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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung. Cap. 4. v. 6. 7. 8.
[Spaltenumbruch] von Christo wusten, hat GOtt das Ev-
angelium lassen predigen, daß sie selig wür-
den, und GOTTE geistlich lebten in alle
Ewigkeit, ob sie wohl menschlicher Weise
vor GOtt dem HErrn in diesem Leben ge-
züchtiget werden am Fleisch, um ihres vo-
rigen gar unreinen Wandels willen. Denn
obwol GOtt wahrhaftig und von Her-
tzen den Busfertigen alle Sünde vergiebt,
so züchtiget er iedoch gemeiniglich diejeni-
gen, welche schwere Sünden begangen,
und der Kirchen grosse Aergerniß gegeben
haben, in diesem Leben väterlich, wiewol
bisweilen gar hart und ernstlich, aufdaß
sie hinfürder desto behutsamer wandeln,
und andere durch ihre Strafen gewarnet
werden, daß sie ihr Leben desto besser an-
stellen.

4. Es kan aber dieser Ort von den Zeiten
Noä
also erkläret werden, daß man sage: Es sey
zu dem Ende denen damals lebenden, und zu Petri
Zeiten schon längst verstorbenen das Evangelium
geprediget worden, nemlich durch den Noa, und
zwar noch zu allerletzt, aufdaß, wenn sie bey so
lange aufgeschobener Busse nach dem äusserlichen
Menschen am Fleische würden gerichtet werden,
das ist durch die Sündfluth umkommen, sie doch
noch zuletzt sich bekehren und im Geiste GOtt le-
ben, oder selig werden möchten. Da denn zur
Erläuterung der Worte vom Gerichte am Fleische
und dem Leben des Geistes der Ort 1 Cor. 5, 5. die-
net, da Paulus von dem Blutschänder spricht - -
Jhn zu übergeben dem Satan zum Ver-
derben des Fleisches, aufdaß der Geist se-
lig werde am Tage des HErrn JEsu.

5. Der Verbindung wegen mit dem vor-
hergehenden Texte kan noch dieses angemercket
werden, daß, nachdem Petrus gesaget, woher es
komme, daß man von der bösen Welt verlästert
werde, nemlich wenn man es nicht so mitmache,
wie sie es haben wolle, und die erste böse Welt es
mit dem Noa eben also gemacht hatte, er daher auf
solche Zeiten wieder zurück gesehen habe. Denn
wie sehr Noa theils seines gerechten Lebens halber,
theils auch seiner Predigt und des erbaueten Ka-
stens wegen werde seyn verspottet worden, das ist
leichtlich zu erachten.

V. 7.

Es ist nahe kommen das Ende aller
Dinge: so seyd nun mäßig und nüchtern
zum Gebet.

Anmerckungen.

1. Durch das Ende aller Dinge verstehet
der Apostel die Zeiten des Meßiä. Und diese
nennet er das Ende aller Dinge, in Ansehung der
vorhergehenden Zeiten, vor, und unter dem Ge-
setze. Denn gleichwie vor dem Gesetze, und son-
derlich vor der Sündfluth war der Anfang aller
Dinge, und unter dem Gesetze das Mittel dersel-
ben: also waren die Zeiten des Meßiä deroselben
Ende, was diese gegenwärtige böse Welt betrift.
Und da man vor den Zeiten Christi sagen konte das
Ende aller Dinge nahet herzu: so konte Petrus
[Spaltenumbruch] zu seiner Zeit schreiben eggike, es ist schon herzu ge-
kommen. Jm gleichen Verstande spricht Jo-
hannes 1 Ep. c. 2, 18. Kindlein, es ist die letzte
Stunde.
Will man aber das Ende von dem
Gerichte über die Welt verstehen, so muß man die
Kürtze der bis dahin reichenden Zeit nach der
Ewigkeit rechnen. Siehe auch 1 Cor. 10, 11.
Joh. 5, 8. Wenn der Apostel vorher auf die Zeiten
Noä, da den Leuten das instehende Ende der da-
maligen Welt verkündiget wurde, gesehen; so kan
man sagen, daß er von dem Ende der ersten Welt
auf das Ende der letzten gehet.

2. Das Gebet ist der Christen ihre Haupt-
Pflicht, darein fast alle übrige zusammen fliessen.
Denn im Gebet wird man vom Gewissen an die-
selbe also erinnert, daß was man davon unterlas-
sen hat, man GOtt abbittet, und zur getreuen
Ausübung angetrieben wird. Es ist das Gebet
aber auch eine grosse evangelische Gnaden-Wohl-
that, oder ein grosses Privilegium und Recht,
welches die Glieder Christi in Ansehung des Ver-
söhn-Opfers Christi in der Ordnung der Wie-
dergeburt und der Kindschaft aus GOtt haben.
Denn nachdem sie dadurch einen offnen Zugang
zu GOTT und dabey den Geist der Kindschaft
überkommen haben, so bedienen sie sich solcher
hohen Würde und solches Vorrechts, gehen zu
GOtt und rufen: Abba! lieber Vater Röm.
8, 14. Gal. 4, 6. Man siehet aber leichtlich, daß
das Gebet alhier auch die davon 1 Tim. 2, 1. un-
terschiedene Bitte, Fürbitte und Dancksagung
mit in sich fasse.

3. Zu dem Gebet erfordert der Apostel die
Mäßigkeit und Wachsamkeit. Die Mäßig-
keit, sophrosune, sophronismos, darauf das Wort
sophronei~n gehet, ist alhier eine solche Beschaffen-
heit des Gemüths, da ein Mensch von aller an den
Heyden v. 4. bestrafeten Asotie, sonderlich der in-
nerlichen, oder von der unordentlichen Eigen-
und Welt-Liebe und von den verunruhigenden
Begierden ausgeleeret und gereiniget, und daher
nüchtern am Gemüthe und im Frieden GOttes
recht bey sich selbst ist. Welches allerdinge zum
Gebet erfordert wird.

4. Zu dieser geistlichen Nüchternheit und
rechten Gestalt des Gemüths gehöret auch die
Wachsamkeit, welche der Apostel mit dem
Worte nepsate forderte. Denn die Nüchtern-
heit und Wachsamkeit gehöret zusammen, wie
im leiblichen, also auch im geistlichen: daher es
kömmt, daß das Wort nephein auch auf beydes ge-
het: sintemal zur Wachsamkeit eine Nüchtern-
heit gehöret. Wenn einer nun zur geistlichen
Nüchternheit gekommen ist, daß er recht beten
kan, so ist ihm dabey die geistliche Wachsamkeit.
nöthig, nach welcher er sichvor Zerstreuungen und
Ausschweifungen seiner Gedancken und Begier-
den hütet, oder davon wieder sammlet, und su-
chet im Glauben mit rechter Andacht zu beten.
Man conferire hierbey die Parallel-Oerter
Eph. 6, 18. Col. 4, 2. 1 Thess. 5, 6. 8. 1 Petr. 5, 8.
u. s. w.

V. 8.

Vor allen Dingen aber habet unter

ein-

Richtige und erbauliche Erklaͤrung. Cap. 4. v. 6. 7. 8.
[Spaltenumbruch] von Chriſto wuſten, hat GOtt das Ev-
angelium laſſen predigen, daß ſie ſelig wuͤr-
den, und GOTTE geiſtlich lebten in alle
Ewigkeit, ob ſie wohl menſchlicher Weiſe
vor GOtt dem HErrn in dieſem Leben ge-
zuͤchtiget werden am Fleiſch, um ihres vo-
rigen gar unreinen Wandels willen. Denn
obwol GOtt wahrhaftig und von Her-
tzen den Busfertigen alle Suͤnde vergiebt,
ſo zuͤchtiget er iedoch gemeiniglich diejeni-
gen, welche ſchwere Suͤnden begangen,
und der Kirchen groſſe Aergerniß gegeben
haben, in dieſem Leben vaͤterlich, wiewol
bisweilen gar hart und ernſtlich, aufdaß
ſie hinfuͤrder deſto behutſamer wandeln,
und andere durch ihre Strafen gewarnet
werden, daß ſie ihr Leben deſto beſſer an-
ſtellen.

4. Es kan aber dieſer Ort von den Zeiten
Noaͤ
alſo erklaͤret werden, daß man ſage: Es ſey
zu dem Ende denen damals lebenden, und zu Petri
Zeiten ſchon laͤngſt verſtorbenen das Evangelium
geprediget worden, nemlich durch den Noa, und
zwar noch zu allerletzt, aufdaß, wenn ſie bey ſo
lange aufgeſchobener Buſſe nach dem aͤuſſerlichen
Menſchen am Fleiſche wuͤrden gerichtet werden,
das iſt durch die Suͤndfluth umkommen, ſie doch
noch zuletzt ſich bekehren und im Geiſte GOtt le-
ben, oder ſelig werden moͤchten. Da denn zur
Erlaͤuterung der Worte vom Gerichte am Fleiſche
und dem Leben des Geiſtes der Ort 1 Cor. 5, 5. die-
net, da Paulus von dem Blutſchaͤnder ſpricht ‒ ‒
Jhn zu uͤbergeben dem Satan zum Ver-
derben des Fleiſches, aufdaß der Geiſt ſe-
lig werde am Tage des HErrn JEſu.

5. Der Verbindung wegen mit dem vor-
hergehenden Texte kan noch dieſes angemercket
werden, daß, nachdem Petrus geſaget, woher es
komme, daß man von der boͤſen Welt verlaͤſtert
werde, nemlich wenn man es nicht ſo mitmache,
wie ſie es haben wolle, und die erſte boͤſe Welt es
mit dem Noa eben alſo gemacht hatte, er daher auf
ſolche Zeiten wieder zuruͤck geſehen habe. Denn
wie ſehr Noa theils ſeines gerechten Lebens halber,
theils auch ſeiner Predigt und des erbaueten Ka-
ſtens wegen werde ſeyn verſpottet worden, das iſt
leichtlich zu erachten.

V. 7.

Es iſt nahe kommen das Ende aller
Dinge: ſo ſeyd nun maͤßig und nuͤchtern
zum Gebet.

Anmerckungen.

1. Durch das Ende aller Dinge verſtehet
der Apoſtel die Zeiten des Meßiaͤ. Und dieſe
nennet er das Ende aller Dinge, in Anſehung der
vorhergehenden Zeiten, vor, und unter dem Ge-
ſetze. Denn gleichwie vor dem Geſetze, und ſon-
derlich vor der Suͤndfluth war der Anfang aller
Dinge, und unter dem Geſetze das Mittel derſel-
ben: alſo waren die Zeiten des Meßiaͤ deroſelben
Ende, was dieſe gegenwaͤrtige boͤſe Welt betrift.
Und da man vor den Zeiten Chriſti ſagen konte das
Ende aller Dinge nahet herzu: ſo konte Petrus
[Spaltenumbruch] zu ſeiner Zeit ſchreiben ήγγικε, es iſt ſchon herzu ge-
kommen. Jm gleichen Verſtande ſpricht Jo-
hannes 1 Ep. c. 2, 18. Kindlein, es iſt die letzte
Stunde.
Will man aber das Ende von dem
Gerichte uͤber die Welt verſtehen, ſo muß man die
Kuͤrtze der bis dahin reichenden Zeit nach der
Ewigkeit rechnen. Siehe auch 1 Cor. 10, 11.
Joh. 5, 8. Wenn der Apoſtel vorher auf die Zeiten
Noaͤ, da den Leuten das inſtehende Ende der da-
maligen Welt verkuͤndiget wurde, geſehen; ſo kan
man ſagen, daß er von dem Ende der erſten Welt
auf das Ende der letzten gehet.

2. Das Gebet iſt der Chriſten ihre Haupt-
Pflicht, darein faſt alle uͤbrige zuſammen flieſſen.
Denn im Gebet wird man vom Gewiſſen an die-
ſelbe alſo erinnert, daß was man davon unterlaſ-
ſen hat, man GOtt abbittet, und zur getreuen
Ausuͤbung angetrieben wird. Es iſt das Gebet
aber auch eine groſſe evangeliſche Gnaden-Wohl-
that, oder ein groſſes Privilegium und Recht,
welches die Glieder Chriſti in Anſehung des Ver-
ſoͤhn-Opfers Chriſti in der Ordnung der Wie-
dergeburt und der Kindſchaft aus GOtt haben.
Denn nachdem ſie dadurch einen offnen Zugang
zu GOTT und dabey den Geiſt der Kindſchaft
uͤberkommen haben, ſo bedienen ſie ſich ſolcher
hohen Wuͤrde und ſolches Vorrechts, gehen zu
GOtt und rufen: Abba! lieber Vater Roͤm.
8, 14. Gal. 4, 6. Man ſiehet aber leichtlich, daß
das Gebet alhier auch die davon 1 Tim. 2, 1. un-
terſchiedene Bitte, Fuͤrbitte und Danckſagung
mit in ſich faſſe.

3. Zu dem Gebet erfordert der Apoſtel die
Maͤßigkeit und Wachſamkeit. Die Maͤßig-
keit, σωφροσύνη, σωφρονισμὸς, darauf das Wort
σωφρονει῀ν gehet, iſt alhier eine ſolche Beſchaffen-
heit des Gemuͤths, da ein Menſch von aller an den
Heyden v. 4. beſtrafeten Aſotie, ſonderlich der in-
nerlichen, oder von der unordentlichen Eigen-
und Welt-Liebe und von den verunruhigenden
Begierden ausgeleeret und gereiniget, und daher
nuͤchtern am Gemuͤthe und im Frieden GOttes
recht bey ſich ſelbſt iſt. Welches allerdinge zum
Gebet erfordert wird.

4. Zu dieſer geiſtlichen Nuͤchternheit und
rechten Geſtalt des Gemuͤths gehoͤret auch die
Wachſamkeit, welche der Apoſtel mit dem
Worte νήψατε forderte. Denn die Nuͤchtern-
heit und Wachſamkeit gehoͤret zuſammen, wie
im leiblichen, alſo auch im geiſtlichen: daher es
koͤmmt, daß das Wort νηφειν auch auf beydes ge-
het: ſintemal zur Wachſamkeit eine Nuͤchtern-
heit gehoͤret. Wenn einer nun zur geiſtlichen
Nuͤchternheit gekommen iſt, daß er recht beten
kan, ſo iſt ihm dabey die geiſtliche Wachſamkeit.
noͤthig, nach welcher er ſichvor Zerſtreuungen und
Ausſchweifungen ſeiner Gedancken und Begier-
den huͤtet, oder davon wieder ſammlet, und ſu-
chet im Glauben mit rechter Andacht zu beten.
Man conferire hierbey die Parallel-Oerter
Eph. 6, 18. Col. 4, 2. 1 Theſſ. 5, 6. 8. 1 Petr. 5, 8.
u. ſ. w.

V. 8.

Vor allen Dingen aber habet unter

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[564/0566] Richtige und erbauliche Erklaͤrung. Cap. 4. v. 6. 7. 8. von Chriſto wuſten, hat GOtt das Ev- angelium laſſen predigen, daß ſie ſelig wuͤr- den, und GOTTE geiſtlich lebten in alle Ewigkeit, ob ſie wohl menſchlicher Weiſe vor GOtt dem HErrn in dieſem Leben ge- zuͤchtiget werden am Fleiſch, um ihres vo- rigen gar unreinen Wandels willen. Denn obwol GOtt wahrhaftig und von Her- tzen den Busfertigen alle Suͤnde vergiebt, ſo zuͤchtiget er iedoch gemeiniglich diejeni- gen, welche ſchwere Suͤnden begangen, und der Kirchen groſſe Aergerniß gegeben haben, in dieſem Leben vaͤterlich, wiewol bisweilen gar hart und ernſtlich, aufdaß ſie hinfuͤrder deſto behutſamer wandeln, und andere durch ihre Strafen gewarnet werden, daß ſie ihr Leben deſto beſſer an- ſtellen. 4. Es kan aber dieſer Ort von den Zeiten Noaͤ alſo erklaͤret werden, daß man ſage: Es ſey zu dem Ende denen damals lebenden, und zu Petri Zeiten ſchon laͤngſt verſtorbenen das Evangelium geprediget worden, nemlich durch den Noa, und zwar noch zu allerletzt, aufdaß, wenn ſie bey ſo lange aufgeſchobener Buſſe nach dem aͤuſſerlichen Menſchen am Fleiſche wuͤrden gerichtet werden, das iſt durch die Suͤndfluth umkommen, ſie doch noch zuletzt ſich bekehren und im Geiſte GOtt le- ben, oder ſelig werden moͤchten. Da denn zur Erlaͤuterung der Worte vom Gerichte am Fleiſche und dem Leben des Geiſtes der Ort 1 Cor. 5, 5. die- net, da Paulus von dem Blutſchaͤnder ſpricht ‒ ‒ Jhn zu uͤbergeben dem Satan zum Ver- derben des Fleiſches, aufdaß der Geiſt ſe- lig werde am Tage des HErrn JEſu. 5. Der Verbindung wegen mit dem vor- hergehenden Texte kan noch dieſes angemercket werden, daß, nachdem Petrus geſaget, woher es komme, daß man von der boͤſen Welt verlaͤſtert werde, nemlich wenn man es nicht ſo mitmache, wie ſie es haben wolle, und die erſte boͤſe Welt es mit dem Noa eben alſo gemacht hatte, er daher auf ſolche Zeiten wieder zuruͤck geſehen habe. Denn wie ſehr Noa theils ſeines gerechten Lebens halber, theils auch ſeiner Predigt und des erbaueten Ka- ſtens wegen werde ſeyn verſpottet worden, das iſt leichtlich zu erachten. V. 7. Es iſt nahe kommen das Ende aller Dinge: ſo ſeyd nun maͤßig und nuͤchtern zum Gebet. Anmerckungen. 1. Durch das Ende aller Dinge verſtehet der Apoſtel die Zeiten des Meßiaͤ. Und dieſe nennet er das Ende aller Dinge, in Anſehung der vorhergehenden Zeiten, vor, und unter dem Ge- ſetze. Denn gleichwie vor dem Geſetze, und ſon- derlich vor der Suͤndfluth war der Anfang aller Dinge, und unter dem Geſetze das Mittel derſel- ben: alſo waren die Zeiten des Meßiaͤ deroſelben Ende, was dieſe gegenwaͤrtige boͤſe Welt betrift. Und da man vor den Zeiten Chriſti ſagen konte das Ende aller Dinge nahet herzu: ſo konte Petrus zu ſeiner Zeit ſchreiben ήγγικε, es iſt ſchon herzu ge- kommen. Jm gleichen Verſtande ſpricht Jo- hannes 1 Ep. c. 2, 18. Kindlein, es iſt die letzte Stunde. Will man aber das Ende von dem Gerichte uͤber die Welt verſtehen, ſo muß man die Kuͤrtze der bis dahin reichenden Zeit nach der Ewigkeit rechnen. Siehe auch 1 Cor. 10, 11. Joh. 5, 8. Wenn der Apoſtel vorher auf die Zeiten Noaͤ, da den Leuten das inſtehende Ende der da- maligen Welt verkuͤndiget wurde, geſehen; ſo kan man ſagen, daß er von dem Ende der erſten Welt auf das Ende der letzten gehet. 2. Das Gebet iſt der Chriſten ihre Haupt- Pflicht, darein faſt alle uͤbrige zuſammen flieſſen. Denn im Gebet wird man vom Gewiſſen an die- ſelbe alſo erinnert, daß was man davon unterlaſ- ſen hat, man GOtt abbittet, und zur getreuen Ausuͤbung angetrieben wird. Es iſt das Gebet aber auch eine groſſe evangeliſche Gnaden-Wohl- that, oder ein groſſes Privilegium und Recht, welches die Glieder Chriſti in Anſehung des Ver- ſoͤhn-Opfers Chriſti in der Ordnung der Wie- dergeburt und der Kindſchaft aus GOtt haben. Denn nachdem ſie dadurch einen offnen Zugang zu GOTT und dabey den Geiſt der Kindſchaft uͤberkommen haben, ſo bedienen ſie ſich ſolcher hohen Wuͤrde und ſolches Vorrechts, gehen zu GOtt und rufen: Abba! lieber Vater Roͤm. 8, 14. Gal. 4, 6. Man ſiehet aber leichtlich, daß das Gebet alhier auch die davon 1 Tim. 2, 1. un- terſchiedene Bitte, Fuͤrbitte und Danckſagung mit in ſich faſſe. 3. Zu dem Gebet erfordert der Apoſtel die Maͤßigkeit und Wachſamkeit. Die Maͤßig- keit, σωφροσύνη, σωφρονισμὸς, darauf das Wort σωφρονει῀ν gehet, iſt alhier eine ſolche Beſchaffen- heit des Gemuͤths, da ein Menſch von aller an den Heyden v. 4. beſtrafeten Aſotie, ſonderlich der in- nerlichen, oder von der unordentlichen Eigen- und Welt-Liebe und von den verunruhigenden Begierden ausgeleeret und gereiniget, und daher nuͤchtern am Gemuͤthe und im Frieden GOttes recht bey ſich ſelbſt iſt. Welches allerdinge zum Gebet erfordert wird. 4. Zu dieſer geiſtlichen Nuͤchternheit und rechten Geſtalt des Gemuͤths gehoͤret auch die Wachſamkeit, welche der Apoſtel mit dem Worte νήψατε forderte. Denn die Nuͤchtern- heit und Wachſamkeit gehoͤret zuſammen, wie im leiblichen, alſo auch im geiſtlichen: daher es koͤmmt, daß das Wort νηφειν auch auf beydes ge- het: ſintemal zur Wachſamkeit eine Nuͤchtern- heit gehoͤret. Wenn einer nun zur geiſtlichen Nuͤchternheit gekommen iſt, daß er recht beten kan, ſo iſt ihm dabey die geiſtliche Wachſamkeit. noͤthig, nach welcher er ſichvor Zerſtreuungen und Ausſchweifungen ſeiner Gedancken und Begier- den huͤtet, oder davon wieder ſammlet, und ſu- chet im Glauben mit rechter Andacht zu beten. Man conferire hierbey die Parallel-Oerter Eph. 6, 18. Col. 4, 2. 1 Theſſ. 5, 6. 8. 1 Petr. 5, 8. u. ſ. w. V. 8. Vor allen Dingen aber habet unter ein-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/566>, abgerufen am 22.11.2024.