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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 5, v. 6. 7. an die Römer.
[Spaltenumbruch]
4. Da nun Paulus die gratiam medicina-
lem
mit der forensi so genau verbindet; so leget
er damit eines der vornehmsten Kennzeichen
reiner Lehre und eines reinen Evangelischen
Lehrers an den Tag: welches nemlich ist, die
Lehre von der Gnade der Rechtfertigung und
Heiligung zwar wohl unterscheiden, aber
auch recht mit einander verbinden: das ist, das
Verdienst Christi mit der Rechtfertigung auf
keine andere Art treiben und anpreisen, als in
der Ordnung der Heiligung, oder der geistlichen
Gesundmachung und Gesundwerdung. Und
hingegen auch auf keine andere Heiligung führen,
als auf die, welche evangelisch ist, und aus der
Quelle des Verdienstes Christi fliesset und die
Rechtfertigung zum Grunde hat.
5. Durch die weise Zusammensügung die-
ser beyden Evangelischen Haupt-Lehren gehet
man zween grossen Jrrthümern, als extremis,
entgegen: auf der einen Seiten mit der gratia
sorensi
der lohnsüchtigen Verdienstlichkeit guter
Wercke bey den Papisten: auf der andern,
theils dem nur bloß natürlichen, oder aus natür-
lichen Kräften zu leistenden Dienste GOttes der
Pelagianer, Socinianer, und gemeiniglich al-
ler unbekehrten Christen, auch unter uns Evan-
gelischen; ferner auch dem grossen Mißbrauche
der Gnade von der Erlösung Christi und von der
Rechtfertigung oder Vergebung der Sünde, da
die Gnade GOttes, gratia forensis, ohne An-
nehmung der medicinalis, auf Muthwillen ge-
zogen wird. Welchem Mißbrauche Paulus
hernach, sonderlich im sechsten Capitel, da er die
Kraft und würdige Anwendung der gratiae me-
dicinalis
treibet, mit mehrern entgegen gehet.
6. Wenn die gratia forensis und medici-
nalis,
die gerecht- und heiligmachende Gna-
de,
recht appliciret wird, da findet sich das
rechte theion, die beste Eigenschaft des Christen-
thums in der praxi, davon schon oben gedacht
worden: nemlich man wandelt vor GOtt nach
der rechtfertigenden Gnade zuversichtlich und
kindlich, ungeachtet der noch übrigen grossen
Unvollkommenheit. Und nach der heiligenden
Gnade wandelt man heiliglich, getreu und
aufrichtig; und beydes suchet man im rechten
aequilibrio zu erhalten, also, daß man weder auf
der einen Seite auf ein ängstliches Wesen, noch
auf der andern auf eine fleischliche Sicherheit
verfällt.
7. Jm übrigen ist der Zusammenhang die-
ses fünften Verses und der vorhergehenden mit
dem sechsten und folgenden wohl zu mercken.
Es hatte Paulus aus der Gnade der Rechtfer-
tigung die Heils-Güter des geistlichen Friedens
und des Zuganges zu GOtt, wie auch der Ver-
sicherung von der künftigen Herrlichkeit hergelei-
tet, und uns dazu die Liebe GOttes gegen uns
angepriesen. Dieses alles nun zu bevestigen,
und zugleich die Lehre von der Rechtfertigung
noch mehr zu erläutern; so zeiget er v. 7. und
in den folgenden, welch eine Grösse der Liebe uns
GOtt in Christo durch das Werck der Erlösung
erwiesen habe.
[Spaltenumbruch]
V. 6.

Denn auch Christus, da wir noch
schwach
(und des Ebenbildes GOttes und zu-
gleich alles geistlichen Guten gantz beraubet)
waren, (also, daß wir uns selbst unmüglich
zur Seligkeit helfen konten, ja noch dazu bey sol-
chem unserm geistlichen Unvermögen von Natur
dem geistlichen Guten widerstrebeten, und also
waren ase[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]ei~s, gottlose, und amartoloi, muth-
willige Sünder v. 6. und 8.) nach der Zeit,
(kata kairon, nach der von GOtt bestimmten
Zeit Dan. 9, 24. Gal. 4, 4.) ist für uns Gott-
lose gestorben
(nicht allein uns zu gute, und
uns zum Exempel der Nachfolge in der Geduld
unter dem Leiden; sondern auch, und fürnem-
lich, an unser statt, also, daß sein Tod war ein
Versöhnungs-Tod, und für alle, die sich densel-
ben im wahren Glauben zueignen, dergestalt
gilt, als hätten sie selbst für ihre Sünde sterben
und damit genug thun können. 2 Cor. 5, 15.

Anmerckungen.
1. Es ist demnach dieses für die Sünder
sterben
eben so viel, als sie erlösen: wie denn
mit diesen Worten dasjenige, was zuvor cap. 3.
24. von der Erlösung, und c. 4, 25. von der Da-
hingebung für unsere Sünde gesaget worden, er-
kläret wird. Siehe auch 1 Petr. 2, 24. cap.
3, 28. etc.
2. Die Worte kata kairon, welche der
sel. Lutherus zu den vorhergehenden Worten,
da wir schwach waren, gezogen und nach der
Zeit
übersetzet hat, gehören zu den nachfolgen-
den, ist für uns Gottlose gestorben, und ge-
hen auf die zu der Menschwerdung und zu dem
Tode Christi bestimmete Zeit.
V. 7.

Nun stirbet kaum iemand um des
Rechts willen
(für einen Gerechten, so wie er
unter Menschen seyn kan; wenn gewisse Umstän-
de es zu erfodern scheinen, für ihn, um ihm das
Leben zu retten, sein eignes Leben in Gefahr zu
setzen, ja es gar zu lassen; vielweniger für einen
ungerechten Ubelthäter und Feind, wie Christus
gethan:) um etwas gutes willen (denn um
oder für einen gütigen oder gutthätigen Men-
schen) dürfte vielleicht iemand sterben (et-
wa ein wohlgesinnter Unterthan für seine gütige
Obrigkeit, ein Kind für seine Eltern, oder ie-
mand für seinen Wohlthäter, oder ein Christ
für die Brüder, ehe er sie wolte verrathen und in
Unglück stürtzen, oder sie sonst in der Gefahr ihrer
Seelen lassen, 1 Joh. 3, 16. dergleichen gütiger
und gutthätiger Mensch doch keiner ist, daß er
Christum hätte bewegen können, für ihn zu ster-
ben.)

Anmerckung.

Die Wörter dikaiou, agathou werden alhier
am füglichsten vom concreto, vom Menschen,
verstanden; weil mit einer Vergleichung die
Rede ist von Christo, wie er für uns ungerechte
Menschen gestorben ist.

V. 8.
J 3
Cap. 5, v. 6. 7. an die Roͤmer.
[Spaltenumbruch]
4. Da nun Paulus die gratiam medicina-
lem
mit der forenſi ſo genau verbindet; ſo leget
er damit eines der vornehmſten Kennzeichen
reiner Lehre und eines reinen Evangeliſchen
Lehrers an den Tag: welches nemlich iſt, die
Lehre von der Gnade der Rechtfertigung und
Heiligung zwar wohl unterſcheiden, aber
auch recht mit einander verbinden: das iſt, das
Verdienſt Chriſti mit der Rechtfertigung auf
keine andere Art treiben und anpreiſen, als in
der Ordnung der Heiligung, oder der geiſtlichen
Geſundmachung und Geſundwerdung. Und
hingegen auch auf keine andere Heiligung fuͤhren,
als auf die, welche evangeliſch iſt, und aus der
Quelle des Verdienſtes Chriſti flieſſet und die
Rechtfertigung zum Grunde hat.
5. Durch die weiſe Zuſammenſuͤgung die-
ſer beyden Evangeliſchen Haupt-Lehren gehet
man zween groſſen Jrrthuͤmern, als extremis,
entgegen: auf der einen Seiten mit der gratia
ſorenſi
der lohnſuͤchtigen Verdienſtlichkeit guter
Wercke bey den Papiſten: auf der andern,
theils dem nur bloß natuͤrlichen, oder aus natuͤr-
lichen Kraͤften zu leiſtenden Dienſte GOttes der
Pelagianer, Socinianer, und gemeiniglich al-
ler unbekehrten Chriſten, auch unter uns Evan-
geliſchen; ferner auch dem groſſen Mißbrauche
der Gnade von der Erloͤſung Chriſti und von der
Rechtfertigung oder Vergebung der Suͤnde, da
die Gnade GOttes, gratia forenſis, ohne An-
nehmung der medicinalis, auf Muthwillen ge-
zogen wird. Welchem Mißbrauche Paulus
hernach, ſonderlich im ſechſten Capitel, da er die
Kraft und wuͤrdige Anwendung der gratiae me-
dicinalis
treibet, mit mehrern entgegen gehet.
6. Wenn die gratia forenſis und medici-
nalis,
die gerecht- und heiligmachende Gna-
de,
recht appliciret wird, da findet ſich das
rechte ϑεῖον, die beſte Eigenſchaft des Chriſten-
thums in der praxi, davon ſchon oben gedacht
worden: nemlich man wandelt vor GOtt nach
der rechtfertigenden Gnade zuverſichtlich und
kindlich, ungeachtet der noch uͤbrigen groſſen
Unvollkommenheit. Und nach der heiligenden
Gnade wandelt man heiliglich, getreu und
aufrichtig; und beydes ſuchet man im rechten
æquilibrio zu erhalten, alſo, daß man weder auf
der einen Seite auf ein aͤngſtliches Weſen, noch
auf der andern auf eine fleiſchliche Sicherheit
verfaͤllt.
7. Jm uͤbrigen iſt der Zuſammenhang die-
ſes fuͤnften Verſes und der vorhergehenden mit
dem ſechſten und folgenden wohl zu mercken.
Es hatte Paulus aus der Gnade der Rechtfer-
tigung die Heils-Guͤter des geiſtlichen Friedens
und des Zuganges zu GOtt, wie auch der Ver-
ſicherung von der kuͤnftigen Herrlichkeit hergelei-
tet, und uns dazu die Liebe GOttes gegen uns
angeprieſen. Dieſes alles nun zu beveſtigen,
und zugleich die Lehre von der Rechtfertigung
noch mehr zu erlaͤutern; ſo zeiget er v. 7. und
in den folgenden, welch eine Groͤſſe der Liebe uns
GOtt in Chriſto durch das Werck der Erloͤſung
erwieſen habe.
[Spaltenumbruch]
V. 6.

Denn auch Chriſtus, da wir noch
ſchwach
(und des Ebenbildes GOttes und zu-
gleich alles geiſtlichen Guten gantz beraubet)
waren, (alſo, daß wir uns ſelbſt unmuͤglich
zur Seligkeit helfen konten, ja noch dazu bey ſol-
chem unſerm geiſtlichen Unvermoͤgen von Natur
dem geiſtlichen Guten widerſtrebeten, und alſo
waren ἀσε[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]ει῀ς, gottloſe, und ἁμαρτωλοὶ, muth-
willige Suͤnder v. 6. und 8.) nach der Zeit,
(κατὰ καιρὸν, nach der von GOtt beſtimmten
Zeit Dan. 9, 24. Gal. 4, 4.) iſt fuͤr uns Gott-
loſe geſtorben
(nicht allein uns zu gute, und
uns zum Exempel der Nachfolge in der Geduld
unter dem Leiden; ſondern auch, und fuͤrnem-
lich, an unſer ſtatt, alſo, daß ſein Tod war ein
Verſoͤhnungs-Tod, und fuͤr alle, die ſich denſel-
ben im wahren Glauben zueignen, dergeſtalt
gilt, als haͤtten ſie ſelbſt fuͤr ihre Suͤnde ſterben
und damit genug thun koͤnnen. 2 Cor. 5, 15.

Anmerckungen.
1. Es iſt demnach dieſes fuͤr die Suͤnder
ſterben
eben ſo viel, als ſie erloͤſen: wie denn
mit dieſen Worten dasjenige, was zuvor cap. 3.
24. von der Erloͤſung, und c. 4, 25. von der Da-
hingebung fuͤr unſere Suͤnde geſaget worden, er-
klaͤret wird. Siehe auch 1 Petr. 2, 24. cap.
3, 28. ꝛc.
2. Die Worte κατὰ καιρὸν, welche der
ſel. Lutherus zu den vorhergehenden Worten,
da wir ſchwach waren, gezogen und nach der
Zeit
uͤberſetzet hat, gehoͤren zu den nachfolgen-
den, iſt fuͤr uns Gottloſe geſtorben, und ge-
hen auf die zu der Menſchwerdung und zu dem
Tode Chriſti beſtimmete Zeit.
V. 7.

Nun ſtirbet kaum iemand um des
Rechts willen
(fuͤr einen Gerechten, ſo wie er
unter Menſchen ſeyn kan; wenn gewiſſe Umſtaͤn-
de es zu erfodern ſcheinen, fuͤr ihn, um ihm das
Leben zu retten, ſein eignes Leben in Gefahr zu
ſetzen, ja es gar zu laſſen; vielweniger fuͤr einen
ungerechten Ubelthaͤter und Feind, wie Chriſtus
gethan:) um etwas gutes willen (denn um
oder fuͤr einen guͤtigen oder gutthaͤtigen Men-
ſchen) duͤrfte vielleicht iemand ſterben (et-
wa ein wohlgeſinnter Unterthan fuͤr ſeine guͤtige
Obrigkeit, ein Kind fuͤr ſeine Eltern, oder ie-
mand fuͤr ſeinen Wohlthaͤter, oder ein Chriſt
fuͤr die Bruͤder, ehe er ſie wolte verrathen und in
Ungluͤck ſtuͤrtzen, oder ſie ſonſt in der Gefahr ihrer
Seelen laſſen, 1 Joh. 3, 16. dergleichen guͤtiger
und gutthaͤtiger Menſch doch keiner iſt, daß er
Chriſtum haͤtte bewegen koͤnnen, fuͤr ihn zu ſter-
ben.)

Anmerckung.

Die Woͤrter δικαίου, ἀγαϑοῦ werden alhier
am fuͤglichſten vom concreto, vom Menſchen,
verſtanden; weil mit einer Vergleichung die
Rede iſt von Chriſto, wie er fuͤr uns ungerechte
Menſchen geſtorben iſt.

V. 8.
J 3
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[69/0097] Cap. 5, v. 6. 7. an die Roͤmer. 4. Da nun Paulus die gratiam medicina- lem mit der forenſi ſo genau verbindet; ſo leget er damit eines der vornehmſten Kennzeichen reiner Lehre und eines reinen Evangeliſchen Lehrers an den Tag: welches nemlich iſt, die Lehre von der Gnade der Rechtfertigung und Heiligung zwar wohl unterſcheiden, aber auch recht mit einander verbinden: das iſt, das Verdienſt Chriſti mit der Rechtfertigung auf keine andere Art treiben und anpreiſen, als in der Ordnung der Heiligung, oder der geiſtlichen Geſundmachung und Geſundwerdung. Und hingegen auch auf keine andere Heiligung fuͤhren, als auf die, welche evangeliſch iſt, und aus der Quelle des Verdienſtes Chriſti flieſſet und die Rechtfertigung zum Grunde hat. 5. Durch die weiſe Zuſammenſuͤgung die- ſer beyden Evangeliſchen Haupt-Lehren gehet man zween groſſen Jrrthuͤmern, als extremis, entgegen: auf der einen Seiten mit der gratia ſorenſi der lohnſuͤchtigen Verdienſtlichkeit guter Wercke bey den Papiſten: auf der andern, theils dem nur bloß natuͤrlichen, oder aus natuͤr- lichen Kraͤften zu leiſtenden Dienſte GOttes der Pelagianer, Socinianer, und gemeiniglich al- ler unbekehrten Chriſten, auch unter uns Evan- geliſchen; ferner auch dem groſſen Mißbrauche der Gnade von der Erloͤſung Chriſti und von der Rechtfertigung oder Vergebung der Suͤnde, da die Gnade GOttes, gratia forenſis, ohne An- nehmung der medicinalis, auf Muthwillen ge- zogen wird. Welchem Mißbrauche Paulus hernach, ſonderlich im ſechſten Capitel, da er die Kraft und wuͤrdige Anwendung der gratiae me- dicinalis treibet, mit mehrern entgegen gehet. 6. Wenn die gratia forenſis und medici- nalis, die gerecht- und heiligmachende Gna- de, recht appliciret wird, da findet ſich das rechte ϑεῖον, die beſte Eigenſchaft des Chriſten- thums in der praxi, davon ſchon oben gedacht worden: nemlich man wandelt vor GOtt nach der rechtfertigenden Gnade zuverſichtlich und kindlich, ungeachtet der noch uͤbrigen groſſen Unvollkommenheit. Und nach der heiligenden Gnade wandelt man heiliglich, getreu und aufrichtig; und beydes ſuchet man im rechten æquilibrio zu erhalten, alſo, daß man weder auf der einen Seite auf ein aͤngſtliches Weſen, noch auf der andern auf eine fleiſchliche Sicherheit verfaͤllt. 7. Jm uͤbrigen iſt der Zuſammenhang die- ſes fuͤnften Verſes und der vorhergehenden mit dem ſechſten und folgenden wohl zu mercken. Es hatte Paulus aus der Gnade der Rechtfer- tigung die Heils-Guͤter des geiſtlichen Friedens und des Zuganges zu GOtt, wie auch der Ver- ſicherung von der kuͤnftigen Herrlichkeit hergelei- tet, und uns dazu die Liebe GOttes gegen uns angeprieſen. Dieſes alles nun zu beveſtigen, und zugleich die Lehre von der Rechtfertigung noch mehr zu erlaͤutern; ſo zeiget er v. 7. und in den folgenden, welch eine Groͤſſe der Liebe uns GOtt in Chriſto durch das Werck der Erloͤſung erwieſen habe. V. 6. Denn auch Chriſtus, da wir noch ſchwach (und des Ebenbildes GOttes und zu- gleich alles geiſtlichen Guten gantz beraubet) waren, (alſo, daß wir uns ſelbſt unmuͤglich zur Seligkeit helfen konten, ja noch dazu bey ſol- chem unſerm geiſtlichen Unvermoͤgen von Natur dem geiſtlichen Guten widerſtrebeten, und alſo waren ἀσε_ ει῀ς, gottloſe, und ἁμαρτωλοὶ, muth- willige Suͤnder v. 6. und 8.) nach der Zeit, (κατὰ καιρὸν, nach der von GOtt beſtimmten Zeit Dan. 9, 24. Gal. 4, 4.) iſt fuͤr uns Gott- loſe geſtorben (nicht allein uns zu gute, und uns zum Exempel der Nachfolge in der Geduld unter dem Leiden; ſondern auch, und fuͤrnem- lich, an unſer ſtatt, alſo, daß ſein Tod war ein Verſoͤhnungs-Tod, und fuͤr alle, die ſich denſel- ben im wahren Glauben zueignen, dergeſtalt gilt, als haͤtten ſie ſelbſt fuͤr ihre Suͤnde ſterben und damit genug thun koͤnnen. 2 Cor. 5, 15. Anmerckungen. 1. Es iſt demnach dieſes fuͤr die Suͤnder ſterben eben ſo viel, als ſie erloͤſen: wie denn mit dieſen Worten dasjenige, was zuvor cap. 3. 24. von der Erloͤſung, und c. 4, 25. von der Da- hingebung fuͤr unſere Suͤnde geſaget worden, er- klaͤret wird. Siehe auch 1 Petr. 2, 24. cap. 3, 28. ꝛc. 2. Die Worte κατὰ καιρὸν, welche der ſel. Lutherus zu den vorhergehenden Worten, da wir ſchwach waren, gezogen und nach der Zeit uͤberſetzet hat, gehoͤren zu den nachfolgen- den, iſt fuͤr uns Gottloſe geſtorben, und ge- hen auf die zu der Menſchwerdung und zu dem Tode Chriſti beſtimmete Zeit. V. 7. Nun ſtirbet kaum iemand um des Rechts willen (fuͤr einen Gerechten, ſo wie er unter Menſchen ſeyn kan; wenn gewiſſe Umſtaͤn- de es zu erfodern ſcheinen, fuͤr ihn, um ihm das Leben zu retten, ſein eignes Leben in Gefahr zu ſetzen, ja es gar zu laſſen; vielweniger fuͤr einen ungerechten Ubelthaͤter und Feind, wie Chriſtus gethan:) um etwas gutes willen (denn um oder fuͤr einen guͤtigen oder gutthaͤtigen Men- ſchen) duͤrfte vielleicht iemand ſterben (et- wa ein wohlgeſinnter Unterthan fuͤr ſeine guͤtige Obrigkeit, ein Kind fuͤr ſeine Eltern, oder ie- mand fuͤr ſeinen Wohlthaͤter, oder ein Chriſt fuͤr die Bruͤder, ehe er ſie wolte verrathen und in Ungluͤck ſtuͤrtzen, oder ſie ſonſt in der Gefahr ihrer Seelen laſſen, 1 Joh. 3, 16. dergleichen guͤtiger und gutthaͤtiger Menſch doch keiner iſt, daß er Chriſtum haͤtte bewegen koͤnnen, fuͤr ihn zu ſter- ben.) Anmerckung. Die Woͤrter δικαίου, ἀγαϑοῦ werden alhier am fuͤglichſten vom concreto, vom Menſchen, verſtanden; weil mit einer Vergleichung die Rede iſt von Chriſto, wie er fuͤr uns ungerechte Menſchen geſtorben iſt. V. 8. J 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/97>, abgerufen am 21.11.2024.