sauren Fleiß und die traurigen, doch ge- lassnen Blicke sah, mit welchen sie den Zug unsrer zwoen Chaisen betrachteten. Die Ehrerbietung, mit der sie uns als Günstlinge der Vorsicht grüßten, hatten etwas sehr rührendes vor mich; und ich suchte durch Gegenzeichen meiner mensch- lichen Verbrüdernng mit ihnen, und auch durch einige Stücke Gelds, die ich den Nächsten an unserm Wege ungebeten, zu- warf, ihnen einen guten Augenblick zu schaffen. Besonders gab ich armen Wei- bern, die bey ihrer Arbeit hie und da ein Kind auf dem Felde sitzen hatten. Jch dachte, meine Tante macht eine Reise zum verhofften Vortheil ihrer Söhne, und diese Frau verrichtet zum Besten der ihri- gen, eine kümmerliche Arbeit; ich will diese Mutter auch eine unerwartete Güte genießen lassen.
Der reitende Bediente erzählte uns dann die Freude der armen Leute, und den Dank den sie uns nachriefen.
Reiche Felder, fette Triften und gros- se Scheuren der Bauren in andern Ge-
genden
J 3
ſauren Fleiß und die traurigen, doch ge- laſſnen Blicke ſah, mit welchen ſie den Zug unſrer zwoen Chaiſen betrachteten. Die Ehrerbietung, mit der ſie uns als Guͤnſtlinge der Vorſicht gruͤßten, hatten etwas ſehr ruͤhrendes vor mich; und ich ſuchte durch Gegenzeichen meiner menſch- lichen Verbruͤdernng mit ihnen, und auch durch einige Stuͤcke Gelds, die ich den Naͤchſten an unſerm Wege ungebeten, zu- warf, ihnen einen guten Augenblick zu ſchaffen. Beſonders gab ich armen Wei- bern, die bey ihrer Arbeit hie und da ein Kind auf dem Felde ſitzen hatten. Jch dachte, meine Tante macht eine Reiſe zum verhofften Vortheil ihrer Soͤhne, und dieſe Frau verrichtet zum Beſten der ihri- gen, eine kuͤmmerliche Arbeit; ich will dieſe Mutter auch eine unerwartete Guͤte genießen laſſen.
Der reitende Bediente erzaͤhlte uns dann die Freude der armen Leute, und den Dank den ſie uns nachriefen.
Reiche Felder, fette Triften und groſ- ſe Scheuren der Bauren in andern Ge-
genden
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ſauren Fleiß und die traurigen, doch ge-
laſſnen Blicke ſah, mit welchen ſie den
Zug unſrer zwoen Chaiſen betrachteten.
Die Ehrerbietung, mit der ſie uns als
Guͤnſtlinge der Vorſicht gruͤßten, hatten
etwas ſehr ruͤhrendes vor mich; und ich
ſuchte durch Gegenzeichen meiner menſch-
lichen Verbruͤdernng mit ihnen, und auch
durch einige Stuͤcke Gelds, die ich den
Naͤchſten an unſerm Wege ungebeten, zu-
warf, ihnen einen guten Augenblick zu
ſchaffen. Beſonders gab ich armen Wei-
bern, die bey ihrer Arbeit hie und da ein
Kind auf dem Felde ſitzen hatten. Jch
dachte, meine Tante macht eine Reiſe zum
verhofften Vortheil ihrer Soͤhne, und
dieſe Frau verrichtet zum Beſten der ihri-
gen, eine kuͤmmerliche Arbeit; ich will
dieſe Mutter auch eine unerwartete Guͤte
genießen laſſen.
Der reitende Bediente erzaͤhlte uns
dann die Freude der armen Leute, und den
Dank den ſie uns nachriefen.
Reiche Felder, fette Triften und groſ-
ſe Scheuren der Bauren in andern Ge-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/159>, abgerufen am 23.11.2024.
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