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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Basso: Wärme und Kälte. Der Atem.
es diese Dichtigkeit erreicht hat? Hier springt der Vorteil
von der Annahme unveränderlicher Elementarteile deutlich
genug ins Auge.1

Eine von Aristoteles2 herstammende, auch von Plutarch3
behandelte Frage, welche den Gelehrten des Mittelalters Schwie-
rigkeiten bereitete, löst Basso im Anschluß an platonische Vor-
stellungen auf seine Weise. So nebensächlich die Frage an
sich ist, so kehrt sie doch auch bei den Physikern des 17. Jahr-
hunderts immer noch wieder als eines jener Schulprobleme, an
welchem sich jede Theorie der Materie gewissermaßen zu be-
währen hat.4 Es handelt sich um die Erscheinung, daß der
bei geschlossenen Lippen ausgestoßene Atem kalt, der bei ge-
öffnetem Munde entweichende warm sei. Aristoteles erklärte
dies daraus, daß bei geschlossenen Lippen nur wenig Atem
entweicht, also für die Beurteilung durch die Hand wesentlich
die Menge der äußern kalten Luft in Betracht kommt. Basso
antwortet:5 Im Atem sind die warmen Teilchen von den kalten
eingehüllt; wenn der Hauch bei gepreßten Lippen entweicht,
so sind die warmen Partikeln von den kalten zusammengedrückt
und können nicht wirken; bei geöffnetem Munde aber haben
sie Spielraum, sich zu entfalten. Die Erklärung Bassos ist
von Interesse, weil sie auf dem Gedanken der molekularen
Umlagerung beruht. Die Wärmeteilchen sind bereits vorhanden,
sie kommen nur nicht als warm zur Wahrnehmung, weil sie
von den kalten Teilchen umgeben sind. Es knüpft sich hieran
die atomistische Wärmetheorie Bassos.

Basso geht davon aus, daß die Sinne nicht über die
Gegenwart von Warmem oder Kaltem entscheiden, sondern nur
über die thätige Wirkung (actio) desselben. Es sind nämlich
die warmen Teile von den kalten eingehüllt, und zwar sind zu
diesem Zwecke um so mehr kalte Teilchen notwendig, je größer
die Anzahl der warmen ist. Je besser die warmen von den
kalten Teilen eingehüllt sind, um so beständiger und fester ist

1 A. a. O. p. 52.
2 Arist., Problemata XXXIV, 7. p. 964a, 10--18.
3 Plutarch, De primo frigido, VII, 4. Paris 1841. p. 1160, 18 f.
4 Vgl. die betreffenden Stellen bei Descartes, Oeuvres inedites, I p. 78;
Gassendi, Opera I p. 351 b; Hobbes, De corpore, Op. I p. 380.
5 Basso, Philos. nat. p. 55.

Basso: Wärme und Kälte. Der Atem.
es diese Dichtigkeit erreicht hat? Hier springt der Vorteil
von der Annahme unveränderlicher Elementarteile deutlich
genug ins Auge.1

Eine von Aristoteles2 herstammende, auch von Plutarch3
behandelte Frage, welche den Gelehrten des Mittelalters Schwie-
rigkeiten bereitete, löst Basso im Anschluß an platonische Vor-
stellungen auf seine Weise. So nebensächlich die Frage an
sich ist, so kehrt sie doch auch bei den Physikern des 17. Jahr-
hunderts immer noch wieder als eines jener Schulprobleme, an
welchem sich jede Theorie der Materie gewissermaßen zu be-
währen hat.4 Es handelt sich um die Erscheinung, daß der
bei geschlossenen Lippen ausgestoßene Atem kalt, der bei ge-
öffnetem Munde entweichende warm sei. Aristoteles erklärte
dies daraus, daß bei geschlossenen Lippen nur wenig Atem
entweicht, also für die Beurteilung durch die Hand wesentlich
die Menge der äußern kalten Luft in Betracht kommt. Basso
antwortet:5 Im Atem sind die warmen Teilchen von den kalten
eingehüllt; wenn der Hauch bei gepreßten Lippen entweicht,
so sind die warmen Partikeln von den kalten zusammengedrückt
und können nicht wirken; bei geöffnetem Munde aber haben
sie Spielraum, sich zu entfalten. Die Erklärung Bassos ist
von Interesse, weil sie auf dem Gedanken der molekularen
Umlagerung beruht. Die Wärmeteilchen sind bereits vorhanden,
sie kommen nur nicht als warm zur Wahrnehmung, weil sie
von den kalten Teilchen umgeben sind. Es knüpft sich hieran
die atomistische Wärmetheorie Bassos.

Basso geht davon aus, daß die Sinne nicht über die
Gegenwart von Warmem oder Kaltem entscheiden, sondern nur
über die thätige Wirkung (actio) desselben. Es sind nämlich
die warmen Teile von den kalten eingehüllt, und zwar sind zu
diesem Zwecke um so mehr kalte Teilchen notwendig, je größer
die Anzahl der warmen ist. Je besser die warmen von den
kalten Teilen eingehüllt sind, um so beständiger und fester ist

1 A. a. O. p. 52.
2 Arist., Problemata XXXIV, 7. p. 964a, 10—18.
3 Plutarch, De primo frigido, VII, 4. Paris 1841. p. 1160, 18 f.
4 Vgl. die betreffenden Stellen bei Descartes, Oeuvres inédites, I p. 78;
Gassendi, Opera I p. 351 b; Hobbes, De corpore, Op. I p. 380.
5 Basso, Philos. nat. p. 55.
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[471/0489] Basso: Wärme und Kälte. Der Atem. es diese Dichtigkeit erreicht hat? Hier springt der Vorteil von der Annahme unveränderlicher Elementarteile deutlich genug ins Auge. 1 Eine von Aristoteles 2 herstammende, auch von Plutarch 3 behandelte Frage, welche den Gelehrten des Mittelalters Schwie- rigkeiten bereitete, löst Basso im Anschluß an platonische Vor- stellungen auf seine Weise. So nebensächlich die Frage an sich ist, so kehrt sie doch auch bei den Physikern des 17. Jahr- hunderts immer noch wieder als eines jener Schulprobleme, an welchem sich jede Theorie der Materie gewissermaßen zu be- währen hat. 4 Es handelt sich um die Erscheinung, daß der bei geschlossenen Lippen ausgestoßene Atem kalt, der bei ge- öffnetem Munde entweichende warm sei. Aristoteles erklärte dies daraus, daß bei geschlossenen Lippen nur wenig Atem entweicht, also für die Beurteilung durch die Hand wesentlich die Menge der äußern kalten Luft in Betracht kommt. Basso antwortet: 5 Im Atem sind die warmen Teilchen von den kalten eingehüllt; wenn der Hauch bei gepreßten Lippen entweicht, so sind die warmen Partikeln von den kalten zusammengedrückt und können nicht wirken; bei geöffnetem Munde aber haben sie Spielraum, sich zu entfalten. Die Erklärung Bassos ist von Interesse, weil sie auf dem Gedanken der molekularen Umlagerung beruht. Die Wärmeteilchen sind bereits vorhanden, sie kommen nur nicht als warm zur Wahrnehmung, weil sie von den kalten Teilchen umgeben sind. Es knüpft sich hieran die atomistische Wärmetheorie Bassos. Basso geht davon aus, daß die Sinne nicht über die Gegenwart von Warmem oder Kaltem entscheiden, sondern nur über die thätige Wirkung (actio) desselben. Es sind nämlich die warmen Teile von den kalten eingehüllt, und zwar sind zu diesem Zwecke um so mehr kalte Teilchen notwendig, je größer die Anzahl der warmen ist. Je besser die warmen von den kalten Teilen eingehüllt sind, um so beständiger und fester ist 1 A. a. O. p. 52. 2 Arist., Problemata XXXIV, 7. p. 964a, 10—18. 3 Plutarch, De primo frigido, VII, 4. Paris 1841. p. 1160, 18 f. 4 Vgl. die betreffenden Stellen bei Descartes, Oeuvres inédites, I p. 78; Gassendi, Opera I p. 351 b; Hobbes, De corpore, Op. I p. 380. 5 Basso, Philos. nat. p. 55.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/489>, abgerufen am 22.11.2024.