Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

die Höhe des Tagelohns auch bei steigendem Brod-
preise dieselbe bleibt.
" Und von den Heuerlingen im
Regierungsbezirk Cöln p. 385: "Am beunruhigendsten aber
ist der Umstand, daß selbst die besitzlosen Arbeiterfamilien,
welche in dem günstigen Verhältniß einer un-
unterbrochenen Thätigkeit stehen, dennoch nicht
im Stande sind, ihr Auskommen durch ihren Ver-
dienst zu sichern.
"

Und die gesammten Verhältnisse der ländlichen Arbeiter-
bevölkerung in der Rheinprovinz zusammenfassend, sagt Professor
v. Lengerke p. 387: "Nach dem Vorhergehenden und mit Be-
rücksichtigung der dort noch nicht erwähnten Verhältnisse der
arbeitenden Klassen läßt sich die Frage wegen des auskömm-
lichen und nachhaltigen Verdienstes derselben im Allgemeinen
nur dahin beantworten:

"Daß der rheinpreußische Arbeiter überwie-
gend sein hinreichendes und regelmäßiges Aus-
kommen nicht hat,
und zwar um so weniger, je mehr es an
permanenter Arbeit gebricht und je mehr neuerer Zeit die Ver-
theuerung der Lebensmittel die Befriedigung seiner nothwen-
digen Bedürfnisse erschwert hat."

Um aber zu wissen, was mit den vorstehenden thatsächlichen
Angaben gegeben ist, müssen wir noch einen Blick auf die Zahlen
werfen, welche jede der angegebenen drei Kategorien ländlicher
Arbeiter umfaßt.

Die Dienstleute oder das Feldgesinde berechnet Professor
von Lengerke daselbst (Nachträge bei Dieterici Bd. V, p. 325)
auf 903,181. Das sind also die Leute, welche jenen oben an-
gegebenen Mittelsatz von 80, 90, 100, 110 Thlr. etc., der sich
im gesammten Durchschnitt des Staats auf 105 Thlr. 2 Sgr.
9 Pf. auf die Familie von 5 Personen stellt, wirklich haben,
oder wie Professor v. Lengerke sagt, in auskömmlicher aber nicht
nachhaltiger Weise haben.

Die beiden andern Kategorien, die Häusler und die Ein-
lieger haben ihn nicht, haben selbst jenen für 5 Personen auf
80, 90, 100, 110 Thlr. etc. je nach dem üblichen Elend ihres
Regierungsbezirks berechneten Mittelsatz von 105 Thlr. im
Staatsdurchschnitt nicht einmal, und wie colossal die Anzahl
der zu diesen beiden Klassen Gehörigen ist, mag Jhnen wieder
Professor v. Lengerke selbst sagen.

die Höhe des Tagelohns auch bei ſteigendem Brod-
preiſe dieſelbe bleibt.
“ Und von den Heuerlingen im
Regierungsbezirk Cöln p. 385: „Am beunruhigendſten aber
iſt der Umſtand, daß ſelbſt die beſitzloſen Arbeiterfamilien,
welche in dem günſtigen Verhältniß einer un-
unterbrochenen Thätigkeit ſtehen, dennoch nicht
im Stande ſind, ihr Auskommen durch ihren Ver-
dienſt zu ſichern.

Und die geſammten Verhältniſſe der ländlichen Arbeiter-
bevölkerung in der Rheinprovinz zuſammenfaſſend, ſagt Profeſſor
v. Lengerke p. 387: „Nach dem Vorhergehenden und mit Be-
rückſichtigung der dort noch nicht erwähnten Verhältniſſe der
arbeitenden Klaſſen läßt ſich die Frage wegen des auskömm-
lichen und nachhaltigen Verdienſtes derſelben im Allgemeinen
nur dahin beantworten:

Daß der rheinpreußiſche Arbeiter überwie-
gend ſein hinreichendes und regelmäßiges Aus-
kommen nicht hat,
und zwar um ſo weniger, je mehr es an
permanenter Arbeit gebricht und je mehr neuerer Zeit die Ver-
theuerung der Lebensmittel die Befriedigung ſeiner nothwen-
digen Bedürfniſſe erſchwert hat.“

Um aber zu wiſſen, was mit den vorſtehenden thatſächlichen
Angaben gegeben iſt, müſſen wir noch einen Blick auf die Zahlen
werfen, welche jede der angegebenen drei Kategorien ländlicher
Arbeiter umfaßt.

Die Dienſtleute oder das Feldgeſinde berechnet Profeſſor
von Lengerke daſelbſt (Nachträge bei Dieterici Bd. V, p. 325)
auf 903,181. Das ſind alſo die Leute, welche jenen oben an-
gegebenen Mittelſatz von 80, 90, 100, 110 Thlr. ꝛc., der ſich
im geſammten Durchſchnitt des Staats auf 105 Thlr. 2 Sgr.
9 Pf. auf die Familie von 5 Perſonen ſtellt, wirklich haben,
oder wie Profeſſor v. Lengerke ſagt, in auskömmlicher aber nicht
nachhaltiger Weiſe haben.

Die beiden andern Kategorien, die Häusler und die Ein-
lieger haben ihn nicht, haben ſelbſt jenen für 5 Perſonen auf
80, 90, 100, 110 Thlr. ꝛc. je nach dem üblichen Elend ihres
Regierungsbezirks berechneten Mittelſatz von 105 Thlr. im
Staatsdurchſchnitt nicht einmal, und wie coloſſal die Anzahl
der zu dieſen beiden Klaſſen Gehörigen iſt, mag Jhnen wieder
Profeſſor v. Lengerke ſelbſt ſagen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="84"/><hi rendition="#g">die Höhe des Tagelohns auch bei &#x017F;teigendem Brod-<lb/>
prei&#x017F;e die&#x017F;elbe bleibt.</hi>&#x201C; Und von den Heuerlingen im<lb/>
Regierungsbezirk Cöln <hi rendition="#aq">p.</hi> 385: &#x201E;Am beunruhigend&#x017F;ten aber<lb/>
i&#x017F;t der Um&#x017F;tand, daß &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">die</hi> be&#x017F;itzlo&#x017F;en Arbeiterfamilien,<lb/><hi rendition="#g">welche in dem gün&#x017F;tigen Verhältniß einer un-<lb/>
unterbrochenen Thätigkeit &#x017F;tehen, dennoch nicht<lb/>
im Stande &#x017F;ind, ihr Auskommen durch ihren Ver-<lb/>
dien&#x017F;t zu &#x017F;ichern.</hi>&#x201C;</p><lb/>
        <p>Und die ge&#x017F;ammten Verhältni&#x017F;&#x017F;e der ländlichen Arbeiter-<lb/>
bevölkerung in der Rheinprovinz zu&#x017F;ammenfa&#x017F;&#x017F;end, &#x017F;agt Profe&#x017F;&#x017F;or<lb/>
v. Lengerke <hi rendition="#aq">p.</hi> 387: &#x201E;Nach dem Vorhergehenden und mit Be-<lb/>
rück&#x017F;ichtigung der dort noch nicht erwähnten Verhältni&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
arbeitenden Kla&#x017F;&#x017F;en läßt &#x017F;ich die Frage wegen des auskömm-<lb/>
lichen und nachhaltigen Verdien&#x017F;tes der&#x017F;elben im Allgemeinen<lb/>
nur dahin beantworten:</p><lb/>
        <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Daß der rheinpreußi&#x017F;che Arbeiter überwie-<lb/>
gend &#x017F;ein hinreichendes und regelmäßiges Aus-<lb/>
kommen nicht hat,</hi> und zwar um &#x017F;o weniger, je mehr es an<lb/>
permanenter Arbeit gebricht und je mehr neuerer Zeit die Ver-<lb/>
theuerung der Lebensmittel die Befriedigung &#x017F;einer nothwen-<lb/>
digen Bedürfni&#x017F;&#x017F;e er&#x017F;chwert hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Um aber zu wi&#x017F;&#x017F;en, was mit den vor&#x017F;tehenden that&#x017F;ächlichen<lb/>
Angaben gegeben i&#x017F;t, mü&#x017F;&#x017F;en wir noch einen Blick auf die Zahlen<lb/>
werfen, welche jede der angegebenen drei Kategorien ländlicher<lb/>
Arbeiter umfaßt.</p><lb/>
        <p>Die Dien&#x017F;tleute oder das Feldge&#x017F;inde berechnet Profe&#x017F;&#x017F;or<lb/>
von Lengerke da&#x017F;elb&#x017F;t (Nachträge bei Dieterici Bd. <hi rendition="#aq">V, p.</hi> 325)<lb/>
auf 903,181. Das &#x017F;ind al&#x017F;o die Leute, welche jenen oben an-<lb/>
gegebenen Mittel&#x017F;atz von 80, 90, 100, 110 Thlr. &#xA75B;c., der &#x017F;ich<lb/>
im ge&#x017F;ammten Durch&#x017F;chnitt des Staats auf 105 Thlr. 2 Sgr.<lb/>
9 Pf. auf die Familie von 5 Per&#x017F;onen &#x017F;tellt, wirklich <hi rendition="#g">haben,</hi><lb/>
oder wie Profe&#x017F;&#x017F;or v. Lengerke &#x017F;agt, in auskömmlicher aber nicht<lb/>
nachhaltiger Wei&#x017F;e haben.</p><lb/>
        <p>Die beiden andern Kategorien, die Häusler und die Ein-<lb/>
lieger haben ihn <hi rendition="#g">nicht,</hi> haben &#x017F;elb&#x017F;t jenen für 5 Per&#x017F;onen auf<lb/>
80, 90, 100, 110 Thlr. &#xA75B;c. je nach dem üblichen Elend ihres<lb/>
Regierungsbezirks berechneten Mittel&#x017F;atz von 105 Thlr. im<lb/>
Staatsdurch&#x017F;chnitt <hi rendition="#g">nicht einmal,</hi> und wie colo&#x017F;&#x017F;al die Anzahl<lb/>
der zu <hi rendition="#g">die&#x017F;en</hi> beiden Kla&#x017F;&#x017F;en Gehörigen i&#x017F;t, mag Jhnen wieder<lb/>
Profe&#x017F;&#x017F;or v. Lengerke &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;agen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0090] die Höhe des Tagelohns auch bei ſteigendem Brod- preiſe dieſelbe bleibt.“ Und von den Heuerlingen im Regierungsbezirk Cöln p. 385: „Am beunruhigendſten aber iſt der Umſtand, daß ſelbſt die beſitzloſen Arbeiterfamilien, welche in dem günſtigen Verhältniß einer un- unterbrochenen Thätigkeit ſtehen, dennoch nicht im Stande ſind, ihr Auskommen durch ihren Ver- dienſt zu ſichern.“ Und die geſammten Verhältniſſe der ländlichen Arbeiter- bevölkerung in der Rheinprovinz zuſammenfaſſend, ſagt Profeſſor v. Lengerke p. 387: „Nach dem Vorhergehenden und mit Be- rückſichtigung der dort noch nicht erwähnten Verhältniſſe der arbeitenden Klaſſen läßt ſich die Frage wegen des auskömm- lichen und nachhaltigen Verdienſtes derſelben im Allgemeinen nur dahin beantworten: „Daß der rheinpreußiſche Arbeiter überwie- gend ſein hinreichendes und regelmäßiges Aus- kommen nicht hat, und zwar um ſo weniger, je mehr es an permanenter Arbeit gebricht und je mehr neuerer Zeit die Ver- theuerung der Lebensmittel die Befriedigung ſeiner nothwen- digen Bedürfniſſe erſchwert hat.“ Um aber zu wiſſen, was mit den vorſtehenden thatſächlichen Angaben gegeben iſt, müſſen wir noch einen Blick auf die Zahlen werfen, welche jede der angegebenen drei Kategorien ländlicher Arbeiter umfaßt. Die Dienſtleute oder das Feldgeſinde berechnet Profeſſor von Lengerke daſelbſt (Nachträge bei Dieterici Bd. V, p. 325) auf 903,181. Das ſind alſo die Leute, welche jenen oben an- gegebenen Mittelſatz von 80, 90, 100, 110 Thlr. ꝛc., der ſich im geſammten Durchſchnitt des Staats auf 105 Thlr. 2 Sgr. 9 Pf. auf die Familie von 5 Perſonen ſtellt, wirklich haben, oder wie Profeſſor v. Lengerke ſagt, in auskömmlicher aber nicht nachhaltiger Weiſe haben. Die beiden andern Kategorien, die Häusler und die Ein- lieger haben ihn nicht, haben ſelbſt jenen für 5 Perſonen auf 80, 90, 100, 110 Thlr. ꝛc. je nach dem üblichen Elend ihres Regierungsbezirks berechneten Mittelſatz von 105 Thlr. im Staatsdurchſchnitt nicht einmal, und wie coloſſal die Anzahl der zu dieſen beiden Klaſſen Gehörigen iſt, mag Jhnen wieder Profeſſor v. Lengerke ſelbſt ſagen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/90
Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/90>, abgerufen am 13.05.2024.