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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 5, 31. 32.
[Spaltenumbruch] die Jsraeliten vom Könige David, dem Vorbil-
de Christi, als sie ihn zum Könige salbeten, mit
grossen Freuden sagten: Siehe, wir sind
deines Gebeines und deines Fleisches!

2 Sam. 5, 1.
4. Die Worte des 31. Verses sind dieje-
nigen, welche das Haupt-Gesetze von der Ehe in
sich halten, und von GOtt selbst ausgesprochen
sind. Wie aus der Auslegung Christi Matth.
19, 5. zu erkennen ist. Und es führet sie der Apo-
stel zu dem Ende an, weil er von der leiblichen
Ehe redet; ob er wol dabey die beste Gelegenheit
nimmt, von der geistlichen Vermählung mit Chri-
sto zu schreiben.
5. Das Verlassen des Vaters und der
Mutter ist sonderlich von der Familie in An-
sehung der Oeconomie zu verstehen, daß
der Mann mit seinem Eheweibe eine beson-
sondere Familie anrichten soll. Damit doch
aber nicht gemißbilliget wird, wenn Eltern ihre
verheyrathete Kinder eine Zeitlang bey sich be-
halten, oder die Kinder die Eltern, zumal abge-
lebte, in ihrem Alter zu sich nehmen. Welches
vielmehr nach Erforderung der Umstände ein
Werck der schuldigen Liebe ist.
6. Was für ein Verlassen der Eltern
verstanden werde, wird durch das Anhangen
an dem Weibe erkläret: nemlich, man soll die
Eltern nur also verlassen, daß man ihnen nicht
also anhange, wie Eheleute aneinander hangen.
Da sonst die moralische Dependentz oder die
Ehrerbietung der Kinder gegen ihre Eltern nicht
weniger Lebenslang bleibet, als die natürliche,
da man ihnen nechst GOtt sein Leib und sein Le-
ben zu dancken hat.
7. Was vom Anhangen des Mannes
andem Weibe gesaget wird, das gilt auch von
dem Anhangen des Weibes an dem Manne:
nach Art der Heil. Schrift, da das, was in ge-
meinen Pflichten von dem männlichen Ge-
schlechte gefodert wird, auch dem weiblichen zu-
kommt.
8. Soll nun ein Mann seinem Weibe an-
hangen, also, daß er mit ihr, und also nur sie
beyde, nicht aber einer mit mehrern Personen,
in einem unzertrennlichen Bande ein Fleisch
werde: so ist damit im ersten Ehe-Gesetze alle
Hurerey, aller Ehebruch und alle Vielweiberey
und aller Concubinat gäntzlich verboten. Und
so wenig es nach diesem Ehe-Gesetze einem Weibe
erlaubet ist, mehrern lebenden Ehemännern, als
einem ehelich anzuhangen; eben so wenig stehet
es einem Ehemanne frey, mehrere Ehe-Weiber
zu haben. Ja, da das Verbot mehrere Män-
ner, als einen zu haben, nur dem Sinne nach in
den Worten GOttes lieget, so ist das Verbot,
mit mehren Weibern, als mit einem, ein Fleisch
zu werden, ausdrücklich darinnen enthalten:
wie oben 1 Cor. 7. mit mehrern erwiesen ist.
9. Sollen Eheleute einander anhangen,
so muß es gewiß beständig seyn und aufs gantze
Leben gehen, sonsten es kein rechtes Anhangen
wäre. Jst aber dieses, so ist mit dem Concubi-
nat alle Ehescheidung verboten: es sey denn,
wo ein Ehebruch, oder muthwillige Verlassung
[Spaltenumbruch] vorgehet, als dadurch das Band der Ehe an
sich selbst schon zertrennet und aufgehoben ist.
10. Und auf diese so gar genaue und un-
auflösliche
Verbindung führet der Apostel für-
nemlich zu dem Ende, daß er damit zugleich die
darunter abgebildete geheime Vereinigung
Christi und der gläubigen Seelen anweise.
Daher er v. 32. ausdrücklich folgendes dazu
setzet:
V. 32.

Das Geheimniß (musterion touto, dieses
Geheimniß, worauf der vorhergehende Context
unter dem Bilde von der Ehe gehet) ist groß
(also daß es von der Vernunft, nachdem es ge-
offenbaret ist, nicht einmal recht begriffen wer-
den kan, und also noch vielweniger hat erdacht
werden können.) Jch sage aber von Christo
und der Gemeine
(Gr. ich sage es aber auf
Christum und auf die Gemeine: durch dero Ab-
bildung die leibliche Ehe recht geadelt worden:
wie sie denn durch die Vermählung mit Christo
recht geheiliget werden soll.)

Anmerckungen.
1. Geheimnisse sind eigentlich solche
Lehren, welche zum Evangelio gehören, und so
hoch sind, daß sie von der menschlichen Ver-
nunft nicht haben erfunden werden können; son-
dern die da haben geoffenbaret werden müssen:
und die, nachdem sie in dem göttlichen Worte
geoffenbaret worden, von einer solchen Höhe und
Tiefe sind, daß sie von der Vernunft zwar de-
müthig und ehrerbietig bewundert werden müs-
sen, aber doch nicht eigentlich begriffen werden
können, ob sich die Vernunft auch gleich erleuch-
ten läßt. Und daher müssen sie mit dem Glau-
ben, der sich an das veste Wort der Offenba-
rung hält, gefasset und zur Gottseligkeit ange-
wendet werden.
2. Daß es in göttlichen Dingen solche Ge-
heimnisse gebe, ist so viel weniger zu verwun-
dern, da in dem Reiche der Natur selbst unzehlig
viele Dinge sind, welche zwar würcklich gesche-
hen; aber, wie sie geschehen, uns theils gantz
unbegreiflich bleibet, theils aber dem wenigsten
Tseil nach können recht erkannt und begriffen
werden. Wie ein ieder so vielmehr wird geste-
hen müssen, so viel weiter er in der Erkundigung
natürlicher Dinge gekommen ist.
3. Gleichwie nun unter den Glaubens-Ge-
heimnissen wol das allerwichtigste ist, das von
der Vereinigung der beyden Naturen in der ei-
nen Person Christi; wie es denn auch ausdrück-
lich ein kündlich, oder kunbar grosses Geheimniß
der Gottseligkeit genennet wird 1 Tim. 3, 16. so
ist es zwar ein nicht gleich hohes, jedoch auch ein
recht grosses Geheimniß, daß der Sohn GOt-
tes, und in ihm die H. Dreyeinigkeit sich mit ei-
ner glaubigen Seele also vereiniget, daß sie mit
GOtt gleichsam ein Geist und ein Tempel und
Wohnung GOttes wird 1 Cor. 3, 16. 6, 17. 19.
Eph. 2, 21. 3, 17. Und also ist auch das Ge-
heimniß, daß Christus das Haupt ist von seiner
Ge-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 5, 31. 32.
[Spaltenumbruch] die Jſraeliten vom Koͤnige David, dem Vorbil-
de Chriſti, als ſie ihn zum Koͤnige ſalbeten, mit
groſſen Freuden ſagten: Siehe, wir ſind
deines Gebeines und deines Fleiſches!

2 Sam. 5, 1.
4. Die Worte des 31. Verſes ſind dieje-
nigen, welche das Haupt-Geſetze von der Ehe in
ſich halten, und von GOtt ſelbſt ausgeſprochen
ſind. Wie aus der Auslegung Chriſti Matth.
19, 5. zu erkennen iſt. Und es fuͤhret ſie der Apo-
ſtel zu dem Ende an, weil er von der leiblichen
Ehe redet; ob er wol dabey die beſte Gelegenheit
nimmt, von der geiſtlichen Vermaͤhlung mit Chri-
ſto zu ſchreiben.
5. Das Verlaſſen des Vaters und der
Mutter iſt ſonderlich von der Familie in An-
ſehung der Oeconomie zu verſtehen, daß
der Mann mit ſeinem Eheweibe eine beſon-
ſondere Familie anrichten ſoll. Damit doch
aber nicht gemißbilliget wird, wenn Eltern ihre
verheyrathete Kinder eine Zeitlang bey ſich be-
halten, oder die Kinder die Eltern, zumal abge-
lebte, in ihrem Alter zu ſich nehmen. Welches
vielmehr nach Erforderung der Umſtaͤnde ein
Werck der ſchuldigen Liebe iſt.
6. Was fuͤr ein Verlaſſen der Eltern
verſtanden werde, wird durch das Anhangen
an dem Weibe erklaͤret: nemlich, man ſoll die
Eltern nur alſo verlaſſen, daß man ihnen nicht
alſo anhange, wie Eheleute aneinander hangen.
Da ſonſt die moraliſche Dependentz oder die
Ehrerbietung der Kinder gegen ihre Eltern nicht
weniger Lebenslang bleibet, als die natuͤrliche,
da man ihnen nechſt GOtt ſein Leib und ſein Le-
ben zu dancken hat.
7. Was vom Anhangen des Mannes
andem Weibe geſaget wird, das gilt auch von
dem Anhangen des Weibes an dem Manne:
nach Art der Heil. Schrift, da das, was in ge-
meinen Pflichten von dem maͤnnlichen Ge-
ſchlechte gefodert wird, auch dem weiblichen zu-
kommt.
8. Soll nun ein Mann ſeinem Weibe an-
hangen, alſo, daß er mit ihr, und alſo nur ſie
beyde, nicht aber einer mit mehrern Perſonen,
in einem unzertrennlichen Bande ein Fleiſch
werde: ſo iſt damit im erſten Ehe-Geſetze alle
Hurerey, aller Ehebruch und alle Vielweiberey
und aller Concubinat gaͤntzlich verboten. Und
ſo wenig es nach dieſem Ehe-Geſetze einem Weibe
erlaubet iſt, mehrern lebenden Ehemaͤnnern, als
einem ehelich anzuhangen; eben ſo wenig ſtehet
es einem Ehemanne frey, mehrere Ehe-Weiber
zu haben. Ja, da das Verbot mehrere Maͤn-
ner, als einen zu haben, nur dem Sinne nach in
den Worten GOttes lieget, ſo iſt das Verbot,
mit mehren Weibern, als mit einem, ein Fleiſch
zu werden, ausdruͤcklich darinnen enthalten:
wie oben 1 Cor. 7. mit mehrern erwieſen iſt.
9. Sollen Eheleute einander anhangen,
ſo muß es gewiß beſtaͤndig ſeyn und aufs gantze
Leben gehen, ſonſten es kein rechtes Anhangen
waͤre. Jſt aber dieſes, ſo iſt mit dem Concubi-
nat alle Eheſcheidung verboten: es ſey denn,
wo ein Ehebruch, oder muthwillige Verlaſſung
[Spaltenumbruch] vorgehet, als dadurch das Band der Ehe an
ſich ſelbſt ſchon zertrennet und aufgehoben iſt.
10. Und auf dieſe ſo gar genaue und un-
aufloͤsliche
Verbindung fuͤhret der Apoſtel fuͤr-
nemlich zu dem Ende, daß er damit zugleich die
darunter abgebildete geheime Vereinigung
Chriſti und der glaͤubigen Seelen anweiſe.
Daher er v. 32. ausdruͤcklich folgendes dazu
ſetzet:
V. 32.

Das Geheimniß (μυϛήριον τοῦτο, dieſes
Geheimniß, worauf der vorhergehende Context
unter dem Bilde von der Ehe gehet) iſt groß
(alſo daß es von der Vernunft, nachdem es ge-
offenbaret iſt, nicht einmal recht begriffen wer-
den kan, und alſo noch vielweniger hat erdacht
werden koͤnnen.) Jch ſage aber von Chriſto
und der Gemeine
(Gr. ich ſage es aber auf
Chriſtum und auf die Gemeine: durch dero Ab-
bildung die leibliche Ehe recht geadelt worden:
wie ſie denn durch die Vermaͤhlung mit Chriſto
recht geheiliget werden ſoll.)

Anmerckungen.
1. Geheimniſſe ſind eigentlich ſolche
Lehren, welche zum Evangelio gehoͤren, und ſo
hoch ſind, daß ſie von der menſchlichen Ver-
nunft nicht haben erfunden werden koͤnnen; ſon-
dern die da haben geoffenbaret werden muͤſſen:
und die, nachdem ſie in dem goͤttlichen Worte
geoffenbaret worden, von einer ſolchen Hoͤhe und
Tiefe ſind, daß ſie von der Vernunft zwar de-
muͤthig und ehrerbietig bewundert werden muͤſ-
ſen, aber doch nicht eigentlich begriffen werden
koͤnnen, ob ſich die Vernunft auch gleich erleuch-
ten laͤßt. Und daher muͤſſen ſie mit dem Glau-
ben, der ſich an das veſte Wort der Offenba-
rung haͤlt, gefaſſet und zur Gottſeligkeit ange-
wendet werden.
2. Daß es in goͤttlichen Dingen ſolche Ge-
heimniſſe gebe, iſt ſo viel weniger zu verwun-
dern, da in dem Reiche der Natur ſelbſt unzehlig
viele Dinge ſind, welche zwar wuͤrcklich geſche-
hen; aber, wie ſie geſchehen, uns theils gantz
unbegreiflich bleibet, theils aber dem wenigſten
Tseil nach koͤnnen recht erkannt und begriffen
werden. Wie ein ieder ſo vielmehr wird geſte-
hen muͤſſen, ſo viel weiter er in der Erkundigung
natuͤrlicher Dinge gekommen iſt.
3. Gleichwie nun unter den Glaubens-Ge-
heimniſſen wol das allerwichtigſte iſt, das von
der Vereinigung der beyden Naturen in der ei-
nen Perſon Chriſti; wie es denn auch ausdruͤck-
lich ein kuͤndlich, oder kunbar groſſes Geheimniß
der Gottſeligkeit genennet wird 1 Tim. 3, 16. ſo
iſt es zwar ein nicht gleich hohes, jedoch auch ein
recht groſſes Geheimniß, daß der Sohn GOt-
tes, und in ihm die H. Dreyeinigkeit ſich mit ei-
ner glaubigen Seele alſo vereiniget, daß ſie mit
GOtt gleichſam ein Geiſt und ein Tempel und
Wohnung GOttes wird 1 Cor. 3, 16. 6, 17. 19.
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[670/0698] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 5, 31. 32. die Jſraeliten vom Koͤnige David, dem Vorbil- de Chriſti, als ſie ihn zum Koͤnige ſalbeten, mit groſſen Freuden ſagten: Siehe, wir ſind deines Gebeines und deines Fleiſches! 2 Sam. 5, 1. 4. Die Worte des 31. Verſes ſind dieje- nigen, welche das Haupt-Geſetze von der Ehe in ſich halten, und von GOtt ſelbſt ausgeſprochen ſind. Wie aus der Auslegung Chriſti Matth. 19, 5. zu erkennen iſt. Und es fuͤhret ſie der Apo- ſtel zu dem Ende an, weil er von der leiblichen Ehe redet; ob er wol dabey die beſte Gelegenheit nimmt, von der geiſtlichen Vermaͤhlung mit Chri- ſto zu ſchreiben. 5. Das Verlaſſen des Vaters und der Mutter iſt ſonderlich von der Familie in An- ſehung der Oeconomie zu verſtehen, daß der Mann mit ſeinem Eheweibe eine beſon- ſondere Familie anrichten ſoll. Damit doch aber nicht gemißbilliget wird, wenn Eltern ihre verheyrathete Kinder eine Zeitlang bey ſich be- halten, oder die Kinder die Eltern, zumal abge- lebte, in ihrem Alter zu ſich nehmen. Welches vielmehr nach Erforderung der Umſtaͤnde ein Werck der ſchuldigen Liebe iſt. 6. Was fuͤr ein Verlaſſen der Eltern verſtanden werde, wird durch das Anhangen an dem Weibe erklaͤret: nemlich, man ſoll die Eltern nur alſo verlaſſen, daß man ihnen nicht alſo anhange, wie Eheleute aneinander hangen. Da ſonſt die moraliſche Dependentz oder die Ehrerbietung der Kinder gegen ihre Eltern nicht weniger Lebenslang bleibet, als die natuͤrliche, da man ihnen nechſt GOtt ſein Leib und ſein Le- ben zu dancken hat. 7. Was vom Anhangen des Mannes andem Weibe geſaget wird, das gilt auch von dem Anhangen des Weibes an dem Manne: nach Art der Heil. Schrift, da das, was in ge- meinen Pflichten von dem maͤnnlichen Ge- ſchlechte gefodert wird, auch dem weiblichen zu- kommt. 8. Soll nun ein Mann ſeinem Weibe an- hangen, alſo, daß er mit ihr, und alſo nur ſie beyde, nicht aber einer mit mehrern Perſonen, in einem unzertrennlichen Bande ein Fleiſch werde: ſo iſt damit im erſten Ehe-Geſetze alle Hurerey, aller Ehebruch und alle Vielweiberey und aller Concubinat gaͤntzlich verboten. Und ſo wenig es nach dieſem Ehe-Geſetze einem Weibe erlaubet iſt, mehrern lebenden Ehemaͤnnern, als einem ehelich anzuhangen; eben ſo wenig ſtehet es einem Ehemanne frey, mehrere Ehe-Weiber zu haben. Ja, da das Verbot mehrere Maͤn- ner, als einen zu haben, nur dem Sinne nach in den Worten GOttes lieget, ſo iſt das Verbot, mit mehren Weibern, als mit einem, ein Fleiſch zu werden, ausdruͤcklich darinnen enthalten: wie oben 1 Cor. 7. mit mehrern erwieſen iſt. 9. Sollen Eheleute einander anhangen, ſo muß es gewiß beſtaͤndig ſeyn und aufs gantze Leben gehen, ſonſten es kein rechtes Anhangen waͤre. Jſt aber dieſes, ſo iſt mit dem Concubi- nat alle Eheſcheidung verboten: es ſey denn, wo ein Ehebruch, oder muthwillige Verlaſſung vorgehet, als dadurch das Band der Ehe an ſich ſelbſt ſchon zertrennet und aufgehoben iſt. 10. Und auf dieſe ſo gar genaue und un- aufloͤsliche Verbindung fuͤhret der Apoſtel fuͤr- nemlich zu dem Ende, daß er damit zugleich die darunter abgebildete geheime Vereinigung Chriſti und der glaͤubigen Seelen anweiſe. Daher er v. 32. ausdruͤcklich folgendes dazu ſetzet: V. 32. Das Geheimniß (μυϛήριον τοῦτο, dieſes Geheimniß, worauf der vorhergehende Context unter dem Bilde von der Ehe gehet) iſt groß (alſo daß es von der Vernunft, nachdem es ge- offenbaret iſt, nicht einmal recht begriffen wer- den kan, und alſo noch vielweniger hat erdacht werden koͤnnen.) Jch ſage aber von Chriſto und der Gemeine (Gr. ich ſage es aber auf Chriſtum und auf die Gemeine: durch dero Ab- bildung die leibliche Ehe recht geadelt worden: wie ſie denn durch die Vermaͤhlung mit Chriſto recht geheiliget werden ſoll.) Anmerckungen. 1. Geheimniſſe ſind eigentlich ſolche Lehren, welche zum Evangelio gehoͤren, und ſo hoch ſind, daß ſie von der menſchlichen Ver- nunft nicht haben erfunden werden koͤnnen; ſon- dern die da haben geoffenbaret werden muͤſſen: und die, nachdem ſie in dem goͤttlichen Worte geoffenbaret worden, von einer ſolchen Hoͤhe und Tiefe ſind, daß ſie von der Vernunft zwar de- muͤthig und ehrerbietig bewundert werden muͤſ- ſen, aber doch nicht eigentlich begriffen werden koͤnnen, ob ſich die Vernunft auch gleich erleuch- ten laͤßt. Und daher muͤſſen ſie mit dem Glau- ben, der ſich an das veſte Wort der Offenba- rung haͤlt, gefaſſet und zur Gottſeligkeit ange- wendet werden. 2. Daß es in goͤttlichen Dingen ſolche Ge- heimniſſe gebe, iſt ſo viel weniger zu verwun- dern, da in dem Reiche der Natur ſelbſt unzehlig viele Dinge ſind, welche zwar wuͤrcklich geſche- hen; aber, wie ſie geſchehen, uns theils gantz unbegreiflich bleibet, theils aber dem wenigſten Tseil nach koͤnnen recht erkannt und begriffen werden. Wie ein ieder ſo vielmehr wird geſte- hen muͤſſen, ſo viel weiter er in der Erkundigung natuͤrlicher Dinge gekommen iſt. 3. Gleichwie nun unter den Glaubens-Ge- heimniſſen wol das allerwichtigſte iſt, das von der Vereinigung der beyden Naturen in der ei- nen Perſon Chriſti; wie es denn auch ausdruͤck- lich ein kuͤndlich, oder kunbar groſſes Geheimniß der Gottſeligkeit genennet wird 1 Tim. 3, 16. ſo iſt es zwar ein nicht gleich hohes, jedoch auch ein recht groſſes Geheimniß, daß der Sohn GOt- tes, und in ihm die H. Dreyeinigkeit ſich mit ei- ner glaubigen Seele alſo vereiniget, daß ſie mit GOtt gleichſam ein Geiſt und ein Tempel und Wohnung GOttes wird 1 Cor. 3, 16. 6, 17. 19. Eph. 2, 21. 3, 17. Und alſo iſt auch das Ge- heimniß, daß Chriſtus das Haupt iſt von ſeiner Ge-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/698>, abgerufen am 24.11.2024.