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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Jch bemerkte, daß ihre Augen auf meine
Hand und das Bildniß meiner Mutter
geheftet waren; -- da sagte ich ihr, es
ist meine Mutter, eine Enkelin von Lord
David Watson -- und hier, indem ich
die andere Hand erhob, ist mein Vater,
ein würdiger Edelmann in Deutschland;
schon lange sind beyde in der Ewigkeit,
und bald, bald hoffe ich, bey ihnen zu
seyn, setzte ich mit gefalteten Händen
hinzu. Die Dame weinte, und sagte
dem Geistlichen, er sollte meinen Puls
fühlen; er thats, und versicherte, daß
ich sehr übel wäre. Mit liebreichem Eifer
sah sie um sich, und fragte, ob ich nicht
weggebracht werden könnte. -- Nicht
ohne Lebensgefahr, sagte der Geistli-
che -- ach das ist mir leid, sprach die
liebe Dame, indem sie mir die Hand
drückte. Sie gieng hinaus, und der
Geistliche fieng an mit mir zu reden; ich
sagte ihm kurz, daß ich aus einer edlen
Familie stammte, und durch den schänd-
lichen Betrug einer falschen Heurath aus
meinem Vaterlande gerissen worden sey;

Myladi
II Theil. Q

Jch bemerkte, daß ihre Augen auf meine
Hand und das Bildniß meiner Mutter
geheftet waren; — da ſagte ich ihr, es
iſt meine Mutter, eine Enkelin von Lord
David Watſon — und hier, indem ich
die andere Hand erhob, iſt mein Vater,
ein wuͤrdiger Edelmann in Deutſchland;
ſchon lange ſind beyde in der Ewigkeit,
und bald, bald hoffe ich, bey ihnen zu
ſeyn, ſetzte ich mit gefalteten Haͤnden
hinzu. Die Dame weinte, und ſagte
dem Geiſtlichen, er ſollte meinen Puls
fuͤhlen; er thats, und verſicherte, daß
ich ſehr uͤbel waͤre. Mit liebreichem Eifer
ſah ſie um ſich, und fragte, ob ich nicht
weggebracht werden koͤnnte. — Nicht
ohne Lebensgefahr, ſagte der Geiſtli-
che — ach das iſt mir leid, ſprach die
liebe Dame, indem ſie mir die Hand
druͤckte. Sie gieng hinaus, und der
Geiſtliche fieng an mit mir zu reden; ich
ſagte ihm kurz, daß ich aus einer edlen
Familie ſtammte, und durch den ſchaͤnd-
lichen Betrug einer falſchen Heurath aus
meinem Vaterlande geriſſen worden ſey;

Myladi
II Theil. Q
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[241/0247] Jch bemerkte, daß ihre Augen auf meine Hand und das Bildniß meiner Mutter geheftet waren; — da ſagte ich ihr, es iſt meine Mutter, eine Enkelin von Lord David Watſon — und hier, indem ich die andere Hand erhob, iſt mein Vater, ein wuͤrdiger Edelmann in Deutſchland; ſchon lange ſind beyde in der Ewigkeit, und bald, bald hoffe ich, bey ihnen zu ſeyn, ſetzte ich mit gefalteten Haͤnden hinzu. Die Dame weinte, und ſagte dem Geiſtlichen, er ſollte meinen Puls fuͤhlen; er thats, und verſicherte, daß ich ſehr uͤbel waͤre. Mit liebreichem Eifer ſah ſie um ſich, und fragte, ob ich nicht weggebracht werden koͤnnte. — Nicht ohne Lebensgefahr, ſagte der Geiſtli- che — ach das iſt mir leid, ſprach die liebe Dame, indem ſie mir die Hand druͤckte. Sie gieng hinaus, und der Geiſtliche fieng an mit mir zu reden; ich ſagte ihm kurz, daß ich aus einer edlen Familie ſtammte, und durch den ſchaͤnd- lichen Betrug einer falſchen Heurath aus meinem Vaterlande geriſſen worden ſey; Myladi II Theil. Q

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/247>, abgerufen am 24.11.2024.