ner Verhängnisse, welche ihren Ausdruck zurück hält! --
Fortsetzung den zweyten Tag.
Doctor -- Menschenfreund! nehmen Sie Theil an unserer Freude. Der En- gel, Sternheim, lebt noch. Eine gött- liche Schickung hat sie erhalten. Sey- mour weint Thränen der Freude, und umfaßt die armen Wirthe dieser Hütte unaufhörlich. Vor einer Stunde schlepp- ten wir uns bleich, traurig, mit einer todten Stille gegen den kleinen Gar- ten, wo man uns gestern das Grab ge- wiesen hatte. Der Mann und sein Sohn giengen unentschlossen und mit einem merklichen Widerwillen mit uns. Als wir nahe an der Stelle des Sandhügels waren, und ich den Leuten kurz sagte -- grabt auf -- sank mein Bruder an meinen Hals, und umfaßte mich, indem er mit Schmerz, o Rich! ansrief, und seinen Kopf auf meiner Achsel verbarg. Diese Bewegung von ihm, just da die
erste
ner Verhaͤngniſſe, welche ihren Ausdruck zuruͤck haͤlt! —
Fortſetzung den zweyten Tag.
Doctor — Menſchenfreund! nehmen Sie Theil an unſerer Freude. Der En- gel, Sternheim, lebt noch. Eine goͤtt- liche Schickung hat ſie erhalten. Sey- mour weint Thraͤnen der Freude, und umfaßt die armen Wirthe dieſer Huͤtte unaufhoͤrlich. Vor einer Stunde ſchlepp- ten wir uns bleich, traurig, mit einer todten Stille gegen den kleinen Gar- ten, wo man uns geſtern das Grab ge- wieſen hatte. Der Mann und ſein Sohn giengen unentſchloſſen und mit einem merklichen Widerwillen mit uns. Als wir nahe an der Stelle des Sandhuͤgels waren, und ich den Leuten kurz ſagte — grabt auf — ſank mein Bruder an meinen Hals, und umfaßte mich, indem er mit Schmerz, o Rich! ansrief, und ſeinen Kopf auf meiner Achſel verbarg. Dieſe Bewegung von ihm, juſt da die
erſte
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ner Verhaͤngniſſe, welche ihren Ausdruck
zuruͤck haͤlt! —
Fortſetzung den zweyten Tag.
Doctor — Menſchenfreund! nehmen
Sie Theil an unſerer Freude. Der En-
gel, Sternheim, lebt noch. Eine goͤtt-
liche Schickung hat ſie erhalten. Sey-
mour weint Thraͤnen der Freude, und
umfaßt die armen Wirthe dieſer Huͤtte
unaufhoͤrlich. Vor einer Stunde ſchlepp-
ten wir uns bleich, traurig, mit einer
todten Stille gegen den kleinen Gar-
ten, wo man uns geſtern das Grab ge-
wieſen hatte. Der Mann und ſein Sohn
giengen unentſchloſſen und mit einem
merklichen Widerwillen mit uns. Als
wir nahe an der Stelle des Sandhuͤgels
waren, und ich den Leuten kurz ſagte —
grabt auf — ſank mein Bruder an
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/266>, abgerufen am 22.11.2024.
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