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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, 10-12.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Wir sind zwar auch GOttes Werck
nach der Schöpfung: allein, wo wir es nicht
werden nach der Heiligung in der Anwendung
der Erlösung, so bleiben wir ausser der Gemein-
schaft GOttes, sintemal das Werck der Schö-
pfung durch die Sünde so sehr verderbet ist.
2. Gar schön schreibet von dem neuen Gna-
den-Wercke GOttes David Ps. 100, 3. Er-
kennet, daß der HErr GOtt ist: Er hat
uns gemachet, und nicht wir selbst, zu sei-
nem Volcke, und zu Schafen seiner Wei-
de.
Man sehe auch von den Wercken der neuen
Schöpfung, oder von neuen Creaturen Ps. 51 12.
Jes. 29, 23. 2 Cor. 5, 17. Gal. 6, 15.
3. Die Wiedergeburt kan nicht kräftiger
ausgedrucket werden, als mit dem Worte der
neuen Schöpfung. Und daß GOtt darinnen
eine rechte allmächtige Schöpfungs-Kraft be-
weise, hat Paulus cap. 1, 19. 20. aufs nachdrück-
lichste bezeuget.
4. Paulus war in Christo, und er lebete in
Christo
durch den Glauben; fast wie ein Fisch
im Wasser, also hatte er sein rechtes Element und
seine geistliche Nahrung in Christo. Dannen-
hero er die Redens-Art in Christo so gar oft in
seinen Briefen gebrauchet: sintemal es schon
das zwölfte mal ist, daß er in diesem Briefe also
schreibet. Denn da hieß es gleich anfangs c. 1, 1.
Gläubige an, oder in Christo JEsu. v. 3.
mit himmlischen Gütern gesegnet seyn en
khristo, in Christo: v. 4. in Christo erweh-
let seyn:
v. 6. angenehm gemacht seyn in
Christo dem Geliebten:
v. 7. in Christo die
Erlösung durch sein Blut haben:
v. 10. zu-
sammen gefasset seyn in Christo:
v. 11. in
Christo zum Erbtheil gekommen seyn:

v. 13. in Christo versiegelt worden seyn,
mit dem Heiligen Geist der Verheissung:

v. 15. Glauben haben en to kurio Iesou, an
Christo JEsu, also, daß man durch den
Glauben in ihm ruhe:
c 2, 6. ins himmli-
sche Wesen gesetzet seyn in Christo:
v. 7.
GOtt hat den überschwenglichen Reich-
thum der Gnade erzeiget in Christo.
5. Zu den wahren guten Wercken gehö-
ret eine neue Schöpfung, daß der Mensch erst
selbst ein gutes Werck GOttes werde, ehe er recht
gute und GOtt wohlgefällige Wercke ausüben
könne.
6. Wahre Wercke haben eine gedoppel-
te Güte
von GOtt, und beyde in Christo:
die eine nach der Rechtfertigung, da Christi
vollkommene Gerechtigkeit die Unvollkommen-
heit unsrer Wercke zudecket, und uns also zu ei-
gen wird, daß unsere Wercke inihm ihre rechte
Vollkommenheit haben: die andere nach der
Heiligung, da wir vermöge der neuen Schö-
pfung und täglichen Erhaltung solche geistliche
Kräfte empfangen, aus welchen wir solche Wer-
cke thun können, die GOtt so viel gefälliger sind,
so vielmehr er sie selbst in uns gewircket hat.
7. Zu der würdigen Vorbereitung zu
guten Wercken gehöret zuvörderst die Reini-
gung des Gewissens von den todten Wer-
[Spaltenumbruch] cken
nach Hebr. 9, 14. als in welcher der Mensch
auch der Vergebung seiner Sünden theilhaftig
und also aus dem Evangelischen Glaubens-
Grunde zur Ubung guter Wercke recht munter
und freudig gemachet wird: sintemal er in der
Vorbereitung und neuen Schöpfung den Glau-
ben
empfähet, so die Mutter ist der Liebe ge-
gen GOtt, uns selbst und den Nechsten, in wel-
cher alle gute Wercke ihren Zusammenfluß ha-
ben. Auf diese Art wird der Mensch an den
Wasserbächen gepflantzet, daß er seine
Frucht bringet zu seiner Zeit.
Ps. 1, 3. Denn
da ist ein guter Baum gesetzet, daher auch die
Frucht gut seyn muß. Matth. 7, 17-19. 12, 33.
Es ist der Mensch durch diese neue Schöpffung
also zubereitet, daß er ein Rebe worden an dem
Weinstocke, Christo JEsu, von dem er gereini-
get wird, daß er immer mehr Frucht bringe Joh.
15, 2. u. f. Und also gehöret er mit zu dem von
Christo ihm selbst gereinigten Volcke des Eigen-
thums, das fleißig ist zu guten Wercken. Tit.
2, 14.
8. Jn guten Wercken wandeln heisset
sein gantzes Leben darinnen zubringen und in der
Ausübung des Guten bis an sein seliges Ende
verharren: der Apostel nennet es Tit. 3, 8. sich
im Stande guter Wercke finden lassen.

Welchem Wandel denn die Unvollkommenheit
mit den Schwachheits-Sünden, ob es gleich
böse Wercke sind, nicht entgegen stehet, so lange
diese nur nicht zur Herrschaft kommen, und so
lange ein gutes Gewissen bewahret wird.
9. Vor allen Dingen aber ist von diesem
Wandel in guten Wercken zweyerley wohl zu
mercken: das eine, daß sie sonderlich innerlich
sind, und in der täglichen Aufopferung des
Hertzens gegen GOtt und im innern glaubigen
Umgang mit dem allgegenwärtigen GOtt
bestehen, und in allen Liebes-Pflichten gegen
GOtt, uns selbst und den Nechsten ausfliessen.
Das andere, daß die gantze äussere Lebens-
Art
mit aller Arbeit und Verrichtung des Men-
schen dazu gehöret, und durch den innern Gna-
den-Stand geheiliget werden muß: zum Ex-
empel; wenn ein Dienstbote nach dem Grunde
seines innern Gnaden-Standes auch äusserlich
in solcher Furcht vor GOtt wandelt, daß er um
GOttes und des Gewissens willen alles getreu-
lich als in den Augen GOttes, mit einem bestän-
digen Aufsehen auf GOtt und mit einer Zukehr
zu GOtt verrichtet, so wandelt er in guten Wer-
cken, und ist sein gantzes Leben nichts anders als
ein Zusammenhang der guten Wercke und ein
rechter GOttes-Dienst.
V. 11. 12.

Darum gedencket daran (theils mit
einer billigen Demüthigung eures Hertzens,
theils aber, in Ansehung der mit euch vorgegan-
genen grossen Veränderung mit hertzlicher
Dancksagung) daß ihr, die ihr weiland nach
dem Fleisch
(als äusserlich unbeschnittene, und
innerlich durch die Sünde sehr verderbte) Hey-
den gewesen seyd, und die Vorhaut
(oder
unbeschnittene, auf eine verächtliche Weise) ge-
nennet wurdet
(1 Sam. 17, 26. Ezech. 44, 7.)

von
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, 10-12.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Wir ſind zwar auch GOttes Werck
nach der Schoͤpfung: allein, wo wir es nicht
werden nach der Heiligung in der Anwendung
der Erloͤſung, ſo bleiben wir auſſer der Gemein-
ſchaft GOttes, ſintemal das Werck der Schoͤ-
pfung durch die Suͤnde ſo ſehr verderbet iſt.
2. Gar ſchoͤn ſchreibet von dem neuen Gna-
den-Wercke GOttes David Pſ. 100, 3. Er-
kennet, daß der HErr GOtt iſt: Er hat
uns gemachet, und nicht wir ſelbſt, zu ſei-
nem Volcke, und zu Schafen ſeiner Wei-
de.
Man ſehe auch von den Wercken der neuen
Schoͤpfung, oder von neuen Creaturen Pſ. 51 12.
Jeſ. 29, 23. 2 Cor. 5, 17. Gal. 6, 15.
3. Die Wiedergeburt kan nicht kraͤftiger
ausgedrucket werden, als mit dem Worte der
neuen Schoͤpfung. Und daß GOtt darinnen
eine rechte allmaͤchtige Schoͤpfungs-Kraft be-
weiſe, hat Paulus cap. 1, 19. 20. aufs nachdruͤck-
lichſte bezeuget.
4. Paulus war in Chriſto, und er lebete in
Chriſto
durch den Glauben; faſt wie ein Fiſch
im Waſſer, alſo hatte er ſein rechtes Element und
ſeine geiſtliche Nahrung in Chriſto. Dannen-
hero er die Redens-Art in Chriſto ſo gar oft in
ſeinen Briefen gebrauchet: ſintemal es ſchon
das zwoͤlfte mal iſt, daß er in dieſem Briefe alſo
ſchreibet. Denn da hieß es gleich anfangs c. 1, 1.
Glaͤubige an, oder in Chriſto JEſu. v. 3.
mit himmliſchen Guͤtern geſegnet ſeyn ἐν
χριστῷ, in Chriſto: v. 4. in Chriſto erweh-
let ſeyn:
v. 6. angenehm gemacht ſeyn in
Chriſto dem Geliebten:
v. 7. in Chriſto die
Erloͤſung durch ſein Blut haben:
v. 10. zu-
ſammen gefaſſet ſeyn in Chriſto:
v. 11. in
Chriſto zum Erbtheil gekommen ſeyn:

v. 13. in Chriſto verſiegelt worden ſeyn,
mit dem Heiligen Geiſt der Verheiſſung:

v. 15. Glauben haben ἐν τῷ κυρίῳ Ιησοῦ, an
Chriſto JEſu, alſo, daß man durch den
Glauben in ihm ruhe:
c 2, 6. ins himmli-
ſche Weſen geſetzet ſeyn in Chriſto:
v. 7.
GOtt hat den uͤberſchwenglichen Reich-
thum der Gnade erzeiget in Chriſto.
5. Zu den wahren guten Wercken gehoͤ-
ret eine neue Schoͤpfung, daß der Menſch erſt
ſelbſt ein gutes Werck GOttes werde, ehe er recht
gute und GOtt wohlgefaͤllige Wercke ausuͤben
koͤnne.
6. Wahre Wercke haben eine gedoppel-
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von GOtt, und beyde in Chriſto:
die eine nach der Rechtfertigung, da Chriſti
vollkommene Gerechtigkeit die Unvollkommen-
heit unſrer Wercke zudecket, und uns alſo zu ei-
gen wird, daß unſere Wercke inihm ihre rechte
Vollkommenheit haben: die andere nach der
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pfung und taͤglichen Erhaltung ſolche geiſtliche
Kraͤfte empfangen, aus welchen wir ſolche Wer-
cke thun koͤnnen, die GOtt ſo viel gefaͤlliger ſind,
ſo vielmehr er ſie ſelbſt in uns gewircket hat.
7. Zu der wuͤrdigen Vorbereitung zu
guten Wercken gehoͤret zuvoͤrderſt die Reini-
gung des Gewiſſens von den todten Wer-
[Spaltenumbruch] cken
nach Hebr. 9, 14. als in welcher der Menſch
auch der Vergebung ſeiner Suͤnden theilhaftig
und alſo aus dem Evangeliſchen Glaubens-
Grunde zur Ubung guter Wercke recht munter
und freudig gemachet wird: ſintemal er in der
Vorbereitung und neuen Schoͤpfung den Glau-
ben
empfaͤhet, ſo die Mutter iſt der Liebe ge-
gen GOtt, uns ſelbſt und den Nechſten, in wel-
cher alle gute Wercke ihren Zuſammenfluß ha-
ben. Auf dieſe Art wird der Menſch an den
Waſſerbaͤchen gepflantzet, daß er ſeine
Frucht bringet zu ſeiner Zeit.
Pſ. 1, 3. Denn
da iſt ein guter Baum geſetzet, daher auch die
Frucht gut ſeyn muß. Matth. 7, 17-19. 12, 33.
Es iſt der Menſch durch dieſe neue Schoͤpffung
alſo zubereitet, daß er ein Rebe worden an dem
Weinſtocke, Chriſto JEſu, von dem er gereini-
get wird, daß er immer mehr Frucht bringe Joh.
15, 2. u. f. Und alſo gehoͤret er mit zu dem von
Chriſto ihm ſelbſt gereinigten Volcke des Eigen-
thums, das fleißig iſt zu guten Wercken. Tit.
2, 14.
8. Jn guten Wercken wandeln heiſſet
ſein gantzes Leben darinnen zubringen und in der
Ausuͤbung des Guten bis an ſein ſeliges Ende
verharren: der Apoſtel nennet es Tit. 3, 8. ſich
im Stande guter Wercke finden laſſen.

Welchem Wandel denn die Unvollkommenheit
mit den Schwachheits-Suͤnden, ob es gleich
boͤſe Wercke ſind, nicht entgegen ſtehet, ſo lange
dieſe nur nicht zur Herrſchaft kommen, und ſo
lange ein gutes Gewiſſen bewahret wird.
9. Vor allen Dingen aber iſt von dieſem
Wandel in guten Wercken zweyerley wohl zu
mercken: das eine, daß ſie ſonderlich innerlich
ſind, und in der taͤglichen Aufopferung des
Hertzens gegen GOtt und im innern glaubigen
Umgang mit dem allgegenwaͤrtigen GOtt
beſtehen, und in allen Liebes-Pflichten gegen
GOtt, uns ſelbſt und den Nechſten ausflieſſen.
Das andere, daß die gantze aͤuſſere Lebens-
Art
mit aller Arbeit und Verrichtung des Men-
ſchen dazu gehoͤret, und durch den innern Gna-
den-Stand geheiliget werden muß: zum Ex-
empel; wenn ein Dienſtbote nach dem Grunde
ſeines innern Gnaden-Standes auch aͤuſſerlich
in ſolcher Furcht vor GOtt wandelt, daß er um
GOttes und des Gewiſſens willen alles getreu-
lich als in den Augen GOttes, mit einem beſtaͤn-
digen Aufſehen auf GOtt und mit einer Zukehr
zu GOtt verrichtet, ſo wandelt er in guten Wer-
cken, und iſt ſein gantzes Leben nichts anders als
ein Zuſammenhang der guten Wercke und ein
rechter GOttes-Dienſt.
V. 11. 12.

Darum gedencket daran (theils mit
einer billigen Demuͤthigung eures Hertzens,
theils aber, in Anſehung der mit euch vorgegan-
genen groſſen Veraͤnderung mit hertzlicher
Danckſagung) daß ihr, die ihr weiland nach
dem Fleiſch
(als aͤuſſerlich unbeſchnittene, und
innerlich durch die Suͤnde ſehr verderbte) Hey-
den geweſen ſeyd, und die Vorhaut
(oder
unbeſchnittene, auf eine veraͤchtliche Weiſe) ge-
nennet wurdet
(1 Sam. 17, 26. Ezech. 44, 7.)

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[618/0646] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, 10-12. Anmerckungen. 1. Wir ſind zwar auch GOttes Werck nach der Schoͤpfung: allein, wo wir es nicht werden nach der Heiligung in der Anwendung der Erloͤſung, ſo bleiben wir auſſer der Gemein- ſchaft GOttes, ſintemal das Werck der Schoͤ- pfung durch die Suͤnde ſo ſehr verderbet iſt. 2. Gar ſchoͤn ſchreibet von dem neuen Gna- den-Wercke GOttes David Pſ. 100, 3. Er- kennet, daß der HErr GOtt iſt: Er hat uns gemachet, und nicht wir ſelbſt, zu ſei- nem Volcke, und zu Schafen ſeiner Wei- de. Man ſehe auch von den Wercken der neuen Schoͤpfung, oder von neuen Creaturen Pſ. 51 12. Jeſ. 29, 23. 2 Cor. 5, 17. Gal. 6, 15. 3. Die Wiedergeburt kan nicht kraͤftiger ausgedrucket werden, als mit dem Worte der neuen Schoͤpfung. Und daß GOtt darinnen eine rechte allmaͤchtige Schoͤpfungs-Kraft be- weiſe, hat Paulus cap. 1, 19. 20. aufs nachdruͤck- lichſte bezeuget. 4. Paulus war in Chriſto, und er lebete in Chriſto durch den Glauben; faſt wie ein Fiſch im Waſſer, alſo hatte er ſein rechtes Element und ſeine geiſtliche Nahrung in Chriſto. Dannen- hero er die Redens-Art in Chriſto ſo gar oft in ſeinen Briefen gebrauchet: ſintemal es ſchon das zwoͤlfte mal iſt, daß er in dieſem Briefe alſo ſchreibet. Denn da hieß es gleich anfangs c. 1, 1. Glaͤubige an, oder in Chriſto JEſu. v. 3. mit himmliſchen Guͤtern geſegnet ſeyn ἐν χριστῷ, in Chriſto: v. 4. in Chriſto erweh- let ſeyn: v. 6. angenehm gemacht ſeyn in Chriſto dem Geliebten: v. 7. in Chriſto die Erloͤſung durch ſein Blut haben: v. 10. zu- ſammen gefaſſet ſeyn in Chriſto: v. 11. in Chriſto zum Erbtheil gekommen ſeyn: v. 13. in Chriſto verſiegelt worden ſeyn, mit dem Heiligen Geiſt der Verheiſſung: v. 15. Glauben haben ἐν τῷ κυρίῳ Ιησοῦ, an Chriſto JEſu, alſo, daß man durch den Glauben in ihm ruhe: c 2, 6. ins himmli- ſche Weſen geſetzet ſeyn in Chriſto: v. 7. GOtt hat den uͤberſchwenglichen Reich- thum der Gnade erzeiget in Chriſto. 5. Zu den wahren guten Wercken gehoͤ- ret eine neue Schoͤpfung, daß der Menſch erſt ſelbſt ein gutes Werck GOttes werde, ehe er recht gute und GOtt wohlgefaͤllige Wercke ausuͤben koͤnne. 6. Wahre Wercke haben eine gedoppel- te Guͤte von GOtt, und beyde in Chriſto: die eine nach der Rechtfertigung, da Chriſti vollkommene Gerechtigkeit die Unvollkommen- heit unſrer Wercke zudecket, und uns alſo zu ei- gen wird, daß unſere Wercke inihm ihre rechte Vollkommenheit haben: die andere nach der Heiligung, da wir vermoͤge der neuen Schoͤ- pfung und taͤglichen Erhaltung ſolche geiſtliche Kraͤfte empfangen, aus welchen wir ſolche Wer- cke thun koͤnnen, die GOtt ſo viel gefaͤlliger ſind, ſo vielmehr er ſie ſelbſt in uns gewircket hat. 7. Zu der wuͤrdigen Vorbereitung zu guten Wercken gehoͤret zuvoͤrderſt die Reini- gung des Gewiſſens von den todten Wer- cken nach Hebr. 9, 14. als in welcher der Menſch auch der Vergebung ſeiner Suͤnden theilhaftig und alſo aus dem Evangeliſchen Glaubens- Grunde zur Ubung guter Wercke recht munter und freudig gemachet wird: ſintemal er in der Vorbereitung und neuen Schoͤpfung den Glau- ben empfaͤhet, ſo die Mutter iſt der Liebe ge- gen GOtt, uns ſelbſt und den Nechſten, in wel- cher alle gute Wercke ihren Zuſammenfluß ha- ben. Auf dieſe Art wird der Menſch an den Waſſerbaͤchen gepflantzet, daß er ſeine Frucht bringet zu ſeiner Zeit. Pſ. 1, 3. Denn da iſt ein guter Baum geſetzet, daher auch die Frucht gut ſeyn muß. Matth. 7, 17-19. 12, 33. Es iſt der Menſch durch dieſe neue Schoͤpffung alſo zubereitet, daß er ein Rebe worden an dem Weinſtocke, Chriſto JEſu, von dem er gereini- get wird, daß er immer mehr Frucht bringe Joh. 15, 2. u. f. Und alſo gehoͤret er mit zu dem von Chriſto ihm ſelbſt gereinigten Volcke des Eigen- thums, das fleißig iſt zu guten Wercken. Tit. 2, 14. 8. Jn guten Wercken wandeln heiſſet ſein gantzes Leben darinnen zubringen und in der Ausuͤbung des Guten bis an ſein ſeliges Ende verharren: der Apoſtel nennet es Tit. 3, 8. ſich im Stande guter Wercke finden laſſen. Welchem Wandel denn die Unvollkommenheit mit den Schwachheits-Suͤnden, ob es gleich boͤſe Wercke ſind, nicht entgegen ſtehet, ſo lange dieſe nur nicht zur Herrſchaft kommen, und ſo lange ein gutes Gewiſſen bewahret wird. 9. Vor allen Dingen aber iſt von dieſem Wandel in guten Wercken zweyerley wohl zu mercken: das eine, daß ſie ſonderlich innerlich ſind, und in der taͤglichen Aufopferung des Hertzens gegen GOtt und im innern glaubigen Umgang mit dem allgegenwaͤrtigen GOtt beſtehen, und in allen Liebes-Pflichten gegen GOtt, uns ſelbſt und den Nechſten ausflieſſen. Das andere, daß die gantze aͤuſſere Lebens- Art mit aller Arbeit und Verrichtung des Men- ſchen dazu gehoͤret, und durch den innern Gna- den-Stand geheiliget werden muß: zum Ex- empel; wenn ein Dienſtbote nach dem Grunde ſeines innern Gnaden-Standes auch aͤuſſerlich in ſolcher Furcht vor GOtt wandelt, daß er um GOttes und des Gewiſſens willen alles getreu- lich als in den Augen GOttes, mit einem beſtaͤn- digen Aufſehen auf GOtt und mit einer Zukehr zu GOtt verrichtet, ſo wandelt er in guten Wer- cken, und iſt ſein gantzes Leben nichts anders als ein Zuſammenhang der guten Wercke und ein rechter GOttes-Dienſt. V. 11. 12. Darum gedencket daran (theils mit einer billigen Demuͤthigung eures Hertzens, theils aber, in Anſehung der mit euch vorgegan- genen groſſen Veraͤnderung mit hertzlicher Danckſagung) daß ihr, die ihr weiland nach dem Fleiſch (als aͤuſſerlich unbeſchnittene, und innerlich durch die Suͤnde ſehr verderbte) Hey- den geweſen ſeyd, und die Vorhaut (oder unbeſchnittene, auf eine veraͤchtliche Weiſe) ge- nennet wurdet (1 Sam. 17, 26. Ezech. 44, 7.) von

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/646>, abgerufen am 24.11.2024.