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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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selbst solche Punkte nicht bezeichnet hat, noch hat bezeichnen
können, habe ich Jhnen bereits in meiner Appellationsrechtfer-
tigung in den kritischen Randnoten zum Urtheil nachgewiesen.
Jch habe Jhnen dort außer der Widerlegung aller einzelnen
Gründe, welche das Urtheil geltend macht, drei große Nachweise
geführt:

1) den Nachweis, daß das Urtheil selbst mit seinen eigenen
Worten Alles das für rein wissenschaftlich und erlaubt erklärt,
was es später wieder eben so mit seinen eigenen Worten für
strafbar erklärt; daß sich das Urtheil somit in einem fortgesetzten
Widerspruch Zeile für Zeile selbst aufißt.
2) daß das Urtheil, statt einen verbrecherischen Thatbestand
von Worten in meinem Vortrag aufzeigen zu können, vielmehr
nur die unerhörteste Gesinnungsinquisition treibt; daß es in
Ermangelung eines solchen verbrecherischen Thatbestandes Schlüsse
auf von mir nicht ausgesprochene Gesinnungen macht
und in diesen auf dem Grunde meiner Seele ruhenden, nicht aus-
gesprochenen Gesinnungen den objectiven Thatbestand zur Ver-
urtheilung finden will; ja daß dies Urtheil, wie ich Jhnen die
Monumente der Geschichte an der Hand Punkt für Punkt bewiesen
habe, in dieser Gesinnungsinquisition noch weit alle Greuel
überschreitet,
durch welche die heilige Jnquisition, die
mittelalterlichen Glaubensprocesse und die Schrecken der römi-
schen Kaiserzeit die Mit- und Nachwelt mit Entsetzen erfüllt haben.
3) habe ich Jhnen endlich nachgewiesen, daß auch so noch,
auch noch in dieser Verwechslung von Gesinnungsinquisition
und criminalistischem Thatbestand, das Urtheil, selbst nach seiner
eigenen Ansicht, immer noch nichts fand, worauf es eine Ver-
urtheilung
basiren konnte und daß es deshalb dazu übergeht,
mir Worte unterzulegen, die ich in meinem Vortrag gar nicht
gesagt habe, und Sätze zu verurtheilen, die in meiner
Broschüre gar nicht stehen.

Jch erinnere nur an diese Nachweisungen, die ich in
meiner Appellationsrechtfertigung geführt habe, ohne näher auf
dieselben zurückzukommen. Jch will sie hier nicht wiederholen,
denn mein Zweck ist nicht der, wie man irrig von meiner Ver-
theidigung in erster Jnstanz angenommen hat, Aufregung
hervorzubringen.
Sondern ich gehe darin nur eben so
weit, daß ich mich auch durch die Rücksicht auf Aufregung, die
dadurch hervorgebracht werden könnte, nicht abhalten lassen

ſelbſt ſolche Punkte nicht bezeichnet hat, noch hat bezeichnen
können, habe ich Jhnen bereits in meiner Appellationsrechtfer-
tigung in den kritiſchen Randnoten zum Urtheil nachgewieſen.
Jch habe Jhnen dort außer der Widerlegung aller einzelnen
Gründe, welche das Urtheil geltend macht, drei große Nachweiſe
geführt:

1) den Nachweis, daß das Urtheil ſelbſt mit ſeinen eigenen
Worten Alles das für rein wiſſenſchaftlich und erlaubt erklärt,
was es ſpäter wieder eben ſo mit ſeinen eigenen Worten für
ſtrafbar erklärt; daß ſich das Urtheil ſomit in einem fortgeſetzten
Widerſpruch Zeile für Zeile ſelbſt aufißt.
2) daß das Urtheil, ſtatt einen verbrecheriſchen Thatbeſtand
von Worten in meinem Vortrag aufzeigen zu können, vielmehr
nur die unerhörteſte Geſinnungsinquiſition treibt; daß es in
Ermangelung eines ſolchen verbrecheriſchen Thatbeſtandes Schlüſſe
auf von mir nicht ausgeſprochene Geſinnungen macht
und in dieſen auf dem Grunde meiner Seele ruhenden, nicht aus-
geſprochenen Geſinnungen den objectiven Thatbeſtand zur Ver-
urtheilung finden will; ja daß dies Urtheil, wie ich Jhnen die
Monumente der Geſchichte an der Hand Punkt für Punkt bewieſen
habe, in dieſer Geſinnungsinquiſition noch weit alle Greuel
überſchreitet,
durch welche die heilige Jnquiſition, die
mittelalterlichen Glaubensproceſſe und die Schrecken der römi-
ſchen Kaiſerzeit die Mit- und Nachwelt mit Entſetzen erfüllt haben.
3) habe ich Jhnen endlich nachgewieſen, daß auch ſo noch,
auch noch in dieſer Verwechslung von Geſinnungsinquiſition
und criminaliſtiſchem Thatbeſtand, das Urtheil, ſelbſt nach ſeiner
eigenen Anſicht, immer noch nichts fand, worauf es eine Ver-
urtheilung
baſiren konnte und daß es deshalb dazu übergeht,
mir Worte unterzulegen, die ich in meinem Vortrag gar nicht
geſagt habe, und Sätze zu verurtheilen, die in meiner
Broſchüre gar nicht ſtehen.

Jch erinnere nur an dieſe Nachweiſungen, die ich in
meiner Appellationsrechtfertigung geführt habe, ohne näher auf
dieſelben zurückzukommen. Jch will ſie hier nicht wiederholen,
denn mein Zweck iſt nicht der, wie man irrig von meiner Ver-
theidigung in erſter Jnſtanz angenommen hat, Aufregung
hervorzubringen.
Sondern ich gehe darin nur eben ſo
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[2/0008] ſelbſt ſolche Punkte nicht bezeichnet hat, noch hat bezeichnen können, habe ich Jhnen bereits in meiner Appellationsrechtfer- tigung in den kritiſchen Randnoten zum Urtheil nachgewieſen. Jch habe Jhnen dort außer der Widerlegung aller einzelnen Gründe, welche das Urtheil geltend macht, drei große Nachweiſe geführt: 1) den Nachweis, daß das Urtheil ſelbſt mit ſeinen eigenen Worten Alles das für rein wiſſenſchaftlich und erlaubt erklärt, was es ſpäter wieder eben ſo mit ſeinen eigenen Worten für ſtrafbar erklärt; daß ſich das Urtheil ſomit in einem fortgeſetzten Widerſpruch Zeile für Zeile ſelbſt aufißt. 2) daß das Urtheil, ſtatt einen verbrecheriſchen Thatbeſtand von Worten in meinem Vortrag aufzeigen zu können, vielmehr nur die unerhörteſte Geſinnungsinquiſition treibt; daß es in Ermangelung eines ſolchen verbrecheriſchen Thatbeſtandes Schlüſſe auf von mir nicht ausgeſprochene Geſinnungen macht und in dieſen auf dem Grunde meiner Seele ruhenden, nicht aus- geſprochenen Geſinnungen den objectiven Thatbeſtand zur Ver- urtheilung finden will; ja daß dies Urtheil, wie ich Jhnen die Monumente der Geſchichte an der Hand Punkt für Punkt bewieſen habe, in dieſer Geſinnungsinquiſition noch weit alle Greuel überſchreitet, durch welche die heilige Jnquiſition, die mittelalterlichen Glaubensproceſſe und die Schrecken der römi- ſchen Kaiſerzeit die Mit- und Nachwelt mit Entſetzen erfüllt haben. 3) habe ich Jhnen endlich nachgewieſen, daß auch ſo noch, auch noch in dieſer Verwechslung von Geſinnungsinquiſition und criminaliſtiſchem Thatbeſtand, das Urtheil, ſelbſt nach ſeiner eigenen Anſicht, immer noch nichts fand, worauf es eine Ver- urtheilung baſiren konnte und daß es deshalb dazu übergeht, mir Worte unterzulegen, die ich in meinem Vortrag gar nicht geſagt habe, und Sätze zu verurtheilen, die in meiner Broſchüre gar nicht ſtehen. Jch erinnere nur an dieſe Nachweiſungen, die ich in meiner Appellationsrechtfertigung geführt habe, ohne näher auf dieſelben zurückzukommen. Jch will ſie hier nicht wiederholen, denn mein Zweck iſt nicht der, wie man irrig von meiner Ver- theidigung in erſter Jnſtanz angenommen hat, Aufregung hervorzubringen. Sondern ich gehe darin nur eben ſo weit, daß ich mich auch durch die Rückſicht auf Aufregung, die dadurch hervorgebracht werden könnte, nicht abhalten laſſen

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/8>, abgerufen am 28.04.2024.