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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Magnenus: Kritik seiner Atomtheorie.
als maßgebend ansieht und seine äußersten Grenzpunkte als Be-
stimmungsmittel für die Größe betrachtet. Es bleibt dabei natür-
lich unbestimmt, was aus den Räumen gemacht werden soll,
welche zwischen diesen Grenzpunkten des Atoms, aber außerhalb
der Oberfläche liegen, die das konstante Volumen umschließt
Nimmt man z. B. an, daß ein Körper aus würfelförmigen, eng
aneinander gelagerten Atomen besteht und will man sich die Aus-
dehnung desselben nach allen drei Dimensionen erklären, so kann
dies unter der Annahme, daß die Atome ohne Zwischenräume
aneinander gelagert bleiben, nach der Hypothese des Magnenus
allein nicht geschehen. Denn wenn z. B. die Würfelatome
nach zwei Dimensionen, Länge und Breite, sich ausdehnen, so
müssen sie notwendig nach der dritten hin zusammenschrumpfen;
daraus folgt aber, daß auch der ganze Körper nur nach Länge
und Breite hin sich ausdehnt, nach der Dicke aber sich
zusammenzieht. Um das zu vermeiden, müßte man annehmen,
daß ein Teil der Atome nach der Dicke hin sich ausdehnt,
dann aber kann eine Gesamtausdehnung des Körpers nur statt-
haben, wenn die Seitenflächen der Atome sich voneinander
lösen und leere Zwischenräume entstehen; sonst kann eben bei
konstanter Masse kein größerer Raum eingenommen werden.
Dasselbe ergiebt sich, wenn man sich den Körper dadurch aus-
gedehnt denkt, daß die Gestalt der Atome unregelmäßig wird,
etwa wie eine Menschenmasse weiter auseinander rückt, wenn
jeder einzelne Arme und Beine spreizt; auch dies setzt das
Entstehen leerer Räume voraus. Nun giebt aber Magnenus den
leeren Raum unter keiner Bedingung zu,1 sondern erklärt, daß
selbst Demokrit unter dem leeren Raum nur die Luft verstanden
habe. Da er außerdem den Luftatomen keine bestimmte
Gestalt zugesprochen, sondern sie einer jeden für fähig erklärt
hat, so sind dieselben sehr geeignet, die Stelle des Vacuums
zu ersetzen und als Lückenbüßer im wörtlichen Sinne auf-
zutreten, d. h. sie sind stets bereit, wo irgend infolge Gestalt-
änderung von Atomen Lücken aufzutreten drohen, dieselben
sofort auszufüllen. Demnach wird die Ausdehnung, Verdichtung
und Verdünnung der Körper schließlich nur erklärt durch
Aus- und Eintreten andrer Teile, insbesondere der Luftatome,

1 A. a. O. Disp. III. Princ. 5. p. 375: Non datur vacuum in natura.

Magnenus: Kritik seiner Atomtheorie.
als maßgebend ansieht und seine äußersten Grenzpunkte als Be-
stimmungsmittel für die Größe betrachtet. Es bleibt dabei natür-
lich unbestimmt, was aus den Räumen gemacht werden soll,
welche zwischen diesen Grenzpunkten des Atoms, aber außerhalb
der Oberfläche liegen, die das konstante Volumen umschließt
Nimmt man z. B. an, daß ein Körper aus würfelförmigen, eng
aneinander gelagerten Atomen besteht und will man sich die Aus-
dehnung desselben nach allen drei Dimensionen erklären, so kann
dies unter der Annahme, daß die Atome ohne Zwischenräume
aneinander gelagert bleiben, nach der Hypothese des Magnenus
allein nicht geschehen. Denn wenn z. B. die Würfelatome
nach zwei Dimensionen, Länge und Breite, sich ausdehnen, so
müssen sie notwendig nach der dritten hin zusammenschrumpfen;
daraus folgt aber, daß auch der ganze Körper nur nach Länge
und Breite hin sich ausdehnt, nach der Dicke aber sich
zusammenzieht. Um das zu vermeiden, müßte man annehmen,
daß ein Teil der Atome nach der Dicke hin sich ausdehnt,
dann aber kann eine Gesamtausdehnung des Körpers nur statt-
haben, wenn die Seitenflächen der Atome sich voneinander
lösen und leere Zwischenräume entstehen; sonst kann eben bei
konstanter Masse kein größerer Raum eingenommen werden.
Dasselbe ergiebt sich, wenn man sich den Körper dadurch aus-
gedehnt denkt, daß die Gestalt der Atome unregelmäßig wird,
etwa wie eine Menschenmasse weiter auseinander rückt, wenn
jeder einzelne Arme und Beine spreizt; auch dies setzt das
Entstehen leerer Räume voraus. Nun giebt aber Magnenus den
leeren Raum unter keiner Bedingung zu,1 sondern erklärt, daß
selbst Demokrit unter dem leeren Raum nur die Luft verstanden
habe. Da er außerdem den Luftatomen keine bestimmte
Gestalt zugesprochen, sondern sie einer jeden für fähig erklärt
hat, so sind dieselben sehr geeignet, die Stelle des Vacuums
zu ersetzen und als Lückenbüßer im wörtlichen Sinne auf-
zutreten, d. h. sie sind stets bereit, wo irgend infolge Gestalt-
änderung von Atomen Lücken aufzutreten drohen, dieselben
sofort auszufüllen. Demnach wird die Ausdehnung, Verdichtung
und Verdünnung der Körper schließlich nur erklärt durch
Aus- und Eintreten andrer Teile, insbesondere der Luftatome,

1 A. a. O. Disp. III. Princ. 5. p. 375: Non datur vacuum in natura.
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[508/0526] Magnenus: Kritik seiner Atomtheorie. als maßgebend ansieht und seine äußersten Grenzpunkte als Be- stimmungsmittel für die Größe betrachtet. Es bleibt dabei natür- lich unbestimmt, was aus den Räumen gemacht werden soll, welche zwischen diesen Grenzpunkten des Atoms, aber außerhalb der Oberfläche liegen, die das konstante Volumen umschließt Nimmt man z. B. an, daß ein Körper aus würfelförmigen, eng aneinander gelagerten Atomen besteht und will man sich die Aus- dehnung desselben nach allen drei Dimensionen erklären, so kann dies unter der Annahme, daß die Atome ohne Zwischenräume aneinander gelagert bleiben, nach der Hypothese des Magnenus allein nicht geschehen. Denn wenn z. B. die Würfelatome nach zwei Dimensionen, Länge und Breite, sich ausdehnen, so müssen sie notwendig nach der dritten hin zusammenschrumpfen; daraus folgt aber, daß auch der ganze Körper nur nach Länge und Breite hin sich ausdehnt, nach der Dicke aber sich zusammenzieht. Um das zu vermeiden, müßte man annehmen, daß ein Teil der Atome nach der Dicke hin sich ausdehnt, dann aber kann eine Gesamtausdehnung des Körpers nur statt- haben, wenn die Seitenflächen der Atome sich voneinander lösen und leere Zwischenräume entstehen; sonst kann eben bei konstanter Masse kein größerer Raum eingenommen werden. Dasselbe ergiebt sich, wenn man sich den Körper dadurch aus- gedehnt denkt, daß die Gestalt der Atome unregelmäßig wird, etwa wie eine Menschenmasse weiter auseinander rückt, wenn jeder einzelne Arme und Beine spreizt; auch dies setzt das Entstehen leerer Räume voraus. Nun giebt aber Magnenus den leeren Raum unter keiner Bedingung zu, 1 sondern erklärt, daß selbst Demokrit unter dem leeren Raum nur die Luft verstanden habe. Da er außerdem den Luftatomen keine bestimmte Gestalt zugesprochen, sondern sie einer jeden für fähig erklärt hat, so sind dieselben sehr geeignet, die Stelle des Vacuums zu ersetzen und als Lückenbüßer im wörtlichen Sinne auf- zutreten, d. h. sie sind stets bereit, wo irgend infolge Gestalt- änderung von Atomen Lücken aufzutreten drohen, dieselben sofort auszufüllen. Demnach wird die Ausdehnung, Verdichtung und Verdünnung der Körper schließlich nur erklärt durch Aus- und Eintreten andrer Teile, insbesondere der Luftatome, 1 A. a. O. Disp. III. Princ. 5. p. 375: Non datur vacuum in natura.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/526>, abgerufen am 28.11.2024.