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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 12-14.
[Spaltenumbruch] gegen die Gläubigen die Crone der Ehren da-
von tragen. Darum der Richter spricht Off.
22, 12. Siehe ich komme bald, und mein
Lohn mit mir, zu geben einem ieglichen,
wie seine Wercke seyn werden.
Darum
Paulus spricht: Was der Mensch säet, das
wird er erndten. Wer auf sein Fleisch
säet, der wird von dem Fleische das Ver-
derben erndten.
Gal. 6, 8.

5. Die alhier im gantzen Contexte von Pe-
tro beschriebene falsche Lehrer befinden sich son-
derlich im Pabstthum. Es wäre aber zu wünschen,
daß nicht auch die Evangelische Kirche damit er-
füllet wäre! Denn man höret oft unter den Leh-
rern von solchen Schandflecken, darüber man
sich billig entsetzen muß. Sie finden auch leider
bey so vielen Consistoriis, wie ihren freyen Ein-
gang, also auch ihren Schutz, zum wenigsten be-
halten sie in ihrem verderblichen Wesen ihren
freyen Lauf. Und wenn hingegen rechtschaffne
Knechte GOttes hier und da zur Steurung der
greulichsten Aergerniß Hülfe suchen, so finden sie
kein Gehör. Welches gewiß ein solcher Verfall
der Kirche, auch der Evangelischen ist, darauf
man Petri Weissagung wohl appliciren kan.

V. 14.

Haben Augen voll Ehebruchs, lassen
ihnen die Sünde nicht wehren, locken an
sich die leichtfertigen Seelen, haben ein
Hertz durchtrieben mit Geitz, verfluchte
Leute.

Anmerckungen.

1. Weil von solchen Leuten die Rede ist,
welche größten theils in der Ehe lebten, aber ausser
derselben der Geilheit nachhingen, so eignet ihnen
der Apostel den Ehebruch zu. Und dieser wird
den Augen zugeschrieben, weil durch die Augen,
oder das Anschauen der Person des andern Ge-
schlechts die böse Lust zum Ehebruch entzündet
wird, und weil sie sich durch die auf jene unzüchti-
ger Weise gerichtete Augen am ersten zu verra-
then pfleget. Es werden also die Augen alhier
nicht ohne das Hertz verstanden. Wie denn un-
ser Heyland Matth. 5, 18. beydes zusammen setzet;
wenn er spricht: Wer ein Weib ansiehet, ihr
zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe
gebrochen in seinem Hertzen.

2. Und wenn im Griechischen an statt des
Abstracti, des Ehebruchs, das Concretum,
Ehebrecherinn, gebrauchet wird, so geschiehet
solches auch nicht ohne Nachdruck. Denn weil
die bösen Begierden die Augen auf eine Person
des andern Geschlechts richten, sonderlich eine
geile, oder doch eine solche, welche man sich zur
Geilheit erwünschet, so sind die Augen voll wie
von der Gestalt solcher Person, also auch in An-
sehung des Hertzens von böser Lust. Und wo
man die Person auch gleich aus den Augen verlie-
ret, so behält man sie doch vermöge der herrschen-
den Begierde der Gestalt noch in der Phantasie,
und läßt sich solche zur beständigen bösen Reitzung
dienen.

3. Es ist demnach, wenn man von der bö-
[Spaltenumbruch] sen Brunst befreyet bleiben will, nöthig, daß man
seine Augen wohl bewahre, und sie nicht mit Fleiß
herumschiessen lasse; zuvorderst aber das Fleisch
selbst creutzige samt den Lüsten und Begierden,
damit, wo ja auch ohne Vorsatz dieses und jenes
zur Reitzung in die Augen fällt, man dadurch
nicht eingenommen werde, oder wo einige Ent-
zündung gemercket wird, solches unreine und
fremde Feuer durch die reine Liebe GOttes bald
wieder gedämpfet werde.

4. Die Worte akatapaustous amartias, sind
zu übersetzen, welche von der Sünde nicht
ruhen,
und gehen auch auf die mit den bösen Be-
gierden verknüpften Augen. Da denn die Sün-
de alhier sonderlich ist die Sünde der Unzucht und
des Ehebruchs: als von welchem groben Laster
die, welche ihm ergeben sind, vor andern Sün-
der
und Sünderinnen genennet werden. Sie-
he Marc. 2, 15. 16. Matth. 21, 31. 32. Luc. 7, 37.
39. Joh. 8, 11. Und das ist die Art wie aller, also
sonderlich dieser Sünde, daß der Mensch darin-
nen zwar Ruhe suchet, aber sie nicht findet, oder,
wenn er sie auch gleich zu finden vermeynet, doch
von neuer Begierde immer aufs neue beunruhiget
und dadurch zur fernern Ausübung angetrieben
wird, und also ein rechter Knecht und Sclave der
Sünden ist.

5. Und dabey bleibet es nicht, sondern sie
verführen auch andere und ziehen sie in die Ge-
meinschaft ihrer falschen Lehre, ihrer Sünde und
ihres Verderbens: darauf die Worte gehen:
locken an sich die leichtfertigen Seelen.

a. Die Seelen sind die gantzen Menschen, wel-
che, nach der Redens-Art der heiligen Schrift,
ihre Benennung haben von ihrem unsichtbaren
Haupt-Theile, der Seele; als welche bey der
Verunreinigung des Leibes und dessen Glieder
am meisten und ärgsten beflecket wird. Wel-
ches denn Befleckungen des Geistes sind, wel-
che sonst auch durch subtilere Sünden gesche-
hen. 2 Cor. 7, 1.
b. 'Asteriktoi sind nicht sowol leichtfertige, als
sie solche werden; sondern es sind solche, wel-
che zwar guthertzig, oder so arg nicht sind, als
die Verführer; sintemal sie sonst schon ihres
Sinnes wären und nicht erst durch sie dürften
angelocket und verführet werden; aber welchen
es dem Verstande nach am rechten Lichte zur
Erkenntniß und Beurtheilung des guten und
bösen, des wahren und falschen, dem Willen
nach an der Kraft den Lockungen zu widerste-
hen, fehlet, und daher sich gar leicht hinreissen
lassen. Matth. 13, 21. heissen sie proskairoi,
Zeitgläubige, Röm. 16, 18. akakoi nicht so böse
und auf gewisse Art unschuldige, Eph. 4, 14.
nepioi, junge Kinder, welche sich von allerley
Wind der Lehre wägen und wiegen lassen.
Man hat demnach auch deßwegen, daß man
dieser Gefahr entgehen möge, dahin zu sehen,
daß man recht bevestiget werden möge, und
nebst der Gabe der Prüfung auch zu einer rech-
ten Stärcke des Geistes gelange.
c. Deleazein, locken, ist durch eine Lock-Speise
reitzen und sodenn fangen: welche Redens-
Art hergenommen ist von den Fischern und
Vogel-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 12-14.
[Spaltenumbruch] gegen die Glaͤubigen die Crone der Ehren da-
von tragen. Darum der Richter ſpricht Off.
22, 12. Siehe ich komme bald, und mein
Lohn mit mir, zu geben einem ieglichen,
wie ſeine Wercke ſeyn werden.
Darum
Paulus ſpricht: Was der Menſch ſaͤet, das
wird er erndten. Wer auf ſein Fleiſch
ſaͤet, der wird von dem Fleiſche das Ver-
derben erndten.
Gal. 6, 8.

5. Die alhier im gantzen Contexte von Pe-
tro beſchriebene falſche Lehrer befinden ſich ſon-
derlich im Pabſtthum. Es waͤre aber zu wuͤnſchen,
daß nicht auch die Evangeliſche Kirche damit er-
fuͤllet waͤre! Denn man hoͤret oft unter den Leh-
rern von ſolchen Schandflecken, daruͤber man
ſich billig entſetzen muß. Sie finden auch leider
bey ſo vielen Conſiſtoriis, wie ihren freyen Ein-
gang, alſo auch ihren Schutz, zum wenigſten be-
halten ſie in ihrem verderblichen Weſen ihren
freyen Lauf. Und wenn hingegen rechtſchaffne
Knechte GOttes hier und da zur Steurung der
greulichſten Aergerniß Huͤlfe ſuchen, ſo finden ſie
kein Gehoͤr. Welches gewiß ein ſolcher Verfall
der Kirche, auch der Evangeliſchen iſt, darauf
man Petri Weiſſagung wohl appliciren kan.

V. 14.

Haben Augen voll Ehebruchs, laſſen
ihnen die Suͤnde nicht wehren, locken an
ſich die leichtfertigen Seelen, haben ein
Hertz durchtrieben mit Geitz, verfluchte
Leute.

Anmerckungen.

1. Weil von ſolchen Leuten die Rede iſt,
welche groͤßten theils in der Ehe lebten, aber auſſer
derſelben der Geilheit nachhingen, ſo eignet ihnen
der Apoſtel den Ehebruch zu. Und dieſer wird
den Augen zugeſchrieben, weil durch die Augen,
oder das Anſchauen der Perſon des andern Ge-
ſchlechts die boͤſe Luſt zum Ehebruch entzuͤndet
wird, und weil ſie ſich durch die auf jene unzuͤchti-
ger Weiſe gerichtete Augen am erſten zu verra-
then pfleget. Es werden alſo die Augen alhier
nicht ohne das Hertz verſtanden. Wie denn un-
ſer Heyland Matth. 5, 18. beydes zuſammen ſetzet;
wenn er ſpricht: Wer ein Weib anſiehet, ihr
zu begehren, der hat ſchon mit ihr die Ehe
gebrochen in ſeinem Hertzen.

2. Und wenn im Griechiſchen an ſtatt des
Abſtracti, des Ehebruchs, das Concretum,
Ehebrecherinn, gebrauchet wird, ſo geſchiehet
ſolches auch nicht ohne Nachdruck. Denn weil
die boͤſen Begierden die Augen auf eine Perſon
des andern Geſchlechts richten, ſonderlich eine
geile, oder doch eine ſolche, welche man ſich zur
Geilheit erwuͤnſchet, ſo ſind die Augen voll wie
von der Geſtalt ſolcher Perſon, alſo auch in An-
ſehung des Hertzens von boͤſer Luſt. Und wo
man die Perſon auch gleich aus den Augen verlie-
ret, ſo behaͤlt man ſie doch vermoͤge der herrſchen-
den Begierde der Geſtalt noch in der Phantaſie,
und laͤßt ſich ſolche zur beſtaͤndigen boͤſen Reitzung
dienen.

3. Es iſt demnach, wenn man von der boͤ-
[Spaltenumbruch] ſen Brunſt befreyet bleiben will, noͤthig, daß man
ſeine Augen wohl bewahre, und ſie nicht mit Fleiß
herumſchieſſen laſſe; zuvorderſt aber das Fleiſch
ſelbſt creutzige ſamt den Luͤſten und Begierden,
damit, wo ja auch ohne Vorſatz dieſes und jenes
zur Reitzung in die Augen faͤllt, man dadurch
nicht eingenommen werde, oder wo einige Ent-
zuͤndung gemercket wird, ſolches unreine und
fremde Feuer durch die reine Liebe GOttes bald
wieder gedaͤmpfet werde.

4. Die Worte ἀκαταπάυστους ἁμαρτιάς, ſind
zu uͤberſetzen, welche von der Suͤnde nicht
ruhen,
und gehen auch auf die mit den boͤſen Be-
gierden verknuͤpften Augen. Da denn die Suͤn-
de alhier ſonderlich iſt die Suͤnde der Unzucht und
des Ehebruchs: als von welchem groben Laſter
die, welche ihm ergeben ſind, vor andern Suͤn-
der
und Suͤnderinnen genennet werden. Sie-
he Marc. 2, 15. 16. Matth. 21, 31. 32. Luc. 7, 37.
39. Joh. 8, 11. Und das iſt die Art wie aller, alſo
ſonderlich dieſer Suͤnde, daß der Menſch darin-
nen zwar Ruhe ſuchet, aber ſie nicht findet, oder,
wenn er ſie auch gleich zu finden vermeynet, doch
von neuer Begierde immer aufs neue beunruhiget
und dadurch zur fernern Ausuͤbung angetrieben
wird, und alſo ein rechter Knecht und Sclave der
Suͤnden iſt.

5. Und dabey bleibet es nicht, ſondern ſie
verfuͤhren auch andere und ziehen ſie in die Ge-
meinſchaft ihrer falſchen Lehre, ihrer Suͤnde und
ihres Verderbens: darauf die Worte gehen:
locken an ſich die leichtfertigen Seelen.

a. Die Seelen ſind die gantzen Menſchen, wel-
che, nach der Redens-Art der heiligen Schrift,
ihre Benennung haben von ihrem unſichtbaren
Haupt-Theile, der Seele; als welche bey der
Verunreinigung des Leibes und deſſen Glieder
am meiſten und aͤrgſten beflecket wird. Wel-
ches denn Befleckungen des Geiſtes ſind, wel-
che ſonſt auch durch ſubtilere Suͤnden geſche-
hen. 2 Cor. 7, 1.
b. ᾽Αστήρικτοι ſind nicht ſowol leichtfertige, als
ſie ſolche werden; ſondern es ſind ſolche, wel-
che zwar guthertzig, oder ſo arg nicht ſind, als
die Verfuͤhrer; ſintemal ſie ſonſt ſchon ihres
Sinnes waͤren und nicht erſt durch ſie duͤrften
angelocket und verfuͤhret werden; aber welchen
es dem Verſtande nach am rechten Lichte zur
Erkenntniß und Beurtheilung des guten und
boͤſen, des wahren und falſchen, dem Willen
nach an der Kraft den Lockungen zu widerſte-
hen, fehlet, und daher ſich gar leicht hinreiſſen
laſſen. Matth. 13, 21. heiſſen ſie πρόσκαιροι,
Zeitglaͤubige, Roͤm. 16, 18. ἄκακοι nicht ſo boͤſe
und auf gewiſſe Art unſchuldige, Eph. 4, 14.
νήπιοι, junge Kinder, welche ſich von allerley
Wind der Lehre waͤgen und wiegen laſſen.
Man hat demnach auch deßwegen, daß man
dieſer Gefahr entgehen moͤge, dahin zu ſehen,
daß man recht beveſtiget werden moͤge, und
nebſt der Gabe der Pruͤfung auch zu einer rech-
ten Staͤrcke des Geiſtes gelange.
c. Δελεάζειν, locken, iſt durch eine Lock-Speiſe
reitzen und ſodenn fangen: welche Redens-
Art hergenommen iſt von den Fiſchern und
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[618/0620] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 12-14. gegen die Glaͤubigen die Crone der Ehren da- von tragen. Darum der Richter ſpricht Off. 22, 12. Siehe ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben einem ieglichen, wie ſeine Wercke ſeyn werden. Darum Paulus ſpricht: Was der Menſch ſaͤet, das wird er erndten. Wer auf ſein Fleiſch ſaͤet, der wird von dem Fleiſche das Ver- derben erndten. Gal. 6, 8. 5. Die alhier im gantzen Contexte von Pe- tro beſchriebene falſche Lehrer befinden ſich ſon- derlich im Pabſtthum. Es waͤre aber zu wuͤnſchen, daß nicht auch die Evangeliſche Kirche damit er- fuͤllet waͤre! Denn man hoͤret oft unter den Leh- rern von ſolchen Schandflecken, daruͤber man ſich billig entſetzen muß. Sie finden auch leider bey ſo vielen Conſiſtoriis, wie ihren freyen Ein- gang, alſo auch ihren Schutz, zum wenigſten be- halten ſie in ihrem verderblichen Weſen ihren freyen Lauf. Und wenn hingegen rechtſchaffne Knechte GOttes hier und da zur Steurung der greulichſten Aergerniß Huͤlfe ſuchen, ſo finden ſie kein Gehoͤr. Welches gewiß ein ſolcher Verfall der Kirche, auch der Evangeliſchen iſt, darauf man Petri Weiſſagung wohl appliciren kan. V. 14. Haben Augen voll Ehebruchs, laſſen ihnen die Suͤnde nicht wehren, locken an ſich die leichtfertigen Seelen, haben ein Hertz durchtrieben mit Geitz, verfluchte Leute. Anmerckungen. 1. Weil von ſolchen Leuten die Rede iſt, welche groͤßten theils in der Ehe lebten, aber auſſer derſelben der Geilheit nachhingen, ſo eignet ihnen der Apoſtel den Ehebruch zu. Und dieſer wird den Augen zugeſchrieben, weil durch die Augen, oder das Anſchauen der Perſon des andern Ge- ſchlechts die boͤſe Luſt zum Ehebruch entzuͤndet wird, und weil ſie ſich durch die auf jene unzuͤchti- ger Weiſe gerichtete Augen am erſten zu verra- then pfleget. Es werden alſo die Augen alhier nicht ohne das Hertz verſtanden. Wie denn un- ſer Heyland Matth. 5, 18. beydes zuſammen ſetzet; wenn er ſpricht: Wer ein Weib anſiehet, ihr zu begehren, der hat ſchon mit ihr die Ehe gebrochen in ſeinem Hertzen. 2. Und wenn im Griechiſchen an ſtatt des Abſtracti, des Ehebruchs, das Concretum, Ehebrecherinn, gebrauchet wird, ſo geſchiehet ſolches auch nicht ohne Nachdruck. Denn weil die boͤſen Begierden die Augen auf eine Perſon des andern Geſchlechts richten, ſonderlich eine geile, oder doch eine ſolche, welche man ſich zur Geilheit erwuͤnſchet, ſo ſind die Augen voll wie von der Geſtalt ſolcher Perſon, alſo auch in An- ſehung des Hertzens von boͤſer Luſt. Und wo man die Perſon auch gleich aus den Augen verlie- ret, ſo behaͤlt man ſie doch vermoͤge der herrſchen- den Begierde der Geſtalt noch in der Phantaſie, und laͤßt ſich ſolche zur beſtaͤndigen boͤſen Reitzung dienen. 3. Es iſt demnach, wenn man von der boͤ- ſen Brunſt befreyet bleiben will, noͤthig, daß man ſeine Augen wohl bewahre, und ſie nicht mit Fleiß herumſchieſſen laſſe; zuvorderſt aber das Fleiſch ſelbſt creutzige ſamt den Luͤſten und Begierden, damit, wo ja auch ohne Vorſatz dieſes und jenes zur Reitzung in die Augen faͤllt, man dadurch nicht eingenommen werde, oder wo einige Ent- zuͤndung gemercket wird, ſolches unreine und fremde Feuer durch die reine Liebe GOttes bald wieder gedaͤmpfet werde. 4. Die Worte ἀκαταπάυστους ἁμαρτιάς, ſind zu uͤberſetzen, welche von der Suͤnde nicht ruhen, und gehen auch auf die mit den boͤſen Be- gierden verknuͤpften Augen. Da denn die Suͤn- de alhier ſonderlich iſt die Suͤnde der Unzucht und des Ehebruchs: als von welchem groben Laſter die, welche ihm ergeben ſind, vor andern Suͤn- der und Suͤnderinnen genennet werden. Sie- he Marc. 2, 15. 16. Matth. 21, 31. 32. Luc. 7, 37. 39. Joh. 8, 11. Und das iſt die Art wie aller, alſo ſonderlich dieſer Suͤnde, daß der Menſch darin- nen zwar Ruhe ſuchet, aber ſie nicht findet, oder, wenn er ſie auch gleich zu finden vermeynet, doch von neuer Begierde immer aufs neue beunruhiget und dadurch zur fernern Ausuͤbung angetrieben wird, und alſo ein rechter Knecht und Sclave der Suͤnden iſt. 5. Und dabey bleibet es nicht, ſondern ſie verfuͤhren auch andere und ziehen ſie in die Ge- meinſchaft ihrer falſchen Lehre, ihrer Suͤnde und ihres Verderbens: darauf die Worte gehen: locken an ſich die leichtfertigen Seelen. a. Die Seelen ſind die gantzen Menſchen, wel- che, nach der Redens-Art der heiligen Schrift, ihre Benennung haben von ihrem unſichtbaren Haupt-Theile, der Seele; als welche bey der Verunreinigung des Leibes und deſſen Glieder am meiſten und aͤrgſten beflecket wird. Wel- ches denn Befleckungen des Geiſtes ſind, wel- che ſonſt auch durch ſubtilere Suͤnden geſche- hen. 2 Cor. 7, 1. b. ᾽Αστήρικτοι ſind nicht ſowol leichtfertige, als ſie ſolche werden; ſondern es ſind ſolche, wel- che zwar guthertzig, oder ſo arg nicht ſind, als die Verfuͤhrer; ſintemal ſie ſonſt ſchon ihres Sinnes waͤren und nicht erſt durch ſie duͤrften angelocket und verfuͤhret werden; aber welchen es dem Verſtande nach am rechten Lichte zur Erkenntniß und Beurtheilung des guten und boͤſen, des wahren und falſchen, dem Willen nach an der Kraft den Lockungen zu widerſte- hen, fehlet, und daher ſich gar leicht hinreiſſen laſſen. Matth. 13, 21. heiſſen ſie πρόσκαιροι, Zeitglaͤubige, Roͤm. 16, 18. ἄκακοι nicht ſo boͤſe und auf gewiſſe Art unſchuldige, Eph. 4, 14. νήπιοι, junge Kinder, welche ſich von allerley Wind der Lehre waͤgen und wiegen laſſen. Man hat demnach auch deßwegen, daß man dieſer Gefahr entgehen moͤge, dahin zu ſehen, daß man recht beveſtiget werden moͤge, und nebſt der Gabe der Pruͤfung auch zu einer rech- ten Staͤrcke des Geiſtes gelange. c. Δελεάζειν, locken, iſt durch eine Lock-Speiſe reitzen und ſodenn fangen: welche Redens- Art hergenommen iſt von den Fiſchern und Vogel-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/620>, abgerufen am 22.11.2024.