wollte. Jch mußte nun zunächst mit Jhnen als Freund und Mensch reden. Jch sehe jetzt, daß es vergeblich wäre. Sie würden diesen Brief an Torm von mir nicht befördern? Auch nicht einen an meine Mutter?"
Ell schüttelte den Kopf. "Sie haben an beide schon geschrieben."
"Aber offen. Es giebt Dinge, die man nicht vor andern sagen will. Wo bleibt die gerühmte Freiheit, die versprochene Freiheit, wenn man uns jetzt das persönliche Eigenrecht der Aussprache abschneidet?"
"Sie müssen bedenken, daß dies nur bis zu dem Augenblick geschieht, in welchem unser Verhältnis zur Erde sich geklärt hat. Das ist eine Ausnahme. Es ist ein Unglück, denn es ist allerdings ein Vergehen gegen die sittliche Grundlage, gegen die persönliche Freiheit. Aber sittliche Konflikte sind ein allgemeines Unglück, sie lassen sich nicht vermeiden. Die höhere Pflicht, die Ordnung zwischen den Planeten, erfordert diesen Verzicht des einzelnen auf seine Freiheit. Und im Grunde genommen ist es doch nur der Ausdruck individueller Gefühle, der eine Beschränkung erleidet."
"Sie geschieht aber bloß aus einem Mißtrauen der Martier gegen die Menschen."
Ell sah Saltner durchdringend an.
"Geben Sie mir Jhr Ehrenwort", fragte er, "daß in Jhren Briefen nichts über unsre Maßnahmen steht?"
"Nein", sagte Saltner.
"Und dann verlangen Sie von mir --"
Fünfunddreißigſtes Kapitel.
wollte. Jch mußte nun zunächſt mit Jhnen als Freund und Menſch reden. Jch ſehe jetzt, daß es vergeblich wäre. Sie würden dieſen Brief an Torm von mir nicht befördern? Auch nicht einen an meine Mutter?‟
Ell ſchüttelte den Kopf. „Sie haben an beide ſchon geſchrieben.‟
„Aber offen. Es giebt Dinge, die man nicht vor andern ſagen will. Wo bleibt die gerühmte Freiheit, die verſprochene Freiheit, wenn man uns jetzt das perſönliche Eigenrecht der Ausſprache abſchneidet?‟
„Sie müſſen bedenken, daß dies nur bis zu dem Augenblick geſchieht, in welchem unſer Verhältnis zur Erde ſich geklärt hat. Das iſt eine Ausnahme. Es iſt ein Unglück, denn es iſt allerdings ein Vergehen gegen die ſittliche Grundlage, gegen die perſönliche Freiheit. Aber ſittliche Konflikte ſind ein allgemeines Unglück, ſie laſſen ſich nicht vermeiden. Die höhere Pflicht, die Ordnung zwiſchen den Planeten, erfordert dieſen Verzicht des einzelnen auf ſeine Freiheit. Und im Grunde genommen iſt es doch nur der Ausdruck individueller Gefühle, der eine Beſchränkung erleidet.‟
„Sie geſchieht aber bloß aus einem Mißtrauen der Martier gegen die Menſchen.‟
Ell ſah Saltner durchdringend an.
„Geben Sie mir Jhr Ehrenwort‟, fragte er, „daß in Jhren Briefen nichts über unſre Maßnahmen ſteht?‟
„Nein‟, ſagte Saltner.
„Und dann verlangen Sie von mir —‟
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Fünfunddreißigſtes Kapitel.
wollte. Jch mußte nun zunächſt mit Jhnen als
Freund und Menſch reden. Jch ſehe jetzt, daß es
vergeblich wäre. Sie würden dieſen Brief an Torm
von mir nicht befördern? Auch nicht einen an meine
Mutter?‟
Ell ſchüttelte den Kopf. „Sie haben an beide
ſchon geſchrieben.‟
„Aber offen. Es giebt Dinge, die man nicht vor
andern ſagen will. Wo bleibt die gerühmte Freiheit,
die verſprochene Freiheit, wenn man uns jetzt das
perſönliche Eigenrecht der Ausſprache abſchneidet?‟
„Sie müſſen bedenken, daß dies nur bis zu dem
Augenblick geſchieht, in welchem unſer Verhältnis zur
Erde ſich geklärt hat. Das iſt eine Ausnahme. Es
iſt ein Unglück, denn es iſt allerdings ein Vergehen
gegen die ſittliche Grundlage, gegen die perſönliche
Freiheit. Aber ſittliche Konflikte ſind ein allgemeines
Unglück, ſie laſſen ſich nicht vermeiden. Die höhere
Pflicht, die Ordnung zwiſchen den Planeten, erfordert
dieſen Verzicht des einzelnen auf ſeine Freiheit. Und
im Grunde genommen iſt es doch nur der Ausdruck
individueller Gefühle, der eine Beſchränkung erleidet.‟
„Sie geſchieht aber bloß aus einem Mißtrauen
der Martier gegen die Menſchen.‟
Ell ſah Saltner durchdringend an.
„Geben Sie mir Jhr Ehrenwort‟, fragte er, „daß
in Jhren Briefen nichts über unſre Maßnahmen
ſteht?‟
„Nein‟, ſagte Saltner.
„Und dann verlangen Sie von mir —‟
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/144>, abgerufen am 21.11.2024.
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