Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.
Cap. 13, 11. 12. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
seiner Liebe zu überzeugen, jene aber nur eigent-lich dafür erkennet. Wie viel der Bruder- Name auf sich habe, wissen allein die wahren Knechte und Kinder GOttes, die aus GOtt gebohren sind, und sich nach dem Grunde der Kindschaft aus GOtt also nennen können, oder, da es auf die Nennung selbst nicht ankömmt, sondern auf die unter solchem Namen liegende Sache, in wahrer Bruder-Liebe und in der Gemeinschaft des Sinnes mit einander stehen. Wie schändlich es dagegen sey, daß, wenn die, welche auf Christi Namen getauffet sind, und in dem Bande der genauesten geistlichen Ver- wandschaft aus und in GOtt mit einander ste- hen solten, Sauff-Brüder sind, und sich zur Verleugnung und zur Beschimpfung der Kind- schaft aus GOtt in solchem Verstande Brüder nennen, ist eine offenbare Sache. 3. Das Aufmunterungs-Wort, freuet euch, haben getreue Lehrer wol Ursache, recht- schafnen Zuhörern oft zuzuruffen. Denn ob man gleich vermöge der Wiedergeburt und des Glau- bens an Christum den Samen der geistlichen Freude in sich hat und behält; so begegnet einem wahren Christen doch oft innerlich und äusser- lich so viel, daß man desselben nicht froh wird, sondern niedergeschlagen und gebeuget daher ge- het. Und da ists nöthig, daß wahre Kinder GOttes unter allem Anliegen sich auch selbst zur Freude im HErrn und zum getrosten Muthe ermuntern. Wie Paulus die Philipper dazu erwecket habe, sehe man Phil. 3, 1. 4, 4. 4. Durch die Vollkommenheit verste- het der Apostel alhier eine allgemeine Herstel- lung guter Ordnung in der gantzen Gemeine, und dabey einen solchen Ernst eines ieden in- sonderheit, nach welchem man sich angelegen seyn lässet, es an keinem Theile oder Stücke seiner Christenthums-Pflichten fehlen zu lassen. Auf welche Vollkommenheit, welche auch bey der sonst noch übrigen Unvollkommenheit statt findet, gehet und dringet die H. Schrift durch und durch. Was nun aber an einer gantzen Gemeine fehlet, da so manche Glieder derselben abgestorben, oder auch also verrencket sind, daß sie sich nicht wider ein- richten lassen, das müssen diejenigen, welche rechtschaffen seyn wollen, an sich nicht erman- geln lassen, sondern sich auch in allen Stücken vollkommen erweisen, ob sie gleich darinnen noch bey weitem nicht alle Stuffen erreichen, sondern sehr unvollkommen bleiben. 5. Wer das Wort vollkommen, Voll- kommenheit auch kaum leiden kan, und also noch vielweniger derselben sich befleißiget, der giebt damit zu erkennen, daß er in dem verkehr- ten Geiste der alten Pharisäer und Feinde Chri- sti stehe, und wie am Hertzen, also auch an Oh- ren noch unbeschnitten und folglich auch noch sehr ferne von dem allerersten Anfange des rechtschaf- nen Christenthums sey: sintemal ihm die Christ- liche Vollkommenheit so gar unleidlich ist, daß er auch die Redens-Art nicht einmal ertra- gen kan. 6. Paulus setzet das sich freuen und sich in Widerwärtigkeit einander trösten mit dem [Spaltenumbruch] vollkommen seyn zusammen; und zeiget da- mit an, es sey eine falsche Freude und ein leidi- ger Trost, die und den man sich ohne die Befleis- sigung um die Vollkommenheit machet. 7. Einerley Sinn haben to auto phronei~n, heißt zuvorderst mit Paulo den Sinn Christi haben. 1 Cor. 2, 6. und also gesinnet seyn, wie JEsus Christus auch war Phil. 2, 5. Wo nun der Sinn und Geist Christi ist, da ist Einigkeit in der Lehre und im Leben. Wo es denn hie und da fehlet, da wird die Lücke durch die tragende Liebe im Friede ergäntzet. Und darauf gehet der Apostel, wenn er dazu setzet: Seyd fried- sam. Siehe hievon ein mehrers Rom. 12, 16. 18. 15, 5. 1 Cor. 1, 10. Phil. 2, 2. 1 Pet. 3, 8. Hebr. 12, 14. 8. GOtt der Liebe ist auch ein GOtt des Friedes, da er nach seiner ewigen Gnade und Liebe in Christo JEsu das Mittel zur Be- friedigung seiner unwandelbaren Gerechtigkeit und zu unserer Versöhnung ausgefunden und angenommen hat. c. 5, 19. GOtt der Liebe und des Friedes aber ist mit keinem andern, als mit dem, der in der Ordnung der wahren Bekehrung Christum, den Frieden-Fürsten, zum Erlöser angenommen hat, und in desselben Gemein- schaft dergestalt erfunden wird, daß er aufhöret mit seinem herrschenden Sinn des Fleisches wi- der GOtt zu streiten Rom. 8, 7. Hingegen aber sich in der Heiligung der Vollkommenheit, wie vorher gedacht, und darauf Paulus im Contexte führet, ernstlich befleißiget, und gegen seinen Nechsten dem Frieden nachjaget, und Liebe beweiset. 9. Mit welchem GOtt ist, mit dem ist er also, daß er ihn väterlich liebet, gütigst leitet und regieret, reichlich segnet, kräftigst stärcket und beschützet. Wer nun wünschet, daß GOtt also mit ihm seyn möge, der prüfe sich, ob Christus auch in ihm sey. Denn wo Christus nicht in uns ist nach v. 5. oder, wo wir ihm un- ser Hertz nicht recht zur Wohnung überlassen, so ist er auch nicht mit uns. Jst aber GOtt mit und für uns, wer mag wider uns seyn? Rom. 8, 31. V. 12. Grüsset euch unter einander mit dem An-
Cap. 13, 11. 12. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
ſeiner Liebe zu uͤberzeugen, jene aber nur eigent-lich dafuͤr erkennet. Wie viel der Bruder- Name auf ſich habe, wiſſen allein die wahren Knechte und Kinder GOttes, die aus GOtt gebohren ſind, und ſich nach dem Grunde der Kindſchaft aus GOtt alſo nennen koͤnnen, oder, da es auf die Nennung ſelbſt nicht ankoͤmmt, ſondern auf die unter ſolchem Namen liegende Sache, in wahrer Bruder-Liebe und in der Gemeinſchaft des Sinnes mit einander ſtehen. Wie ſchaͤndlich es dagegen ſey, daß, wenn die, welche auf Chriſti Namen getauffet ſind, und in dem Bande der genaueſten geiſtlichen Ver- wandſchaft aus und in GOtt mit einander ſte- hen ſolten, Sauff-Bruͤder ſind, und ſich zur Verleugnung und zur Beſchimpfung der Kind- ſchaft aus GOtt in ſolchem Verſtande Bruͤder nennen, iſt eine offenbare Sache. 3. Das Aufmunterungs-Wort, freuet euch, haben getreue Lehrer wol Urſache, recht- ſchafnen Zuhoͤrern oft zuzuruffen. Denn ob man gleich vermoͤge der Wiedergeburt und des Glau- bens an Chriſtum den Samen der geiſtlichen Freude in ſich hat und behaͤlt; ſo begegnet einem wahren Chriſten doch oft innerlich und aͤuſſer- lich ſo viel, daß man deſſelben nicht froh wird, ſondern niedergeſchlagen und gebeuget daher ge- het. Und da iſts noͤthig, daß wahre Kinder GOttes unter allem Anliegen ſich auch ſelbſt zur Freude im HErrn und zum getroſten Muthe ermuntern. Wie Paulus die Philipper dazu erwecket habe, ſehe man Phil. 3, 1. 4, 4. 4. Durch die Vollkommenheit verſte- het der Apoſtel alhier eine allgemeine Herſtel- lung guter Ordnung in der gantzen Gemeine, und dabey einen ſolchen Ernſt eines ieden in- ſonderheit, nach welchem man ſich angelegen ſeyn laͤſſet, es an keinem Theile oder Stuͤcke ſeiner Chriſtenthums-Pflichten fehlen zu laſſen. Auf welche Vollkommenheit, welche auch bey der ſonſt noch uͤbrigen Unvollkommenheit ſtatt findet, gehet und dringet die H. Schrift durch und durch. Was nun aber an einer gantzen Gemeine fehlet, da ſo manche Glieder derſelben abgeſtorben, oder auch alſo verrencket ſind, daß ſie ſich nicht wider ein- richten laſſen, das muͤſſen diejenigen, welche rechtſchaffen ſeyn wollen, an ſich nicht erman- geln laſſen, ſondern ſich auch in allen Stuͤcken vollkommen erweiſen, ob ſie gleich darinnen noch bey weitem nicht alle Stuffen erreichen, ſondern ſehr unvollkommen bleiben. 5. Wer das Wort vollkommen, Voll- kommenheit auch kaum leiden kan, und alſo noch vielweniger derſelben ſich befleißiget, der giebt damit zu erkennen, daß er in dem verkehr- ten Geiſte der alten Phariſaͤer und Feinde Chri- ſti ſtehe, und wie am Hertzen, alſo auch an Oh- ren noch unbeſchnitten und folglich auch noch ſehr ferne von dem allererſten Anfange des rechtſchaf- nen Chriſtenthums ſey: ſintemal ihm die Chriſt- liche Vollkommenheit ſo gar unleidlich iſt, daß er auch die Redens-Art nicht einmal ertra- gen kan. 6. Paulus ſetzet das ſich freuen und ſich in Widerwaͤrtigkeit einander troͤſten mit dem [Spaltenumbruch] vollkommen ſeyn zuſammen; und zeiget da- mit an, es ſey eine falſche Freude und ein leidi- ger Troſt, die und den man ſich ohne die Befleiſ- ſigung um die Vollkommenheit machet. 7. Einerley Sinn haben τὸ ἀυτὸ φρονει῀ν, heißt zuvorderſt mit Paulo den Sinn Chriſti haben. 1 Cor. 2, 6. und alſo geſinnet ſeyn, wie JEſus Chriſtus auch war Phil. 2, 5. Wo nun der Sinn und Geiſt Chriſti iſt, da iſt Einigkeit in der Lehre und im Leben. Wo es denn hie und da fehlet, da wird die Luͤcke durch die tragende Liebe im Friede ergaͤntzet. Und darauf gehet der Apoſtel, wenn er dazu ſetzet: Seyd fried- ſam. Siehe hievon ein mehrers Rom. 12, 16. 18. 15, 5. 1 Cor. 1, 10. Phil. 2, 2. 1 Pet. 3, 8. Hebr. 12, 14. 8. GOtt der Liebe iſt auch ein GOtt des Friedes, da er nach ſeiner ewigen Gnade und Liebe in Chriſto JEſu das Mittel zur Be- friedigung ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit und zu unſerer Verſoͤhnung ausgefunden und angenommen hat. c. 5, 19. GOtt der Liebe und des Friedes aber iſt mit keinem andern, als mit dem, der in der Ordnung der wahren Bekehrung Chriſtum, den Frieden-Fuͤrſten, zum Erloͤſer angenommen hat, und in deſſelben Gemein- ſchaft dergeſtalt erfunden wird, daß er aufhoͤret mit ſeinem herrſchenden Sinn des Fleiſches wi- der GOtt zu ſtreiten Rom. 8, 7. Hingegen aber ſich in der Heiligung der Vollkommenheit, wie vorher gedacht, und darauf Paulus im Contexte fuͤhret, ernſtlich befleißiget, und gegen ſeinen Nechſten dem Frieden nachjaget, und Liebe beweiſet. 9. Mit welchem GOtt iſt, mit dem iſt er alſo, daß er ihn vaͤterlich liebet, guͤtigſt leitet und regieret, reichlich ſegnet, kraͤftigſt ſtaͤrcket und beſchuͤtzet. Wer nun wuͤnſchet, daß GOtt alſo mit ihm ſeyn moͤge, der pruͤfe ſich, ob Chriſtus auch in ihm ſey. Denn wo Chriſtus nicht in uns iſt nach v. 5. oder, wo wir ihm un- ſer Hertz nicht recht zur Wohnung uͤberlaſſen, ſo iſt er auch nicht mit uns. Jſt aber GOtt mit und fuͤr uns, wer mag wider uns ſeyn? Rom. 8, 31. V. 12. Gruͤſſet euch unter einander mit dem An-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0507" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 13, 11. 12. an die Corinthier.</hi></fw><lb/><cb/> ſeiner Liebe zu uͤberzeugen, jene aber nur eigent-<lb/> lich dafuͤr erkennet. Wie viel der <hi rendition="#fr">Bruder-<lb/> Name</hi> auf ſich habe, wiſſen allein die wahren<lb/> Knechte und Kinder GOttes, die aus GOtt<lb/> gebohren ſind, und ſich nach dem Grunde der<lb/><hi rendition="#fr">Kindſchaft</hi> aus GOtt alſo nennen koͤnnen, oder,<lb/> da es auf die Nennung ſelbſt nicht ankoͤmmt,<lb/> ſondern auf die unter ſolchem Namen liegende<lb/> Sache, in wahrer <hi rendition="#fr">Bruder-Liebe</hi> und in der<lb/> Gemeinſchaft des Sinnes mit einander ſtehen.<lb/> Wie ſchaͤndlich es dagegen ſey, daß, wenn die,<lb/> welche auf Chriſti Namen getauffet ſind, und in<lb/> dem Bande der genaueſten geiſtlichen Ver-<lb/> wandſchaft aus und in GOtt mit einander ſte-<lb/> hen ſolten, Sauff-Bruͤder ſind, und ſich zur<lb/> Verleugnung und zur Beſchimpfung der Kind-<lb/> ſchaft aus GOtt in ſolchem Verſtande Bruͤder<lb/> nennen, iſt eine offenbare Sache.</item><lb/> <item>3. Das Aufmunterungs-Wort, <hi rendition="#fr">freuet<lb/> euch,</hi> haben getreue Lehrer wol Urſache, recht-<lb/> ſchafnen Zuhoͤrern oft zuzuruffen. Denn ob man<lb/> gleich vermoͤge der Wiedergeburt und des Glau-<lb/> bens an Chriſtum den Samen der geiſtlichen<lb/> Freude in ſich hat und behaͤlt; ſo begegnet einem<lb/> wahren Chriſten doch oft innerlich und aͤuſſer-<lb/> lich ſo viel, daß man deſſelben nicht froh wird,<lb/> ſondern niedergeſchlagen und gebeuget daher ge-<lb/> het. Und da iſts noͤthig, daß wahre Kinder<lb/> GOttes unter allem Anliegen ſich auch ſelbſt<lb/> zur Freude im HErrn und zum getroſten Muthe<lb/> ermuntern. Wie Paulus die Philipper dazu<lb/> erwecket habe, ſehe man Phil. 3, 1. 4, 4.</item><lb/> <item>4. Durch die <hi rendition="#fr">Vollkommenheit</hi> verſte-<lb/> het der Apoſtel alhier eine allgemeine <hi rendition="#fr">Herſtel-<lb/> lung guter Ordnung</hi> in der gantzen Gemeine,<lb/> und dabey einen ſolchen <hi rendition="#fr">Ernſt</hi> eines ieden in-<lb/> ſonderheit, nach welchem man ſich angelegen<lb/> ſeyn laͤſſet, es an keinem Theile oder Stuͤcke ſeiner<lb/> Chriſtenthums-Pflichten fehlen zu laſſen. Auf<lb/> welche Vollkommenheit, welche auch bey der ſonſt<lb/> noch uͤbrigen Unvollkommenheit ſtatt findet, gehet<lb/> und dringet die H. Schrift durch und durch. Was<lb/> nun aber an einer gantzen Gemeine fehlet, da ſo<lb/> manche Glieder derſelben abgeſtorben, oder auch<lb/> alſo verrencket ſind, daß ſie ſich nicht wider ein-<lb/> richten laſſen, das muͤſſen diejenigen, welche<lb/> rechtſchaffen ſeyn wollen, an ſich nicht erman-<lb/> geln laſſen, ſondern ſich auch in allen Stuͤcken<lb/> vollkommen erweiſen, ob ſie gleich darinnen<lb/> noch bey weitem nicht alle Stuffen erreichen,<lb/> ſondern ſehr unvollkommen bleiben.</item><lb/> <item>5. Wer das Wort <hi rendition="#fr">vollkommen, Voll-<lb/> kommenheit</hi> auch kaum leiden kan, und alſo<lb/> noch vielweniger derſelben ſich befleißiget, der<lb/> giebt damit zu erkennen, daß er in dem verkehr-<lb/> ten Geiſte der alten Phariſaͤer und Feinde Chri-<lb/> ſti ſtehe, und wie am Hertzen, alſo auch an Oh-<lb/> ren noch unbeſchnitten und folglich auch noch ſehr<lb/> ferne von dem allererſten Anfange des rechtſchaf-<lb/> nen Chriſtenthums ſey: ſintemal ihm die Chriſt-<lb/> liche Vollkommenheit ſo gar unleidlich iſt, daß<lb/> er auch die Redens-Art nicht einmal ertra-<lb/> gen kan.</item><lb/> <item>6. Paulus ſetzet das ſich <hi rendition="#fr">freuen</hi> und ſich<lb/> in Widerwaͤrtigkeit einander <hi rendition="#fr">troͤſten</hi> mit dem<lb/><cb/> <hi rendition="#fr">vollkommen</hi> ſeyn zuſammen; und zeiget da-<lb/> mit an, es ſey eine falſche Freude und ein leidi-<lb/> ger Troſt, die und den man ſich ohne die Befleiſ-<lb/> ſigung um die Vollkommenheit machet.</item><lb/> <item>7. <hi rendition="#fr">Einerley Sinn haben</hi> τὸ ἀυτὸ φρονει῀ν,<lb/> heißt zuvorderſt mit Paulo <hi rendition="#fr">den Sinn Chriſti<lb/> haben.</hi> 1 Cor. 2, 6. und alſo geſinnet ſeyn, wie<lb/> JEſus Chriſtus auch war Phil. 2, 5. Wo nun<lb/> der Sinn und Geiſt Chriſti iſt, da iſt Einigkeit<lb/> in der Lehre und im Leben. Wo es denn hie und<lb/> da fehlet, da wird die Luͤcke durch die tragende<lb/> Liebe im Friede ergaͤntzet. Und darauf gehet<lb/> der Apoſtel, wenn er dazu ſetzet: <hi rendition="#fr">Seyd fried-<lb/> ſam.</hi> Siehe hievon ein mehrers Rom. 12, 16.<lb/> 18. 15, 5. 1 Cor. 1, 10. Phil. 2, 2. 1 Pet. 3, 8.<lb/> Hebr. 12, 14.</item><lb/> <item>8. <hi rendition="#fr">GOtt der Liebe</hi> iſt auch ein <hi rendition="#fr">GOtt<lb/> des Friedes,</hi> da er nach ſeiner ewigen Gnade<lb/> und Liebe in Chriſto JEſu das Mittel zur Be-<lb/> friedigung ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit<lb/> und zu unſerer Verſoͤhnung ausgefunden und<lb/> angenommen hat. c. 5, 19. GOtt der Liebe und<lb/> des Friedes aber iſt mit keinem andern, als mit<lb/> dem, der in der Ordnung der wahren Bekehrung<lb/> Chriſtum, den Frieden-Fuͤrſten, zum Erloͤſer<lb/> angenommen hat, und in deſſelben Gemein-<lb/> ſchaft dergeſtalt erfunden wird, daß er aufhoͤret<lb/> mit ſeinem herrſchenden Sinn des Fleiſches wi-<lb/> der GOtt zu ſtreiten Rom. 8, 7. Hingegen<lb/> aber ſich in der Heiligung der Vollkommenheit,<lb/> wie vorher gedacht, und darauf Paulus im<lb/><hi rendition="#aq">Context</hi>e fuͤhret, ernſtlich befleißiget, und gegen<lb/> ſeinen Nechſten dem Frieden nachjaget, und<lb/> Liebe beweiſet.</item><lb/> <item>9. <hi rendition="#fr">Mit welchem GOtt iſt,</hi> mit dem iſt<lb/> er alſo, daß er ihn vaͤterlich liebet, guͤtigſt leitet<lb/> und regieret, reichlich ſegnet, kraͤftigſt ſtaͤrcket<lb/> und beſchuͤtzet. Wer nun wuͤnſchet, daß GOtt<lb/> alſo mit ihm ſeyn moͤge, der pruͤfe ſich, ob<lb/> Chriſtus auch in <hi rendition="#fr">ihm ſey.</hi> Denn wo Chriſtus<lb/> nicht <hi rendition="#fr">in uns</hi> iſt nach v. 5. oder, wo wir ihm un-<lb/> ſer Hertz nicht recht zur Wohnung uͤberlaſſen,<lb/> ſo iſt er auch nicht <hi rendition="#fr">mit uns. Jſt aber GOtt<lb/> mit und fuͤr uns, wer mag wider uns ſeyn?</hi><lb/> Rom. 8, 31.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 12.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Gruͤſſet euch unter einander mit dem<lb/> heiligen Kuß</hi> (demnach es unter eurem Vol-<lb/> cke ohne das alſo gebraͤuchlich iſt, daß gute<lb/> Freunde ſich untereinander mit einem Kuß em-<lb/> pfangen und von einander Abſchied nehmen, ſo<lb/> laſſet dieſe Gewohnheit unter euch geheiliget<lb/> werden, alſo, daß ihr eure Seelen im Gehorſam<lb/> der Wahrheit durch den Heiligen Geiſt keuſch<lb/> machet zu ungefaͤrbter Bruder-Liebe 1 Pet. 1, 22.<lb/> Siehe auch Rom. 16, 16. 1 Cor. 16, 20. 1 Theſſ.<lb/> 5, 26. 1 Pet. 5, 14.) <hi rendition="#fr">Es gruͤſſen euch alle<lb/> Heiligen</hi> (aus Macedonien, ſonderlich aus<lb/> Philippen, unter welchen ich dieſen Brief ſchrei-<lb/> be. Dieſe gruͤſſen euch mit einem hertzlichen<lb/> Segens-Wunſch zur Bezeugung ihrer Liebe,<lb/> und der Gemeinſchaft der Wahrheit und des<lb/> Sinnes, darinnen ſie mit euch ſtehen.)</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">An-</hi> </fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [479/0507]
Cap. 13, 11. 12. an die Corinthier.
ſeiner Liebe zu uͤberzeugen, jene aber nur eigent-
lich dafuͤr erkennet. Wie viel der Bruder-
Name auf ſich habe, wiſſen allein die wahren
Knechte und Kinder GOttes, die aus GOtt
gebohren ſind, und ſich nach dem Grunde der
Kindſchaft aus GOtt alſo nennen koͤnnen, oder,
da es auf die Nennung ſelbſt nicht ankoͤmmt,
ſondern auf die unter ſolchem Namen liegende
Sache, in wahrer Bruder-Liebe und in der
Gemeinſchaft des Sinnes mit einander ſtehen.
Wie ſchaͤndlich es dagegen ſey, daß, wenn die,
welche auf Chriſti Namen getauffet ſind, und in
dem Bande der genaueſten geiſtlichen Ver-
wandſchaft aus und in GOtt mit einander ſte-
hen ſolten, Sauff-Bruͤder ſind, und ſich zur
Verleugnung und zur Beſchimpfung der Kind-
ſchaft aus GOtt in ſolchem Verſtande Bruͤder
nennen, iſt eine offenbare Sache.
3. Das Aufmunterungs-Wort, freuet
euch, haben getreue Lehrer wol Urſache, recht-
ſchafnen Zuhoͤrern oft zuzuruffen. Denn ob man
gleich vermoͤge der Wiedergeburt und des Glau-
bens an Chriſtum den Samen der geiſtlichen
Freude in ſich hat und behaͤlt; ſo begegnet einem
wahren Chriſten doch oft innerlich und aͤuſſer-
lich ſo viel, daß man deſſelben nicht froh wird,
ſondern niedergeſchlagen und gebeuget daher ge-
het. Und da iſts noͤthig, daß wahre Kinder
GOttes unter allem Anliegen ſich auch ſelbſt
zur Freude im HErrn und zum getroſten Muthe
ermuntern. Wie Paulus die Philipper dazu
erwecket habe, ſehe man Phil. 3, 1. 4, 4.
4. Durch die Vollkommenheit verſte-
het der Apoſtel alhier eine allgemeine Herſtel-
lung guter Ordnung in der gantzen Gemeine,
und dabey einen ſolchen Ernſt eines ieden in-
ſonderheit, nach welchem man ſich angelegen
ſeyn laͤſſet, es an keinem Theile oder Stuͤcke ſeiner
Chriſtenthums-Pflichten fehlen zu laſſen. Auf
welche Vollkommenheit, welche auch bey der ſonſt
noch uͤbrigen Unvollkommenheit ſtatt findet, gehet
und dringet die H. Schrift durch und durch. Was
nun aber an einer gantzen Gemeine fehlet, da ſo
manche Glieder derſelben abgeſtorben, oder auch
alſo verrencket ſind, daß ſie ſich nicht wider ein-
richten laſſen, das muͤſſen diejenigen, welche
rechtſchaffen ſeyn wollen, an ſich nicht erman-
geln laſſen, ſondern ſich auch in allen Stuͤcken
vollkommen erweiſen, ob ſie gleich darinnen
noch bey weitem nicht alle Stuffen erreichen,
ſondern ſehr unvollkommen bleiben.
5. Wer das Wort vollkommen, Voll-
kommenheit auch kaum leiden kan, und alſo
noch vielweniger derſelben ſich befleißiget, der
giebt damit zu erkennen, daß er in dem verkehr-
ten Geiſte der alten Phariſaͤer und Feinde Chri-
ſti ſtehe, und wie am Hertzen, alſo auch an Oh-
ren noch unbeſchnitten und folglich auch noch ſehr
ferne von dem allererſten Anfange des rechtſchaf-
nen Chriſtenthums ſey: ſintemal ihm die Chriſt-
liche Vollkommenheit ſo gar unleidlich iſt, daß
er auch die Redens-Art nicht einmal ertra-
gen kan.
6. Paulus ſetzet das ſich freuen und ſich
in Widerwaͤrtigkeit einander troͤſten mit dem
vollkommen ſeyn zuſammen; und zeiget da-
mit an, es ſey eine falſche Freude und ein leidi-
ger Troſt, die und den man ſich ohne die Befleiſ-
ſigung um die Vollkommenheit machet.
7. Einerley Sinn haben τὸ ἀυτὸ φρονει῀ν,
heißt zuvorderſt mit Paulo den Sinn Chriſti
haben. 1 Cor. 2, 6. und alſo geſinnet ſeyn, wie
JEſus Chriſtus auch war Phil. 2, 5. Wo nun
der Sinn und Geiſt Chriſti iſt, da iſt Einigkeit
in der Lehre und im Leben. Wo es denn hie und
da fehlet, da wird die Luͤcke durch die tragende
Liebe im Friede ergaͤntzet. Und darauf gehet
der Apoſtel, wenn er dazu ſetzet: Seyd fried-
ſam. Siehe hievon ein mehrers Rom. 12, 16.
18. 15, 5. 1 Cor. 1, 10. Phil. 2, 2. 1 Pet. 3, 8.
Hebr. 12, 14.
8. GOtt der Liebe iſt auch ein GOtt
des Friedes, da er nach ſeiner ewigen Gnade
und Liebe in Chriſto JEſu das Mittel zur Be-
friedigung ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit
und zu unſerer Verſoͤhnung ausgefunden und
angenommen hat. c. 5, 19. GOtt der Liebe und
des Friedes aber iſt mit keinem andern, als mit
dem, der in der Ordnung der wahren Bekehrung
Chriſtum, den Frieden-Fuͤrſten, zum Erloͤſer
angenommen hat, und in deſſelben Gemein-
ſchaft dergeſtalt erfunden wird, daß er aufhoͤret
mit ſeinem herrſchenden Sinn des Fleiſches wi-
der GOtt zu ſtreiten Rom. 8, 7. Hingegen
aber ſich in der Heiligung der Vollkommenheit,
wie vorher gedacht, und darauf Paulus im
Contexte fuͤhret, ernſtlich befleißiget, und gegen
ſeinen Nechſten dem Frieden nachjaget, und
Liebe beweiſet.
9. Mit welchem GOtt iſt, mit dem iſt
er alſo, daß er ihn vaͤterlich liebet, guͤtigſt leitet
und regieret, reichlich ſegnet, kraͤftigſt ſtaͤrcket
und beſchuͤtzet. Wer nun wuͤnſchet, daß GOtt
alſo mit ihm ſeyn moͤge, der pruͤfe ſich, ob
Chriſtus auch in ihm ſey. Denn wo Chriſtus
nicht in uns iſt nach v. 5. oder, wo wir ihm un-
ſer Hertz nicht recht zur Wohnung uͤberlaſſen,
ſo iſt er auch nicht mit uns. Jſt aber GOtt
mit und fuͤr uns, wer mag wider uns ſeyn?
Rom. 8, 31.
V. 12.
Gruͤſſet euch unter einander mit dem
heiligen Kuß (demnach es unter eurem Vol-
cke ohne das alſo gebraͤuchlich iſt, daß gute
Freunde ſich untereinander mit einem Kuß em-
pfangen und von einander Abſchied nehmen, ſo
laſſet dieſe Gewohnheit unter euch geheiliget
werden, alſo, daß ihr eure Seelen im Gehorſam
der Wahrheit durch den Heiligen Geiſt keuſch
machet zu ungefaͤrbter Bruder-Liebe 1 Pet. 1, 22.
Siehe auch Rom. 16, 16. 1 Cor. 16, 20. 1 Theſſ.
5, 26. 1 Pet. 5, 14.) Es gruͤſſen euch alle
Heiligen (aus Macedonien, ſonderlich aus
Philippen, unter welchen ich dieſen Brief ſchrei-
be. Dieſe gruͤſſen euch mit einem hertzlichen
Segens-Wunſch zur Bezeugung ihrer Liebe,
und der Gemeinſchaft der Wahrheit und des
Sinnes, darinnen ſie mit euch ſtehen.)
An-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/507 |
| Zitationshilfe: | Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/507>, abgerufen am 16.07.2024. |
