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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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eine Person von sehr edlem Herkommen
dargestellt hat, welche älternlos sich mit
wenigem Vermögen verheurathet, und
ihren Mann gleich wieder verloren hätte.
Meine Hände, meine feine Wäsche und
Spitzen, die in Feuer so schön gemahlten
Bildnisse meiner Aeltern, und der Ton
meines gesellschaftlichen Bezeugens, haben
mehr zu Bekräftigung dieser Jdee beyge-
tragen als meine eigentliche Denkungsart
hätte thun können. Aber ein schönes,
und für die Tugend der Lady Summers
fest errichtetes Denkmal, ist der Glaube
an die Reinigkeit meiner Sitten, in wel-
che, weil sie mich liebt, keine Seele den
geringsten Zweifel setzt; denn, sagt der
Pfarrer, die Luftsäule, in welcher die La-
dy athme, wäre so moralisch geworden,
daß der Lasterhafte sich ihr niemals nähern
würde. Denken Sie nicht mit mir, daß
dieses die erhabenste Seele des wahren
Ruhms ist? O was für ein Kummer der
Menschen, des Guten und Edlen ist Jhr
Mann, der mir in den ehrwürdigen Fal-
ten der Stirne meiner Lady alles dieß

zeigte,


eine Perſon von ſehr edlem Herkommen
dargeſtellt hat, welche aͤlternlos ſich mit
wenigem Vermoͤgen verheurathet, und
ihren Mann gleich wieder verloren haͤtte.
Meine Haͤnde, meine feine Waͤſche und
Spitzen, die in Feuer ſo ſchoͤn gemahlten
Bildniſſe meiner Aeltern, und der Ton
meines geſellſchaftlichen Bezeugens, haben
mehr zu Bekraͤftigung dieſer Jdee beyge-
tragen als meine eigentliche Denkungsart
haͤtte thun koͤnnen. Aber ein ſchoͤnes,
und fuͤr die Tugend der Lady Summers
feſt errichtetes Denkmal, iſt der Glaube
an die Reinigkeit meiner Sitten, in wel-
che, weil ſie mich liebt, keine Seele den
geringſten Zweifel ſetzt; denn, ſagt der
Pfarrer, die Luftſaͤule, in welcher die La-
dy athme, waͤre ſo moraliſch geworden,
daß der Laſterhafte ſich ihr niemals naͤhern
wuͤrde. Denken Sie nicht mit mir, daß
dieſes die erhabenſte Seele des wahren
Ruhms iſt? O was fuͤr ein Kummer der
Menſchen, des Guten und Edlen iſt Jhr
Mann, der mir in den ehrwuͤrdigen Fal-
ten der Stirne meiner Lady alles dieß

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[164/0170] eine Perſon von ſehr edlem Herkommen dargeſtellt hat, welche aͤlternlos ſich mit wenigem Vermoͤgen verheurathet, und ihren Mann gleich wieder verloren haͤtte. Meine Haͤnde, meine feine Waͤſche und Spitzen, die in Feuer ſo ſchoͤn gemahlten Bildniſſe meiner Aeltern, und der Ton meines geſellſchaftlichen Bezeugens, haben mehr zu Bekraͤftigung dieſer Jdee beyge- tragen als meine eigentliche Denkungsart haͤtte thun koͤnnen. Aber ein ſchoͤnes, und fuͤr die Tugend der Lady Summers feſt errichtetes Denkmal, iſt der Glaube an die Reinigkeit meiner Sitten, in wel- che, weil ſie mich liebt, keine Seele den geringſten Zweifel ſetzt; denn, ſagt der Pfarrer, die Luftſaͤule, in welcher die La- dy athme, waͤre ſo moraliſch geworden, daß der Laſterhafte ſich ihr niemals naͤhern wuͤrde. Denken Sie nicht mit mir, daß dieſes die erhabenſte Seele des wahren Ruhms iſt? O was fuͤr ein Kummer der Menſchen, des Guten und Edlen iſt Jhr Mann, der mir in den ehrwuͤrdigen Fal- ten der Stirne meiner Lady alles dieß zeigte,

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/170>, abgerufen am 21.11.2024.