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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 8, 9-15. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] tigkeit davon zuvor bey dem Beschluß des fünf-
ten Capitels gehandelt ist. Diese führet denn
die übrigen Heils-Güter mit sich, als die Kind-
schaft GOttes,
die Vereinigung und Ge-
meinschaft mit GOtt,
die christliche Frey-
heit
in der Befreyung von dem Fluche des Ge-
setzes, von der Gewalt des Satans, und von
der Schuld, Strafe und Herrschaft der Sün-
den; den freyen Zugang zu GOtt im Geiste
der Kindschaft, den Frieden in und mit GOtt,
die Freude in dem Heiligen Geiste; und al-
les, was die Salbung des Heiligen Geistes
noch sonst mit sich führet, und endlich dazu die
völlige Erbschaft des ewigen Lebens, als das
rechte grosse Erbtheil im Lichte Col. 1, 12. 1 Pet.
1, 5. davon Paulus spricht Eph. 1, 3. Gelobet
sey GOtt und der Vater unsers HErrn
JEsu CHristi, der uns gesegnet hat mit al-
lerley geistlichen Segen in himmlischen
Gütern durch CHristum
u. s. w. das heißt
denn: Als die nichts inne haben, und doch
alles haben.
2 Cor. 6, 10.
V. 10.

Und mein Wohlmeinen hierinnen ge-
be ich
(nemlich daß, ob ich es gleich euch nicht
befehlen mag, ich es doch rathe und für gut, auch
eurer Pflicht vor GOtt gemäß finde. Siehe
1 Cor. 7, 25.) denn solches ist euch nützlich
(sintemal es bey euch den Segen GOttes ver-
mehren wird im Geistlichen, und auch wohl im
Zeitlichen. Siehe Prov. 19, 17. Matth. 10, 42.
c. 25, 40.) die ihr angefangen habet vor dem
Jahre
(nachdem ich euch den ersten Brief ge-
schrieben habe. 1 Cor. 16, 1. seqq.) nicht allein
das Thun, sondern auch das Wollen.

Anmerckung.

Es ist zwar sonst an sich das Thun mehr,
als das Wollen: aber doch nicht allemal. Denn
mancher thut zwar etwas, aber ungerne, und
aus Neben-Absichten, ohne den gehörigen lau-
tern Willen dazu zu haben. Hingegen man-
chem fehlet es nicht am Willen, sondern sein
Wille ist sehr geneiget, ja recht begierig; allein
er hat das Vermögen nicht. Da denn gewiß-
lich dieser Wille besser ist, als jene That, zumal
nach dem Urtheile GOttes. An den Corinthi-
ern lobet der Apostel beydes, daß sie nicht allein
nach erhaltenem seinem ersten Briefe zur That
geschritten, sondern auch darauf ihre Bereitwil-
ligkeit gezeiget, dasjenige, was sie mit geneig-
tem Willen angefangen hatten, auch mit dem-
selhen zu vollziehen. Sintemal der Apostel sie
gebeten hatte, von Zeit zu Zeit zu der Beysteuer
etwas zurücke zu legen. Dazu denn freylich,
um dessen nicht müde zu werden, die beständige
Freywilligkeit das beste war. Siehe auch her-
nach c. 10, 2.

V. 11.

Nun aber vollbringet auch das Thun
(was nach dem von euch gemachten löblichen An-
fang eine solche Fortsetzung betrifft, dadurch das
Werck zu Stande komme) auf daß, gleichwie
da ist ein geneigt Gemüth zu wollen, so sey
[Spaltenumbruch] auch da ein geneigt Gemüth zu thun
(epite-
lesai, das Werck zu vollenden) von dem das
ihr habt
(von eurem Vermögen: als worauf
es fürnehmlich ankömmt, und daran es bey den
wohlhabenden am allermeisten fehlet; sintemal
sie gemeiniglich viel ein mehrers thun könten als
sie würcklich thun.)

V. 12.

Denn so einer willig ist, so ist er ange-
nehm, nach dem er hat, nicht nach dem er
nicht hat.

Anmerckung.

Das ist, es kömmt aufs Vermögen und
auf den guten Willen an: und wenn auch ei-
ner nach diesem von seinem wenigen wenig giebt,
so ist es so gut, als hätte er von vielem viel gege-
ben. Salomo spricht Prov. 3, 27 28. Wege-
re dich nicht, dem Dürftigen Gutes zu
thun, so deine Hand von GOtt hat solches
zu thun. Sprich nicht zu deinem Freunde:
gehe hin, und komme wieder, morgen will
ich dir geben, so du es doch wol hast.
Und
hieher gehöret sonderlich das Exempel der armen
Witwe, welche, da viel Reiche viel einlegten in
den Gottes-Kasten, zwey Schärflein, oder einen
Heller einlegte. Darauf unser Heyland seine
Jünger zu sich rief und sprach: Warlich, ich
sage euch, diese arme Witwe hat mehr in
den GOttes-Kasten geleget, denn alle die
eingeleget haben.
u. f. Luc. 21, 1. u. f. Hier
hieß es: auch über Vermögen thun. 1 Co-
rinth. 8, 3.

V. 13. 14.

Nicht geschiehet das der Meinung,
daß die andern
(die Brüder in Judäa) Ruhe
(oder Uberfluß und gute Tage) haben, und ihr
Trübsal
(selbst solt Noth leiden) sondern daß
es gleich sey
(alle etwas mögen haben) so die-
ne euer Uberfluß ihrem Mangel diese Zeit-
lang
(da sie in mehrere Dürftigkeit gesetzet wor-
den. v. 14. Auf daß ihr Uberschwang (wenn
ihnen GOtt wider zu mehrern, als ihre Noth-
durft erfodert, verhelfen solte) hernach (auf
den Fall, daß ihr auch ihrer bedürfet) diene eu-
rem Mangel, und geschehe das gleich ist

(und niemand im Mangel bleibe.)

V. 15.

Wie (im andern Buch Mosis c. 16, 18.
von der Sammlung des Manna) geschrieben
stehet: der viel sammlete, hatte nicht Uber-
fluß, und der wenig sammlete, hatte nicht
Mangel.

Anmerckung.

Es wurde von dem, was von allen zusam-
men gesammlet war, einem jeden sein bescheiden
Theil zugemessen. Hatte nun einer viel gesamm-
let, so kam es nicht ihm, sondern andern zu stat-
ten. Hatte ein anderer weniger, als die für eine
Person oder für die Seinigen gehörige Portion
ausmachte, so kam ihm der andern ihr Uberfluß
zu statten, also, daß ihme an seiner Nothdurft
nichts abging. Welches denn ein feines Bild

ist,
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Cap. 8, 9-15. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] tigkeit davon zuvor bey dem Beſchluß des fuͤnf-
ten Capitels gehandelt iſt. Dieſe fuͤhret denn
die uͤbrigen Heils-Guͤter mit ſich, als die Kind-
ſchaft GOttes,
die Vereinigung und Ge-
meinſchaft mit GOtt,
die chriſtliche Frey-
heit
in der Befreyung von dem Fluche des Ge-
ſetzes, von der Gewalt des Satans, und von
der Schuld, Strafe und Herrſchaft der Suͤn-
den; den freyen Zugang zu GOtt im Geiſte
der Kindſchaft, den Frieden in und mit GOtt,
die Freude in dem Heiligen Geiſte; und al-
les, was die Salbung des Heiligen Geiſtes
noch ſonſt mit ſich fuͤhret, und endlich dazu die
voͤllige Erbſchaft des ewigen Lebens, als das
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1, 5. davon Paulus ſpricht Eph. 1, 3. Gelobet
ſey GOtt und der Vater unſers HErrn
JEſu CHriſti, der uns geſegnet hat mit al-
lerley geiſtlichen Segen in himmliſchen
Guͤtern durch CHriſtum
u. ſ. w. das heißt
denn: Als die nichts inne haben, und doch
alles haben.
2 Cor. 6, 10.
V. 10.

Und mein Wohlmeinen hierinnen ge-
be ich
(nemlich daß, ob ich es gleich euch nicht
befehlen mag, ich es doch rathe und fuͤr gut, auch
eurer Pflicht vor GOtt gemaͤß finde. Siehe
1 Cor. 7, 25.) denn ſolches iſt euch nuͤtzlich
(ſintemal es bey euch den Segen GOttes ver-
mehren wird im Geiſtlichen, und auch wohl im
Zeitlichen. Siehe Prov. 19, 17. Matth. 10, 42.
c. 25, 40.) die ihr angefangen habet vor dem
Jahre
(nachdem ich euch den erſten Brief ge-
ſchrieben habe. 1 Cor. 16, 1. ſeqq.) nicht allein
das Thun, ſondern auch das Wollen.

Anmerckung.

Es iſt zwar ſonſt an ſich das Thun mehr,
als das Wollen: aber doch nicht allemal. Denn
mancher thut zwar etwas, aber ungerne, und
aus Neben-Abſichten, ohne den gehoͤrigen lau-
tern Willen dazu zu haben. Hingegen man-
chem fehlet es nicht am Willen, ſondern ſein
Wille iſt ſehr geneiget, ja recht begierig; allein
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lich dieſer Wille beſſer iſt, als jene That, zumal
nach dem Urtheile GOttes. An den Corinthi-
ern lobet der Apoſtel beydes, daß ſie nicht allein
nach erhaltenem ſeinem erſten Briefe zur That
geſchritten, ſondern auch darauf ihre Bereitwil-
ligkeit gezeiget, dasjenige, was ſie mit geneig-
tem Willen angefangen hatten, auch mit dem-
ſelhen zu vollziehen. Sintemal der Apoſtel ſie
gebeten hatte, von Zeit zu Zeit zu der Beyſteuer
etwas zuruͤcke zu legen. Dazu denn freylich,
um deſſen nicht muͤde zu werden, die beſtaͤndige
Freywilligkeit das beſte war. Siehe auch her-
nach c. 10, 2.

V. 11.

Nun aber vollbringet auch das Thun
(was nach dem von euch gemachten loͤblichen An-
fang eine ſolche Fortſetzung betrifft, dadurch das
Werck zu Stande komme) auf daß, gleichwie
da iſt ein geneigt Gemuͤth zu wollen, ſo ſey
[Spaltenumbruch] auch da ein geneigt Gemuͤth zu thun
(ἐπιτε-
λέσαι, das Werck zu vollenden) von dem das
ihr habt
(von eurem Vermoͤgen: als worauf
es fuͤrnehmlich ankoͤmmt, und daran es bey den
wohlhabenden am allermeiſten fehlet; ſintemal
ſie gemeiniglich viel ein mehrers thun koͤnten als
ſie wuͤrcklich thun.)

V. 12.

Denn ſo einer willig iſt, ſo iſt er ange-
nehm, nach dem er hat, nicht nach dem er
nicht hat.

Anmerckung.

Das iſt, es koͤmmt aufs Vermoͤgen und
auf den guten Willen an: und wenn auch ei-
ner nach dieſem von ſeinem wenigen wenig giebt,
ſo iſt es ſo gut, als haͤtte er von vielem viel gege-
ben. Salomo ſpricht Prov. 3, 27 28. Wege-
re dich nicht, dem Duͤrftigen Gutes zu
thun, ſo deine Hand von GOtt hat ſolches
zu thun. Sprich nicht zu deinem Freunde:
gehe hin, und komme wieder, morgen will
ich dir geben, ſo du es doch wol haſt.
Und
hieher gehoͤret ſonderlich das Exempel der armen
Witwe, welche, da viel Reiche viel einlegten in
den Gottes-Kaſten, zwey Schaͤrflein, oder einen
Heller einlegte. Darauf unſer Heyland ſeine
Juͤnger zu ſich rief und ſprach: Warlich, ich
ſage euch, dieſe arme Witwe hat mehr in
den GOttes-Kaſten geleget, denn alle die
eingeleget haben.
u. f. Luc. 21, 1. u. f. Hier
hieß es: auch uͤber Vermoͤgen thun. 1 Co-
rinth. 8, 3.

V. 13. 14.

Nicht geſchiehet das der Meinung,
daß die andern
(die Bruͤder in Judaͤa) Ruhe
(oder Uberfluß und gute Tage) haben, und ihr
Truͤbſal
(ſelbſt ſolt Noth leiden) ſondern daß
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(alle etwas moͤgen haben) ſo die-
ne euer Uberfluß ihrem Mangel dieſe Zeit-
lang
(da ſie in mehrere Duͤrftigkeit geſetzet wor-
den. v. 14. Auf daß ihr Uberſchwang (wenn
ihnen GOtt wider zu mehrern, als ihre Noth-
durft erfodert, verhelfen ſolte) hernach (auf
den Fall, daß ihr auch ihrer beduͤrfet) diene eu-
rem Mangel, und geſchehe das gleich iſt

(und niemand im Mangel bleibe.)

V. 15.

Wie (im andern Buch Moſis c. 16, 18.
von der Sammlung des Manna) geſchrieben
ſtehet: der viel ſammlete, hatte nicht Uber-
fluß, und der wenig ſammlete, hatte nicht
Mangel.

Anmerckung.

Es wurde von dem, was von allen zuſam-
men geſammlet war, einem jeden ſein beſcheiden
Theil zugemeſſen. Hatte nun einer viel geſamm-
let, ſo kam es nicht ihm, ſondern andern zu ſtat-
ten. Hatte ein anderer weniger, als die fuͤr eine
Perſon oder fuͤr die Seinigen gehoͤrige Portion
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[427/0455] Cap. 8, 9-15. an die Corinthier. tigkeit davon zuvor bey dem Beſchluß des fuͤnf- ten Capitels gehandelt iſt. Dieſe fuͤhret denn die uͤbrigen Heils-Guͤter mit ſich, als die Kind- ſchaft GOttes, die Vereinigung und Ge- meinſchaft mit GOtt, die chriſtliche Frey- heit in der Befreyung von dem Fluche des Ge- ſetzes, von der Gewalt des Satans, und von der Schuld, Strafe und Herrſchaft der Suͤn- den; den freyen Zugang zu GOtt im Geiſte der Kindſchaft, den Frieden in und mit GOtt, die Freude in dem Heiligen Geiſte; und al- les, was die Salbung des Heiligen Geiſtes noch ſonſt mit ſich fuͤhret, und endlich dazu die voͤllige Erbſchaft des ewigen Lebens, als das rechte groſſe Erbtheil im Lichte Col. 1, 12. 1 Pet. 1, 5. davon Paulus ſpricht Eph. 1, 3. Gelobet ſey GOtt und der Vater unſers HErrn JEſu CHriſti, der uns geſegnet hat mit al- lerley geiſtlichen Segen in himmliſchen Guͤtern durch CHriſtum u. ſ. w. das heißt denn: Als die nichts inne haben, und doch alles haben. 2 Cor. 6, 10. V. 10. Und mein Wohlmeinen hierinnen ge- be ich (nemlich daß, ob ich es gleich euch nicht befehlen mag, ich es doch rathe und fuͤr gut, auch eurer Pflicht vor GOtt gemaͤß finde. Siehe 1 Cor. 7, 25.) denn ſolches iſt euch nuͤtzlich (ſintemal es bey euch den Segen GOttes ver- mehren wird im Geiſtlichen, und auch wohl im Zeitlichen. Siehe Prov. 19, 17. Matth. 10, 42. c. 25, 40.) die ihr angefangen habet vor dem Jahre (nachdem ich euch den erſten Brief ge- ſchrieben habe. 1 Cor. 16, 1. ſeqq.) nicht allein das Thun, ſondern auch das Wollen. Anmerckung. Es iſt zwar ſonſt an ſich das Thun mehr, als das Wollen: aber doch nicht allemal. Denn mancher thut zwar etwas, aber ungerne, und aus Neben-Abſichten, ohne den gehoͤrigen lau- tern Willen dazu zu haben. Hingegen man- chem fehlet es nicht am Willen, ſondern ſein Wille iſt ſehr geneiget, ja recht begierig; allein er hat das Vermoͤgen nicht. Da denn gewiß- lich dieſer Wille beſſer iſt, als jene That, zumal nach dem Urtheile GOttes. An den Corinthi- ern lobet der Apoſtel beydes, daß ſie nicht allein nach erhaltenem ſeinem erſten Briefe zur That geſchritten, ſondern auch darauf ihre Bereitwil- ligkeit gezeiget, dasjenige, was ſie mit geneig- tem Willen angefangen hatten, auch mit dem- ſelhen zu vollziehen. Sintemal der Apoſtel ſie gebeten hatte, von Zeit zu Zeit zu der Beyſteuer etwas zuruͤcke zu legen. Dazu denn freylich, um deſſen nicht muͤde zu werden, die beſtaͤndige Freywilligkeit das beſte war. Siehe auch her- nach c. 10, 2. V. 11. Nun aber vollbringet auch das Thun (was nach dem von euch gemachten loͤblichen An- fang eine ſolche Fortſetzung betrifft, dadurch das Werck zu Stande komme) auf daß, gleichwie da iſt ein geneigt Gemuͤth zu wollen, ſo ſey auch da ein geneigt Gemuͤth zu thun (ἐπιτε- λέσαι, das Werck zu vollenden) von dem das ihr habt (von eurem Vermoͤgen: als worauf es fuͤrnehmlich ankoͤmmt, und daran es bey den wohlhabenden am allermeiſten fehlet; ſintemal ſie gemeiniglich viel ein mehrers thun koͤnten als ſie wuͤrcklich thun.) V. 12. Denn ſo einer willig iſt, ſo iſt er ange- nehm, nach dem er hat, nicht nach dem er nicht hat. Anmerckung. Das iſt, es koͤmmt aufs Vermoͤgen und auf den guten Willen an: und wenn auch ei- ner nach dieſem von ſeinem wenigen wenig giebt, ſo iſt es ſo gut, als haͤtte er von vielem viel gege- ben. Salomo ſpricht Prov. 3, 27 28. Wege- re dich nicht, dem Duͤrftigen Gutes zu thun, ſo deine Hand von GOtt hat ſolches zu thun. Sprich nicht zu deinem Freunde: gehe hin, und komme wieder, morgen will ich dir geben, ſo du es doch wol haſt. Und hieher gehoͤret ſonderlich das Exempel der armen Witwe, welche, da viel Reiche viel einlegten in den Gottes-Kaſten, zwey Schaͤrflein, oder einen Heller einlegte. Darauf unſer Heyland ſeine Juͤnger zu ſich rief und ſprach: Warlich, ich ſage euch, dieſe arme Witwe hat mehr in den GOttes-Kaſten geleget, denn alle die eingeleget haben. u. f. Luc. 21, 1. u. f. Hier hieß es: auch uͤber Vermoͤgen thun. 1 Co- rinth. 8, 3. V. 13. 14. Nicht geſchiehet das der Meinung, daß die andern (die Bruͤder in Judaͤa) Ruhe (oder Uberfluß und gute Tage) haben, und ihr Truͤbſal (ſelbſt ſolt Noth leiden) ſondern daß es gleich ſey (alle etwas moͤgen haben) ſo die- ne euer Uberfluß ihrem Mangel dieſe Zeit- lang (da ſie in mehrere Duͤrftigkeit geſetzet wor- den. v. 14. Auf daß ihr Uberſchwang (wenn ihnen GOtt wider zu mehrern, als ihre Noth- durft erfodert, verhelfen ſolte) hernach (auf den Fall, daß ihr auch ihrer beduͤrfet) diene eu- rem Mangel, und geſchehe das gleich iſt (und niemand im Mangel bleibe.) V. 15. Wie (im andern Buch Moſis c. 16, 18. von der Sammlung des Manna) geſchrieben ſtehet: der viel ſammlete, hatte nicht Uber- fluß, und der wenig ſammlete, hatte nicht Mangel. Anmerckung. Es wurde von dem, was von allen zuſam- men geſammlet war, einem jeden ſein beſcheiden Theil zugemeſſen. Hatte nun einer viel geſamm- let, ſo kam es nicht ihm, ſondern andern zu ſtat- ten. Hatte ein anderer weniger, als die fuͤr eine Perſon oder fuͤr die Seinigen gehoͤrige Portion ausmachte, ſo kam ihm der andern ihr Uberfluß zu ſtatten, alſo, daß ihme an ſeiner Nothdurft nichts abging. Welches denn ein feines Bild iſt, H h h 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/455>, abgerufen am 24.11.2024.