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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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meiner wahren wissenschaftlichen Ueberzeugung, nur als un-
verbesserliche Optimisten
bezeichnen. Und vielleicht
haben Sie das auch selbst bemerkt an dem Ringen und Würgen,
mit welchem sie widerwillig und allerlei Verklausulirungen und hy-
pothetische Abschwächungen versuchend, das Geständniß ablegen.
Und dennoch ist dies Geständniß in der Sache selbst vollkommen
durchgreifend und entscheidend. Es verhält sich nicht so, wie
Smith und Ricardo noch glaubten, und ihre Lehre ist in diesem
Punkte ein anerkannter Jrrthum.

Genug also einstweilen mit dem Autoritätenbeweis. Gehen
wir zunächst zu dem Beweis durch innere Gründe über, die in
den vorgelesenen Stellen nur theilweise angedeutet sind und
die Jhnen die Sache in viel schärferer Weise noch und ganz un-
zweifelhaft machen werden. Vier Gründe werde ich Jhnen vor-
tragen.

Der erste ist folgender:

Wird durch Steuern der Getreidepreis gesteigert, so bricht
nun der allgemeine Kampf zwischen den einzelnen Ständen der
Gesellschaft um die Ueberwälzung dieser Steuern aus. Könnten
selbst die Arbeiter, die in diesem Kampf am unvortheilhaftesten
gestellt sind, da sie auf das tägliche Bedürfniß angewiesen sind,
den Sieg davon tragen, so wäre dies jedenfalls nur nach einer
sehr langen mit den größten Qualen angefüllten Zeit denkbar.

Wie wäre dieser Sieg aber auch nur möglich, da, wie
alle Oekonomen einstimmig anerkennen, die Höhe des Arbeits-
lohns abhängt von dem Verhältniß von Angebot und Nach-
frage nach Arbeit, d. h. von der Menge der Arbeitsuchenden und
der Menge des nationalen Kapitals, das auf Arbeit ausgethan
werden soll. Das in der Nation vorhandene Kapital, der
Arbeitsfonds, wird durch die indirecten Steuern nicht vermehrt,
sondern gerade nach der Annahme von Smith und Ricardo nur
sehr erheblich verringert. So lange nun die Zahl der Arbeiter
nicht verringert ist, kann, da der Arbeitsfonds, das auf Arbeit
auszuthuende Kapital, und also die Nachfrage nach Arbeits-
händen nicht vermehrt ist, der Arbeitslohn unmöglich steigen.
Ja, gerade aus der Theorie von Smith und Ricardo würde
folgen, daß der Arbeiter jetzt doppelt gedrückt, zwischen zwei
Feuer
genommen ist; denn von der einen Seite dringt die
gesteigerte Theuerung des Getreides auf ihn ein, und in den
Rücken fällt ihm das verringerte Unternehmerkapital, und somit

meiner wahren wiſſenſchaftlichen Ueberzeugung, nur als un-
verbeſſerliche Optimiſten
bezeichnen. Und vielleicht
haben Sie das auch ſelbſt bemerkt an dem Ringen und Würgen,
mit welchem ſie widerwillig und allerlei Verklauſulirungen und hy-
pothetiſche Abſchwächungen verſuchend, das Geſtändniß ablegen.
Und dennoch iſt dies Geſtändniß in der Sache ſelbſt vollkommen
durchgreifend und entſcheidend. Es verhält ſich nicht ſo, wie
Smith und Ricardo noch glaubten, und ihre Lehre iſt in dieſem
Punkte ein anerkannter Jrrthum.

Genug alſo einſtweilen mit dem Autoritätenbeweis. Gehen
wir zunächſt zu dem Beweis durch innere Gründe über, die in
den vorgeleſenen Stellen nur theilweiſe angedeutet ſind und
die Jhnen die Sache in viel ſchärferer Weiſe noch und ganz un-
zweifelhaft machen werden. Vier Gründe werde ich Jhnen vor-
tragen.

Der erſte iſt folgender:

Wird durch Steuern der Getreidepreis geſteigert, ſo bricht
nun der allgemeine Kampf zwiſchen den einzelnen Ständen der
Geſellſchaft um die Ueberwälzung dieſer Steuern aus. Könnten
ſelbſt die Arbeiter, die in dieſem Kampf am unvortheilhafteſten
geſtellt ſind, da ſie auf das tägliche Bedürfniß angewieſen ſind,
den Sieg davon tragen, ſo wäre dies jedenfalls nur nach einer
ſehr langen mit den größten Qualen angefüllten Zeit denkbar.

Wie wäre dieſer Sieg aber auch nur möglich, da, wie
alle Oekonomen einſtimmig anerkennen, die Höhe des Arbeits-
lohns abhängt von dem Verhältniß von Angebot und Nach-
frage nach Arbeit, d. h. von der Menge der Arbeitſuchenden und
der Menge des nationalen Kapitals, das auf Arbeit ausgethan
werden ſoll. Das in der Nation vorhandene Kapital, der
Arbeitsfonds, wird durch die indirecten Steuern nicht vermehrt,
ſondern gerade nach der Annahme von Smith und Ricardo nur
ſehr erheblich verringert. So lange nun die Zahl der Arbeiter
nicht verringert iſt, kann, da der Arbeitsfonds, das auf Arbeit
auszuthuende Kapital, und alſo die Nachfrage nach Arbeits-
händen nicht vermehrt iſt, der Arbeitslohn unmöglich ſteigen.
Ja, gerade aus der Theorie von Smith und Ricardo würde
folgen, daß der Arbeiter jetzt doppelt gedrückt, zwiſchen zwei
Feuer
genommen iſt; denn von der einen Seite dringt die
geſteigerte Theuerung des Getreides auf ihn ein, und in den
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[40/0046] meiner wahren wiſſenſchaftlichen Ueberzeugung, nur als un- verbeſſerliche Optimiſten bezeichnen. Und vielleicht haben Sie das auch ſelbſt bemerkt an dem Ringen und Würgen, mit welchem ſie widerwillig und allerlei Verklauſulirungen und hy- pothetiſche Abſchwächungen verſuchend, das Geſtändniß ablegen. Und dennoch iſt dies Geſtändniß in der Sache ſelbſt vollkommen durchgreifend und entſcheidend. Es verhält ſich nicht ſo, wie Smith und Ricardo noch glaubten, und ihre Lehre iſt in dieſem Punkte ein anerkannter Jrrthum. Genug alſo einſtweilen mit dem Autoritätenbeweis. Gehen wir zunächſt zu dem Beweis durch innere Gründe über, die in den vorgeleſenen Stellen nur theilweiſe angedeutet ſind und die Jhnen die Sache in viel ſchärferer Weiſe noch und ganz un- zweifelhaft machen werden. Vier Gründe werde ich Jhnen vor- tragen. Der erſte iſt folgender: Wird durch Steuern der Getreidepreis geſteigert, ſo bricht nun der allgemeine Kampf zwiſchen den einzelnen Ständen der Geſellſchaft um die Ueberwälzung dieſer Steuern aus. Könnten ſelbſt die Arbeiter, die in dieſem Kampf am unvortheilhafteſten geſtellt ſind, da ſie auf das tägliche Bedürfniß angewieſen ſind, den Sieg davon tragen, ſo wäre dies jedenfalls nur nach einer ſehr langen mit den größten Qualen angefüllten Zeit denkbar. Wie wäre dieſer Sieg aber auch nur möglich, da, wie alle Oekonomen einſtimmig anerkennen, die Höhe des Arbeits- lohns abhängt von dem Verhältniß von Angebot und Nach- frage nach Arbeit, d. h. von der Menge der Arbeitſuchenden und der Menge des nationalen Kapitals, das auf Arbeit ausgethan werden ſoll. Das in der Nation vorhandene Kapital, der Arbeitsfonds, wird durch die indirecten Steuern nicht vermehrt, ſondern gerade nach der Annahme von Smith und Ricardo nur ſehr erheblich verringert. So lange nun die Zahl der Arbeiter nicht verringert iſt, kann, da der Arbeitsfonds, das auf Arbeit auszuthuende Kapital, und alſo die Nachfrage nach Arbeits- händen nicht vermehrt iſt, der Arbeitslohn unmöglich ſteigen. Ja, gerade aus der Theorie von Smith und Ricardo würde folgen, daß der Arbeiter jetzt doppelt gedrückt, zwiſchen zwei Feuer genommen iſt; denn von der einen Seite dringt die geſteigerte Theuerung des Getreides auf ihn ein, und in den Rücken fällt ihm das verringerte Unternehmerkapital, und ſomit

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/46>, abgerufen am 23.11.2024.