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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 1-3.
[Spaltenumbruch] Selig sind, die nicht sehen und doch gläu-
ben!
Joh. 20, 29. Siehe deßgleichen 1
Pet. 1, 8.
e. Es hatten aber die Apostel ausser dem Gehör
und dem Gesichte auch den Leib unsers Heylan-
des mit ihren Händen ehrerbietigst berühret,
und auch auf diese Art ihren Glauben gestärcket,
sonderlich nach seiner Auferstehung. Denn
was wir vom Thoma nach einer besondern
Veranlassung lesen Joh. 20, 27. das ist den
übrigen Aposteln auch anderwärtig verstattet
worden. Welches der Apostel auch wohl zu
dem Ende alhier bezeuget, damit er dadurch
den Jrr-Geistern, welche leugneten, daß der
Sohn GOttes eine wahrhaftige menschliche
Natur an sich genommen hatte, gleich anfangs
wiedersprechen möchte. Siehe Cap. 4, 3.
War nun das hören und das sehen (welches
letztere durch das Beschauen des Nachdrucks
wegen erläutert, und also damit, um dazu den
Zusatz von der Betastung zu machen, wieder-
holet wird) sonderlich auch vom Gemüthe zu
verstehen, so haben wir auch das Betasten da-
von mit anzunehmen; daß es nemlich ein recht
gläubiges Anrühren des HErrn gewesen sey,
dabey die Begierde des Glaubens innerlich
sich noch geschäftiger erwiesen hat, als die
Hände.
f. Jm übrigen siehet leichtlich ein ieder, daß diese
Worte dieses ersten Verses der Syntactischen
Ordnung nach mit den Worten des dritten
Verses, genau zusammen hangen, und solcher
Verbindung wegen einige Worte aus dem er-
sten, im Anfange des dritten wiederholet wer-
den, der andere Vers aber darzwischen als in
parenthesi stehe: wenn der Apostel also
fortfähret:
V. 2.

Und das Leben (weil es selbständiger Na-
tur und selbst der lebendige GOtt ist) ist (in an-
genommener menschlichen Natur sichtbar) er-
schienen, und wir haben gesehen, und zeu-
gen und verkündigen euch das
(persön-
liche und dabey auch das erworbene und ge-
schenckte) Leben, das ewig ist; welches war
bey dem Vater
(vor dem Anfange aller Dinge
v. 1. Evang. c. 1, 1.) und ist uns erschienen (al-
so daß er das Leben und ein unvergängliches
Wesen ans Licht gebracht hat. 2 Tim. 1, 10.)

Anmerckungen.

1. Da, wes das Hertz voll ist, davon der
Mund gerne übergehet nach Matth. 12, 34. so ist
alhier Johannis Feder an statt des Mundes: als
welche nach der Fülle seines Glaubens- und Lie-
bes-vollen Hertzens bey dem, was schon bezeuget
war, noch ein wenig stehen bleibet, und es seines
hohen Werths wegen mit einiger Veränderung
wiederholet. Damit denn der Apostel den heili-
gen Affect auch bey den Lesern so vielmehr hat
erwecken wollen.

2. Es war zwar schon im alten Testamente
der Sohn GOttes vielfältig offenbaret durch die
Weissagung und Vorbilder, auch erschienen als
[Spaltenumbruch] ein Engel unter menschlicher Gestalt: aber die
rechte Haupt-Erscheinung geschahe in der Fülle
der Zeit. Und da er dort nur gehabt hatte corpus
parastatikon, einen solchen Leib, der mehr die Fi-
gur,
als das eigentliche Wesen eines Leibes hatte,
und nur zu gewissen kurtzen Verrichtungen die-
nete: so war hier corpus upostatikon, ein recht
persönlicher Leib, oder die eigentliche menschliche
Natur nach Leib und Seele. Davon Paulus
spricht: Kündlich groß ist das gottselige
Geheimniß; GOTT ist geoffenbaret im
Fleische.
Siehe Joh. 1, 14.

3. Bey den Worten wir haben gesehen,
zeugen, verkündigen
stehet die dreymal gesetzte
particula kai, und, auch nicht ohne Nachdruck.
Das Wort Zeugen gehet auf den Lehr-Vortrag
insgemein, das verkündigen aber mit dem Zu-
satze des Worts umin, euch, auf die besondere an
die Gläubigen gerichtete Application. Und da-
mit setzten die Apostel das Prophetische Amt
Christi fort.

4. Wenn von dem Sohne GOttes, als
dem selbständigen ewigen Leben gesaget wird, daß
er bey dem Vater war, oder gewesen sey, so sie-
het er damit wieder zurück auf das, was er im An-
fange des Briefes bezeuget hat. Wie aber der
Sohn bey dem Vater gewesen, das zeiget er selbst
deutlich an, wenn er spricht: Jch und der
Vater sind eins.
Joh. 10, 30. Und c. 14, 9.
Philippe, wer mich siehet, der siehet den
Vater. Glaubest du nicht, daß ich im Va-
ter bin, und der Vater in mir ist?
Siehe auch
c. 17, 5. da er saget: Und, nun verkläre mich,
du Vater, bey dir selbst, mit der Klarheit,
die ich bey dir hatte, ehe die Welt war.

Deßgleichen v. 21. 23.

V. 3.

Was wir (sage ich nach v. 1.) gesehen
und gehöret haben, das verkündigen wir
auch, auf daß auch ihr mit uns Gemein-
schaft habet
(in der gemeinen Kindschaft GOt-
tes) und unsere Gemeinschaft sey (Gr. unsere
Gemeinschaft aber ist) mit dem Vater, und
mit seinem Sohne, JEsu Christo.

Anmerckungen.

1. Die Apostel waren von GOtt hoch be-
gnadigte und hochbegabte Männer. Da nun
eines wahren Christen Eigenschaft diese ist, daß
er einen ieden Neben-Christen in Demuth gerne
höher hält, als sich selbst; so hielte ein ieder die
Apostel nicht unbillig so viel höher, so vielmehr sie
von GOtt in seinem Dienste gewürdiget waren.
Weil doch aber diese Vorzüge nicht auf die von
Christo er worbene Seligkeit selbst gingen; son-
dern diese allen Christen ohne Unterscheid gemein
ist, so suchet sie der Apostel davon zu überzeugen,
und dadurch so vielmehr zu ermuntern.

2. Es bestunde demnach die Gemeinsthaft
der übrigen Christen mit den Aposteln in dem
gemeinschaftlichen Rechte und Antheile am Reiche
GOttes und im freyen Genusse der allgemeinen
Heyls-Güter: sintemal sie mit einander em-
pfangen hatten isotimon pistin eben denselben, oder

gleich
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 1-3.
[Spaltenumbruch] Selig ſind, die nicht ſehen und doch glaͤu-
ben!
Joh. 20, 29. Siehe deßgleichen 1
Pet. 1, 8.
e. Es hatten aber die Apoſtel auſſer dem Gehoͤr
und dem Geſichte auch den Leib unſers Heylan-
des mit ihren Haͤnden ehrerbietigſt beruͤhret,
und auch auf dieſe Art ihren Glauben geſtaͤrcket,
ſonderlich nach ſeiner Auferſtehung. Denn
was wir vom Thoma nach einer beſondern
Veranlaſſung leſen Joh. 20, 27. das iſt den
uͤbrigen Apoſteln auch anderwaͤrtig verſtattet
worden. Welches der Apoſtel auch wohl zu
dem Ende alhier bezeuget, damit er dadurch
den Jrr-Geiſtern, welche leugneten, daß der
Sohn GOttes eine wahrhaftige menſchliche
Natur an ſich genommen hatte, gleich anfangs
wiederſprechen moͤchte. Siehe Cap. 4, 3.
War nun das hoͤren und das ſehen (welches
letztere durch das Beſchauen des Nachdrucks
wegen erlaͤutert, und alſo damit, um dazu den
Zuſatz von der Betaſtung zu machen, wieder-
holet wird) ſonderlich auch vom Gemuͤthe zu
verſtehen, ſo haben wir auch das Betaſten da-
von mit anzunehmen; daß es nemlich ein recht
glaͤubiges Anruͤhren des HErrn geweſen ſey,
dabey die Begierde des Glaubens innerlich
ſich noch geſchaͤftiger erwieſen hat, als die
Haͤnde.
f. Jm uͤbrigen ſiehet leichtlich ein ieder, daß dieſe
Worte dieſes erſten Verſes der Syntactiſchen
Ordnung nach mit den Worten des dritten
Verſes, genau zuſammen hangen, und ſolcher
Verbindung wegen einige Worte aus dem er-
ſten, im Anfange des dritten wiederholet wer-
den, der andere Vers aber darzwiſchen als in
parentheſi ſtehe: wenn der Apoſtel alſo
fortfaͤhret:
V. 2.

Und das Leben (weil es ſelbſtaͤndiger Na-
tur und ſelbſt der lebendige GOtt iſt) iſt (in an-
genommener menſchlichen Natur ſichtbar) er-
ſchienen, und wir haben geſehen, und zeu-
gen und verkuͤndigen euch das
(perſoͤn-
liche und dabey auch das erworbene und ge-
ſchenckte) Leben, das ewig iſt; welches war
bey dem Vater
(vor dem Anfange aller Dinge
v. 1. Evang. c. 1, 1.) und iſt uns erſchienen (al-
ſo daß er das Leben und ein unvergaͤngliches
Weſen ans Licht gebracht hat. 2 Tim. 1, 10.)

Anmerckungen.

1. Da, wes das Hertz voll iſt, davon der
Mund gerne uͤbergehet nach Matth. 12, 34. ſo iſt
alhier Johannis Feder an ſtatt des Mundes: als
welche nach der Fuͤlle ſeines Glaubens- und Lie-
bes-vollen Hertzens bey dem, was ſchon bezeuget
war, noch ein wenig ſtehen bleibet, und es ſeines
hohen Werths wegen mit einiger Veraͤnderung
wiederholet. Damit denn der Apoſtel den heili-
gen Affect auch bey den Leſern ſo vielmehr hat
erwecken wollen.

2. Es war zwar ſchon im alten Teſtamente
der Sohn GOttes vielfaͤltig offenbaret durch die
Weiſſagung und Vorbilder, auch erſchienen als
[Spaltenumbruch] ein Engel unter menſchlicher Geſtalt: aber die
rechte Haupt-Erſcheinung geſchahe in der Fuͤlle
der Zeit. Und da er dort nur gehabt hatte corpus
παραϛατικὸν, einen ſolchen Leib, der mehr die Fi-
gur,
als das eigentliche Weſen eines Leibes hatte,
und nur zu gewiſſen kurtzen Verrichtungen die-
nete: ſo war hier corpus ὑποϛατικόν, ein recht
perſoͤnlicher Leib, oder die eigentliche menſchliche
Natur nach Leib und Seele. Davon Paulus
ſpricht: Kuͤndlich groß iſt das gottſelige
Geheimniß; GOTT iſt geoffenbaret im
Fleiſche.
Siehe Joh. 1, 14.

3. Bey den Worten wir haben geſehen,
zeugen, verkuͤndigen
ſtehet die dreymal geſetzte
particula καὶ, und, auch nicht ohne Nachdruck.
Das Wort Zeugen gehet auf den Lehr-Vortrag
insgemein, das verkuͤndigen aber mit dem Zu-
ſatze des Worts ὑμῖν, euch, auf die beſondere an
die Glaͤubigen gerichtete Application. Und da-
mit ſetzten die Apoſtel das Prophetiſche Amt
Chriſti fort.

4. Wenn von dem Sohne GOttes, als
dem ſelbſtaͤndigen ewigen Leben geſaget wird, daß
er bey dem Vater war, oder geweſen ſey, ſo ſie-
het er damit wieder zuruͤck auf das, was er im An-
fange des Briefes bezeuget hat. Wie aber der
Sohn bey dem Vater geweſen, das zeiget er ſelbſt
deutlich an, wenn er ſpricht: Jch und der
Vater ſind eins.
Joh. 10, 30. Und c. 14, 9.
Philippe, wer mich ſiehet, der ſiehet den
Vater. Glaubeſt du nicht, daß ich im Va-
ter bin, und der Vater in mir iſt?
Siehe auch
c. 17, 5. da er ſaget: Und, nun verklaͤre mich,
du Vater, bey dir ſelbſt, mit der Klarheit,
die ich bey dir hatte, ehe die Welt war.

Deßgleichen v. 21. 23.

V. 3.

Was wir (ſage ich nach v. 1.) geſehen
und gehoͤret haben, das verkuͤndigen wir
auch, auf daß auch ihr mit uns Gemein-
ſchaft habet
(in der gemeinen Kindſchaft GOt-
tes) und unſere Gemeinſchaft ſey (Gr. unſere
Gemeinſchaft aber iſt) mit dem Vater, und
mit ſeinem Sohne, JEſu Chriſto.

Anmerckungen.

1. Die Apoſtel waren von GOtt hoch be-
gnadigte und hochbegabte Maͤnner. Da nun
eines wahren Chriſten Eigenſchaft dieſe iſt, daß
er einen ieden Neben-Chriſten in Demuth gerne
hoͤher haͤlt, als ſich ſelbſt; ſo hielte ein ieder die
Apoſtel nicht unbillig ſo viel hoͤher, ſo vielmehr ſie
von GOtt in ſeinem Dienſte gewuͤrdiget waren.
Weil doch aber dieſe Vorzuͤge nicht auf die von
Chriſto er worbene Seligkeit ſelbſt gingen; ſon-
dern dieſe allen Chriſten ohne Unterſcheid gemein
iſt, ſo ſuchet ſie der Apoſtel davon zu uͤberzeugen,
und dadurch ſo vielmehr zu ermuntern.

2. Es beſtunde demnach die Gemeinſthaft
der uͤbrigen Chriſten mit den Apoſteln in dem
gemeinſchaftlichen Rechte und Antheile am Reiche
GOttes und im freyen Genuſſe der allgemeinen
Heyls-Guͤter: ſintemal ſie mit einander em-
pfangen hatten ἰσότιμον πίϛιν eben denſelben, oder

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[648/0650] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 1-3. Selig ſind, die nicht ſehen und doch glaͤu- ben! Joh. 20, 29. Siehe deßgleichen 1 Pet. 1, 8. e. Es hatten aber die Apoſtel auſſer dem Gehoͤr und dem Geſichte auch den Leib unſers Heylan- des mit ihren Haͤnden ehrerbietigſt beruͤhret, und auch auf dieſe Art ihren Glauben geſtaͤrcket, ſonderlich nach ſeiner Auferſtehung. Denn was wir vom Thoma nach einer beſondern Veranlaſſung leſen Joh. 20, 27. das iſt den uͤbrigen Apoſteln auch anderwaͤrtig verſtattet worden. Welches der Apoſtel auch wohl zu dem Ende alhier bezeuget, damit er dadurch den Jrr-Geiſtern, welche leugneten, daß der Sohn GOttes eine wahrhaftige menſchliche Natur an ſich genommen hatte, gleich anfangs wiederſprechen moͤchte. Siehe Cap. 4, 3. War nun das hoͤren und das ſehen (welches letztere durch das Beſchauen des Nachdrucks wegen erlaͤutert, und alſo damit, um dazu den Zuſatz von der Betaſtung zu machen, wieder- holet wird) ſonderlich auch vom Gemuͤthe zu verſtehen, ſo haben wir auch das Betaſten da- von mit anzunehmen; daß es nemlich ein recht glaͤubiges Anruͤhren des HErrn geweſen ſey, dabey die Begierde des Glaubens innerlich ſich noch geſchaͤftiger erwieſen hat, als die Haͤnde. f. Jm uͤbrigen ſiehet leichtlich ein ieder, daß dieſe Worte dieſes erſten Verſes der Syntactiſchen Ordnung nach mit den Worten des dritten Verſes, genau zuſammen hangen, und ſolcher Verbindung wegen einige Worte aus dem er- ſten, im Anfange des dritten wiederholet wer- den, der andere Vers aber darzwiſchen als in parentheſi ſtehe: wenn der Apoſtel alſo fortfaͤhret: V. 2. Und das Leben (weil es ſelbſtaͤndiger Na- tur und ſelbſt der lebendige GOtt iſt) iſt (in an- genommener menſchlichen Natur ſichtbar) er- ſchienen, und wir haben geſehen, und zeu- gen und verkuͤndigen euch das (perſoͤn- liche und dabey auch das erworbene und ge- ſchenckte) Leben, das ewig iſt; welches war bey dem Vater (vor dem Anfange aller Dinge v. 1. Evang. c. 1, 1.) und iſt uns erſchienen (al- ſo daß er das Leben und ein unvergaͤngliches Weſen ans Licht gebracht hat. 2 Tim. 1, 10.) Anmerckungen. 1. Da, wes das Hertz voll iſt, davon der Mund gerne uͤbergehet nach Matth. 12, 34. ſo iſt alhier Johannis Feder an ſtatt des Mundes: als welche nach der Fuͤlle ſeines Glaubens- und Lie- bes-vollen Hertzens bey dem, was ſchon bezeuget war, noch ein wenig ſtehen bleibet, und es ſeines hohen Werths wegen mit einiger Veraͤnderung wiederholet. Damit denn der Apoſtel den heili- gen Affect auch bey den Leſern ſo vielmehr hat erwecken wollen. 2. Es war zwar ſchon im alten Teſtamente der Sohn GOttes vielfaͤltig offenbaret durch die Weiſſagung und Vorbilder, auch erſchienen als ein Engel unter menſchlicher Geſtalt: aber die rechte Haupt-Erſcheinung geſchahe in der Fuͤlle der Zeit. Und da er dort nur gehabt hatte corpus παραϛατικὸν, einen ſolchen Leib, der mehr die Fi- gur, als das eigentliche Weſen eines Leibes hatte, und nur zu gewiſſen kurtzen Verrichtungen die- nete: ſo war hier corpus ὑποϛατικόν, ein recht perſoͤnlicher Leib, oder die eigentliche menſchliche Natur nach Leib und Seele. Davon Paulus ſpricht: Kuͤndlich groß iſt das gottſelige Geheimniß; GOTT iſt geoffenbaret im Fleiſche. Siehe Joh. 1, 14. 3. Bey den Worten wir haben geſehen, zeugen, verkuͤndigen ſtehet die dreymal geſetzte particula καὶ, und, auch nicht ohne Nachdruck. Das Wort Zeugen gehet auf den Lehr-Vortrag insgemein, das verkuͤndigen aber mit dem Zu- ſatze des Worts ὑμῖν, euch, auf die beſondere an die Glaͤubigen gerichtete Application. Und da- mit ſetzten die Apoſtel das Prophetiſche Amt Chriſti fort. 4. Wenn von dem Sohne GOttes, als dem ſelbſtaͤndigen ewigen Leben geſaget wird, daß er bey dem Vater war, oder geweſen ſey, ſo ſie- het er damit wieder zuruͤck auf das, was er im An- fange des Briefes bezeuget hat. Wie aber der Sohn bey dem Vater geweſen, das zeiget er ſelbſt deutlich an, wenn er ſpricht: Jch und der Vater ſind eins. Joh. 10, 30. Und c. 14, 9. Philippe, wer mich ſiehet, der ſiehet den Vater. Glaubeſt du nicht, daß ich im Va- ter bin, und der Vater in mir iſt? Siehe auch c. 17, 5. da er ſaget: Und, nun verklaͤre mich, du Vater, bey dir ſelbſt, mit der Klarheit, die ich bey dir hatte, ehe die Welt war. Deßgleichen v. 21. 23. V. 3. Was wir (ſage ich nach v. 1.) geſehen und gehoͤret haben, das verkuͤndigen wir auch, auf daß auch ihr mit uns Gemein- ſchaft habet (in der gemeinen Kindſchaft GOt- tes) und unſere Gemeinſchaft ſey (Gr. unſere Gemeinſchaft aber iſt) mit dem Vater, und mit ſeinem Sohne, JEſu Chriſto. Anmerckungen. 1. Die Apoſtel waren von GOtt hoch be- gnadigte und hochbegabte Maͤnner. Da nun eines wahren Chriſten Eigenſchaft dieſe iſt, daß er einen ieden Neben-Chriſten in Demuth gerne hoͤher haͤlt, als ſich ſelbſt; ſo hielte ein ieder die Apoſtel nicht unbillig ſo viel hoͤher, ſo vielmehr ſie von GOtt in ſeinem Dienſte gewuͤrdiget waren. Weil doch aber dieſe Vorzuͤge nicht auf die von Chriſto er worbene Seligkeit ſelbſt gingen; ſon- dern dieſe allen Chriſten ohne Unterſcheid gemein iſt, ſo ſuchet ſie der Apoſtel davon zu uͤberzeugen, und dadurch ſo vielmehr zu ermuntern. 2. Es beſtunde demnach die Gemeinſthaft der uͤbrigen Chriſten mit den Apoſteln in dem gemeinſchaftlichen Rechte und Antheile am Reiche GOttes und im freyen Genuſſe der allgemeinen Heyls-Guͤter: ſintemal ſie mit einander em- pfangen hatten ἰσότιμον πίϛιν eben denſelben, oder gleich

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/650>, abgerufen am 22.11.2024.