Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 2. v. 12. 13. des andern Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
b. Daß der Mensch, da er nach dem Ebenbilde GOTTes erschaffen ist, die unvernünftigen Thiere aber nicht, und er solches Ebenbild noch nach dem Falle in gewissem Verstande, der sonderlich auf das menschliche Wesen selbst gehet, an sich hat, auch einen grossen Vorzug vor allen lebendigen Thieren habe; aber den- selben auch zuvorderst durch den rechten Ge- brauch des noch übrigen Lichts und Rechts der Natur würdig anwenden solle. c. Daß viele Menschen durch den Betrug und durch die Macht der Sünde so weit verfallen, daß sie den Bestien gleich werden, und sich als solche beweisen, die ihrer menschlichen Ver- nunft, auch ihres freyen Willens beraubet sind; ja dabey in vielen Stücken so viel ärger werden, als jene, soviel mehr sie das, was bey ihnen von beyden noch übrig ist, zur Sünde, um dieselbe auf mancherley Art unter vielerley Abwechselung auszuüben, mißbrauchen. d. Daß dieser Verfall, nach welchem sie viel är- ger werden, als die Bestien, sonderlich daher komme, daß sie eine unsterbliche Seele haben, welche mit irdischen Dingen nicht gesättiget und beruhiget werden kan, und daher bey ih- rer Unruhe sich immer mehr in die verderbten Lüste vertiefet, die Ruhe zwar suchet, aber sie nicht findet, sondern sich vielmehr davon im- mer weiter entfernet: da hingegen die unver- nünftigen Thiere, weil sie zu ewigen und geist- lichen Gütern nicht erschaffen sind, mit dem, was zu ihrem blos irdischen Leben gehöret, leichtlich gesättiget werden können. 3. Das geistliche Verderben der falschen a. Nach dem Verstande sind sie unwissend in göttlichen Dingen, ob sie sich gleich besonde- rer Erkenntniß rühmen: als welche nicht allein nur bloß buchstäblich und historisch ist, son- dern auch dabey in sehr vielen Stücken gantz unrichtig ist, und dazu aufblähet. Davon man unter andern sehe Jac. 3, 15. Paulus nennet sie 1 Tim. 6, 20 das ungeistliche lose Geschwätz und das Gezänck der falsch- berühmten Kunst. b. Nachdem Willen sind sie recht boshaftige Lästerer, welche nicht allein den Obrigkeitli- chen Stand, nach dem vorhergehenden Con- texte, sondern auch in göttlichen Dingen das, was sie nicht erkanten, noch recht erkennen wolten, das ist, den richtigen Rath GOttes von unserer Seligkeit, an den Aposteln und ih- ren aufrichtigen Nachfolgern verlästerten, und, was sie davon, um den Namen der Chri- sten zu behalten, noch beybehielten, dergestalt verderbeten, daß es zum Heil nichts mehr nütze war. c. Nach dem gantzen Leben sind sie der schnö- den Wollust, welche ist in der Geilheit des Fleisches, wie auch in der Ehr- und Geld- Sucht, und im müßigen Bauchdienste, so sehr ergeben, daß sie, ob sie gleich das höchste Ubel ist, oder doch dazu führet, dieselbe für ihr [Spaltenumbruch] höchstes Gut halten. Und dadurch werden si solche schändliche und lasterhafte Leute, wel- che des Nachdrucks wegen die Schande und Laster selbst genennet werden: sintemal sie rechte Schandflecke des christlichen Namens und der christlichen Kirche sind, durch welche der Weg der Wahrheit verlästert wird. Die Worte sie prangen von euren Almosen sind eigentlich zu übersetzen: sie leben zärt- lich bey ihren betriegereyen. Denn ob gleich Judas das Wort agapais hat, und da- bey einiges Absehen auf Almosen statt findet; so findet sich doch alhier in allen Codicibus das Wort apatais, welches heißt Betriege- rey; womit denn der Apostel auf plastou`s logous, auf die ertichtete Worte und alles Blendwerck, welches sie den ungeübten vormachten, siehet. Paulus nennet sie daher mataiologous und phrena- patast, unnütze Schwätzer und Gemüths- Verführer, Tit. 1, 10. und 2 Cor. 11, 13. erga- tas dolious, triegliche Arbeiter. Es schicket sich auch das pronomen auton nicht zu dem Worte agapais; sintemal die Liebes-Mähler nicht der falschen Lehrer, sondern der Kirche waren. Die letztern Worte aber suneuokhoume- noi umin~, können eher von den gedachten Liebes- Mählern verstanden und gegeben werden: da sie mit euch das Gastmahl halten, nem- lich sich zwar dabey mit einfinden, aber gar ver- kehrtes Sinnes sind. 4. Die Strafe der Sünden wird ausge- a. Das verderbliche Wesen, phthora, ist das bisher beschriebene viehische Wesen und Leben; welches der Apostel auch oben c. 1, 4. phthoran nennet, und ein solches ist, wenn es auch schon auf eine ehrbarere, oder eingezogenere Art ge- führet wird; sintemal der alte Mensch durch Lüste, wenn sie auch gemäßiget sind, so lange sie herrschen, sich in Jrrthum verderbet. b. Das Umkommen entstehet denn von solchem Verderben, und bestehet, ausser dem Ruin, welcher gemeiniglich der Gesundheit zugezogen wird, und zur Abkürtzung des Lebens gereichet, eigentlich in dem Verlust der ewigen Freude und Herrlichkeit. So blind ist der Mensch, daß er seine Erhaltung im Verderben suchet, oder doch findet. c. Die Ungerechtigkeit ist alhier die herrschen- de Sünde in allen ihren Gattungen. Der Lohn ist der Sold der Sünden, die gerechte Vergeltung und Bestrafung, und bestehet in Beraubung aller Seligkeit, theils in der Em- pfindung der Verdammniß, oder der Pein. Denn eines kan ohne das andere nicht seyn. Gleichwie die seligen nicht allein von allem Ubel befreyet, sondern auch mit aller Herrlichkeit begnadiget seyn werden: also werden die un- seligen der Seligkeit dergestalt ermangeln, daß sie dagegen in der grössesten Empfindung aller Pein stehen werden, nach v. 9. Und dieses Ubel werden sie davon bringen; gleichwie hin- gegen J i i i
Cap. 2. v. 12. 13. des andern Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
b. Daß der Menſch, da er nach dem Ebenbilde GOTTes erſchaffen iſt, die unvernuͤnftigen Thiere aber nicht, und er ſolches Ebenbild noch nach dem Falle in gewiſſem Verſtande, der ſonderlich auf das menſchliche Weſen ſelbſt gehet, an ſich hat, auch einen groſſen Vorzug vor allen lebendigen Thieren habe; aber den- ſelben auch zuvorderſt durch den rechten Ge- brauch des noch uͤbrigen Lichts und Rechts der Natur wuͤrdig anwenden ſolle. c. Daß viele Menſchen durch den Betrug und durch die Macht der Suͤnde ſo weit verfallen, daß ſie den Beſtien gleich werden, und ſich als ſolche beweiſen, die ihrer menſchlichen Ver- nunft, auch ihres freyen Willens beraubet ſind; ja dabey in vielen Stuͤcken ſo viel aͤrger werden, als jene, ſoviel mehr ſie das, was bey ihnen von beyden noch uͤbrig iſt, zur Suͤnde, um dieſelbe auf mancherley Art unter vielerley Abwechſelung auszuuͤben, mißbrauchen. d. Daß dieſer Verfall, nach welchem ſie viel aͤr- ger werden, als die Beſtien, ſonderlich daher komme, daß ſie eine unſterbliche Seele haben, welche mit irdiſchen Dingen nicht geſaͤttiget und beruhiget werden kan, und daher bey ih- rer Unruhe ſich immer mehr in die verderbten Luͤſte vertiefet, die Ruhe zwar ſuchet, aber ſie nicht findet, ſondern ſich vielmehr davon im- mer weiter entfernet: da hingegen die unver- nuͤnftigen Thiere, weil ſie zu ewigen und geiſt- lichen Guͤtern nicht erſchaffen ſind, mit dem, was zu ihrem blos irdiſchen Leben gehoͤret, leichtlich geſaͤttiget werden koͤnnen. 3. Das geiſtliche Verderben der falſchen a. Nach dem Verſtande ſind ſie unwiſſend in goͤttlichen Dingen, ob ſie ſich gleich beſonde- rer Erkenntniß ruͤhmen: als welche nicht allein nur bloß buchſtaͤblich und hiſtoriſch iſt, ſon- dern auch dabey in ſehr vielen Stuͤcken gantz unrichtig iſt, und dazu aufblaͤhet. Davon man unter andern ſehe Jac. 3, 15. Paulus nennet ſie 1 Tim. 6, 20 das ungeiſtliche loſe Geſchwaͤtz und das Gezaͤnck der falſch- beruͤhmten Kunſt. b. Nachdem Willen ſind ſie recht boshaftige Laͤſterer, welche nicht allein den Obrigkeitli- chen Stand, nach dem vorhergehenden Con- texte, ſondern auch in goͤttlichen Dingen das, was ſie nicht erkanten, noch recht erkennen wolten, das iſt, den richtigen Rath GOttes von unſerer Seligkeit, an den Apoſteln und ih- ren aufrichtigen Nachfolgern verlaͤſterten, und, was ſie davon, um den Namen der Chri- ſten zu behalten, noch beybehielten, dergeſtalt verderbeten, daß es zum Heil nichts mehr nuͤtze war. c. Nach dem gantzen Leben ſind ſie der ſchnoͤ- den Wolluſt, welche iſt in der Geilheit des Fleiſches, wie auch in der Ehr- und Geld- Sucht, und im muͤßigen Bauchdienſte, ſo ſehr ergeben, daß ſie, ob ſie gleich das hoͤchſte Ubel iſt, oder doch dazu fuͤhret, dieſelbe fuͤr ihr [Spaltenumbruch] hoͤchſtes Gut halten. Und dadurch werden ſi ſolche ſchaͤndliche und laſterhafte Leute, wel- che des Nachdrucks wegen die Schande und Laſter ſelbſt genennet werden: ſintemal ſie rechte Schandflecke des chriſtlichen Namens und der chriſtlichen Kirche ſind, durch welche der Weg der Wahrheit verlaͤſtert wird. Die Worte ſie prangen von euren Almoſen ſind eigentlich zu uͤberſetzen: ſie leben zaͤrt- lich bey ihren betriegereyen. Denn ob gleich Judas das Wort ἀγάπαις hat, und da- bey einiges Abſehen auf Almoſen ſtatt findet; ſo findet ſich doch alhier in allen Codicibus das Wort ἀπάταις, welches heißt Betriege- rey; womit denn der Apoſtel auf πλαστου`ς λόγους, auf die ertichtete Worte und alles Blendwerck, welches ſie den ungeuͤbten vormachten, ſiehet. Paulus nennet ſie daher ματαιολόγους und φρενα- πάταστ, unnuͤtze Schwaͤtzer und Gemuͤths- Verfuͤhrer, Tit. 1, 10. und 2 Cor. 11, 13. ὲργά- τας δολίους, triegliche Arbeiter. Es ſchicket ſich auch das pronomen ἁυτῶν nicht zu dem Worte ἀγάπαις; ſintemal die Liebes-Maͤhler nicht der falſchen Lehrer, ſondern der Kirche waren. Die letztern Worte aber συνευωχούμε- νοι ὑμιν῀, koͤnnen eher von den gedachten Liebes- Maͤhlern verſtanden und gegeben werden: da ſie mit euch das Gaſtmahl halten, nem- lich ſich zwar dabey mit einfinden, aber gar ver- kehrtes Sinnes ſind. 4. Die Strafe der Suͤnden wird ausge- a. Das verderbliche Weſen, φϑορὰ, iſt das bisher beſchriebene viehiſche Weſen und Leben; welches der Apoſtel auch oben c. 1, 4. φϑορὰν nennet, und ein ſolches iſt, wenn es auch ſchon auf eine ehrbarere, oder eingezogenere Art ge- fuͤhret wird; ſintemal der alte Menſch durch Luͤſte, wenn ſie auch gemaͤßiget ſind, ſo lange ſie herrſchen, ſich in Jrrthum verderbet. b. Das Umkommen entſtehet denn von ſolchem Verderben, und beſtehet, auſſer dem Ruin, welcher gemeiniglich der Geſundheit zugezogen wird, und zur Abkuͤrtzung des Lebens gereichet, eigentlich in dem Verluſt der ewigen Freude und Herrlichkeit. So blind iſt der Menſch, daß er ſeine Erhaltung im Verderben ſuchet, oder doch findet. c. Die Ungerechtigkeit iſt alhier die herrſchen- de Suͤnde in allen ihren Gattungen. Der Lohn iſt der Sold der Suͤnden, die gerechte Vergeltung und Beſtrafung, und beſtehet in Beraubung aller Seligkeit, theils in der Em- pfindung der Verdammniß, oder der Pein. Denn eines kan ohne das andere nicht ſeyn. Gleichwie die ſeligen nicht allein von allem Ubel befreyet, ſondern auch mit aller Herrlichkeit begnadiget ſeyn werden: alſo werden die un- ſeligen der Seligkeit dergeſtalt ermangeln, daß ſie dagegen in der groͤſſeſten Empfindung aller Pein ſtehen werden, nach v. 9. Und dieſes Ubel werden ſie davon bringen; gleichwie hin- gegen J i i i
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Cap. 2. v. 12. 13. des andern Briefes Petri.
b. Daß der Menſch, da er nach dem Ebenbilde
GOTTes erſchaffen iſt, die unvernuͤnftigen
Thiere aber nicht, und er ſolches Ebenbild noch
nach dem Falle in gewiſſem Verſtande, der
ſonderlich auf das menſchliche Weſen ſelbſt
gehet, an ſich hat, auch einen groſſen Vorzug
vor allen lebendigen Thieren habe; aber den-
ſelben auch zuvorderſt durch den rechten Ge-
brauch des noch uͤbrigen Lichts und Rechts der
Natur wuͤrdig anwenden ſolle.
c. Daß viele Menſchen durch den Betrug und
durch die Macht der Suͤnde ſo weit verfallen,
daß ſie den Beſtien gleich werden, und ſich als
ſolche beweiſen, die ihrer menſchlichen Ver-
nunft, auch ihres freyen Willens beraubet
ſind; ja dabey in vielen Stuͤcken ſo viel aͤrger
werden, als jene, ſoviel mehr ſie das, was bey
ihnen von beyden noch uͤbrig iſt, zur Suͤnde,
um dieſelbe auf mancherley Art unter vielerley
Abwechſelung auszuuͤben, mißbrauchen.
d. Daß dieſer Verfall, nach welchem ſie viel aͤr-
ger werden, als die Beſtien, ſonderlich daher
komme, daß ſie eine unſterbliche Seele haben,
welche mit irdiſchen Dingen nicht geſaͤttiget
und beruhiget werden kan, und daher bey ih-
rer Unruhe ſich immer mehr in die verderbten
Luͤſte vertiefet, die Ruhe zwar ſuchet, aber ſie
nicht findet, ſondern ſich vielmehr davon im-
mer weiter entfernet: da hingegen die unver-
nuͤnftigen Thiere, weil ſie zu ewigen und geiſt-
lichen Guͤtern nicht erſchaffen ſind, mit dem,
was zu ihrem blos irdiſchen Leben gehoͤret,
leichtlich geſaͤttiget werden koͤnnen.
3. Das geiſtliche Verderben der falſchen
Lehrer und ihres Anhanges wird ferner nach ih-
rem verderbten Verſtande, Willen und gantzen
Leben beſchrieben:
a. Nach dem Verſtande ſind ſie unwiſſend in
goͤttlichen Dingen, ob ſie ſich gleich beſonde-
rer Erkenntniß ruͤhmen: als welche nicht allein
nur bloß buchſtaͤblich und hiſtoriſch iſt, ſon-
dern auch dabey in ſehr vielen Stuͤcken gantz
unrichtig iſt, und dazu aufblaͤhet. Davon
man unter andern ſehe Jac. 3, 15. Paulus
nennet ſie 1 Tim. 6, 20 das ungeiſtliche loſe
Geſchwaͤtz und das Gezaͤnck der falſch-
beruͤhmten Kunſt.
b. Nachdem Willen ſind ſie recht boshaftige
Laͤſterer, welche nicht allein den Obrigkeitli-
chen Stand, nach dem vorhergehenden Con-
texte, ſondern auch in goͤttlichen Dingen das,
was ſie nicht erkanten, noch recht erkennen
wolten, das iſt, den richtigen Rath GOttes
von unſerer Seligkeit, an den Apoſteln und ih-
ren aufrichtigen Nachfolgern verlaͤſterten,
und, was ſie davon, um den Namen der Chri-
ſten zu behalten, noch beybehielten, dergeſtalt
verderbeten, daß es zum Heil nichts mehr
nuͤtze war.
c. Nach dem gantzen Leben ſind ſie der ſchnoͤ-
den Wolluſt, welche iſt in der Geilheit des
Fleiſches, wie auch in der Ehr- und Geld-
Sucht, und im muͤßigen Bauchdienſte, ſo
ſehr ergeben, daß ſie, ob ſie gleich das hoͤchſte
Ubel iſt, oder doch dazu fuͤhret, dieſelbe fuͤr ihr
hoͤchſtes Gut halten. Und dadurch werden ſi
ſolche ſchaͤndliche und laſterhafte Leute, wel-
che des Nachdrucks wegen die Schande und
Laſter ſelbſt genennet werden: ſintemal ſie
rechte Schandflecke des chriſtlichen Namens
und der chriſtlichen Kirche ſind, durch welche
der Weg der Wahrheit verlaͤſtert wird. Die
Worte ſie prangen von euren Almoſen
ſind eigentlich zu uͤberſetzen: ſie leben zaͤrt-
lich bey ihren betriegereyen. Denn ob
gleich Judas das Wort ἀγάπαις hat, und da-
bey einiges Abſehen auf Almoſen ſtatt findet;
ſo findet ſich doch alhier in allen Codicibus
das Wort ἀπάταις, welches heißt Betriege-
rey; womit denn der Apoſtel auf πλαστου`ς λόγους,
auf die ertichtete Worte und alles Blendwerck,
welches ſie den ungeuͤbten vormachten, ſiehet.
Paulus nennet ſie daher ματαιολόγους und φρενα-
πάταστ, unnuͤtze Schwaͤtzer und Gemuͤths-
Verfuͤhrer, Tit. 1, 10. und 2 Cor. 11, 13. ὲργά-
τας δολίους, triegliche Arbeiter. Es ſchicket
ſich auch das pronomen ἁυτῶν nicht zu dem
Worte ἀγάπαις; ſintemal die Liebes-Maͤhler
nicht der falſchen Lehrer, ſondern der Kirche
waren. Die letztern Worte aber συνευωχούμε-
νοι ὑμιν῀, koͤnnen eher von den gedachten Liebes-
Maͤhlern verſtanden und gegeben werden: da
ſie mit euch das Gaſtmahl halten, nem-
lich ſich zwar dabey mit einfinden, aber gar ver-
kehrtes Sinnes ſind.
4. Die Strafe der Suͤnden wird ausge-
drucket mit folgenden Worten: ſie werden in
ihrem verderblichen Weſen umkommen,
und den Lohn der Ungerechtigkeit davon
bringen.
a. Das verderbliche Weſen, φϑορὰ, iſt das
bisher beſchriebene viehiſche Weſen und Leben;
welches der Apoſtel auch oben c. 1, 4. φϑορὰν
nennet, und ein ſolches iſt, wenn es auch ſchon
auf eine ehrbarere, oder eingezogenere Art ge-
fuͤhret wird; ſintemal der alte Menſch durch
Luͤſte, wenn ſie auch gemaͤßiget ſind, ſo lange
ſie herrſchen, ſich in Jrrthum verderbet.
b. Das Umkommen entſtehet denn von ſolchem
Verderben, und beſtehet, auſſer dem Ruin,
welcher gemeiniglich der Geſundheit zugezogen
wird, und zur Abkuͤrtzung des Lebens gereichet,
eigentlich in dem Verluſt der ewigen Freude
und Herrlichkeit. So blind iſt der Menſch,
daß er ſeine Erhaltung im Verderben ſuchet,
oder doch findet.
c. Die Ungerechtigkeit iſt alhier die herrſchen-
de Suͤnde in allen ihren Gattungen. Der
Lohn iſt der Sold der Suͤnden, die gerechte
Vergeltung und Beſtrafung, und beſtehet in
Beraubung aller Seligkeit, theils in der Em-
pfindung der Verdammniß, oder der Pein.
Denn eines kan ohne das andere nicht ſeyn.
Gleichwie die ſeligen nicht allein von allem Ubel
befreyet, ſondern auch mit aller Herrlichkeit
begnadiget ſeyn werden: alſo werden die un-
ſeligen der Seligkeit dergeſtalt ermangeln, daß
ſie dagegen in der groͤſſeſten Empfindung aller
Pein ſtehen werden, nach v. 9. Und dieſes
Ubel werden ſie davon bringen; gleichwie hin-
gegen
J i i i
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