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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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geben können, wie in den Acciserechten Englands und in der
Regie der indirecten Steuern in Frankreich.

Sie stehen ferner in keinem Verhältniß zu den Kräften der
Steuerpflichtigen. Der Reiche und der Arme verzehren Salz;
aber der Reiche, der ein hunderttausendmal beträchtlicheres Ver-
mögen hat, als dasjenige des Armen, verzehrt deshalb nicht
hunderttausendmal mehr Salz als er. Die Steuer auf die Ge-
tränke nöthigt 7/8 der Einwohner Frankreichs sich für das ge-
wöhnliche Leben des Weins zu berauben, eines stärkenden Ge-
tränkes, welches ihr Boden in Ueberfluß hervorbringt; und es
ist eine ungleiche Steuervertheilung, welche den Einen den Ge-
brauch eines Productes erlaubt, den sie den Andern untersagt.

Diese Steuer steht ferner in keinem Verhältniß zu den
Preisen. Sie kann sich nicht anpassen weder den verschiedenen
Jahreserndten, noch den verschiedenen Qualitäten. Dreißig
Franken, die eine Taxe von 10 Procent darstellen auf ein Faß
Wein von 300 Frs., bilden eine Taxe von 300 Procent auf
ein Faß Wein von 10 Franken; und was das Schlimmste ist,
ist, daß die stärkste Taxe gerade von dem Bedürftigen bezahlt
wird und die schwächste von dem Reichen.

Man kann versichern, daß die Steuern auf die Consumtionen
die am allerungleichsten vertheilten von allen sind und daß in
den Nationen, wo sie vorherrschen, die bedürftigsten Familien
aufgeopfert werden. Es ist das eine der Wunden Englands."

So Say! Jch stehe erst am Anfang, meine Herren, einer
endlosen Reihe von Citationen, so endlos, daß ich, wenn ich
wollte, vierzehn volle Tage und mehr hier mit Citationen zu-
bringen könnte, ich stehe erst am ersten Anfang derselben und
schon wird es Jhnen vielleicht scheinen, als sei durch die bloße
Anführung dieses Einen Chefs der herrschenden Bourgeois-
Oekonomie das zu Beweisende bewiesen. Denn wie Sie ge-
sehen haben, sagt Say ganz dasselbe was ich, nur noch weit
schärfer, nur noch weit schneidender in den Ausdrücken, nur noch
weit stärker in dem quantitativen Umfang der Aeußerungen.

Jch sage, die indirecten Steuern treffen die Jndividuen
nicht nach Verhältniß ihres Kapitals und Einkommens; Say
sagt, die indirecten Steuern sind sogar eine im umgekehrten
Sinn progressive Steuer, die jeden grade um so stärker
trifft, je ärmer er ist. Jch sage, die armen Klassen werden
dadurch überbürdet. Nein, sagt Say, sie werden dadurch

geben können, wie in den Acciſerechten Englands und in der
Regie der indirecten Steuern in Frankreich.

Sie ſtehen ferner in keinem Verhältniß zu den Kräften der
Steuerpflichtigen. Der Reiche und der Arme verzehren Salz;
aber der Reiche, der ein hunderttauſendmal beträchtlicheres Ver-
mögen hat, als dasjenige des Armen, verzehrt deshalb nicht
hunderttauſendmal mehr Salz als er. Die Steuer auf die Ge-
tränke nöthigt ⅞ der Einwohner Frankreichs ſich für das ge-
wöhnliche Leben des Weins zu berauben, eines ſtärkenden Ge-
tränkes, welches ihr Boden in Ueberfluß hervorbringt; und es
iſt eine ungleiche Steuervertheilung, welche den Einen den Ge-
brauch eines Productes erlaubt, den ſie den Andern unterſagt.

Dieſe Steuer ſteht ferner in keinem Verhältniß zu den
Preiſen. Sie kann ſich nicht anpaſſen weder den verſchiedenen
Jahreserndten, noch den verſchiedenen Qualitäten. Dreißig
Franken, die eine Taxe von 10 Procent darſtellen auf ein Faß
Wein von 300 Frs., bilden eine Taxe von 300 Procent auf
ein Faß Wein von 10 Franken; und was das Schlimmſte iſt,
iſt, daß die ſtärkſte Taxe gerade von dem Bedürftigen bezahlt
wird und die ſchwächſte von dem Reichen.

Man kann verſichern, daß die Steuern auf die Conſumtionen
die am allerungleichſten vertheilten von allen ſind und daß in
den Nationen, wo ſie vorherrſchen, die bedürftigſten Familien
aufgeopfert werden. Es iſt das eine der Wunden Englands.“

So Say! Jch ſtehe erſt am Anfang, meine Herren, einer
endloſen Reihe von Citationen, ſo endlos, daß ich, wenn ich
wollte, vierzehn volle Tage und mehr hier mit Citationen zu-
bringen könnte, ich ſtehe erſt am erſten Anfang derſelben und
ſchon wird es Jhnen vielleicht ſcheinen, als ſei durch die bloße
Anführung dieſes Einen Chefs der herrſchenden Bourgeois-
Oekonomie das zu Beweiſende bewieſen. Denn wie Sie ge-
ſehen haben, ſagt Say ganz daſſelbe was ich, nur noch weit
ſchärfer, nur noch weit ſchneidender in den Ausdrücken, nur noch
weit ſtärker in dem quantitativen Umfang der Aeußerungen.

Jch ſage, die indirecten Steuern treffen die Jndividuen
nicht nach Verhältniß ihres Kapitals und Einkommens; Say
ſagt, die indirecten Steuern ſind ſogar eine im umgekehrten
Sinn progreſſive Steuer, die jeden grade um ſo ſtärker
trifft, je ärmer er iſt. Jch ſage, die armen Klaſſen werden
dadurch überbürdet. Nein, ſagt Say, ſie werden dadurch

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[18/0024] geben können, wie in den Acciſerechten Englands und in der Regie der indirecten Steuern in Frankreich. Sie ſtehen ferner in keinem Verhältniß zu den Kräften der Steuerpflichtigen. Der Reiche und der Arme verzehren Salz; aber der Reiche, der ein hunderttauſendmal beträchtlicheres Ver- mögen hat, als dasjenige des Armen, verzehrt deshalb nicht hunderttauſendmal mehr Salz als er. Die Steuer auf die Ge- tränke nöthigt ⅞ der Einwohner Frankreichs ſich für das ge- wöhnliche Leben des Weins zu berauben, eines ſtärkenden Ge- tränkes, welches ihr Boden in Ueberfluß hervorbringt; und es iſt eine ungleiche Steuervertheilung, welche den Einen den Ge- brauch eines Productes erlaubt, den ſie den Andern unterſagt. Dieſe Steuer ſteht ferner in keinem Verhältniß zu den Preiſen. Sie kann ſich nicht anpaſſen weder den verſchiedenen Jahreserndten, noch den verſchiedenen Qualitäten. Dreißig Franken, die eine Taxe von 10 Procent darſtellen auf ein Faß Wein von 300 Frs., bilden eine Taxe von 300 Procent auf ein Faß Wein von 10 Franken; und was das Schlimmſte iſt, iſt, daß die ſtärkſte Taxe gerade von dem Bedürftigen bezahlt wird und die ſchwächſte von dem Reichen. Man kann verſichern, daß die Steuern auf die Conſumtionen die am allerungleichſten vertheilten von allen ſind und daß in den Nationen, wo ſie vorherrſchen, die bedürftigſten Familien aufgeopfert werden. Es iſt das eine der Wunden Englands.“ So Say! Jch ſtehe erſt am Anfang, meine Herren, einer endloſen Reihe von Citationen, ſo endlos, daß ich, wenn ich wollte, vierzehn volle Tage und mehr hier mit Citationen zu- bringen könnte, ich ſtehe erſt am erſten Anfang derſelben und ſchon wird es Jhnen vielleicht ſcheinen, als ſei durch die bloße Anführung dieſes Einen Chefs der herrſchenden Bourgeois- Oekonomie das zu Beweiſende bewieſen. Denn wie Sie ge- ſehen haben, ſagt Say ganz daſſelbe was ich, nur noch weit ſchärfer, nur noch weit ſchneidender in den Ausdrücken, nur noch weit ſtärker in dem quantitativen Umfang der Aeußerungen. Jch ſage, die indirecten Steuern treffen die Jndividuen nicht nach Verhältniß ihres Kapitals und Einkommens; Say ſagt, die indirecten Steuern ſind ſogar eine im umgekehrten Sinn progreſſive Steuer, die jeden grade um ſo ſtärker trifft, je ärmer er iſt. Jch ſage, die armen Klaſſen werden dadurch überbürdet. Nein, ſagt Say, ſie werden dadurch

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/24>, abgerufen am 28.04.2024.