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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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celain. Unter der Thüre dieses Hauses
war die Gräfin F* als Wirthin gekleidet,
und bewillkommte die Gäste mit einer rei-
zenden Gefälligkeit. Alle Bedienten des
Hauses waren als Kellerjungen oder
Schenkknechte, und auch die Musicanten
nach bäuerischer Art angezogen; auf ei-
nem Platz waren Becker und Bilderkrä-
mer, wo unsre Bauren uns hinführten
und eine Bäuerin eine Prezel oder sonst
ein Stück aus feiner Pastille gearbeitetes
Brod bekam, welches der Bauer zerbrach
und dann entweder ein Stück Spitzen,
Bänder oder andre artige Sachen darinn
fand. Bey dem Bilderkrämer bekamen
wir niedliche Miniatur-Gemählde zu se-
hen, welche, wie aus einer Lotterie gezo-
gen wurden. Jch bekam die vom Apollo
verfolgte Daphne, ein feines niedliches
Stück; es schien auch, daß mich andere
darum beneideten, weil es für das schön-
ste gehalten wurde. Es dünke mich vie-
lerley Veränderungen und Ausdrücke auf
den Gesichtern einiger Damen zu lesen,
da sie es ansahen.

Wie

celain. Unter der Thuͤre dieſes Hauſes
war die Graͤfin F* als Wirthin gekleidet,
und bewillkommte die Gaͤſte mit einer rei-
zenden Gefaͤlligkeit. Alle Bedienten des
Hauſes waren als Kellerjungen oder
Schenkknechte, und auch die Muſicanten
nach baͤueriſcher Art angezogen; auf ei-
nem Platz waren Becker und Bilderkraͤ-
mer, wo unſre Bauren uns hinfuͤhrten
und eine Baͤuerin eine Prezel oder ſonſt
ein Stuͤck aus feiner Paſtille gearbeitetes
Brod bekam, welches der Bauer zerbrach
und dann entweder ein Stuͤck Spitzen,
Baͤnder oder andre artige Sachen darinn
fand. Bey dem Bilderkraͤmer bekamen
wir niedliche Miniatur-Gemaͤhlde zu ſe-
hen, welche, wie aus einer Lotterie gezo-
gen wurden. Jch bekam die vom Apollo
verfolgte Daphne, ein feines niedliches
Stuͤck; es ſchien auch, daß mich andere
darum beneideten, weil es fuͤr das ſchoͤn-
ſte gehalten wurde. Es duͤnke mich vie-
lerley Veraͤnderungen und Ausdruͤcke auf
den Geſichtern einiger Damen zu leſen,
da ſie es anſahen.

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[262/0288] celain. Unter der Thuͤre dieſes Hauſes war die Graͤfin F* als Wirthin gekleidet, und bewillkommte die Gaͤſte mit einer rei- zenden Gefaͤlligkeit. Alle Bedienten des Hauſes waren als Kellerjungen oder Schenkknechte, und auch die Muſicanten nach baͤueriſcher Art angezogen; auf ei- nem Platz waren Becker und Bilderkraͤ- mer, wo unſre Bauren uns hinfuͤhrten und eine Baͤuerin eine Prezel oder ſonſt ein Stuͤck aus feiner Paſtille gearbeitetes Brod bekam, welches der Bauer zerbrach und dann entweder ein Stuͤck Spitzen, Baͤnder oder andre artige Sachen darinn fand. Bey dem Bilderkraͤmer bekamen wir niedliche Miniatur-Gemaͤhlde zu ſe- hen, welche, wie aus einer Lotterie gezo- gen wurden. Jch bekam die vom Apollo verfolgte Daphne, ein feines niedliches Stuͤck; es ſchien auch, daß mich andere darum beneideten, weil es fuͤr das ſchoͤn- ſte gehalten wurde. Es duͤnke mich vie- lerley Veraͤnderungen und Ausdruͤcke auf den Geſichtern einiger Damen zu leſen, da ſie es anſahen. Wie

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/288>, abgerufen am 22.11.2024.