Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefes Pauli C. 5. v. 12. 13. 14. [Spaltenumbruch]
mahnen (in der Application des Worts, wel-ches euch bereits vorgetragen ist, und von ihnen noch ferner vorgetragen wird.) v. 13. Habet sie desto lieber um ihres Wercks (ihres Dienstes) willen (da ihr sie auch schon als Mit- Glieder an dem geistlichen Leibe Christi werth zu halten habet) und seyd friedsam mit ihnen (lasset allezeit ein gutes Verständniß unter euch seyn, also daß ihnen niemand ihres Amts wegen wenn sie nach ihrem Gewissen gehen, aufsätzig werde.) Anmerckungen. 1. Man hat alhie ein feines Exempel von der 2. Da das Lehr-Amt eine Arbeit ist, 3. Es gehöret viel dazu, einer Gemeine also 4. Das nouthetei~n ist mehr, als einen er- 5. Gleichwie ein gottseliger Zuhörer seinen 6. Bey dem Verbo eireneuete haltet V. 14. Wir ermahnen euch aber, lieben Brü- Anmerckungen. 1. So gut es auch stunde um die Gemeine kom-
Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 5. v. 12. 13. 14. [Spaltenumbruch]
mahnen (in der Application des Worts, wel-ches euch bereits vorgetragen iſt, und von ihnen noch ferner vorgetragen wird.) v. 13. Habet ſie deſto lieber um ihres Wercks (ihres Dienſtes) willen (da ihr ſie auch ſchon als Mit- Glieder an dem geiſtlichen Leibe Chriſti werth zu halten habet) und ſeyd friedſam mit ihnen (laſſet allezeit ein gutes Verſtaͤndniß unter euch ſeyn, alſo daß ihnen niemand ihres Amts wegen wenn ſie nach ihrem Gewiſſen gehen, aufſaͤtzig werde.) Anmerckungen. 1. Man hat alhie ein feines Exempel von der 2. Da das Lehr-Amt eine Arbeit iſt, 3. Es gehoͤret viel dazu, einer Gemeine alſo 4. Das νουθετει῀ν iſt mehr, als einen er- 5. Gleichwie ein gottſeliger Zuhoͤrer ſeinen 6. Bey dem Verbo ἐιρηνεὐετε haltet V. 14. Wir ermahnen euch aber, lieben Bruͤ- Anmerckungen. 1. So gut es auch ſtunde um die Gemeine kom-
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Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 5. v. 12. 13. 14.
mahnen (in der Application des Worts, wel-
ches euch bereits vorgetragen iſt, und von ihnen
noch ferner vorgetragen wird.) v. 13. Habet
ſie deſto lieber um ihres Wercks (ihres
Dienſtes) willen (da ihr ſie auch ſchon als Mit-
Glieder an dem geiſtlichen Leibe Chriſti werth zu
halten habet) und ſeyd friedſam mit ihnen
(laſſet allezeit ein gutes Verſtaͤndniß unter euch
ſeyn, alſo daß ihnen niemand ihres Amts wegen
wenn ſie nach ihrem Gewiſſen gehen, aufſaͤtzig
werde.)
Anmerckungen.
1. Man hat alhie ein feines Exempel von der
hermenevtiſchen Regul, daß die Worte, welche
auf eine Erkentniß gehn, alſo auszulegen ſind,
daß der damit verknuͤpfte Affect und Effect mit
ausgedruͤcket werde. Alſo ſolten die Zuhoͤrer ihre
Lehrer erkennen. Siehe auch 1 Cor. 9, 14. 16,
15. 16. 18. Gal. 6, 6. Philipp. 2, 19. 1 Tim. 5, 17.
Hebr. 13, 17.
2. Da das Lehr-Amt eine Arbeit iſt,
und zwar keine geringe, wo es recht gefuͤhret wird,
ſo ſind diejenigen Mietlinge und truͤgliche Arbeiter,
die nur ihrem Bauche dienen, und ihr Amt als
einen ſonderlichen Ruhe-Stand anſehen und fuͤh-
ren, 2 Cor. 11, 13. Ein getreuer Lehrer iſt ἐργάτης
ἀνεϖαισχυντος, ein unverdroſſener Arbeiter
2 Tim. 2, 15.
3. Es gehoͤret viel dazu, einer Gemeine alſo
vorzuſtehen, daß es geſchehe in dem HErrn.
Will nun ein Lehrer dafuͤr gehalten ſeyn, daß er
der Gemeine, obwol mittelbar, doch vom HErrn
geſandt ſey, alſo daß es nach deſſelben nicht bloß
zulaͤßigen, ſondern gnaͤdigen Willen geſchehen,
ſo erweiſe er es damit, daß er ſein Amt und Leben
fuͤhre in dem HErrn, wie es deſſelben Willen
gemaͤß iſt, und wie es die Gnade der Salbung
mit ſich bringet.
4. Das νουθετει῀ν iſt mehr, als einen er-
mahnen. Denn es heißt uͤberhaupt an eines
Gemuͤth, oder Seele, alſo arbeiten, daß man
dieſelbe in ihren rechten Wohlſtand und rechte
Geſtalt bringe, und darinnen erhalte. Und al-
ſo gehoͤret nebſt der Ermahnung auch der Unter-
richt dazu, und alles, was derſelbe nach dem
goͤttlichen Worte in ſich haͤlt und mit ſich fuͤh-
ret. Welche Pflicht von den Eltern gegen ihre
Kinder erfodert wird Eph. 5, 4.
5. Gleichwie ein gottſeliger Zuhoͤrer ſeinen
Lehrer, dadurch er erwecket und erbauet wor-
den, billig mit ſo viel mehrer Liebe in zwiefachen
Ehren haͤlt, da er ihn nicht allein als ein geiſt-
lich Mit-Glied, ſondern auch als einen geiſt-
lichen Vater anzuſehen hat: alſo findet ſich auch
bey einem rechtſchaffnen Lehrer gegen ſeine folg-
ſamen Zuhoͤrer billig eine doppelte, oder ſo viele
zartere Liebe, da er ſie nicht allein als ſeine Bruͤder
in Chriſto, ſondern auch als ſeine geiſtliche Kinder
lieben kan. Dergleichen Liebe Paulus im gan-
tzen Briefe gegen die Theſſalonicher bezeuget.
6. Bey dem Verbo ἐιρηνεὐετε haltet
Friede, lebet in Frieden, ſtehet zwar in einigen
codicibus ἐν ἀυτοῖς, in oder mit ihnen: wel-
cher Lection auch Lutherus gefolget iſt, und es
vertiret hat? ſeyd friedſam mit ihnen: allein
da andere und die mehreſten haben ἐν ἑαυτ_ ις
unter einander, ſo haͤlt man dieſes billig fuͤr
den eigentlichen Ausdruck Pauli: ſintemal ſich
die Præpoſition ἐν dazu beſſer ſchicket, und
nicht erſt durch σὺν, mit darf erklaͤret werden.
So haͤlt dieſer Verſtand jenen auch in ſich.
Denn ſollen die Theſſalonicher unter einander
friedſam ſeyn; ſo ſollen ſie ſich inſonderheit
auch gegen die Lehrer als friedſame erweiſen,
und die Lehrer gegen ſie. Das Monitum:
ἐιρηνεύετε ἐν ἀλλήλοις. ſeyd friedſam unter
einander, finden wir auch in den Worten Chriſti
Marc. 9, 50. und das Wort ἐιρηνευειν mit
gleicher apoſtoliſchen Erinnerung Roͤm. 12, 18.
2 Cor. 13, 11. Siehe auch Hebr. 12, 14. da es
heißt: jaget nach dem Frieden gegen ieder-
mann.
V. 14.
Wir ermahnen euch aber, lieben Bruͤ-
der, vermahnet (νουθετεῖτε, ſiehe v. 12.) die
Ungezogenen, (τοὺς α᾽τὰκτους, die unordentli-
chen, welche weder innerlich mit ihrem Gemuͤ-
the in der rechten Heyls-Ordnung ſiehen, noch
auch aͤußerlich ſich im Leben ordentlich und un-
anſtoͤßig verhalten, und entweder ſchon itzo un-
ter euch ſind, oder noch kommen werden: ſiehe
2 Theſſ. 3, 6-11. da es heißt: ἀτάκτως ϖεριπα-
τει῀ν, ἀ τακτει῀ν) troͤſtet die Kleinmuͤthigen.
(die entweder noch im erſten Buß-Kampfe ſte-
hen, und in Anſehung ihrer gefundenen Unwuͤr-
digkeit von den Schreckungen des Geſetzes noch
nicht behertzt zu den Troͤſtungen des Evangelii
ſchreiten wollen, oder koͤnnen; oder aber bey
dem Laufe in den Wegen GOttes in allerhand
Verſuchungen gerathen, auch wol ihres na-
tuͤrlichen temperaments wegen eines nieder-
geſchlagenen und aͤngſtlichen Gemuͤths ſind, und
daher gebrauchen aufgerichtet zu werden:) tra-
get (faſſet gleichſam bey der Hand, fuͤhret) die
Schwachen (die ſolche ſind in Anſehung ihres
Gnaden-Standes, darinnen ſie noch nicht ge-
nug beveſtiget ſind, alſo daß ſie noch hin und her
wancken, und ſolches wie am Gemuͤthe empfin-
den, alſo auch in ihrem Wandel zu erkennen ge-
ben; theils in ſolchen Dingen, darinn es,
nach Roͤm. 14. 1 Cor. 8. auf den Gebrauch der
Chriſtlichen Freyheit nach dem Evangelio an-
koͤmmt:) ſeyd geduldig) (μακροϑυμει῀τε,
ſeyd langmuͤthig) gegen jedermann (wenn
ihr ſehet, daß weder euer Ermahnen bey den
unordentlich Wandelnden, noch eure Troͤ-
ſtungen bey den Kleinmuͤthigen, noch euer
Ertragen bey den Schwachen ſo fort an-
ſchlaͤget und Frucht ſchaffet, ſo laſſet deßwegen
noch nicht ab, und werfet eure Hoffnung noch
nicht weg; ſondern haltet damit an; beweiſet
auch ſonſt in allen uͤbrigen Faͤllen eine Langmuͤ-
thigkeit, und damit die Staͤrcke eures Gemuͤths.)
Anmerckungen.
1. So gut es auch ſtunde um die Gemeine
zu Theſſalonich, wie aus unterſchiedlichen Or-
ten dieſes Briefes zu erſehen iſt; ſo unvoll-
kom-
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