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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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stellungen meines Liebhabers oder des Mit-
leidens einer tugendliebenden Dame ver-
diente. Eine Bewegung seiner Augen
von Betrachtung der Lady auf mich,
machte mich erröthen, und dieses ihn
lächeln; ich errieth, daß er mich für ihre
Mutter hielt, und empfand die Verringe-
rung seiner für mich vortheilhaft gefaß-
ten Begriffe. Lady Douglaß führte mich
in ein artiges Zimmer, und hieß mich zu
Bette gehen; Molly war dabey und frag-
te die Dame, wo die kleine Lidy hin
sollte? -- Hieher, sagte Lady Douglaß,
denn Sie werden die kleine am liebsten bey
sich haben, und es gefällt mir sehr, daß
Sie auch im Unglück den Pflichten der
Natur getreu geblieben sind." Beste La-
dy, fiel ich ein, Sie - - - - Keine Unruhe
meine liebe, sprach sie mit lebhaftem aber
liebreichem Tone, legen Sie sich, ich
komme dann zurück, aber von allem un-
angenehmen Vergangenen sollen Sie nicht
reden" -- und damit gieng sie weg. --
Jch warf mich aufs Bette mit der trau-
rigen Betrachtung, daß ich den ersten

freyen

ſtellungen meines Liebhabers oder des Mit-
leidens einer tugendliebenden Dame ver-
diente. Eine Bewegung ſeiner Augen
von Betrachtung der Lady auf mich,
machte mich erroͤthen, und dieſes ihn
laͤcheln; ich errieth, daß er mich fuͤr ihre
Mutter hielt, und empfand die Verringe-
rung ſeiner fuͤr mich vortheilhaft gefaß-
ten Begriffe. Lady Douglaß fuͤhrte mich
in ein artiges Zimmer, und hieß mich zu
Bette gehen; Molly war dabey und frag-
te die Dame, wo die kleine Lidy hin
ſollte? — Hieher, ſagte Lady Douglaß,
denn Sie werden die kleine am liebſten bey
ſich haben, und es gefaͤllt mir ſehr, daß
Sie auch im Ungluͤck den Pflichten der
Natur getreu geblieben ſind.“ Beſte La-
dy, fiel ich ein, Sie ‒ ‒ ‒ ‒ Keine Unruhe
meine liebe, ſprach ſie mit lebhaftem aber
liebreichem Tone, legen Sie ſich, ich
komme dann zuruͤck, aber von allem un-
angenehmen Vergangenen ſollen Sie nicht
reden“ — und damit gieng ſie weg. —
Jch warf mich aufs Bette mit der trau-
rigen Betrachtung, daß ich den erſten

freyen
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[267/0273] ſtellungen meines Liebhabers oder des Mit- leidens einer tugendliebenden Dame ver- diente. Eine Bewegung ſeiner Augen von Betrachtung der Lady auf mich, machte mich erroͤthen, und dieſes ihn laͤcheln; ich errieth, daß er mich fuͤr ihre Mutter hielt, und empfand die Verringe- rung ſeiner fuͤr mich vortheilhaft gefaß- ten Begriffe. Lady Douglaß fuͤhrte mich in ein artiges Zimmer, und hieß mich zu Bette gehen; Molly war dabey und frag- te die Dame, wo die kleine Lidy hin ſollte? — Hieher, ſagte Lady Douglaß, denn Sie werden die kleine am liebſten bey ſich haben, und es gefaͤllt mir ſehr, daß Sie auch im Ungluͤck den Pflichten der Natur getreu geblieben ſind.“ Beſte La- dy, fiel ich ein, Sie ‒ ‒ ‒ ‒ Keine Unruhe meine liebe, ſprach ſie mit lebhaftem aber liebreichem Tone, legen Sie ſich, ich komme dann zuruͤck, aber von allem un- angenehmen Vergangenen ſollen Sie nicht reden“ — und damit gieng ſie weg. — Jch warf mich aufs Bette mit der trau- rigen Betrachtung, daß ich den erſten freyen

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/273>, abgerufen am 22.11.2024.