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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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stände umgewandelt haben, denn jedem, der dort steht, giebt
schon das Amt, und gleichviel welches sonst seine politische Ein-
sicht und Ansicht sei, eine ungefähre Ahnung davon, wie noth-
wendig es wäre, die über alle Gebühr auf die unteren Volks-
klassen drückende Steuerlast zu erleichtern, und wenn dies durch
eine so leichte und wohlfeile Maßregel geschehen könnte, wie
durch die Luxussteuern, -- lange würde man zu einer Umwand-
lung der Steuern auf Bedürfnißgegenstände in Steuern auf
Luxusgegenstände geschritten sein.

Aber die sogenannten Luxussteuern leiden an einem eigen-
thümlichen Dilemma:

Entweder die Luxussteuern sind keine Luxussteuern,
d. h. sie liegen auf Gegenständen des auch in den untersten
Volksklassen allgemein üblichen Verbrauchs, wie Kaffee oder
Thee, Bier, Branntwein, Seife, Licht etc., und würden daher
wieder zu ihrem bei weitem größten Theile von den untersten
Klassen, dem Arbeiter, Bauern und Kleinbürger aufgebracht, --
oder aber sie sind wirkliche Luxussteuern und dann
bringen sie Nichts, Nichts nämlich, was im Verhältniß
zu den wirklichen Staatsbedürfnissen und Staatseinnahmen
auch nur irgend der Rede werth ist und in Betracht kommen
kann.

Die Gründe sind sehr klar und einfach. Die wirklichen
Luxussteuern stehen stets an folgender Alternative:

Entweder sie sind zu einem mäßigen Satze angelegt --
und dann sind sie eine Steuer, welche nur eine Handvoll
Leute trifft, auf deren erstaunliche, alle Jhre Vorstellungen
übertreffende Geringfügigkeit ich Sie später noch einen Blick
werfen lassen werde, und welche diese Handvoll Leute zu
einem mäßigen kleinen Betrage trifft, also nichts der Rede
Werthes aufbringen kann.

Oder aber sie sind zu einem hohen Satze angelegt.

Und dann bringen sie noch weniger! Denn dann ver-
sagt sich auch noch jene Handvoll Leute mit wenigen Ausnahmen
diesen erheblich vertheuerten Luxus, lieber zu andern Arten des-
selben ihre Zuflucht nehmend, und die Steuer wird dann fast
ganz ertraglos.

Wo sollte ich das Ende finden, wenn ich Jhnen die uner-
meßliche Zahl von Zeugnissen und statistischen Thatsachen citiren
wollte, welche für das Gesagte zu Gebote stehen!

ſtände umgewandelt haben, denn jedem, der dort ſteht, giebt
ſchon das Amt, und gleichviel welches ſonſt ſeine politiſche Ein-
ſicht und Anſicht ſei, eine ungefähre Ahnung davon, wie noth-
wendig es wäre, die über alle Gebühr auf die unteren Volks-
klaſſen drückende Steuerlaſt zu erleichtern, und wenn dies durch
eine ſo leichte und wohlfeile Maßregel geſchehen könnte, wie
durch die Luxusſteuern, — lange würde man zu einer Umwand-
lung der Steuern auf Bedürfnißgegenſtände in Steuern auf
Luxusgegenſtände geſchritten ſein.

Aber die ſogenannten Luxusſteuern leiden an einem eigen-
thümlichen Dilemma:

Entweder die Luxusſteuern ſind keine Luxusſteuern,
d. h. ſie liegen auf Gegenſtänden des auch in den unterſten
Volksklaſſen allgemein üblichen Verbrauchs, wie Kaffee oder
Thee, Bier, Branntwein, Seife, Licht ꝛc., und würden daher
wieder zu ihrem bei weitem größten Theile von den unterſten
Klaſſen, dem Arbeiter, Bauern und Kleinbürger aufgebracht, —
oder aber ſie ſind wirkliche Luxusſteuern und dann
bringen ſie Nichts, Nichts nämlich, was im Verhältniß
zu den wirklichen Staatsbedürfniſſen und Staatseinnahmen
auch nur irgend der Rede werth iſt und in Betracht kommen
kann.

Die Gründe ſind ſehr klar und einfach. Die wirklichen
Luxusſteuern ſtehen ſtets an folgender Alternative:

Entweder ſie ſind zu einem mäßigen Satze angelegt —
und dann ſind ſie eine Steuer, welche nur eine Handvoll
Leute trifft, auf deren erſtaunliche, alle Jhre Vorſtellungen
übertreffende Geringfügigkeit ich Sie ſpäter noch einen Blick
werfen laſſen werde, und welche dieſe Handvoll Leute zu
einem mäßigen kleinen Betrage trifft, alſo nichts der Rede
Werthes aufbringen kann.

Oder aber ſie ſind zu einem hohen Satze angelegt.

Und dann bringen ſie noch weniger! Denn dann ver-
ſagt ſich auch noch jene Handvoll Leute mit wenigen Ausnahmen
dieſen erheblich vertheuerten Luxus, lieber zu andern Arten des-
ſelben ihre Zuflucht nehmend, und die Steuer wird dann faſt
ganz ertraglos.

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meßliche Zahl von Zeugniſſen und ſtatiſtiſchen Thatſachen citiren
wollte, welche für das Geſagte zu Gebote ſtehen!

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[50/0056] ſtände umgewandelt haben, denn jedem, der dort ſteht, giebt ſchon das Amt, und gleichviel welches ſonſt ſeine politiſche Ein- ſicht und Anſicht ſei, eine ungefähre Ahnung davon, wie noth- wendig es wäre, die über alle Gebühr auf die unteren Volks- klaſſen drückende Steuerlaſt zu erleichtern, und wenn dies durch eine ſo leichte und wohlfeile Maßregel geſchehen könnte, wie durch die Luxusſteuern, — lange würde man zu einer Umwand- lung der Steuern auf Bedürfnißgegenſtände in Steuern auf Luxusgegenſtände geſchritten ſein. Aber die ſogenannten Luxusſteuern leiden an einem eigen- thümlichen Dilemma: Entweder die Luxusſteuern ſind keine Luxusſteuern, d. h. ſie liegen auf Gegenſtänden des auch in den unterſten Volksklaſſen allgemein üblichen Verbrauchs, wie Kaffee oder Thee, Bier, Branntwein, Seife, Licht ꝛc., und würden daher wieder zu ihrem bei weitem größten Theile von den unterſten Klaſſen, dem Arbeiter, Bauern und Kleinbürger aufgebracht, — oder aber ſie ſind wirkliche Luxusſteuern und dann bringen ſie Nichts, Nichts nämlich, was im Verhältniß zu den wirklichen Staatsbedürfniſſen und Staatseinnahmen auch nur irgend der Rede werth iſt und in Betracht kommen kann. Die Gründe ſind ſehr klar und einfach. Die wirklichen Luxusſteuern ſtehen ſtets an folgender Alternative: Entweder ſie ſind zu einem mäßigen Satze angelegt — und dann ſind ſie eine Steuer, welche nur eine Handvoll Leute trifft, auf deren erſtaunliche, alle Jhre Vorſtellungen übertreffende Geringfügigkeit ich Sie ſpäter noch einen Blick werfen laſſen werde, und welche dieſe Handvoll Leute zu einem mäßigen kleinen Betrage trifft, alſo nichts der Rede Werthes aufbringen kann. Oder aber ſie ſind zu einem hohen Satze angelegt. Und dann bringen ſie noch weniger! Denn dann ver- ſagt ſich auch noch jene Handvoll Leute mit wenigen Ausnahmen dieſen erheblich vertheuerten Luxus, lieber zu andern Arten des- ſelben ihre Zuflucht nehmend, und die Steuer wird dann faſt ganz ertraglos. Wo ſollte ich das Ende finden, wenn ich Jhnen die uner- meßliche Zahl von Zeugniſſen und ſtatiſtiſchen Thatſachen citiren wollte, welche für das Geſagte zu Gebote ſtehen!

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/56>, abgerufen am 12.05.2024.