hi> (er wird es nicht ungeſtraft hingehen<lb/> laſſen, ſo du dich nicht bekehreſt) <hi rendition="#fr">und mein Na-<lb/> me iſt in ihm.</hi> Es iſt der Sohn GOttes, von<lb/> dem der Vater zu Moſe c. 24, 1. ſaget: <hi rendition="#fr">Steig<lb/> herauf zum HErrn</hi> ꝛc. und den er mit den<lb/> Aelteſten von Jſrael ſahe, als den GOtt Jſrael<lb/> in ſeiner goͤttlichen Majeſtaͤt und Herrlichkeit v.<lb/> 10. <hi rendition="#aq">ſqq.</hi> Der Sohn, welchen der Vater ſelbſt<lb/> verklaͤrete, als er, der Sohn, vor dem Moſe vor-<lb/> uͤber ging, und er, der Vater, von ihm ſagte:<lb/><hi rendition="#fr">HErr, HErr, GOtt, barmhertzig und gnaͤ-<lb/> dig, und geduldig, und von groſſer Gnade<lb/> und Treue</hi> ꝛc. Siehe auch Jeſ. 63, 9. 10. das<lb/> heißt: <hi rendition="#fr">Chriſtus geſtern und heute,</hi> das iſt<lb/> im alten und neuen Teſtament Hebr. 13, 8.</item><lb/> <item>7. Da nun die Jſraeliten es ſolchergeſtalt<lb/> bereits mit dem Sohne GOttes, als dem ver-<lb/> heiſſenen Meßia, oder Chriſto, zu thun gehabt ha-<lb/> ben, ſo ſind ſie auch <hi rendition="#fr">Chriſten,</hi> das iſt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Meſſiani</hi></hi> ge-<lb/> weſen, nur mit dem Unterſcheid, daß ſie Chriſten<lb/> waren in der Verheiſſung und Hoffnung; da wir<lb/> es ſind nach der Erfuͤllung. Daher ſpricht Pau-<lb/> lus Hebr. 11, 24. <hi rendition="#aq">ſqq.</hi> <hi rendition="#fr">Durch den Glauben -<lb/><cb/> achtete Moſes die Schmach Chriſti</hi> (wel-<lb/> che auf ihn und auf das Juͤdiſche Volck von den<lb/> Heyden um des verheiſſenen Meßiaͤ willen fiel)<lb/><hi rendition="#fr">fuͤr groͤſſer Reichthum, denn die Schaͤtze<lb/> Aegypti.</hi> ꝛc.</item><lb/> <item>8. Jm uͤbrigen iſt bey dieſem Orte der Aus-<lb/> ſpruch Chriſti wohl zu mercken, wenn er Joh. 3,<lb/> 14. 15. ſpricht: <hi rendition="#fr">Wie Moſes in der Wuͤſten<lb/> eine Schlange erhoͤhet hat, alſo muß des<lb/> Menſchen Sohn erhoͤhet werden, auf daß<lb/> alle, die an ihn glauben, nicht verlohren<lb/> werden, ſondern das ewige Leben haben.</hi><lb/> Nun ſcheinet es zwar hart zu lauten, wenn man<lb/> ſaget, Crriſtus ſey durch die eherne Schlange<lb/> vorgebildet worden: allein es iſt an ſich ſelbſt<lb/> nicht hart. Denn in dem Bilde wird nur ge-<lb/> ſehen auf das aͤuſſere an einer ſehr hohen Stan-<lb/> ge, die vermuthlich oben in der Form eines Creu-<lb/> tzes ein Quer-Holtz gehabt, um das Zeichen dar-<lb/> an veſte zu machen, zumal wenn das Zeichen die<lb/> Figur einer gefluͤgelten Schlange, als es in den<lb/> daſigen Wuͤſten gegeben hat, geweſen iſt. Daß<lb/> aber zu ſolchem Zeichen die Figur von ſolchen<lb/> Schlangen, davon das Volck gebiſſen worden<lb/> war, genommen iſt, das iſt daher geſchehen, da-<lb/> mit die Jſraeliten dadurch erinnert werden moͤch-<lb/> ten, an den Fall des menſchlichen Geſchlechts,<lb/> welcher durch die Verfuͤhrung des Satans, der<lb/> ſeines Suͤnden-Gifts wegen hin und wieder,<lb/> ſonderlich <hi rendition="#aq">Apoc.</hi> 12. eine Schlange genant wird,<lb/> kommen, und alle uͤbrige Suͤnden nach ſich ge-<lb/> zogen: nicht weniger auch daher, weil alle<lb/> Menſchen von Natur ſind Ottergezuͤchte, und<lb/> ein Schlangen-Same, das iſt, Kinder des Teu-<lb/> fels, der durch die giftigen Schlangen <hi rendition="#aq">repræ-<lb/> ſentir</hi>et worden Matth. 3, 7. 12, 34. 23, 33.<lb/> Joh. 8, 44. 1 Joh. 3, 8. Chriſtus aber ihre<lb/> Perſon uͤber ſich genommen hat, und an ihre<lb/> ſtatt in den Tod am Creutze dahin gegeben wor-<lb/> den, um den giftigen Schlangen-Biß hinweg<lb/> zu nehmen. Und alſo iſt Chriſtus im Gegen-<lb/> Bilde auf die in der Wuͤſten erhoͤhete Schlange<lb/> anzuſehen, nicht nach dem, was er an ſich ſelbſt<lb/> iſt, ſondern nach dem, wozu er an unſerer ſtatt<lb/> geworden, wie ein ſuͤndiger vom Satan verfuͤhr-<lb/> ter und gleichſam zum Schlangen-Samen ge-<lb/> machter Menſch, der unſere Suͤnden uͤber ſich<lb/> genommen.</item><lb/> <item>9. Die <hi rendition="#aq">Application</hi> dieſer Geſchichte iſt die-<lb/> ſe: Es iſt zu betrachten:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">a.</hi><hi rendition="#fr">Die Suͤnde,</hi> als ein arger Seelen Gift, der<lb/> vom Satan, der alten Schlange, herruͤhret,<lb/> und uns zu allem Boͤſen entzuͤndet, auch end-<lb/> lich aus dem geiſtlichen Tode dem ewigen uͤ-<lb/> berliefert.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">b.</hi><hi rendition="#fr">Der Suͤnder,</hi> der, wenn ihm geholfen wer-<lb/> den ſoll, die Suͤnde alſo fuͤhlen muß, wie die<lb/> Jſraeliten die feurigen und toͤdtlichen Schlan-<lb/> gen-Biſſe gefuͤhlet haben.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">c.</hi><hi rendition="#fr">Der Suͤnden-Tilger,</hi> CHriſtus, wie er<lb/> uns in ſeinem gantzen Mittler-Amte, und dar-<lb/> innen inſonderheit als am Creutze erhoͤhet,<lb/> vorgeſtellet wird.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">d.</hi><hi rendition="#fr">Das Geſchaͤfte des Glaubens,</hi> welches<lb/> beſtehet in dem ſehnlichſten Verlangen, und<lb/> in einem ſolchen Anſchauen CHriſti, welches<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M m 3</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></item></list></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [277/0305]
Cap. 10, v. 9. an die Corinthier.
5. Und darauf folgete der Suͤnden Ver-
gebung und der Strafe Hinwegnehmung.
Denn der HERR ſprach zu Moſe: Mache
dir eine eherne Schlange, und richte ſie
zum Zeichen auf: Wer gebiſſen iſt, und
ſiehet ſie an, der ſoll leben. Da machte
Moſes eine eherne Schlange, und richte-
te ſie auf zum Zeichen. Und wenn iemand
eine Schlange biß, ſo ſahe er die eherne
Schlange an, und blieb leben.
6. Nun iſt ſehr mercklich, daß geſagt wird,
es haͤtten die Jſraeliten CHriſtum damals
verſuchet. Es iſt auch nicht anders. Denn
der damals verheiſſene CHriſtus, oder Meſſias,
war nach ſeiner wahren GOttheit bey ihnen
ſchon gegenwaͤrtig: wie er denn aus dem feuri-
gen Buſch Moſen zur Ausfuͤhrung des Volcks
berufen, und durch ihn die groſſen Wunder in
Aegypten gethan, auch darauf vor dem auszie-
henden Volcke in der Wolcken- und Feuer-Seu-
le hergezogen war, ſie durchs rothe Meer gefuͤh-
ret, in der Wuͤſten mit Brodt vom Himmel, auch
Wachteln, und mit Waſſer aus dem Felſen ge-
ſpeiſet und getraͤncket, ihnen auch ferner das Ge-
ſetz auf dem Berge Sinai gegeben, und ſich in
der aufgerichteten Stifts-Huͤtte herrlich geoffen-
baret hatte; gleichwie er ſich darinnen goͤttlich
bedienen laſſen: der auch das Volck endlich ins
gelobte Land eingefuͤhret: ja der ſich hernach
durch die Propheten demſelben auf mancherley
Art offenbaret hat: wie denn, wenn der groſſe
GOTT, als Jehova, bey den Propheten redet,
es durch und durch an den allermeiſten Orten
der Sohn GOttes iſt, wie es der Context und
die Sache ſelbſt, davon gehandelt wird, auswei-
ſet. Der Sohn GOttes iſts, von dem der him̃liſche
Vater 2 B. Moſ. 23, 20. 21. ſagt: Siehe, ich
ſende meinen Engel vor dir her, der dich
behuͤte auf dem Wege, und bringe dich an
den Ort, den ich bereitet habe. Darum
huͤte dich vor ſeinem Angeſicht, und ge-
horche ſeiner Stimme, und erbittre ihn
nicht. Denn er wird euer Ubertreten nicht
vergeben, (er wird es nicht ungeſtraft hingehen
laſſen, ſo du dich nicht bekehreſt) und mein Na-
me iſt in ihm. Es iſt der Sohn GOttes, von
dem der Vater zu Moſe c. 24, 1. ſaget: Steig
herauf zum HErrn ꝛc. und den er mit den
Aelteſten von Jſrael ſahe, als den GOtt Jſrael
in ſeiner goͤttlichen Majeſtaͤt und Herrlichkeit v.
10. ſqq. Der Sohn, welchen der Vater ſelbſt
verklaͤrete, als er, der Sohn, vor dem Moſe vor-
uͤber ging, und er, der Vater, von ihm ſagte:
HErr, HErr, GOtt, barmhertzig und gnaͤ-
dig, und geduldig, und von groſſer Gnade
und Treue ꝛc. Siehe auch Jeſ. 63, 9. 10. das
heißt: Chriſtus geſtern und heute, das iſt
im alten und neuen Teſtament Hebr. 13, 8.
7. Da nun die Jſraeliten es ſolchergeſtalt
bereits mit dem Sohne GOttes, als dem ver-
heiſſenen Meßia, oder Chriſto, zu thun gehabt ha-
ben, ſo ſind ſie auch Chriſten, das iſt Meſſiani ge-
weſen, nur mit dem Unterſcheid, daß ſie Chriſten
waren in der Verheiſſung und Hoffnung; da wir
es ſind nach der Erfuͤllung. Daher ſpricht Pau-
lus Hebr. 11, 24. ſqq. Durch den Glauben -
achtete Moſes die Schmach Chriſti (wel-
che auf ihn und auf das Juͤdiſche Volck von den
Heyden um des verheiſſenen Meßiaͤ willen fiel)
fuͤr groͤſſer Reichthum, denn die Schaͤtze
Aegypti. ꝛc.
8. Jm uͤbrigen iſt bey dieſem Orte der Aus-
ſpruch Chriſti wohl zu mercken, wenn er Joh. 3,
14. 15. ſpricht: Wie Moſes in der Wuͤſten
eine Schlange erhoͤhet hat, alſo muß des
Menſchen Sohn erhoͤhet werden, auf daß
alle, die an ihn glauben, nicht verlohren
werden, ſondern das ewige Leben haben.
Nun ſcheinet es zwar hart zu lauten, wenn man
ſaget, Crriſtus ſey durch die eherne Schlange
vorgebildet worden: allein es iſt an ſich ſelbſt
nicht hart. Denn in dem Bilde wird nur ge-
ſehen auf das aͤuſſere an einer ſehr hohen Stan-
ge, die vermuthlich oben in der Form eines Creu-
tzes ein Quer-Holtz gehabt, um das Zeichen dar-
an veſte zu machen, zumal wenn das Zeichen die
Figur einer gefluͤgelten Schlange, als es in den
daſigen Wuͤſten gegeben hat, geweſen iſt. Daß
aber zu ſolchem Zeichen die Figur von ſolchen
Schlangen, davon das Volck gebiſſen worden
war, genommen iſt, das iſt daher geſchehen, da-
mit die Jſraeliten dadurch erinnert werden moͤch-
ten, an den Fall des menſchlichen Geſchlechts,
welcher durch die Verfuͤhrung des Satans, der
ſeines Suͤnden-Gifts wegen hin und wieder,
ſonderlich Apoc. 12. eine Schlange genant wird,
kommen, und alle uͤbrige Suͤnden nach ſich ge-
zogen: nicht weniger auch daher, weil alle
Menſchen von Natur ſind Ottergezuͤchte, und
ein Schlangen-Same, das iſt, Kinder des Teu-
fels, der durch die giftigen Schlangen repræ-
ſentiret worden Matth. 3, 7. 12, 34. 23, 33.
Joh. 8, 44. 1 Joh. 3, 8. Chriſtus aber ihre
Perſon uͤber ſich genommen hat, und an ihre
ſtatt in den Tod am Creutze dahin gegeben wor-
den, um den giftigen Schlangen-Biß hinweg
zu nehmen. Und alſo iſt Chriſtus im Gegen-
Bilde auf die in der Wuͤſten erhoͤhete Schlange
anzuſehen, nicht nach dem, was er an ſich ſelbſt
iſt, ſondern nach dem, wozu er an unſerer ſtatt
geworden, wie ein ſuͤndiger vom Satan verfuͤhr-
ter und gleichſam zum Schlangen-Samen ge-
machter Menſch, der unſere Suͤnden uͤber ſich
genommen.
9. Die Application dieſer Geſchichte iſt die-
ſe: Es iſt zu betrachten:
a. Die Suͤnde, als ein arger Seelen Gift, der
vom Satan, der alten Schlange, herruͤhret,
und uns zu allem Boͤſen entzuͤndet, auch end-
lich aus dem geiſtlichen Tode dem ewigen uͤ-
berliefert.
b. Der Suͤnder, der, wenn ihm geholfen wer-
den ſoll, die Suͤnde alſo fuͤhlen muß, wie die
Jſraeliten die feurigen und toͤdtlichen Schlan-
gen-Biſſe gefuͤhlet haben.
c. Der Suͤnden-Tilger, CHriſtus, wie er
uns in ſeinem gantzen Mittler-Amte, und dar-
innen inſonderheit als am Creutze erhoͤhet,
vorgeſtellet wird.
d. Das Geſchaͤfte des Glaubens, welches
beſtehet in dem ſehnlichſten Verlangen, und
in einem ſolchen Anſchauen CHriſti, welches
mit
M m 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |