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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung
Erklärung
des Ersten Briefes
Johannis.
I. Historische Nachricht
Von diesem Briefe.

Jnnhalt.
[Spaltenumbruch]

Der Urheber, Johannes, von welchem unterschiedliche
Puncte zu mercken sind. §. I.

Die Gemeine, an welche er geschrieben §. II.
Der Ort, wo, und die Zeit, wenn, dieser Brief gestellet ist
§. III.

Die Veranlassung dazu §. IV.
[Spaltenumbruch]
Der Jnnhalt und Zweck. §. V.
Die Aphoristische Schreib-Art §. VI.
Die Exegetische Eintheilung nach 12. Haupt-Sätzen, oder
aphorismis §. VII.

Der sonderbare Nutze dieses Briefes zur Prüfung des
Gnaden-Standes §. VIII.

§. I.

[Spaltenumbruch]

DEr Urheber dieses Briefes ist
aus Eingebung des Heiligen Gei-
stes der Apostel und Evangelist
Johannes, ob er sich gleich im
Anfange, wie sonst in den mei-
sten übrigen Apostolischen Briefen geschehen
ist, nicht ausdrücklich genennet hat. Da zur
Zeit dieses geschriebnen Briefes das Evange-
lium Johannis den Gläubigen allem Ansehen
nach schon sehr bekannt gewesen ist, so haben
sie ihn, als den rechten Auctorem, auch bald
aus der gantz offenbaren Ubereinstimmung des
Stili und der Materie selbst gar leichtlich erkant.
So ist auch die Uberzeugung davon so viel ge-
wisser gewesen, so viel mehr Johannes mit sei-
ner eigenen Hand, und bey seiner persönlichen
Gegenwart mit seiner mündlichen Versiche-
rung es bestätiget hat. Es sind aber vom Jo-
hanne folgende Puncte insonderheit zu erwe-
gen:

1. Der Name, welchen er hat von dem Worte
[hvhy] und [nkh] gratia, Hebräisch [nnkhvy] oder
[nnkhvhy] 1 Chron. 12, 12. c. 26, 3. und also ist Jo-
hannes so viel, als kekharitomenos, ein von GOtt
begnadigter: wie dieser Apostel vor andern
auch wircklich war. Es hat demnach ein ie-
der, der diesen Namen führet, dabey auf sei-
ne Taufe zurück zusehen und sich mit Erneue-
rung des Taufbundes die dadurch von GOtt
empfangene Gnade wohl vorzustellen. Daß
dieser Johannes sonst ein Bruder Jacobi des
Aeltern und ein Sohn Zebedäi, und vor dem
ein Fischer gewesen, das sehe man Matth.
4, 21. c. 10, 2. Hierzu kam der besondere Amts-
Name eines Donner-Kindes, welchen er
mit Jacobo von CHristo empfangen hat
Marc. 3, 17. Welche Benennung auf den
grossen Nachdruck seiner Lehre gehet. Denn
Obgleich das süsse und sanfte Evangelium
[Spaltenumbruch] von Christo seine Haupt-Lehre war und blieb,
sein Vortrag auch recht Evangelisch und lieb-
reich war; so drang jenes doch mit diesem
dergestalt ein und durch, als keine blosse Ge-
setz-Predigt iemals würde gethan haben.
Welches auch noch allezeit die Eigenschaft,
einer recht Evangelischen Lehr-Art ist: da-
von doch aber die Einschärfung des Gesetzes
niemals abgesondert werden muß; wie man
auch an den Schriften Johannis siehet.
2. Die Gegenwart theils bey der Verklärung
Christi auf dem Berge Matth. 17, 1. u. f.
theils bey seinem Leiden am Oelberge c. 26,
37. auch bey dem Creutze Christi, da die übri-
gen Jünger aus Furcht sich verborgen hiel-
ten Joh. 19, 26. Siehe auch Gal. 2, 9. da
bezeuget wird, daß er mit Petro und Jacobo
für eine sonderbare Seule der Kirche sey ge-
halten worden.
3. Der besondere Vorzug, welchen er bey Chri-
sto in der Liebe hatte, und ihm daher, nach
Orientalischer Gewohnheit, zu nechst an der
Brust lag Joh. 13, 23. c. 19, 26. c. 20, 2.
21, 20.
4. Das Prophetische Amt, welches er nebst
dem Amte eines Apostels und Evangelisten
in einem gantz besondern Masse gehabt und
mit Verzeichniß der ihm gegebnen hohen Of-
fenbarungen bewiesen hat.
5. Das hohe Alter, welches er vor allen an-
dern Aposteln erreichet hat; sintemal, da
er zur Zeit Domitiani gegen das Ende des
ersten Seculi noch gelebet, und auf die Jnsel
Patmus ist relegiret worden, er fast ein
hundertjähriges Alter erreichet, und daher
auch den Namen eines Aeltesten, auch eines
Theologi in der Kirche erlanget hat, wie aus
der Zuschrift der beyden letztern Briefe und aus
dem Titel des Buchs der Offenbarung zu er-
sehen
Richtige und erbauliche Erklaͤrung
Erklaͤrung
des Erſten Briefes
Johannis.
I. Hiſtoriſche Nachricht
Von dieſem Briefe.

Jnnhalt.
[Spaltenumbruch]

Der Urheber, Johannes, von welchem unterſchiedliche
Puncte zu mercken ſind. §. I.

Die Gemeine, an welche er geſchrieben §. II.
Der Ort, wo, und die Zeit, wenn, dieſer Brief geſtellet iſt
§. III.

Die Veranlaſſung dazu §. IV.
[Spaltenumbruch]
Der Jnnhalt und Zweck. §. V.
Die Aphoriſtiſche Schreib-Art §. VI.
Die Exegetiſche Eintheilung nach 12. Haupt-Saͤtzen, oder
aphorismis §. VII.

Der ſonderbare Nutze dieſes Briefes zur Pruͤfung des
Gnaden-Standes §. VIII.

§. I.

[Spaltenumbruch]

DEr Urheber dieſes Briefes iſt
aus Eingebung des Heiligen Gei-
ſtes der Apoſtel und Evangeliſt
Johannes, ob er ſich gleich im
Anfange, wie ſonſt in den mei-
ſten uͤbrigen Apoſtoliſchen Briefen geſchehen
iſt, nicht ausdruͤcklich genennet hat. Da zur
Zeit dieſes geſchriebnen Briefes das Evange-
lium Johannis den Glaͤubigen allem Anſehen
nach ſchon ſehr bekannt geweſen iſt, ſo haben
ſie ihn, als den rechten Auctorem, auch bald
aus der gantz offenbaren Ubereinſtimmung des
Stili und der Materie ſelbſt gar leichtlich erkant.
So iſt auch die Uberzeugung davon ſo viel ge-
wiſſer geweſen, ſo viel mehr Johannes mit ſei-
ner eigenen Hand, und bey ſeiner perſoͤnlichen
Gegenwart mit ſeiner muͤndlichen Verſiche-
rung es beſtaͤtiget hat. Es ſind aber vom Jo-
hanne folgende Puncte inſonderheit zu erwe-
gen:

1. Der Name, welchen er hat von dem Worte
[הוהי] und [ןח] gratia, Hebraͤiſch [ןנחוי] oder
[ןנחוהי] 1 Chron. 12, 12. c. 26, 3. und alſo iſt Jo-
hannes ſo viel, als κεχαριτωμένος, ein von GOtt
begnadigter: wie dieſer Apoſtel vor andern
auch wircklich war. Es hat demnach ein ie-
der, der dieſen Namen fuͤhret, dabey auf ſei-
ne Taufe zuruͤck zuſehen und ſich mit Erneue-
rung des Taufbundes die dadurch von GOtt
empfangene Gnade wohl vorzuſtellen. Daß
dieſer Johannes ſonſt ein Bruder Jacobi des
Aeltern und ein Sohn Zebedaͤi, und vor dem
ein Fiſcher geweſen, das ſehe man Matth.
4, 21. c. 10, 2. Hierzu kam der beſondere Amts-
Name eines Donner-Kindes, welchen er
mit Jacobo von CHriſto empfangen hat
Marc. 3, 17. Welche Benennung auf den
groſſen Nachdruck ſeiner Lehre gehet. Denn
Obgleich das ſuͤſſe und ſanfte Evangelium
[Spaltenumbruch] von Chriſto ſeine Haupt-Lehre war und blieb,
ſein Vortrag auch recht Evangeliſch und lieb-
reich war; ſo drang jenes doch mit dieſem
dergeſtalt ein und durch, als keine bloſſe Ge-
ſetz-Predigt iemals wuͤrde gethan haben.
Welches auch noch allezeit die Eigenſchaft,
einer recht Evangeliſchen Lehr-Art iſt: da-
von doch aber die Einſchaͤrfung des Geſetzes
niemals abgeſondert werden muß; wie man
auch an den Schriften Johannis ſiehet.
2. Die Gegenwart theils bey der Verklaͤrung
Chriſti auf dem Berge Matth. 17, 1. u. f.
theils bey ſeinem Leiden am Oelberge c. 26,
37. auch bey dem Creutze Chriſti, da die uͤbri-
gen Juͤnger aus Furcht ſich verborgen hiel-
ten Joh. 19, 26. Siehe auch Gal. 2, 9. da
bezeuget wird, daß er mit Petro und Jacobo
fuͤr eine ſonderbare Seule der Kirche ſey ge-
halten worden.
3. Der beſondere Vorzug, welchen er bey Chri-
ſto in der Liebe hatte, und ihm daher, nach
Orientaliſcher Gewohnheit, zu nechſt an der
Bruſt lag Joh. 13, 23. c. 19, 26. c. 20, 2.
21, 20.
4. Das Prophetiſche Amt, welches er nebſt
dem Amte eines Apoſtels und Evangeliſten
in einem gantz beſondern Maſſe gehabt und
mit Verzeichniß der ihm gegebnen hohen Of-
fenbarungen bewieſen hat.
5. Das hohe Alter, welches er vor allen an-
dern Apoſteln erreichet hat; ſintemal, da
er zur Zeit Domitiani gegen das Ende des
erſten Seculi noch gelebet, und auf die Jnſel
Patmus iſt relegiret worden, er faſt ein
hundertjaͤhriges Alter erreichet, und daher
auch den Namen eines Aelteſten, auch eines
Theologi in der Kirche erlanget hat, wie aus
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[644/0646] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Erklaͤrung des Erſten Briefes Johannis. I. Hiſtoriſche Nachricht Von dieſem Briefe. Jnnhalt. Der Urheber, Johannes, von welchem unterſchiedliche Puncte zu mercken ſind. §. I. Die Gemeine, an welche er geſchrieben §. II. Der Ort, wo, und die Zeit, wenn, dieſer Brief geſtellet iſt §. III. Die Veranlaſſung dazu §. IV. Der Jnnhalt und Zweck. §. V. Die Aphoriſtiſche Schreib-Art §. VI. Die Exegetiſche Eintheilung nach 12. Haupt-Saͤtzen, oder aphorismis §. VII. Der ſonderbare Nutze dieſes Briefes zur Pruͤfung des Gnaden-Standes §. VIII. §. I. DEr Urheber dieſes Briefes iſt aus Eingebung des Heiligen Gei- ſtes der Apoſtel und Evangeliſt Johannes, ob er ſich gleich im Anfange, wie ſonſt in den mei- ſten uͤbrigen Apoſtoliſchen Briefen geſchehen iſt, nicht ausdruͤcklich genennet hat. Da zur Zeit dieſes geſchriebnen Briefes das Evange- lium Johannis den Glaͤubigen allem Anſehen nach ſchon ſehr bekannt geweſen iſt, ſo haben ſie ihn, als den rechten Auctorem, auch bald aus der gantz offenbaren Ubereinſtimmung des Stili und der Materie ſelbſt gar leichtlich erkant. So iſt auch die Uberzeugung davon ſo viel ge- wiſſer geweſen, ſo viel mehr Johannes mit ſei- ner eigenen Hand, und bey ſeiner perſoͤnlichen Gegenwart mit ſeiner muͤndlichen Verſiche- rung es beſtaͤtiget hat. Es ſind aber vom Jo- hanne folgende Puncte inſonderheit zu erwe- gen: 1. Der Name, welchen er hat von dem Worte הוהי und ןח gratia, Hebraͤiſch ןנחוי oder ןנחוהי 1 Chron. 12, 12. c. 26, 3. und alſo iſt Jo- hannes ſo viel, als κεχαριτωμένος, ein von GOtt begnadigter: wie dieſer Apoſtel vor andern auch wircklich war. Es hat demnach ein ie- der, der dieſen Namen fuͤhret, dabey auf ſei- ne Taufe zuruͤck zuſehen und ſich mit Erneue- rung des Taufbundes die dadurch von GOtt empfangene Gnade wohl vorzuſtellen. Daß dieſer Johannes ſonſt ein Bruder Jacobi des Aeltern und ein Sohn Zebedaͤi, und vor dem ein Fiſcher geweſen, das ſehe man Matth. 4, 21. c. 10, 2. Hierzu kam der beſondere Amts- Name eines Donner-Kindes, welchen er mit Jacobo von CHriſto empfangen hat Marc. 3, 17. Welche Benennung auf den groſſen Nachdruck ſeiner Lehre gehet. Denn Obgleich das ſuͤſſe und ſanfte Evangelium von Chriſto ſeine Haupt-Lehre war und blieb, ſein Vortrag auch recht Evangeliſch und lieb- reich war; ſo drang jenes doch mit dieſem dergeſtalt ein und durch, als keine bloſſe Ge- ſetz-Predigt iemals wuͤrde gethan haben. Welches auch noch allezeit die Eigenſchaft, einer recht Evangeliſchen Lehr-Art iſt: da- von doch aber die Einſchaͤrfung des Geſetzes niemals abgeſondert werden muß; wie man auch an den Schriften Johannis ſiehet. 2. Die Gegenwart theils bey der Verklaͤrung Chriſti auf dem Berge Matth. 17, 1. u. f. theils bey ſeinem Leiden am Oelberge c. 26, 37. auch bey dem Creutze Chriſti, da die uͤbri- gen Juͤnger aus Furcht ſich verborgen hiel- ten Joh. 19, 26. Siehe auch Gal. 2, 9. da bezeuget wird, daß er mit Petro und Jacobo fuͤr eine ſonderbare Seule der Kirche ſey ge- halten worden. 3. Der beſondere Vorzug, welchen er bey Chri- ſto in der Liebe hatte, und ihm daher, nach Orientaliſcher Gewohnheit, zu nechſt an der Bruſt lag Joh. 13, 23. c. 19, 26. c. 20, 2. 21, 20. 4. Das Prophetiſche Amt, welches er nebſt dem Amte eines Apoſtels und Evangeliſten in einem gantz beſondern Maſſe gehabt und mit Verzeichniß der ihm gegebnen hohen Of- fenbarungen bewieſen hat. 5. Das hohe Alter, welches er vor allen an- dern Apoſteln erreichet hat; ſintemal, da er zur Zeit Domitiani gegen das Ende des erſten Seculi noch gelebet, und auf die Jnſel Patmus iſt relegiret worden, er faſt ein hundertjaͤhriges Alter erreichet, und daher auch den Namen eines Aelteſten, auch eines Theologi in der Kirche erlanget hat, wie aus der Zuſchrift der beyden letzteꝛn Briefe und aus dem Titel des Buchs der Offenbarung zu er- ſehen

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/646>, abgerufen am 01.11.2024.