Die Mischung: Anhänger des Beharrens der Bestandteile.
zu vermitteln sucht, ferner Augustinus Niphus und Gasparo Contarini, die mit Averroes das Beharren der Formen der Elemente in gemindertem Zustande annehmen; aus dem 16. Zabarella und der Jesuit Girolamo Dandini, die sich der Ansicht Albert des Großen anschlossen. Bei Dandini findet sich der später noch mehrfach, so auch von dem Kommentator des Avicenna, Costaeus, ausgesprochene Gedanke, daß die Aktualität relativ zu fassen sei, d. h. ein Element könne sich in der Verbindung so befinden, daß es in einer Hinsicht aktuell, in andrer potenziell sich verhalte.
Die Reihe der Namen von Gelehrten, welche sich für das Beharren der Elemente ausgesprochen haben, könnte wesent- lich vermehrt werden, wenn man die Ärzte hinzufügte, die sich über diese Frage äußern. Denn gemäß ihres Bildungs- ganges sind sie wesentlich Schüler des Avicenna und daher geneigt, das Beharren der Elemente in den Verbindungen an- zunehmen. Statt vieler sei hier nur des berühmtesten von allen, Fernel (+ 1558), gedacht, welcher das Beharren der Elemente in sehr lebhaften Ausdrücken verteidigt.1 Mit dem Niedergange der Scholastik und der allmählichen Verwerfung ihrer Hypostasierungen verliert die besprochene Frage ihren inneren Wert; sie gewinnt aber zugleich ihre volle historische Bedeutung, indem gerade sie für mehrere Männer der Über- gangszeit zur Neubegründung der Naturwissenschaft und Philo- sophie ein Stein des Anstoßes wird, der sie vom Wege scho- lastischer Begriffsspalterei zur Untersuchung der Thatsachen ablenkt. Nur die Korpuskulartheorie war imstande, den ver- schlungenen Knoten, welchen sich die Metaphysik der sub- stanziellen Formen hier zur eigenen Fessel geschürzt hatte, zu durchhauen, indem sie dem Begriffe des Körpers und der chemischen Verbindung eine andre Gestalt gab.
Die Mischung: Anhänger des Beharrens der Bestandteile.
zu vermitteln sucht, ferner Augustinus Niphus und Gasparo Contarini, die mit Averroes das Beharren der Formen der Elemente in gemindertem Zustande annehmen; aus dem 16. Zabarella und der Jesuit Girolamo Dandini, die sich der Ansicht Albert des Großen anschlossen. Bei Dandini findet sich der später noch mehrfach, so auch von dem Kommentator des Avicenna, Costaeus, ausgesprochene Gedanke, daß die Aktualität relativ zu fassen sei, d. h. ein Element könne sich in der Verbindung so befinden, daß es in einer Hinsicht aktuell, in andrer potenziell sich verhalte.
Die Reihe der Namen von Gelehrten, welche sich für das Beharren der Elemente ausgesprochen haben, könnte wesent- lich vermehrt werden, wenn man die Ärzte hinzufügte, die sich über diese Frage äußern. Denn gemäß ihres Bildungs- ganges sind sie wesentlich Schüler des Avicenna und daher geneigt, das Beharren der Elemente in den Verbindungen an- zunehmen. Statt vieler sei hier nur des berühmtesten von allen, Fernel († 1558), gedacht, welcher das Beharren der Elemente in sehr lebhaften Ausdrücken verteidigt.1 Mit dem Niedergange der Scholastik und der allmählichen Verwerfung ihrer Hypostasierungen verliert die besprochene Frage ihren inneren Wert; sie gewinnt aber zugleich ihre volle historische Bedeutung, indem gerade sie für mehrere Männer der Über- gangszeit zur Neubegründung der Naturwissenschaft und Philo- sophie ein Stein des Anstoßes wird, der sie vom Wege scho- lastischer Begriffsspalterei zur Untersuchung der Thatsachen ablenkt. Nur die Korpuskulartheorie war imstande, den ver- schlungenen Knoten, welchen sich die Metaphysik der sub- stanziellen Formen hier zur eigenen Fessel geschürzt hatte, zu durchhauen, indem sie dem Begriffe des Körpers und der chemischen Verbindung eine andre Gestalt gab.
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Die Mischung: Anhänger des Beharrens der Bestandteile.
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Contarini, die mit Averroes das Beharren der Formen der
Elemente in gemindertem Zustande annehmen; aus dem 16.
Zabarella und der Jesuit Girolamo Dandini, die sich der
Ansicht Albert des Großen anschlossen. Bei Dandini findet
sich der später noch mehrfach, so auch von dem Kommentator
des Avicenna, Costaeus, ausgesprochene Gedanke, daß die
Aktualität relativ zu fassen sei, d. h. ein Element könne sich
in der Verbindung so befinden, daß es in einer Hinsicht
aktuell, in andrer potenziell sich verhalte.
Die Reihe der Namen von Gelehrten, welche sich für das
Beharren der Elemente ausgesprochen haben, könnte wesent-
lich vermehrt werden, wenn man die Ärzte hinzufügte, die
sich über diese Frage äußern. Denn gemäß ihres Bildungs-
ganges sind sie wesentlich Schüler des Avicenna und daher
geneigt, das Beharren der Elemente in den Verbindungen an-
zunehmen. Statt vieler sei hier nur des berühmtesten von
allen, Fernel († 1558), gedacht, welcher das Beharren der
Elemente in sehr lebhaften Ausdrücken verteidigt. 1 Mit dem
Niedergange der Scholastik und der allmählichen Verwerfung
ihrer Hypostasierungen verliert die besprochene Frage ihren
inneren Wert; sie gewinnt aber zugleich ihre volle historische
Bedeutung, indem gerade sie für mehrere Männer der Über-
gangszeit zur Neubegründung der Naturwissenschaft und Philo-
sophie ein Stein des Anstoßes wird, der sie vom Wege scho-
lastischer Begriffsspalterei zur Untersuchung der Thatsachen
ablenkt. Nur die Korpuskulartheorie war imstande, den ver-
schlungenen Knoten, welchen sich die Metaphysik der sub-
stanziellen Formen hier zur eigenen Fessel geschürzt hatte,
zu durchhauen, indem sie dem Begriffe des Körpers und der
chemischen Verbindung eine andre Gestalt gab.
1 Physiol. c. 6. lib. 2. Univ. med. ed. Plant. Lutet. 1567. fol. 78.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/272>, abgerufen am 18.06.2024.
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