Myladi Summers, unter deren Schutz ich gestanden, könnte Jhnen Zeugnisse von mir geben. Jch hieß ihn zugleich die Papiere nehmen, welche ich an sie ge- schrieben hatte, und die hinter einem Bette lagen. Jch setzte selbst ohne sein Fragen ein Bekänntniß meiner Grundsätze hinzu, und bat ihn, sich mit ihrem Mann in Briefwechsel einzulassen. Die Dame klopfte an, und kam, mit Maria, der Tochter meiner Wirthe, die eine Schachtel trug, zu meinem Bette. Sie hatte allerley Labsale und Arzneyen dar- inn, wovon sie mir gab. Die kleine Lidy kam auch herein, und warf sich bey meinem Bette auf die Knie. Die Dame betrachtete das Mädchen und mich mit zunehmender Traurigkeit. Endlich nahm sie Abschied, ließ die Maria bey mir, und der Geistliche versprach, den Morgen wieder da zu seyn. Aber er kam den ganzen Tag nicht; doch wurde zweymal nach mir gefragt. Jch war diesen Mor- gen besser als ich gestern gewesen war; daher schrieb ich Jhnen. Nun ists bald
sechs
Myladi Summers, unter deren Schutz ich geſtanden, koͤnnte Jhnen Zeugniſſe von mir geben. Jch hieß ihn zugleich die Papiere nehmen, welche ich an ſie ge- ſchrieben hatte, und die hinter einem Bette lagen. Jch ſetzte ſelbſt ohne ſein Fragen ein Bekaͤnntniß meiner Grundſaͤtze hinzu, und bat ihn, ſich mit ihrem Mann in Briefwechſel einzulaſſen. Die Dame klopfte an, und kam, mit Maria, der Tochter meiner Wirthe, die eine Schachtel trug, zu meinem Bette. Sie hatte allerley Labſale und Arzneyen dar- inn, wovon ſie mir gab. Die kleine Lidy kam auch herein, und warf ſich bey meinem Bette auf die Knie. Die Dame betrachtete das Maͤdchen und mich mit zunehmender Traurigkeit. Endlich nahm ſie Abſchied, ließ die Maria bey mir, und der Geiſtliche verſprach, den Morgen wieder da zu ſeyn. Aber er kam den ganzen Tag nicht; doch wurde zweymal nach mir gefragt. Jch war dieſen Mor- gen beſſer als ich geſtern geweſen war; daher ſchrieb ich Jhnen. Nun iſts bald
ſechs
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Myladi Summers, unter deren Schutz
ich geſtanden, koͤnnte Jhnen Zeugniſſe von
mir geben. Jch hieß ihn zugleich die
Papiere nehmen, welche ich an ſie ge-
ſchrieben hatte, und die hinter einem
Bette lagen. Jch ſetzte ſelbſt ohne ſein
Fragen ein Bekaͤnntniß meiner Grundſaͤtze
hinzu, und bat ihn, ſich mit ihrem
Mann in Briefwechſel einzulaſſen. Die
Dame klopfte an, und kam, mit Maria,
der Tochter meiner Wirthe, die eine
Schachtel trug, zu meinem Bette. Sie
hatte allerley Labſale und Arzneyen dar-
inn, wovon ſie mir gab. Die kleine
Lidy kam auch herein, und warf ſich bey
meinem Bette auf die Knie. Die Dame
betrachtete das Maͤdchen und mich mit
zunehmender Traurigkeit. Endlich nahm
ſie Abſchied, ließ die Maria bey mir, und
der Geiſtliche verſprach, den Morgen
wieder da zu ſeyn. Aber er kam den
ganzen Tag nicht; doch wurde zweymal
nach mir gefragt. Jch war dieſen Mor-
gen beſſer als ich geſtern geweſen war;
daher ſchrieb ich Jhnen. Nun iſts bald
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/248>, abgerufen am 26.11.2024.
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