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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefes Pauli C. 2. v. 2-4.
[Spaltenumbruch] tze weltliche Regiment mit ihren Häuptern für
einen herrlichen Nutzen von der Christlichen Re-
ligion habe, das siehet man unter andern auch
daraus, daß sie die Christliche Unterthanen nebst
dem Gehorsam auch auf das Gebet zum geist-
lichen und leiblichen Wohlseyn der Obrigkeit
führet. Daher sich ein Regent zu gratuliren
hat, wenn sich unter seinem Regimente viele
fromme Christen befinden.

4. Das wahre Christenthum ist zwar vieler
Unruhe und Verfolgung unterworfen, nach dem
Geheimniß des Creutzes Christi: es streitet aber
doch die äusserliche Ruhe keines weges mit der
innerlichen; als wenn man eben allemal zu aller
Zeit und an allen Orten äusserliche Unruhe haben
müste, ausser dem aber den Verdacht der
Heucheley von sich erwecke: wie wol einige un-
geübte oder übel unter richtete vermeynen; denn
es haben auch die ersten Christen vielmal und an
vielen Orten eine lange Zeit äusserliche Ruhe ge-
habt.

5. Es muß aber diese Ruhe zur wahren
Gottseligkeit und einem erbaulichen Wandel
wohl angewendet werden: dahingegen, wo sie
gemißbrauchet wird, und denn verloren gehet,
man selbst Schuld daran ist. Gar schön lautet
es von der ersten Apostolischen Kirche Ap. Ges.
9, 31. So hatte nun die Gemeine Friede
durch gantz Judäa, und Galiläa und Sa-
maria, und bauete sich, und wandelte in
der Furcht des HERRN, und ward er-
füllet mit Trost des Heiligen Geistes.

6. Man kan und muß zwar auch unter al-
lem äusserlichen Leiden ein gottseliges und ehr-
bares Leben führen, und sich die Leiden auch
sonderlich dazu dienen lassen: es ist doch aber
auch wahr, daß manche schwache durch äusserli-
chen Druck von der wahren Gottseligkeit abge-
schrecket werden, oder, wenn sie angefangen
haben, davon wider abtreten; daher denn die
äusserliche Ruhe, als eine nicht geringe Wohl-
that GOttes anzusehen ist, sintemal man zu sol-
cher ruhigen Zeit sich also im guten kan gründen
und bevestigen lassen, daß man hernach, wenn
Trübsal kömmt, darinnen bestehe.

7. Und da keine äusserliche Unruhe gefähr-
licher ist, als die, welche zur Zeit eines Land-
verderblichen Krieges entstehet; so hat man das
Gebet sonderlich dagegen zu richten, und die
Zeit des Friedens desto besser anzuwenden.

8. Paulus zeiget auch nicht undeutlich, daß
Krieg und Unruhe am meisten von den Regenten
zu entstehen pflege; und darum recommen-
dir
et er den Christen das Gebet für sie, und
zeiget damit zugleich an, wie daß sie unter der
Regierung GOttes stehen, und GOTT das
Gebet der Gläubigen, auch wol wider das Vor-
haben der grossen in der Welt, zum Frieden seg-
nen könne: wie er denn dazu alles an seiner
Hand hat; und zwar da also verfähret, daß
durch diese und jene dirigirte Begebenheit bald
hie etwas böses gehindert, bald dort etwas gu-
tes befordert werden muß.

9. Gottseligkeit und Ehrbarkeit, (se-
mnotes ein gravitaetischer, unsträflicher, er-
[Spaltenumbruch] baulicher und wohl anständiger Wandel,) müs-
sen allzeit bey einander seyn; denn die innerli-
che Gottseligkeit ist ohne den äusserlichen Erweis
im Wandel nichts als eine falsche Einbildung:
gleichwie auch hingegen alle äusserliche Ehr-
barkeit ohne den wahren Grund der innern
Furcht GOTTES nur ein blosses Naturwerck
ist.

10. Da Paulus zu den Worten Gottse-
ligkeit und Ehrbarkeit das Wort alle setzet, in
aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit, so zeiget
er damit an, wie es nicht genug sey, zu einer
und der andern Zeit, bey einer und der andern
Gelegenheit, nur ein und das andere Stück der
Gottseligkeit und Ehrbarkeit zu beweisen; son-
dern daß der Erweis davon müsse zu aller Zeit,
an allen Orten, allemal und in allen Stücken
dargethan werden: als welches auch bey der
Unvollkommenheit geschehen kan.

V. 3.

Denn dieses (daß ihr für alle Menschen,
und also auch insonderheit, zum Zweck eines
geruhigen und gottseligen Lebens, für die Obrig-
keit, die noch unbekehrt und von dem Reiche
Christi entfremdet ist, betet,) ist gut (eine für-
treffliche und sehr heilsame Sache,) und ange-
nehm
(da es GOtt geboten hat, ihm auch da-
durch die ihm gebührende Ehre angethan wird;
und es zur Erhörung angenommen wird,) vor
GOTT, unserm Heylande,
(wie sich der
Dreyeinige GOTT sonderlich in dem Sohne
erweiset, und auch denen, welche noch vom
wahren Heyl entfernet sind, dasselbe auch ver-
möge eures Gebets mitzutheilen bereit ist. Sie-
he von dem Worte, Heyland, oben c. 1, 1.)

Anmerckungen.

1. Wie solte das Gebet nicht gut, ja recht
köstlich seyn, da es eine Erhebung des Hertzens
zu GOTT, und ein gläubiges Gespräch, ja ein
rechter geheimer Umgang mit GOtt ist? Wie
hoch ist es unter Menschen geachtet, wenn ie-
mand ein solcher Favorit eines grossen Herrn ist,
daß er unangemeldet zu ihm in sein innerstes Ge-
mach gehen, und sein Hertz in unterthäniger
Vertraulichkeit vor ihm ausschütten kan und
darf?

2. Jst gleich bey dem Gebet der gläubigen
viele Unvollkommenheit; so ist es deßwegen,
wenn es nur aus dem Glauben kömmt, und in
der Aufrichtigkeit geschiehet, dennoch gut und
GOtt zur Erhörung um Christi willen ange-
nehm.

3. Wenn der Mensch betet, hat er sich
GOTT nicht allein nach seiner Majestät und
Herrlichkeit, sondern auch nach seiner Evange-
lischen Gnade, nach welcher er ein Heyland ist,
vorzustellen; denn die blosse Majestät schre-
cket: die Gnade aber locket und erwecket die kind-
liche Zuversicht.

V. 4.

Welcher (sehr ernstlich und mit genugsa-
men Einfluß seiner Gnade zur Wirckung,) will,
daß allen Menschen
(ohne allen Unterscheid

der

Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 2. v. 2-4.
[Spaltenumbruch] tze weltliche Regiment mit ihren Haͤuptern fuͤr
einen herrlichen Nutzen von der Chriſtlichen Re-
ligion habe, das ſiehet man unter andern auch
daraus, daß ſie die Chriſtliche Unterthanen nebſt
dem Gehorſam auch auf das Gebet zum geiſt-
lichen und leiblichen Wohlſeyn der Obrigkeit
fuͤhret. Daher ſich ein Regent zu gratuliren
hat, wenn ſich unter ſeinem Regimente viele
fromme Chriſten befinden.

4. Das wahre Chriſtenthum iſt zwar vieler
Unruhe und Verfolgung unterworfen, nach dem
Geheimniß des Creutzes Chriſti: es ſtreitet aber
doch die aͤuſſerliche Ruhe keines weges mit der
innerlichen; als wenn man eben allemal zu aller
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muͤſte, auſſer dem aber den Verdacht der
Heucheley von ſich erwecke: wie wol einige un-
geuͤbte oder uͤbel unter richtete vermeynen; denn
es haben auch die erſten Chriſten vielmal und an
vielen Orten eine lange Zeit aͤuſſerliche Ruhe ge-
habt.

5. Es muß aber dieſe Ruhe zur wahren
Gottſeligkeit und einem erbaulichen Wandel
wohl angewendet werden: dahingegen, wo ſie
gemißbrauchet wird, und denn verloren gehet,
man ſelbſt Schuld daran iſt. Gar ſchoͤn lautet
es von der erſten Apoſtoliſchen Kirche Ap. Geſ.
9, 31. So hatte nun die Gemeine Friede
durch gantz Judaͤa, und Galilaͤa und Sa-
maria, und bauete ſich, und wandelte in
der Furcht des HERRN, und ward er-
fuͤllet mit Troſt des Heiligen Geiſtes.

6. Man kan und muß zwar auch unter al-
lem aͤuſſerlichen Leiden ein gottſeliges und ehr-
bares Leben fuͤhren, und ſich die Leiden auch
ſonderlich dazu dienen laſſen: es iſt doch aber
auch wahr, daß manche ſchwache durch aͤuſſerli-
chen Druck von der wahren Gottſeligkeit abge-
ſchrecket werden, oder, wenn ſie angefangen
haben, davon wider abtreten; daher denn die
aͤuſſerliche Ruhe, als eine nicht geringe Wohl-
that GOttes anzuſehen iſt, ſintemal man zu ſol-
cher ruhigen Zeit ſich alſo im guten kan gruͤnden
und beveſtigen laſſen, daß man hernach, wenn
Truͤbſal koͤmmt, darinnen beſtehe.

7. Und da keine aͤuſſerliche Unruhe gefaͤhr-
licher iſt, als die, welche zur Zeit eines Land-
verderblichen Krieges entſtehet; ſo hat man das
Gebet ſonderlich dagegen zu richten, und die
Zeit des Friedens deſto beſſer anzuwenden.

8. Paulus zeiget auch nicht undeutlich, daß
Krieg und Unruhe am meiſten von den Regenten
zu entſtehen pflege; und darum recommen-
dir
et er den Chriſten das Gebet fuͤr ſie, und
zeiget damit zugleich an, wie daß ſie unter der
Regierung GOttes ſtehen, und GOTT das
Gebet der Glaͤubigen, auch wol wider das Vor-
haben der groſſen in der Welt, zum Frieden ſeg-
nen koͤnne: wie er denn dazu alles an ſeiner
Hand hat; und zwar da alſo verfaͤhret, daß
durch dieſe und jene dirigirte Begebenheit bald
hie etwas boͤſes gehindert, bald dort etwas gu-
tes befordert werden muß.

9. Gottſeligkeit und Ehrbarkeit, (σε-
μνότης ein gravitætiſcher, unſtraͤflicher, er-
[Spaltenumbruch] baulicher und wohl anſtaͤndiger Wandel,) muͤſ-
ſen allzeit bey einander ſeyn; denn die innerli-
che Gottſeligkeit iſt ohne den aͤuſſerlichen Erweis
im Wandel nichts als eine falſche Einbildung:
gleichwie auch hingegen alle aͤuſſerliche Ehr-
barkeit ohne den wahren Grund der innern
Furcht GOTTES nur ein bloſſes Naturwerck
iſt.

10. Da Paulus zu den Worten Gottſe-
ligkeit und Ehrbarkeit das Wort alle ſetzet, in
aller Gottſeligkeit und Ehrbarkeit, ſo zeiget
er damit an, wie es nicht genug ſey, zu einer
und der andern Zeit, bey einer und der andern
Gelegenheit, nur ein und das andere Stuͤck der
Gottſeligkeit und Ehrbarkeit zu beweiſen; ſon-
dern daß der Erweis davon muͤſſe zu aller Zeit,
an allen Orten, allemal und in allen Stuͤcken
dargethan werden: als welches auch bey der
Unvollkommenheit geſchehen kan.

V. 3.

Denn dieſes (daß ihr fuͤr alle Menſchen,
und alſo auch inſonderheit, zum Zweck eines
geruhigen und gottſeligen Lebens, fuͤr die Obrig-
keit, die noch unbekehrt und von dem Reiche
Chriſti entfremdet iſt, betet,) iſt gut (eine fuͤr-
treffliche und ſehr heilſame Sache,) und ange-
nehm
(da es GOtt geboten hat, ihm auch da-
durch die ihm gebuͤhrende Ehre angethan wird;
und es zur Erhoͤrung angenommen wird,) vor
GOTT, unſerm Heylande,
(wie ſich der
Dreyeinige GOTT ſonderlich in dem Sohne
erweiſet, und auch denen, welche noch vom
wahren Heyl entfernet ſind, daſſelbe auch ver-
moͤge eures Gebets mitzutheilen bereit iſt. Sie-
he von dem Worte, Heyland, oben c. 1, 1.)

Anmerckungen.

1. Wie ſolte das Gebet nicht gut, ja recht
koͤſtlich ſeyn, da es eine Erhebung des Hertzens
zu GOTT, und ein glaͤubiges Geſpraͤch, ja ein
rechter geheimer Umgang mit GOtt iſt? Wie
hoch iſt es unter Menſchen geachtet, wenn ie-
mand ein ſolcher Favorit eines groſſen Herrn iſt,
daß er unangemeldet zu ihm in ſein innerſtes Ge-
mach gehen, und ſein Hertz in unterthaͤniger
Vertraulichkeit vor ihm ausſchuͤtten kan und
darf?

2. Jſt gleich bey dem Gebet der glaͤubigen
viele Unvollkommenheit; ſo iſt es deßwegen,
wenn es nur aus dem Glauben koͤmmt, und in
der Aufrichtigkeit geſchiehet, dennoch gut und
GOtt zur Erhoͤrung um Chriſti willen ange-
nehm.

3. Wenn der Menſch betet, hat er ſich
GOTT nicht allein nach ſeiner Majeſtaͤt und
Herrlichkeit, ſondern auch nach ſeiner Evange-
liſchen Gnade, nach welcher er ein Heyland iſt,
vorzuſtellen; denn die bloſſe Majeſtaͤt ſchre-
cket: die Gnade aber locket und erwecket die kind-
liche Zuverſicht.

V. 4.

Welcher (ſehr ernſtlich und mit genugſa-
men Einfluß ſeiner Gnade zur Wirckung,) will,
daß allen Menſchen
(ohne allen Unterſcheid

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[96/0098] Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 2. v. 2-4. tze weltliche Regiment mit ihren Haͤuptern fuͤr einen herrlichen Nutzen von der Chriſtlichen Re- ligion habe, das ſiehet man unter andern auch daraus, daß ſie die Chriſtliche Unterthanen nebſt dem Gehorſam auch auf das Gebet zum geiſt- lichen und leiblichen Wohlſeyn der Obrigkeit fuͤhret. Daher ſich ein Regent zu gratuliren hat, wenn ſich unter ſeinem Regimente viele fromme Chriſten befinden. 4. Das wahre Chriſtenthum iſt zwar vieler Unruhe und Verfolgung unterworfen, nach dem Geheimniß des Creutzes Chriſti: es ſtreitet aber doch die aͤuſſerliche Ruhe keines weges mit der innerlichen; als wenn man eben allemal zu aller Zeit und an allen Orten aͤuſſerliche Unruhe haben muͤſte, auſſer dem aber den Verdacht der Heucheley von ſich erwecke: wie wol einige un- geuͤbte oder uͤbel unter richtete vermeynen; denn es haben auch die erſten Chriſten vielmal und an vielen Orten eine lange Zeit aͤuſſerliche Ruhe ge- habt. 5. Es muß aber dieſe Ruhe zur wahren Gottſeligkeit und einem erbaulichen Wandel wohl angewendet werden: dahingegen, wo ſie gemißbrauchet wird, und denn verloren gehet, man ſelbſt Schuld daran iſt. Gar ſchoͤn lautet es von der erſten Apoſtoliſchen Kirche Ap. Geſ. 9, 31. So hatte nun die Gemeine Friede durch gantz Judaͤa, und Galilaͤa und Sa- maria, und bauete ſich, und wandelte in der Furcht des HERRN, und ward er- fuͤllet mit Troſt des Heiligen Geiſtes. 6. Man kan und muß zwar auch unter al- lem aͤuſſerlichen Leiden ein gottſeliges und ehr- bares Leben fuͤhren, und ſich die Leiden auch ſonderlich dazu dienen laſſen: es iſt doch aber auch wahr, daß manche ſchwache durch aͤuſſerli- chen Druck von der wahren Gottſeligkeit abge- ſchrecket werden, oder, wenn ſie angefangen haben, davon wider abtreten; daher denn die aͤuſſerliche Ruhe, als eine nicht geringe Wohl- that GOttes anzuſehen iſt, ſintemal man zu ſol- cher ruhigen Zeit ſich alſo im guten kan gruͤnden und beveſtigen laſſen, daß man hernach, wenn Truͤbſal koͤmmt, darinnen beſtehe. 7. Und da keine aͤuſſerliche Unruhe gefaͤhr- licher iſt, als die, welche zur Zeit eines Land- verderblichen Krieges entſtehet; ſo hat man das Gebet ſonderlich dagegen zu richten, und die Zeit des Friedens deſto beſſer anzuwenden. 8. Paulus zeiget auch nicht undeutlich, daß Krieg und Unruhe am meiſten von den Regenten zu entſtehen pflege; und darum recommen- diret er den Chriſten das Gebet fuͤr ſie, und zeiget damit zugleich an, wie daß ſie unter der Regierung GOttes ſtehen, und GOTT das Gebet der Glaͤubigen, auch wol wider das Vor- haben der groſſen in der Welt, zum Frieden ſeg- nen koͤnne: wie er denn dazu alles an ſeiner Hand hat; und zwar da alſo verfaͤhret, daß durch dieſe und jene dirigirte Begebenheit bald hie etwas boͤſes gehindert, bald dort etwas gu- tes befordert werden muß. 9. Gottſeligkeit und Ehrbarkeit, (σε- μνότης ein gravitætiſcher, unſtraͤflicher, er- baulicher und wohl anſtaͤndiger Wandel,) muͤſ- ſen allzeit bey einander ſeyn; denn die innerli- che Gottſeligkeit iſt ohne den aͤuſſerlichen Erweis im Wandel nichts als eine falſche Einbildung: gleichwie auch hingegen alle aͤuſſerliche Ehr- barkeit ohne den wahren Grund der innern Furcht GOTTES nur ein bloſſes Naturwerck iſt. 10. Da Paulus zu den Worten Gottſe- ligkeit und Ehrbarkeit das Wort alle ſetzet, in aller Gottſeligkeit und Ehrbarkeit, ſo zeiget er damit an, wie es nicht genug ſey, zu einer und der andern Zeit, bey einer und der andern Gelegenheit, nur ein und das andere Stuͤck der Gottſeligkeit und Ehrbarkeit zu beweiſen; ſon- dern daß der Erweis davon muͤſſe zu aller Zeit, an allen Orten, allemal und in allen Stuͤcken dargethan werden: als welches auch bey der Unvollkommenheit geſchehen kan. V. 3. Denn dieſes (daß ihr fuͤr alle Menſchen, und alſo auch inſonderheit, zum Zweck eines geruhigen und gottſeligen Lebens, fuͤr die Obrig- keit, die noch unbekehrt und von dem Reiche Chriſti entfremdet iſt, betet,) iſt gut (eine fuͤr- treffliche und ſehr heilſame Sache,) und ange- nehm (da es GOtt geboten hat, ihm auch da- durch die ihm gebuͤhrende Ehre angethan wird; und es zur Erhoͤrung angenommen wird,) vor GOTT, unſerm Heylande, (wie ſich der Dreyeinige GOTT ſonderlich in dem Sohne erweiſet, und auch denen, welche noch vom wahren Heyl entfernet ſind, daſſelbe auch ver- moͤge eures Gebets mitzutheilen bereit iſt. Sie- he von dem Worte, Heyland, oben c. 1, 1.) Anmerckungen. 1. Wie ſolte das Gebet nicht gut, ja recht koͤſtlich ſeyn, da es eine Erhebung des Hertzens zu GOTT, und ein glaͤubiges Geſpraͤch, ja ein rechter geheimer Umgang mit GOtt iſt? Wie hoch iſt es unter Menſchen geachtet, wenn ie- mand ein ſolcher Favorit eines groſſen Herrn iſt, daß er unangemeldet zu ihm in ſein innerſtes Ge- mach gehen, und ſein Hertz in unterthaͤniger Vertraulichkeit vor ihm ausſchuͤtten kan und darf? 2. Jſt gleich bey dem Gebet der glaͤubigen viele Unvollkommenheit; ſo iſt es deßwegen, wenn es nur aus dem Glauben koͤmmt, und in der Aufrichtigkeit geſchiehet, dennoch gut und GOtt zur Erhoͤrung um Chriſti willen ange- nehm. 3. Wenn der Menſch betet, hat er ſich GOTT nicht allein nach ſeiner Majeſtaͤt und Herrlichkeit, ſondern auch nach ſeiner Evange- liſchen Gnade, nach welcher er ein Heyland iſt, vorzuſtellen; denn die bloſſe Majeſtaͤt ſchre- cket: die Gnade aber locket und erwecket die kind- liche Zuverſicht. V. 4. Welcher (ſehr ernſtlich und mit genugſa- men Einfluß ſeiner Gnade zur Wirckung,) will, daß allen Menſchen (ohne allen Unterſcheid der

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/98>, abgerufen am 23.11.2024.