stellungen meines Liebhabers oder des Mit- leidens einer tugendliebenden Dame ver- diente. Eine Bewegung seiner Augen von Betrachtung der Lady auf mich, machte mich erröthen, und dieses ihn lächeln; ich errieth, daß er mich für ihre Mutter hielt, und empfand die Verringe- rung seiner für mich vortheilhaft gefaß- ten Begriffe. Lady Douglaß führte mich in ein artiges Zimmer, und hieß mich zu Bette gehen; Molly war dabey und frag- te die Dame, wo die kleine Lidy hin sollte? -- Hieher, sagte Lady Douglaß, denn Sie werden die kleine am liebsten bey sich haben, und es gefällt mir sehr, daß Sie auch im Unglück den Pflichten der Natur getreu geblieben sind." Beste La- dy, fiel ich ein, Sie - - - - Keine Unruhe meine liebe, sprach sie mit lebhaftem aber liebreichem Tone, legen Sie sich, ich komme dann zurück, aber von allem un- angenehmen Vergangenen sollen Sie nicht reden" -- und damit gieng sie weg. -- Jch warf mich aufs Bette mit der trau- rigen Betrachtung, daß ich den ersten
freyen
ſtellungen meines Liebhabers oder des Mit- leidens einer tugendliebenden Dame ver- diente. Eine Bewegung ſeiner Augen von Betrachtung der Lady auf mich, machte mich erroͤthen, und dieſes ihn laͤcheln; ich errieth, daß er mich fuͤr ihre Mutter hielt, und empfand die Verringe- rung ſeiner fuͤr mich vortheilhaft gefaß- ten Begriffe. Lady Douglaß fuͤhrte mich in ein artiges Zimmer, und hieß mich zu Bette gehen; Molly war dabey und frag- te die Dame, wo die kleine Lidy hin ſollte? — Hieher, ſagte Lady Douglaß, denn Sie werden die kleine am liebſten bey ſich haben, und es gefaͤllt mir ſehr, daß Sie auch im Ungluͤck den Pflichten der Natur getreu geblieben ſind.“ Beſte La- dy, fiel ich ein, Sie ‒ ‒ ‒ ‒ Keine Unruhe meine liebe, ſprach ſie mit lebhaftem aber liebreichem Tone, legen Sie ſich, ich komme dann zuruͤck, aber von allem un- angenehmen Vergangenen ſollen Sie nicht reden“ — und damit gieng ſie weg. — Jch warf mich aufs Bette mit der trau- rigen Betrachtung, daß ich den erſten
freyen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0273"n="267"/>ſtellungen meines Liebhabers oder des Mit-<lb/>
leidens einer tugendliebenden Dame ver-<lb/>
diente. Eine Bewegung ſeiner Augen<lb/>
von Betrachtung der Lady auf mich,<lb/>
machte mich erroͤthen, und dieſes ihn<lb/>
laͤcheln; ich errieth, daß er mich fuͤr ihre<lb/>
Mutter hielt, und empfand die Verringe-<lb/>
rung ſeiner fuͤr mich vortheilhaft gefaß-<lb/>
ten Begriffe. Lady Douglaß fuͤhrte mich<lb/>
in ein artiges Zimmer, und hieß mich zu<lb/>
Bette gehen; Molly war dabey und frag-<lb/>
te die Dame, wo die kleine Lidy hin<lb/>ſollte? — Hieher, ſagte Lady Douglaß,<lb/>
denn Sie werden die kleine am liebſten bey<lb/>ſich haben, und es gefaͤllt mir ſehr, daß<lb/>
Sie auch im Ungluͤck den Pflichten der<lb/>
Natur getreu geblieben ſind.“ Beſte La-<lb/>
dy, fiel ich ein, Sie ‒‒‒‒ Keine Unruhe<lb/>
meine liebe, ſprach ſie mit lebhaftem aber<lb/>
liebreichem Tone, legen Sie ſich, ich<lb/>
komme dann zuruͤck, aber von allem un-<lb/>
angenehmen Vergangenen ſollen Sie nicht<lb/>
reden“— und damit gieng ſie weg. —<lb/>
Jch warf mich aufs Bette mit der trau-<lb/>
rigen Betrachtung, daß ich den erſten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">freyen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[267/0273]
ſtellungen meines Liebhabers oder des Mit-
leidens einer tugendliebenden Dame ver-
diente. Eine Bewegung ſeiner Augen
von Betrachtung der Lady auf mich,
machte mich erroͤthen, und dieſes ihn
laͤcheln; ich errieth, daß er mich fuͤr ihre
Mutter hielt, und empfand die Verringe-
rung ſeiner fuͤr mich vortheilhaft gefaß-
ten Begriffe. Lady Douglaß fuͤhrte mich
in ein artiges Zimmer, und hieß mich zu
Bette gehen; Molly war dabey und frag-
te die Dame, wo die kleine Lidy hin
ſollte? — Hieher, ſagte Lady Douglaß,
denn Sie werden die kleine am liebſten bey
ſich haben, und es gefaͤllt mir ſehr, daß
Sie auch im Ungluͤck den Pflichten der
Natur getreu geblieben ſind.“ Beſte La-
dy, fiel ich ein, Sie ‒ ‒ ‒ ‒ Keine Unruhe
meine liebe, ſprach ſie mit lebhaftem aber
liebreichem Tone, legen Sie ſich, ich
komme dann zuruͤck, aber von allem un-
angenehmen Vergangenen ſollen Sie nicht
reden“ — und damit gieng ſie weg. —
Jch warf mich aufs Bette mit der trau-
rigen Betrachtung, daß ich den erſten
freyen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/273>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.