chen war gerührt. Mädchen seben die Gewalt der Liebe gerne; sie nehmen An- theil an der Macht, die ihr Geschlecht über uns ausübt, und helfen mit Ver- gnügen an den Kränzen flechten, womit unsre Beständigkeit belohnt wird. Sie sagte mir den folgenden Abend eine zweyte Unterredung zu, und ich gieng recht mun- ter und voller Anschläge zu Bette.
Meine Hauptsorge war, dem pinsel- haften Seymour den Widerstand des Fräuleins und die heroisch ausgezeichne- te Würkung seiner unartigen Vorwürfe zu verbergen. Aber da ich nicht erfahren konnte, wo er sich aufhielt, mußte ich mei- ne Guineen zu Hülfe nehmen, und einen Post-Officier gewinnen, der mir alle Briefe zu liefern versprochen hat, die an das Fräulein, an Löbau und an alle Be- kannten des Seymour einlaufen werden. Daß sie in ihrem eignen Hause keine bekom- men kann, bin ich sicher. Sie wollte zwar unverzüglich auf ihre Güter; aber ihr Oncle erklärte, daß er sie nicht reisen lasse. Jhr Fieber dauert; sie wünscht zu
sterben;
chen war geruͤhrt. Maͤdchen ſeben die Gewalt der Liebe gerne; ſie nehmen An- theil an der Macht, die ihr Geſchlecht uͤber uns ausuͤbt, und helfen mit Ver- gnuͤgen an den Kraͤnzen flechten, womit unſre Beſtaͤndigkeit belohnt wird. Sie ſagte mir den folgenden Abend eine zweyte Unterredung zu, und ich gieng recht mun- ter und voller Anſchlaͤge zu Bette.
Meine Hauptſorge war, dem pinſel- haften Seymour den Widerſtand des Fraͤuleins und die heroiſch ausgezeichne- te Wuͤrkung ſeiner unartigen Vorwuͤrfe zu verbergen. Aber da ich nicht erfahren konnte, wo er ſich aufhielt, mußte ich mei- ne Guineen zu Huͤlfe nehmen, und einen Poſt-Officier gewinnen, der mir alle Briefe zu liefern verſprochen hat, die an das Fraͤulein, an Loͤbau und an alle Be- kannten des Seymour einlaufen werden. Daß ſie in ihrem eignen Hauſe keine bekom- men kann, bin ich ſicher. Sie wollte zwar unverzuͤglich auf ihre Guͤter; aber ihr Oncle erklaͤrte, daß er ſie nicht reiſen laſſe. Jhr Fieber dauert; ſie wuͤnſcht zu
ſterben;
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chen war geruͤhrt. Maͤdchen ſeben die
Gewalt der Liebe gerne; ſie nehmen An-
theil an der Macht, die ihr Geſchlecht
uͤber uns ausuͤbt, und helfen mit Ver-
gnuͤgen an den Kraͤnzen flechten, womit
unſre Beſtaͤndigkeit belohnt wird. Sie
ſagte mir den folgenden Abend eine zweyte
Unterredung zu, und ich gieng recht mun-
ter und voller Anſchlaͤge zu Bette.
Meine Hauptſorge war, dem pinſel-
haften Seymour den Widerſtand des
Fraͤuleins und die heroiſch ausgezeichne-
te Wuͤrkung ſeiner unartigen Vorwuͤrfe zu
verbergen. Aber da ich nicht erfahren
konnte, wo er ſich aufhielt, mußte ich mei-
ne Guineen zu Huͤlfe nehmen, und einen
Poſt-Officier gewinnen, der mir alle
Briefe zu liefern verſprochen hat, die an
das Fraͤulein, an Loͤbau und an alle Be-
kannten des Seymour einlaufen werden.
Daß ſie in ihrem eignen Hauſe keine bekom-
men kann, bin ich ſicher. Sie wollte zwar
unverzuͤglich auf ihre Guͤter; aber ihr
Oncle erklaͤrte, daß er ſie nicht reiſen
laſſe. Jhr Fieber dauert; ſie wuͤnſcht zu
ſterben;
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/377>, abgerufen am 21.11.2024.
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