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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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heut nur solche Punkte und Einreden ausführen, welche ich mir
in meiner Appellationsrechtfertigung noch übrig gelassen habe,
und hierzu gehe ich jetzt über.

Den Haupttragebalken des Urtheils bildet das, was ich in
meinem Vortrag über die indirecten Steuern gesagt habe.
Hierdurch soll ich, wie das Urtheil zu wiederholten Malen als
sein wahres Fundament hinstellt, zu Haß und Verachtung gegen
die besitzenden Klassen angereizt haben.

Sehen wir also zunächst, was ich in meinem Vortrage über
die indirecten Steuern gesagt habe. Jch entwickle daselbst die
philosophische Thatsache, daß jeder herrschende Stand das Prin-
cip, auf welchem er selbst beruht, zum herrschenden Princip aller
gesellschaftlichen Einrichtungen macht, ihnen allen das ausschließ-
liche Gepräge seines besonderen Princips aufdrückt. Jch hatte
dies p. 6 etc. meines Vortrages bei der Betrachtung der Welt-
periode des Adels oder des Mittelalters durch vier große That-
sachen nachgewiesen. Jch gehe in Folge dessen p. 19 etc. meines
Vortrags bei der Betrachtung der zweiten, auf den Kapitalbesitz
basirten Weltperiode, oder der Herrschaft der Bourgeoisie daran,
zu zeigen, daß jenes große, alle historischen Epochen beherr-
schende Gesetz sich auch hier nicht verleugnet und jetzt die Bour-
geoisie genau, und zwar unter Betrachtung derselben vier That-
sachen, an denen ich dies früher von dem Adel nachgewiesen,
den Kapitalbesitz mit derselben Consequenz zum herrschenden
Gepräge und Privilegium der Gesellschaft macht, wie der Adel
früher den Grundbesitz.

Jch zeige dies zuvörderst an dem auf einen Census basirten
Wahlrecht, entsprechend der auf den Grundbesitz basirten Reichs-
verfassung des Mittelalters.

Jch gehe hierauf zur Parallelisirung des zweiten Punktes, der
Steuereinrichtung, über und sage darüber wörtlich, wie folgt (p. 26)

"Eben so in Bezug auf alle andern Erscheinungen, bei denen
ich Jhnen im Mittelalter den Grundbesitz als das herrschende
Princip nachgewiesen habe.

Jch hatte Sie damals auf die Steuerfreiheit des
adligen Grundbesitzes im Mittelalter aufmerksam gemacht und
hatte Jhnen gesagt, daß jeder herrschende privilegirte
Stand die Lasten zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Wohles
auf die unterdrückten, nicht besitzenden Klassen abzuwälzen sucht.

Ganz ebenso die Bourgeoisie. Zwar kann sie freilich nicht

heut nur ſolche Punkte und Einreden ausführen, welche ich mir
in meiner Appellationsrechtfertigung noch übrig gelaſſen habe,
und hierzu gehe ich jetzt über.

Den Haupttragebalken des Urtheils bildet das, was ich in
meinem Vortrag über die indirecten Steuern geſagt habe.
Hierdurch ſoll ich, wie das Urtheil zu wiederholten Malen als
ſein wahres Fundament hinſtellt, zu Haß und Verachtung gegen
die beſitzenden Klaſſen angereizt haben.

Sehen wir alſo zunächſt, was ich in meinem Vortrage über
die indirecten Steuern geſagt habe. Jch entwickle daſelbſt die
philoſophiſche Thatſache, daß jeder herrſchende Stand das Prin-
cip, auf welchem er ſelbſt beruht, zum herrſchenden Princip aller
geſellſchaftlichen Einrichtungen macht, ihnen allen das ausſchließ-
liche Gepräge ſeines beſonderen Princips aufdrückt. Jch hatte
dies p. 6 ꝛc. meines Vortrages bei der Betrachtung der Welt-
periode des Adels oder des Mittelalters durch vier große That-
ſachen nachgewieſen. Jch gehe in Folge deſſen p. 19 ꝛc. meines
Vortrags bei der Betrachtung der zweiten, auf den Kapitalbeſitz
baſirten Weltperiode, oder der Herrſchaft der Bourgeoiſie daran,
zu zeigen, daß jenes große, alle hiſtoriſchen Epochen beherr-
ſchende Geſetz ſich auch hier nicht verleugnet und jetzt die Bour-
geoiſie genau, und zwar unter Betrachtung derſelben vier That-
ſachen, an denen ich dies früher von dem Adel nachgewieſen,
den Kapitalbeſitz mit derſelben Conſequenz zum herrſchenden
Gepräge und Privilegium der Geſellſchaft macht, wie der Adel
früher den Grundbeſitz.

Jch zeige dies zuvörderſt an dem auf einen Cenſus baſirten
Wahlrecht, entſprechend der auf den Grundbeſitz baſirten Reichs-
verfaſſung des Mittelalters.

Jch gehe hierauf zur Paralleliſirung des zweiten Punktes, der
Steuereinrichtung, über und ſage darüber wörtlich, wie folgt (p. 26)

„Eben ſo in Bezug auf alle andern Erſcheinungen, bei denen
ich Jhnen im Mittelalter den Grundbeſitz als das herrſchende
Princip nachgewieſen habe.

Jch hatte Sie damals auf die Steuerfreiheit des
adligen Grundbeſitzes im Mittelalter aufmerkſam gemacht und
hatte Jhnen geſagt, daß jeder herrſchende privilegirte
Stand die Laſten zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Wohles
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[5/0011] heut nur ſolche Punkte und Einreden ausführen, welche ich mir in meiner Appellationsrechtfertigung noch übrig gelaſſen habe, und hierzu gehe ich jetzt über. Den Haupttragebalken des Urtheils bildet das, was ich in meinem Vortrag über die indirecten Steuern geſagt habe. Hierdurch ſoll ich, wie das Urtheil zu wiederholten Malen als ſein wahres Fundament hinſtellt, zu Haß und Verachtung gegen die beſitzenden Klaſſen angereizt haben. Sehen wir alſo zunächſt, was ich in meinem Vortrage über die indirecten Steuern geſagt habe. Jch entwickle daſelbſt die philoſophiſche Thatſache, daß jeder herrſchende Stand das Prin- cip, auf welchem er ſelbſt beruht, zum herrſchenden Princip aller geſellſchaftlichen Einrichtungen macht, ihnen allen das ausſchließ- liche Gepräge ſeines beſonderen Princips aufdrückt. Jch hatte dies p. 6 ꝛc. meines Vortrages bei der Betrachtung der Welt- periode des Adels oder des Mittelalters durch vier große That- ſachen nachgewieſen. Jch gehe in Folge deſſen p. 19 ꝛc. meines Vortrags bei der Betrachtung der zweiten, auf den Kapitalbeſitz baſirten Weltperiode, oder der Herrſchaft der Bourgeoiſie daran, zu zeigen, daß jenes große, alle hiſtoriſchen Epochen beherr- ſchende Geſetz ſich auch hier nicht verleugnet und jetzt die Bour- geoiſie genau, und zwar unter Betrachtung derſelben vier That- ſachen, an denen ich dies früher von dem Adel nachgewieſen, den Kapitalbeſitz mit derſelben Conſequenz zum herrſchenden Gepräge und Privilegium der Geſellſchaft macht, wie der Adel früher den Grundbeſitz. Jch zeige dies zuvörderſt an dem auf einen Cenſus baſirten Wahlrecht, entſprechend der auf den Grundbeſitz baſirten Reichs- verfaſſung des Mittelalters. Jch gehe hierauf zur Paralleliſirung des zweiten Punktes, der Steuereinrichtung, über und ſage darüber wörtlich, wie folgt (p. 26) „Eben ſo in Bezug auf alle andern Erſcheinungen, bei denen ich Jhnen im Mittelalter den Grundbeſitz als das herrſchende Princip nachgewieſen habe. Jch hatte Sie damals auf die Steuerfreiheit des adligen Grundbeſitzes im Mittelalter aufmerkſam gemacht und hatte Jhnen geſagt, daß jeder herrſchende privilegirte Stand die Laſten zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Wohles auf die unterdrückten, nicht beſitzenden Klaſſen abzuwälzen ſucht. Ganz ebenſo die Bourgeoiſie. Zwar kann ſie freilich nicht

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/11>, abgerufen am 28.04.2024.