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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 10, 12. 13. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] chen Armuth bleiben, sondern sich dagegen zu
viel zutrauen, und ihrer nicht recht wahrnehmen,
und daher leichtlich vom Betruge der Sünde be-
rücket und zu Falle gebracht werden können.
Solcher waren viele unter den Corinthiern.
Und diß ist eine fast gemeine Versuchung der
erstbek ehrten. Darum ihnen diese Apostolische
Warnung sehrnöthig ist.
2. Welche aber gar nicht einmal stehen,
und sich es doch düncken lassen, dero Zustand ist
so viel gefährlicher, so viel grösser ihr Selbstbe-
trug ist.
3. Das Vorgeben, daß ein Auserwählter
nicht könne aus dem Stande der Gnade verfal-
len, ist nichtig. Das Gegentheil sehen wir hie
an Pauli Warnung. Denn er redete mit sol-
chen, von welchen er voraus setzet, daß sie in
dem Stande der Gnade stünden; und bey de-
nen seine Ermahnung dahin ging, daß sie dar-
innen bestehen könten; die also als auserwehlte
anzusehen waren. Aber nichts desto weniger
gibt er zu, daß sie fallen könten; und damit es
nicht geschehen möchte, so warnet er sie davor
so getreulich. Denn ein anders ist seiner Se-
ligkeit können gewiß seyn nach Röm. 5, 1. seqq.
c. 8. so fern man nemlich in der rechten Heils-
Ordnung wohl auf seiner Hut ist, und sich durch
getreuen Gebrauch der mitgetheilten Gnade
selbst bewahret, daß einen der Arge nicht antaste
1 Joh. 5, 18. Ein anders aus der Gnade entfal-
len können.
4. Nicht geringer aber ist der Jrthum,
wenn man dafür hält, daß kein Mensch im Stan-
de der Gnaden bis an sein seliges Ende beständig
bestehen könne, sondern daß ein ieder Gläubiger
daraus mehrmal wieder entfalle. Welches ge-
wißlich wider die ersten Buchstaben des recht-
schaffnen Christenthums streitet, und einen von
GOtt noch gantz entferneten Sinn an den Tag
leget. Es entstehet solche höchst irrige Meinung
daher, den Wechsel der äusserlichen Ehrbarkeit
und der groben Uberfahrung mit einander con-
fundi
ren und dafür halten, daß, wenn man bey
dem äusserlichen Ceremoniel des Christenthums
sich auch eine Zeitlang bürgerlich ehrbar hält,
man im Stande der Gnaden stehe; und hinge-
gen daraus falle, wenn man mit Hindansetzung
solcher honestät diese und jene grobe Handlung
des Fleisches begehet. Da doch so wol der ehr-
bare Pharisäer und Heuchler, als der Epicuri-
sche Sadducäer ausser dem Stande der Gnaden
stehen.
5. Jm übrigen haben diejenigen, so da ste-
hen, gegen den Eigendünckel zu mercken, was
Paulus Röm. 11, 20. saget: Du stehest durch
den Glauben: sey nicht stoltz, sondern fürch-
te dich.
V. 13.

Es hat euch noch keine, denn mensch-
liche Versuchung
(die bloß von Menschen her-
rühret, und daher so viel leichter ist; die ihr
euch selbst gemachet habet, und ihrer daher so
viel eher wieder loß werden könnnet) betreten.
Aber GOtt ist getreu,
(in seinen Verheissun-
gen von seiner Bewahrung) der euch nicht läßt
[Spaltenumbruch] versuchen über euer Vermögen
(welches er
euch in der Natur, sonderlich nach der Gnade,
mitgetheilet hat) sondern machet (poiesei,
wird machen, gleichwie er bisher gemachet hat,
und noch machet) daß die Versuchung so ein
Ende gewinne, daß ihrs könnt ertragen

(er concurriret nicht allein dabey mit seiner son-
derbaren Direction, daß es euch alles muß zum
Besten dienen, sondern auch, nachdem die Grös-
se der Versuchung ist, nachdem giebt er die Kräf-
te, also, daß zwischen beyden sich eine rechte
Proportion befindet, und daher auch das, was
geringen Kräften schwer, ja unmöglich ist, den
stärckern möglich, ja leicht wird: wie Paulus
sagt Röm. 8, 37. Jn dem allen überwinden
wir weit.)

Anmerckungen.
1. Die Versuchungen sind entweder pas-
sivae,
die man leidet, oder activae, die man thut.
Beyderley Arten waren bey den Jsraeliten, da-
von der Apostel vorher geredet hat: nemlich
passivae, die sie litten, am Mangel, bald des
Essens, bald des Trinckens, und an andern
Zufällen. Wobey aber GOtt ihnen eine sol-
che Treue zum Beystande erwieß, daß sie nicht
die geringste Ursache hatten, sich darüber zu be-
schweren. Da sie aber dieses doch thaten, so
verfielen sie aus den Versuchungen, die sie litten,
in die activas, die sie thaten, und versuchten
GOtt auf mancherley Weise, nemlich also, daß
sie mit seiner Führung nicht zufrieden waren,
sondern seine Gegenwart, Treue, Güte und
Allmacht dergestalt auf die Probe setzten, daß,
wo er sie nicht auf diese und jene Art nach ihrem
Kopfe erweisen wolte, sie dieselbe unter ihre Cen-
sur
zogen, und wider GOtt und Mosen murre-
ten, ja sich gar empöreten. Darüber sie denn
oft so gar übel anliefen. Davon hatte der Apo-
stel vorher gehandelt: und daher nimmt er Ge-
legenheit, noch einen besondern Ausspruch von de-
nen Versuchungen hinzu zu thun.
2. Die tentationes passivae, die Versu-
chungen, die man leidet, sind von dreyerley
Art: etliche sind menschlich, etliche teufelisch,
etliche göttlich.
3. Menschliche Versuchungen sind die,
welche von Menschen herrühren, und welche
sich die Menschen oft selbst machen. Und ob-
gleich auch der Satan dabey gemeiniglich sein
Werck mit hat, auch die Providenz GOttes
davon nicht auszuschliessen ist; so sind sie doch
deswegen an sich selbst weder göttlich, noch
teufelisch, sondern eigentlich nur menschlich,
welche hauptsächlich von Menschen herrühren,
auch von denen, welche sie leiden, oft selbst ver-
ursachet werden. Dergleichen waren die Ver-
suchungen der Corinthier, da sie in die Gemein-
schaft der Götzenopfer und noch sonst in allerley
Unlauterkeit und Unordnung sich hatten einflech-
ten lassen. Zu welchen Versuchungen denn auch
die gehören, welche ein ieder von seinem eignen
Fleische hat.
4. Teuflische Versuchungen sind dieje-
nigen, welche der Apostel nennet feurige Pfei-
le des Bösewichts
Eph. 6, 16. und die ver-
glei-
Cap. 10, 12. 13. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] chen Armuth bleiben, ſondern ſich dagegen zu
viel zutrauen, und ihrer nicht recht wahrnehmen,
und daher leichtlich vom Betruge der Suͤnde be-
ruͤcket und zu Falle gebracht werden koͤnnen.
Solcher waren viele unter den Corinthiern.
Und diß iſt eine faſt gemeine Verſuchung der
erſtbek ehrten. Darum ihnen dieſe Apoſtoliſche
Warnung ſehrnoͤthig iſt.
2. Welche aber gar nicht einmal ſtehen,
und ſich es doch duͤncken laſſen, dero Zuſtand iſt
ſo viel gefaͤhrlicher, ſo viel groͤſſer ihr Selbſtbe-
trug iſt.
3. Das Vorgeben, daß ein Auserwaͤhlter
nicht koͤnne aus dem Stande der Gnade verfal-
len, iſt nichtig. Das Gegentheil ſehen wir hie
an Pauli Warnung. Denn er redete mit ſol-
chen, von welchen er voraus ſetzet, daß ſie in
dem Stande der Gnade ſtuͤnden; und bey de-
nen ſeine Ermahnung dahin ging, daß ſie dar-
innen beſtehen koͤnten; die alſo als auserwehlte
anzuſehen waren. Aber nichts deſto weniger
gibt er zu, daß ſie fallen koͤnten; und damit es
nicht geſchehen moͤchte, ſo warnet er ſie davor
ſo getreulich. Denn ein anders iſt ſeiner Se-
ligkeit koͤnnen gewiß ſeyn nach Roͤm. 5, 1. ſeqq.
c. 8. ſo fern man nemlich in der rechten Heils-
Ordnung wohl auf ſeiner Hut iſt, und ſich durch
getreuen Gebrauch der mitgetheilten Gnade
ſelbſt bewahret, daß einen der Arge nicht antaſte
1 Joh. 5, 18. Ein anders aus der Gnade entfal-
len koͤnnen.
4. Nicht geringer aber iſt der Jrthum,
wenn man dafuͤr haͤlt, daß kein Menſch im Stan-
de der Gnaden bis an ſein ſeliges Ende beſtaͤndig
beſtehen koͤnne, ſondern daß ein ieder Glaͤubiger
daraus mehrmal wieder entfalle. Welches ge-
wißlich wider die erſten Buchſtaben des recht-
ſchaffnen Chriſtenthums ſtreitet, und einen von
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leget. Es entſtehet ſolche hoͤchſt irrige Meinung
daher, den Wechſel der aͤuſſerlichen Ehrbarkeit
und der groben Uberfahrung mit einander con-
fundi
ren und dafuͤr halten, daß, wenn man bey
dem aͤuſſerlichen Ceremoniel des Chriſtenthums
ſich auch eine Zeitlang buͤrgerlich ehrbar haͤlt,
man im Stande der Gnaden ſtehe; und hinge-
gen daraus falle, wenn man mit Hindanſetzung
ſolcher honeſtaͤt dieſe und jene grobe Handlung
des Fleiſches begehet. Da doch ſo wol der ehr-
bare Phariſaͤer und Heuchler, als der Epicuri-
ſche Sadducaͤer auſſer dem Stande der Gnaden
ſtehen.
5. Jm uͤbrigen haben diejenigen, ſo da ſte-
hen, gegen den Eigenduͤnckel zu mercken, was
Paulus Roͤm. 11, 20. ſaget: Du ſteheſt durch
den Glauben: ſey nicht ſtoltz, ſondern fuͤrch-
te dich.
V. 13.

Es hat euch noch keine, denn menſch-
liche Verſuchung
(die bloß von Menſchen her-
ruͤhret, und daher ſo viel leichter iſt; die ihr
euch ſelbſt gemachet habet, und ihrer daher ſo
viel eher wieder loß werden koͤnnnet) betreten.
Aber GOtt iſt getreu,
(in ſeinen Verheiſſun-
gen von ſeiner Bewahrung) der euch nicht laͤßt
[Spaltenumbruch] verſuchen uͤber euer Vermoͤgen
(welches er
euch in der Natur, ſonderlich nach der Gnade,
mitgetheilet hat) ſondern machet (ποιησει,
wird machen, gleichwie er bisher gemachet hat,
und noch machet) daß die Verſuchung ſo ein
Ende gewinne, daß ihrs koͤnnt ertragen

(er concurriret nicht allein dabey mit ſeiner ſon-
derbaren Direction, daß es euch alles muß zum
Beſten dienen, ſondern auch, nachdem die Groͤſ-
ſe der Verſuchung iſt, nachdem giebt er die Kraͤf-
te, alſo, daß zwiſchen beyden ſich eine rechte
Proportion befindet, und daher auch das, was
geringen Kraͤften ſchwer, ja unmoͤglich iſt, den
ſtaͤrckern moͤglich, ja leicht wird: wie Paulus
ſagt Roͤm. 8, 37. Jn dem allen uͤberwinden
wir weit.)

Anmerckungen.
1. Die Verſuchungen ſind entweder pas-
ſivæ,
die man leidet, oder activæ, die man thut.
Beyderley Arten waren bey den Jſraeliten, da-
von der Apoſtel vorher geredet hat: nemlich
pasſivæ, die ſie litten, am Mangel, bald des
Eſſens, bald des Trinckens, und an andern
Zufaͤllen. Wobey aber GOtt ihnen eine ſol-
che Treue zum Beyſtande erwieß, daß ſie nicht
die geringſte Urſache hatten, ſich daruͤber zu be-
ſchweren. Da ſie aber dieſes doch thaten, ſo
verfielen ſie aus den Verſuchungen, die ſie litten,
in die activas, die ſie thaten, und verſuchten
GOtt auf mancherley Weiſe, nemlich alſo, daß
ſie mit ſeiner Fuͤhrung nicht zufrieden waren,
ſondern ſeine Gegenwart, Treue, Guͤte und
Allmacht dergeſtalt auf die Probe ſetzten, daß,
wo er ſie nicht auf dieſe und jene Art nach ihrem
Kopfe erweiſen wolte, ſie dieſelbe unter ihre Cen-
ſur
zogen, und wider GOtt und Moſen murre-
ten, ja ſich gar empoͤreten. Daruͤber ſie denn
oft ſo gar uͤbel anliefen. Davon hatte der Apo-
ſtel vorher gehandelt: und daher nimmt er Ge-
legenheit, noch einen beſondern Ausſpruch von de-
nen Verſuchungen hinzu zu thun.
2. Die tentationes pasſivæ, die Verſu-
chungen, die man leidet, ſind von dreyerley
Art: etliche ſind menſchlich, etliche teufeliſch,
etliche goͤttlich.
3. Menſchliche Verſuchungen ſind die,
welche von Menſchen herruͤhren, und welche
ſich die Menſchen oft ſelbſt machen. Und ob-
gleich auch der Satan dabey gemeiniglich ſein
Werck mit hat, auch die Providenz GOttes
davon nicht auszuſchlieſſen iſt; ſo ſind ſie doch
deswegen an ſich ſelbſt weder goͤttlich, noch
teufeliſch, ſondern eigentlich nur menſchlich,
welche hauptſaͤchlich von Menſchen herruͤhren,
auch von denen, welche ſie leiden, oft ſelbſt ver-
urſachet werden. Dergleichen waren die Ver-
ſuchungen der Corinthier, da ſie in die Gemein-
ſchaft der Goͤtzenopfer und noch ſonſt in allerley
Unlauterkeit und Unordnung ſich hatten einflech-
ten laſſen. Zu welchen Verſuchungen denn auch
die gehoͤren, welche ein ieder von ſeinem eignen
Fleiſche hat.
4. Teufliſche Verſuchungen ſind dieje-
nigen, welche der Apoſtel nennet feurige Pfei-
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Eph. 6, 16. und die ver-
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[279/0307] Cap. 10, 12. 13. an die Corinthier. chen Armuth bleiben, ſondern ſich dagegen zu viel zutrauen, und ihrer nicht recht wahrnehmen, und daher leichtlich vom Betruge der Suͤnde be- ruͤcket und zu Falle gebracht werden koͤnnen. Solcher waren viele unter den Corinthiern. Und diß iſt eine faſt gemeine Verſuchung der erſtbek ehrten. Darum ihnen dieſe Apoſtoliſche Warnung ſehrnoͤthig iſt. 2. Welche aber gar nicht einmal ſtehen, und ſich es doch duͤncken laſſen, dero Zuſtand iſt ſo viel gefaͤhrlicher, ſo viel groͤſſer ihr Selbſtbe- trug iſt. 3. Das Vorgeben, daß ein Auserwaͤhlter nicht koͤnne aus dem Stande der Gnade verfal- len, iſt nichtig. Das Gegentheil ſehen wir hie an Pauli Warnung. Denn er redete mit ſol- chen, von welchen er voraus ſetzet, daß ſie in dem Stande der Gnade ſtuͤnden; und bey de- nen ſeine Ermahnung dahin ging, daß ſie dar- innen beſtehen koͤnten; die alſo als auserwehlte anzuſehen waren. Aber nichts deſto weniger gibt er zu, daß ſie fallen koͤnten; und damit es nicht geſchehen moͤchte, ſo warnet er ſie davor ſo getreulich. Denn ein anders iſt ſeiner Se- ligkeit koͤnnen gewiß ſeyn nach Roͤm. 5, 1. ſeqq. c. 8. ſo fern man nemlich in der rechten Heils- Ordnung wohl auf ſeiner Hut iſt, und ſich durch getreuen Gebrauch der mitgetheilten Gnade ſelbſt bewahret, daß einen der Arge nicht antaſte 1 Joh. 5, 18. Ein anders aus der Gnade entfal- len koͤnnen. 4. Nicht geringer aber iſt der Jrthum, wenn man dafuͤr haͤlt, daß kein Menſch im Stan- de der Gnaden bis an ſein ſeliges Ende beſtaͤndig beſtehen koͤnne, ſondern daß ein ieder Glaͤubiger daraus mehrmal wieder entfalle. Welches ge- wißlich wider die erſten Buchſtaben des recht- ſchaffnen Chriſtenthums ſtreitet, und einen von GOtt noch gantz entferneten Sinn an den Tag leget. Es entſtehet ſolche hoͤchſt irrige Meinung daher, den Wechſel der aͤuſſerlichen Ehrbarkeit und der groben Uberfahrung mit einander con- fundiren und dafuͤr halten, daß, wenn man bey dem aͤuſſerlichen Ceremoniel des Chriſtenthums ſich auch eine Zeitlang buͤrgerlich ehrbar haͤlt, man im Stande der Gnaden ſtehe; und hinge- gen daraus falle, wenn man mit Hindanſetzung ſolcher honeſtaͤt dieſe und jene grobe Handlung des Fleiſches begehet. Da doch ſo wol der ehr- bare Phariſaͤer und Heuchler, als der Epicuri- ſche Sadducaͤer auſſer dem Stande der Gnaden ſtehen. 5. Jm uͤbrigen haben diejenigen, ſo da ſte- hen, gegen den Eigenduͤnckel zu mercken, was Paulus Roͤm. 11, 20. ſaget: Du ſteheſt durch den Glauben: ſey nicht ſtoltz, ſondern fuͤrch- te dich. V. 13. Es hat euch noch keine, denn menſch- liche Verſuchung (die bloß von Menſchen her- ruͤhret, und daher ſo viel leichter iſt; die ihr euch ſelbſt gemachet habet, und ihrer daher ſo viel eher wieder loß werden koͤnnnet) betreten. Aber GOtt iſt getreu, (in ſeinen Verheiſſun- gen von ſeiner Bewahrung) der euch nicht laͤßt verſuchen uͤber euer Vermoͤgen (welches er euch in der Natur, ſonderlich nach der Gnade, mitgetheilet hat) ſondern machet (ποιησει, wird machen, gleichwie er bisher gemachet hat, und noch machet) daß die Verſuchung ſo ein Ende gewinne, daß ihrs koͤnnt ertragen (er concurriret nicht allein dabey mit ſeiner ſon- derbaren Direction, daß es euch alles muß zum Beſten dienen, ſondern auch, nachdem die Groͤſ- ſe der Verſuchung iſt, nachdem giebt er die Kraͤf- te, alſo, daß zwiſchen beyden ſich eine rechte Proportion befindet, und daher auch das, was geringen Kraͤften ſchwer, ja unmoͤglich iſt, den ſtaͤrckern moͤglich, ja leicht wird: wie Paulus ſagt Roͤm. 8, 37. Jn dem allen uͤberwinden wir weit.) Anmerckungen. 1. Die Verſuchungen ſind entweder pas- ſivæ, die man leidet, oder activæ, die man thut. Beyderley Arten waren bey den Jſraeliten, da- von der Apoſtel vorher geredet hat: nemlich pasſivæ, die ſie litten, am Mangel, bald des Eſſens, bald des Trinckens, und an andern Zufaͤllen. Wobey aber GOtt ihnen eine ſol- che Treue zum Beyſtande erwieß, daß ſie nicht die geringſte Urſache hatten, ſich daruͤber zu be- ſchweren. Da ſie aber dieſes doch thaten, ſo verfielen ſie aus den Verſuchungen, die ſie litten, in die activas, die ſie thaten, und verſuchten GOtt auf mancherley Weiſe, nemlich alſo, daß ſie mit ſeiner Fuͤhrung nicht zufrieden waren, ſondern ſeine Gegenwart, Treue, Guͤte und Allmacht dergeſtalt auf die Probe ſetzten, daß, wo er ſie nicht auf dieſe und jene Art nach ihrem Kopfe erweiſen wolte, ſie dieſelbe unter ihre Cen- ſur zogen, und wider GOtt und Moſen murre- ten, ja ſich gar empoͤreten. Daruͤber ſie denn oft ſo gar uͤbel anliefen. Davon hatte der Apo- ſtel vorher gehandelt: und daher nimmt er Ge- legenheit, noch einen beſondern Ausſpruch von de- nen Verſuchungen hinzu zu thun. 2. Die tentationes pasſivæ, die Verſu- chungen, die man leidet, ſind von dreyerley Art: etliche ſind menſchlich, etliche teufeliſch, etliche goͤttlich. 3. Menſchliche Verſuchungen ſind die, welche von Menſchen herruͤhren, und welche ſich die Menſchen oft ſelbſt machen. Und ob- gleich auch der Satan dabey gemeiniglich ſein Werck mit hat, auch die Providenz GOttes davon nicht auszuſchlieſſen iſt; ſo ſind ſie doch deswegen an ſich ſelbſt weder goͤttlich, noch teufeliſch, ſondern eigentlich nur menſchlich, welche hauptſaͤchlich von Menſchen herruͤhren, auch von denen, welche ſie leiden, oft ſelbſt ver- urſachet werden. Dergleichen waren die Ver- ſuchungen der Corinthier, da ſie in die Gemein- ſchaft der Goͤtzenopfer und noch ſonſt in allerley Unlauterkeit und Unordnung ſich hatten einflech- ten laſſen. Zu welchen Verſuchungen denn auch die gehoͤren, welche ein ieder von ſeinem eignen Fleiſche hat. 4. Teufliſche Verſuchungen ſind dieje- nigen, welche der Apoſtel nennet feurige Pfei- le des Boͤſewichts Eph. 6, 16. und die ver- glei-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/307>, abgerufen am 28.11.2024.