Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 2, 7-10. an die Epheser. [Spaltenumbruch]
ihn glauben solten, zum ewigen Leben.2 Tim. 1, 16. 3. Was der Apostel von den damals noch zukünftigen Zeiten saget, das können wir nun von den vergangenen und von den gegenwärtigen sagen, nemlich, daß es an uns wahr worden, und daß er uns an den ehemals bekehrten Juden und Heiden ein herrliches Exempel zu unserer Bekehrung vorgeleget habe. Wohl dem, der die Erfüllung davon an sich selbst siehet. 4. Wie voll Paulo das Hertz gewesen von dem Evangelio, das siehet man auch aus diesen Worten; als darinnen es ihm nicht genug ist, die Gnade GOttes schlechthin, oder mit einer einfachen Benennung zu rühmen, sondern er spricht von dem Reichthum der Gnade und schrei- bet demselben ein überschwengliches, oder über- fliessendes Maß zu; und gedencket auch noch dazu der Güte, die GOtt in Christo JEsu an uns bewiesen habe. Da er denn mit den Worten: in Christo JEsu uns die nöthige und selige Ge- meinschaft mit Christo anpreiset. 5. Betrübte Seelen, die ihrer Sünden wegen niedergeschlagen sind, finden alhier einen kräftigen Trost für ihre geängstigte Seele. Denn sie haben zu erkennen, wie daß der Reich- thum der Gnade GOttes uper[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]allon, über- schwenglich sey, der das Maß ihrer Sünden weit übersteiget, also, daß es wie ein Tröpflein gegen das Meer zu rechnen ist. V. 8. 9. Denn aus Gnaden seyd ihr (gewesene Anmerckungen. 1. Da der Apostel alhier den Ausspruch: aus Gnaden seyd ihr selig worden, aus dem fünften Vers wiederholet, so zeiget er damit keinen geringen Nachdruck dieser Worte an: wie sie uns denn billig immer im Hertzen oder kräftigen Andencken liegen sollen, als solche Worte, welche uns gleichsam den rechten Mit- tel-Punct des gantzen Evangelii und der Pauli- nischen Theologie vorhalten; zumal, da Pau- lus nach dem Contexte von einer solchen Gnade GOttes redet, welche in Christo JEsu, dem Mittler, gegründet ist. Man sehe davon unter [Spaltenumbruch] andern auch Ap. Gesch. 15, 11. Rom. 3, 24. u. s. w. Gal. 2, 16. Tit. 3, 5. 2. Gnade und Glaube, diese sind die beyden Worte, worauf es ankömmt bey unserer Seligkeit. Die Gnade auf Seiten GOttes: der Glaube auf unserer Seiten. Die Gna- de leget und zeiget den Grund unsers Heils; der Glaube die Ordnung, in welcher wir da- zu gelangen. Darum, gleichwie Gnade ohne Glauben nichts hilfft; also ist auch Glaube oh- ne Gnade nichts; ja er kan nicht einmal entste- hen ohne Gnade; da er aus der Gnade seine gantze Art und wesentliche Beschaffenheit hat, und in der Gnade seine eigentliche Nahrung findet. 3. Wie groß das Unvermögen unserer Natur in geistlichen Dingen sey, siehet man auch daraus, daß wir nicht allein der Seligkeit, sondern auch des Glaubens selbst, wodurch wir sie ergreiffen, gantz und gar ermangeln. Da das, was wir von Natur in uns haben und für Glauben halten, nur ein menschlicher Gedancke, nur eine Vermessenheit und fleischliche Sicher- heit ist. Wie aber der Glaube in der Wieder- geburt von GOtt gewircket werde, das hat der Apostel oben c. 1, 19. 21. mit den allernach- drücklichsten Worten angezeiget. Siehe auch Joh. 6, 29. da unser Heiland spricht: Das ist GOttes Werck, daß ihr an den glaubet, den er gesandt hat. Und Phil. 2, 29. Euch ist es gegeben, daß ihr nicht al- lein an Christum glaubet, sondern auch um seinet willen leidet. Daher Col. 2, 12. von dem Glauben gesaget wird, daß ihn GOtt wircket: Und 2 Thess. 3, 2. daß der Glaube nicht iedermans Ding sey. 4. Mit den Worten: Nicht aus den Wercken, auf daß sich nicht iemand rühme, wird das Lohnsüchtige Pabstthum bestrafet: nicht weniger auch die stoltze Natur, welche die Seligkeit nicht gern als ein Gnaden-Geschenck, sondern lieber als einen wohlverdienten Lohn ha- ben will. 5. Es ist hingegen auch ein grosser und of- fenbarer Mißbrauch dieses Orts, wenn man denselben der gehörigen Ausübung guter Wer- cke entgegen setzet. Welchem Mißbrauche zu- vor zu kommen, Paulus gleich darauf saget, daß wir zu guten Wercken geschaffen sind. V. 10. Denn wir sind sein Werck (das er be- An- J i i i
Cap. 2, 7-10. an die Epheſer. [Spaltenumbruch]
ihn glauben ſolten, zum ewigen Leben.2 Tim. 1, 16. 3. Was der Apoſtel von den damals noch zukuͤnftigen Zeiten ſaget, das koͤnnen wir nun von den vergangenen und von den gegenwaͤrtigen ſagen, nemlich, daß es an uns wahr worden, und daß er uns an den ehemals bekehrten Juden und Heiden ein herrliches Exempel zu unſerer Bekehrung vorgeleget habe. Wohl dem, der die Erfuͤllung davon an ſich ſelbſt ſiehet. 4. Wie voll Paulo das Hertz geweſen von dem Evangelio, das ſiehet man auch aus dieſen Worten; als darinnen es ihm nicht genug iſt, die Gnade GOttes ſchlechthin, oder mit einer einfachen Benennung zu ruͤhmen, ſondern er ſpricht von dem Reichthum der Gnade und ſchrei- bet demſelben ein uͤberſchwengliches, oder uͤber- flieſſendes Maß zu; und gedencket auch noch dazu der Guͤte, die GOtt in Chriſto JEſu an uns bewieſen habe. Da er denn mit den Worten: in Chriſto JEſu uns die noͤthige und ſelige Ge- meinſchaft mit Chriſto anpreiſet. 5. Betruͤbte Seelen, die ihrer Suͤnden wegen niedergeſchlagen ſind, finden alhier einen kraͤftigen Troſt fuͤr ihre geaͤngſtigte Seele. Denn ſie haben zu erkennen, wie daß der Reich- thum der Gnade GOttes ὑπερ[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]άλλων, uͤber- ſchwenglich ſey, der das Maß ihrer Suͤnden weit uͤberſteiget, alſo, daß es wie ein Troͤpflein gegen das Meer zu rechnen iſt. V. 8. 9. Denn aus Gnaden ſeyd ihr (geweſene Anmerckungen. 1. Da der Apoſtel alhier den Ausſpruch: aus Gnaden ſeyd ihr ſelig worden, aus dem fuͤnften Vers wiederholet, ſo zeiget er damit keinen geringen Nachdruck dieſer Worte an: wie ſie uns denn billig immer im Hertzen oder kraͤftigen Andencken liegen ſollen, als ſolche Worte, welche uns gleichſam den rechten Mit- tel-Punct des gantzen Evangelii und der Pauli- niſchen Theologie vorhalten; zumal, da Pau- lus nach dem Contexte von einer ſolchen Gnade GOttes redet, welche in Chriſto JEſu, dem Mittler, gegruͤndet iſt. Man ſehe davon unter [Spaltenumbruch] andern auch Ap. Geſch. 15, 11. Rom. 3, 24. u. ſ. w. Gal. 2, 16. Tit. 3, 5. 2. Gnade und Glaube, dieſe ſind die beyden Worte, worauf es ankoͤmmt bey unſerer Seligkeit. Die Gnade auf Seiten GOttes: der Glaube auf unſerer Seiten. Die Gna- de leget und zeiget den Grund unſers Heils; der Glaube die Ordnung, in welcher wir da- zu gelangen. Darum, gleichwie Gnade ohne Glauben nichts hilfft; alſo iſt auch Glaube oh- ne Gnade nichts; ja er kan nicht einmal entſte- hen ohne Gnade; da er aus der Gnade ſeine gantze Art und weſentliche Beſchaffenheit hat, und in der Gnade ſeine eigentliche Nahrung findet. 3. Wie groß das Unvermoͤgen unſerer Natur in geiſtlichen Dingen ſey, ſiehet man auch daraus, daß wir nicht allein der Seligkeit, ſondern auch des Glaubens ſelbſt, wodurch wir ſie ergreiffen, gantz und gar ermangeln. Da das, was wir von Natur in uns haben und fuͤr Glauben halten, nur ein menſchlicher Gedancke, nur eine Vermeſſenheit und fleiſchliche Sicher- heit iſt. Wie aber der Glaube in der Wieder- geburt von GOtt gewircket werde, das hat der Apoſtel oben c. 1, 19. 21. mit den allernach- druͤcklichſten Worten angezeiget. Siehe auch Joh. 6, 29. da unſer Heiland ſpricht: Das iſt GOttes Werck, daß ihr an den glaubet, den er geſandt hat. Und Phil. 2, 29. Euch iſt es gegeben, daß ihr nicht al- lein an Chriſtum glaubet, ſondern auch um ſeinet willen leidet. Daher Col. 2, 12. von dem Glauben geſaget wird, daß ihn GOtt wircket: Und 2 Theſſ. 3, 2. daß der Glaube nicht iedermans Ding ſey. 4. Mit den Worten: Nicht aus den Wercken, auf daß ſich nicht iemand ruͤhme, wird das Lohnſuͤchtige Pabſtthum beſtrafet: nicht weniger auch die ſtoltze Natur, welche die Seligkeit nicht gern als ein Gnaden-Geſchenck, ſondern lieber als einen wohlverdienten Lohn ha- ben will. 5. Es iſt hingegen auch ein groſſer und of- fenbarer Mißbrauch dieſes Orts, wenn man denſelben der gehoͤrigen Ausuͤbung guter Wer- cke entgegen ſetzet. Welchem Mißbrauche zu- vor zu kommen, Paulus gleich darauf ſaget, daß wir zu guten Wercken geſchaffen ſind. V. 10. Denn wir ſind ſein Werck (das er be- An- J i i i
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Cap. 2, 7-10. an die Epheſer.
ihn glauben ſolten, zum ewigen Leben.
2 Tim. 1, 16.
3. Was der Apoſtel von den damals noch
zukuͤnftigen Zeiten ſaget, das koͤnnen wir nun
von den vergangenen und von den gegenwaͤrtigen
ſagen, nemlich, daß es an uns wahr worden,
und daß er uns an den ehemals bekehrten Juden
und Heiden ein herrliches Exempel zu unſerer
Bekehrung vorgeleget habe. Wohl dem, der
die Erfuͤllung davon an ſich ſelbſt ſiehet.
4. Wie voll Paulo das Hertz geweſen von
dem Evangelio, das ſiehet man auch aus dieſen
Worten; als darinnen es ihm nicht genug iſt,
die Gnade GOttes ſchlechthin, oder mit einer
einfachen Benennung zu ruͤhmen, ſondern er
ſpricht von dem Reichthum der Gnade und ſchrei-
bet demſelben ein uͤberſchwengliches, oder uͤber-
flieſſendes Maß zu; und gedencket auch noch
dazu der Guͤte, die GOtt in Chriſto JEſu an uns
bewieſen habe. Da er denn mit den Worten:
in Chriſto JEſu uns die noͤthige und ſelige Ge-
meinſchaft mit Chriſto anpreiſet.
5. Betruͤbte Seelen, die ihrer Suͤnden
wegen niedergeſchlagen ſind, finden alhier einen
kraͤftigen Troſt fuͤr ihre geaͤngſtigte Seele.
Denn ſie haben zu erkennen, wie daß der Reich-
thum der Gnade GOttes ὑπερ_ άλλων, uͤber-
ſchwenglich ſey, der das Maß ihrer Suͤnden
weit uͤberſteiget, alſo, daß es wie ein Troͤpflein
gegen das Meer zu rechnen iſt.
V. 8. 9.
Denn aus Gnaden ſeyd ihr (geweſene
Heiden mit uns geweſenen Juden) ſelig wor-
den (da ihr in der Ordnung der wahren Bekeh-
rung in den Beſitz aller Heils-Guͤter geſetzet
ſeyd) durch den Glauben (als welcher auf
Seiten des Menſchen dazu noͤthig iſt, daß er die
erworbene Gnade und Heils-Schaͤtze damit er-
greiffe und annehme) und daſſelbe (nemlich,
daß ihr glaubet, und durch den Glauben zur Se-
ligkeit gelanget ſeyd) nicht aus euch (als haͤt-
tet ihr euch zum Glauben ſelbſt erwecken, oder
denſelben in euch aus eignen Kraͤften hervor-
bringen koͤnnen.) GOttes Gabe iſt es (und
alſo die erſte Haupt-Gabe, dadurch man aller
uͤbrigen Gnaden-Gaben theilhaftig wird.)
v. 9. Nicht aus den Wercken (weder gantz,
noch zum Theil) auf daß ſich nicht iemand
ruͤhme (wie ſeiner eignen Wercke und Ver-
dienſte, alſo auch der dadurch erlangten Selig-
keit.)
Anmerckungen.
1. Da der Apoſtel alhier den Ausſpruch:
aus Gnaden ſeyd ihr ſelig worden, aus dem
fuͤnften Vers wiederholet, ſo zeiget er damit
keinen geringen Nachdruck dieſer Worte an:
wie ſie uns denn billig immer im Hertzen oder
kraͤftigen Andencken liegen ſollen, als ſolche
Worte, welche uns gleichſam den rechten Mit-
tel-Punct des gantzen Evangelii und der Pauli-
niſchen Theologie vorhalten; zumal, da Pau-
lus nach dem Contexte von einer ſolchen Gnade
GOttes redet, welche in Chriſto JEſu, dem
Mittler, gegruͤndet iſt. Man ſehe davon unter
andern auch Ap. Geſch. 15, 11. Rom. 3, 24. u. ſ. w.
Gal. 2, 16. Tit. 3, 5.
2. Gnade und Glaube, dieſe ſind die
beyden Worte, worauf es ankoͤmmt bey unſerer
Seligkeit. Die Gnade auf Seiten GOttes:
der Glaube auf unſerer Seiten. Die Gna-
de leget und zeiget den Grund unſers Heils;
der Glaube die Ordnung, in welcher wir da-
zu gelangen. Darum, gleichwie Gnade ohne
Glauben nichts hilfft; alſo iſt auch Glaube oh-
ne Gnade nichts; ja er kan nicht einmal entſte-
hen ohne Gnade; da er aus der Gnade ſeine
gantze Art und weſentliche Beſchaffenheit hat,
und in der Gnade ſeine eigentliche Nahrung
findet.
3. Wie groß das Unvermoͤgen unſerer
Natur in geiſtlichen Dingen ſey, ſiehet man
auch daraus, daß wir nicht allein der Seligkeit,
ſondern auch des Glaubens ſelbſt, wodurch wir
ſie ergreiffen, gantz und gar ermangeln. Da
das, was wir von Natur in uns haben und fuͤr
Glauben halten, nur ein menſchlicher Gedancke,
nur eine Vermeſſenheit und fleiſchliche Sicher-
heit iſt. Wie aber der Glaube in der Wieder-
geburt von GOtt gewircket werde, das hat der
Apoſtel oben c. 1, 19. 21. mit den allernach-
druͤcklichſten Worten angezeiget. Siehe
auch Joh. 6, 29. da unſer Heiland ſpricht:
Das iſt GOttes Werck, daß ihr an den
glaubet, den er geſandt hat. Und Phil. 2,
29. Euch iſt es gegeben, daß ihr nicht al-
lein an Chriſtum glaubet, ſondern auch um
ſeinet willen leidet. Daher Col. 2, 12. von
dem Glauben geſaget wird, daß ihn GOtt
wircket: Und 2 Theſſ. 3, 2. daß der Glaube
nicht iedermans Ding ſey.
4. Mit den Worten: Nicht aus den
Wercken, auf daß ſich nicht iemand ruͤhme,
wird das Lohnſuͤchtige Pabſtthum beſtrafet:
nicht weniger auch die ſtoltze Natur, welche die
Seligkeit nicht gern als ein Gnaden-Geſchenck,
ſondern lieber als einen wohlverdienten Lohn ha-
ben will.
5. Es iſt hingegen auch ein groſſer und of-
fenbarer Mißbrauch dieſes Orts, wenn man
denſelben der gehoͤrigen Ausuͤbung guter Wer-
cke entgegen ſetzet. Welchem Mißbrauche zu-
vor zu kommen, Paulus gleich darauf ſaget,
daß wir zu guten Wercken geſchaffen ſind.
V. 10.
Denn wir ſind ſein Werck (das er be-
reitet hat, nicht wir ſelbſt) geſchaffen in Chri-
ſto JEſu (in Anſehung ſeines Verdienſts und
in der Glaͤubigen Gemeinſchaft mit ihm) zu gu-
ten Wercken (die zuvoͤrderſt innerlich ſind und
von innen auch ſich aͤuſſerlich erweiſen) zu wel-
chen uns GOtt zuvor bereitet hat, (durch
die Wiedergeburt und Schenckung der Gnaden-
Kraͤfte) daß wir darinnen wandeln ſollen
(alſo, daß wir nach dem von GOtt empfangenen
Gnaden-Berufe eine rechte Profeſſion davon
machen, und gute Wercke unſere beſtaͤndige U-
bung ſeyn laſſen.
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J i i i
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