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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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Muth gehabt als ein Gewebe von Unwahrheiten und Sophis-
men darzustellen! Das hat mich gezwungen um Jhret- wie um
meinetwillen, Jhnen mindestens einen Theil -- und einen wie
geringen! -- jenes Materials, auf dem er beruht, aufzuschütten
und nicht an mich, nur an den Staatsanwalt können Sie sich
halten wegen der großen Zeitbeschwer, die Jhnen trotz meiner
Selbstbeschränkung dadurch entstehen mußte. Aber Sie haben
jetzt gesehen, daß jedes meiner Worte dreimal gepanzert ist in
Wissenschaft und in Wahrheit!

Genug also mit den wissenschaftlichen Citationen!

Und dennoch, meine Herren, muß ich Jhnen noch eine
Autorität citiren, die Jhnen ganz dasselbe über die indirecten
Steuern sagen wird, was ich gesagt habe, aber es soll keine
wissenschaftliche Autorität mehr sein.

Welche Autorität also meinen Sie wohl, meine Herren,
werde ich Jhnen, um meinen Excurs über die indirecten Steuern
abzuschließen, jetzt citiren?

Nun, Niemand anders als den König! Niemand anders
als die Staatsregierung! Niemand anders als das wahr-
haftig nicht als revolutionär bekannte Ministerium Man-
teuffel!

Unter dem 21. September 1849 überreicht das Staatsmini-
sterium den Kammern eine Allerhöchste Königliche Botschaft, durch
welche denselben ein Gesetz-Entwurf zur Einführung einer Einkom-
men- und Klassensteuer -- ein Gesetzentwurf, welcher, wie Sie bald
hören werden, nicht zur Annahme gelangte, -- unterbreitet wird.

Dieser Gesetzentwurf, in welchem einerseits die Abschaffung
der Mahl- und Schlachtsteuer, andererseits dafür die Einführung
einer Klassen- und einer dreiprocentigen Einkommensteuer pro-
ponirt wird, wird von dem Staatsministerium mit Motiven be-
gleitet, welche wörtlich enthalten, was ich Jhnen heut und in
jenem Vortrage gesagt habe. Sie finden dieselben unter Nr.
171 und 172 der amtlichen Drucksachen der 2. Kammer, Bd. II.
Jahrgang 1849, und ich werde mir erlauben, nur einige Stellen
aus ihnen vorzulesen.

"Die socialen Verhältnisse der Gegenwart" -- sagt das
Staatsministerium im Eingange dieser Motive, nachdem es her-
vorgehoben, daß der Gesetzentwurf nicht eine Vermehrung der
Staatseinnahmen bezwecke, sondern von dem "kaum einer
näheren Rechtfertigung bedürfenden" Grundgedanken ausgehe,

Muth gehabt als ein Gewebe von Unwahrheiten und Sophis-
men darzuſtellen! Das hat mich gezwungen um Jhret- wie um
meinetwillen, Jhnen mindeſtens einen Theil — und einen wie
geringen! — jenes Materials, auf dem er beruht, aufzuſchütten
und nicht an mich, nur an den Staatsanwalt können Sie ſich
halten wegen der großen Zeitbeſchwer, die Jhnen trotz meiner
Selbſtbeſchränkung dadurch entſtehen mußte. Aber Sie haben
jetzt geſehen, daß jedes meiner Worte dreimal gepanzert iſt in
Wiſſenſchaft und in Wahrheit!

Genug alſo mit den wiſſenſchaftlichen Citationen!

Und dennoch, meine Herren, muß ich Jhnen noch eine
Autorität citiren, die Jhnen ganz daſſelbe über die indirecten
Steuern ſagen wird, was ich geſagt habe, aber es ſoll keine
wiſſenſchaftliche Autorität mehr ſein.

Welche Autorität alſo meinen Sie wohl, meine Herren,
werde ich Jhnen, um meinen Excurs über die indirecten Steuern
abzuſchließen, jetzt citiren?

Nun, Niemand anders als den König! Niemand anders
als die Staatsregierung! Niemand anders als das wahr-
haftig nicht als revolutionär bekannte Miniſterium Man-
teuffel!

Unter dem 21. September 1849 überreicht das Staatsmini-
ſterium den Kammern eine Allerhöchſte Königliche Botſchaft, durch
welche denſelben ein Geſetz-Entwurf zur Einführung einer Einkom-
men- und Klaſſenſteuer — ein Geſetzentwurf, welcher, wie Sie bald
hören werden, nicht zur Annahme gelangte, — unterbreitet wird.

Dieſer Geſetzentwurf, in welchem einerſeits die Abſchaffung
der Mahl- und Schlachtſteuer, andererſeits dafür die Einführung
einer Klaſſen- und einer dreiprocentigen Einkommenſteuer pro-
ponirt wird, wird von dem Staatsminiſterium mit Motiven be-
gleitet, welche wörtlich enthalten, was ich Jhnen heut und in
jenem Vortrage geſagt habe. Sie finden dieſelben unter Nr.
171 und 172 der amtlichen Druckſachen der 2. Kammer, Bd. II.
Jahrgang 1849, und ich werde mir erlauben, nur einige Stellen
aus ihnen vorzuleſen.

„Die ſocialen Verhältniſſe der Gegenwart“ — ſagt das
Staatsminiſterium im Eingange dieſer Motive, nachdem es her-
vorgehoben, daß der Geſetzentwurf nicht eine Vermehrung der
Staatseinnahmen bezwecke, ſondern von dem „kaum einer
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[104/0110] Muth gehabt als ein Gewebe von Unwahrheiten und Sophis- men darzuſtellen! Das hat mich gezwungen um Jhret- wie um meinetwillen, Jhnen mindeſtens einen Theil — und einen wie geringen! — jenes Materials, auf dem er beruht, aufzuſchütten und nicht an mich, nur an den Staatsanwalt können Sie ſich halten wegen der großen Zeitbeſchwer, die Jhnen trotz meiner Selbſtbeſchränkung dadurch entſtehen mußte. Aber Sie haben jetzt geſehen, daß jedes meiner Worte dreimal gepanzert iſt in Wiſſenſchaft und in Wahrheit! Genug alſo mit den wiſſenſchaftlichen Citationen! Und dennoch, meine Herren, muß ich Jhnen noch eine Autorität citiren, die Jhnen ganz daſſelbe über die indirecten Steuern ſagen wird, was ich geſagt habe, aber es ſoll keine wiſſenſchaftliche Autorität mehr ſein. Welche Autorität alſo meinen Sie wohl, meine Herren, werde ich Jhnen, um meinen Excurs über die indirecten Steuern abzuſchließen, jetzt citiren? Nun, Niemand anders als den König! Niemand anders als die Staatsregierung! Niemand anders als das wahr- haftig nicht als revolutionär bekannte Miniſterium Man- teuffel! Unter dem 21. September 1849 überreicht das Staatsmini- ſterium den Kammern eine Allerhöchſte Königliche Botſchaft, durch welche denſelben ein Geſetz-Entwurf zur Einführung einer Einkom- men- und Klaſſenſteuer — ein Geſetzentwurf, welcher, wie Sie bald hören werden, nicht zur Annahme gelangte, — unterbreitet wird. Dieſer Geſetzentwurf, in welchem einerſeits die Abſchaffung der Mahl- und Schlachtſteuer, andererſeits dafür die Einführung einer Klaſſen- und einer dreiprocentigen Einkommenſteuer pro- ponirt wird, wird von dem Staatsminiſterium mit Motiven be- gleitet, welche wörtlich enthalten, was ich Jhnen heut und in jenem Vortrage geſagt habe. Sie finden dieſelben unter Nr. 171 und 172 der amtlichen Druckſachen der 2. Kammer, Bd. II. Jahrgang 1849, und ich werde mir erlauben, nur einige Stellen aus ihnen vorzuleſen. „Die ſocialen Verhältniſſe der Gegenwart“ — ſagt das Staatsminiſterium im Eingange dieſer Motive, nachdem es her- vorgehoben, daß der Geſetzentwurf nicht eine Vermehrung der Staatseinnahmen bezwecke, ſondern von dem „kaum einer näheren Rechtfertigung bedürfenden“ Grundgedanken ausgehe,

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/110>, abgerufen am 10.05.2024.