Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Rente des Mars.

"Jch verlange, was der Mensch vom Menschen,
der Deutsche vom Deutschen verlangen kann, daß er
ihm hilft, eines übermächtigen Gegners sich zu er-
wehren --"

"Jch aber stehe auf der Seite dieses sogenannten
Gegners, der im Grunde der beste Freund ist."

"Dann haben wir uns nichts weiter zu sagen. Jch
wollte mich nur überzeugen, daß ich von Jhrer Seite
für uns Menschen nichts zu erwarten habe."

"Sie wollen mich nicht verstehen. Nur in Jhrem
einseitigen Jnteresse kann ich nichts thun, sonst aber
werden Sie mich stets bereit finden --"

"Leben Sie wohl."

Saltner hörte nicht mehr auf Ells Worte. Er war
schon auf den Gleitstuhl getreten und löste die Hem-
mung. Der Stuhl sauste die schraubenförmige Bahn
um den Stamm des Riesenbaumes hinab nach dem
Erdboden. Das Gespräch hatte auf der Plattform
stattgefunden, welche einen der Riesenbäume in der
Nähe von Ells Wohnung umgab, dort, wo in einer
Höhe von vierzig Meter über dem Boden die ersten
Äste ansetzten. Ein mechanischer Aufzug führte in
einer Schraubenlinie rings um den Stamm und be-
förderte ebenso leicht von unten nach oben als von
oben nach unten. Diese geschützten Plattformen boten
einen äußerst angenehmen Arbeitsplatz. Wie vom
Chor eines Domes blickte man zwischen den Säulen
der Baumstämme hindurch, über die niedrigen Häuser
weit in die Anlagen. Die Luft war hier frischer und
kühler als unten.

Die Rente des Mars.

„Jch verlange, was der Menſch vom Menſchen,
der Deutſche vom Deutſchen verlangen kann, daß er
ihm hilft, eines übermächtigen Gegners ſich zu er-
wehren —‟

„Jch aber ſtehe auf der Seite dieſes ſogenannten
Gegners, der im Grunde der beſte Freund iſt.‟

„Dann haben wir uns nichts weiter zu ſagen. Jch
wollte mich nur überzeugen, daß ich von Jhrer Seite
für uns Menſchen nichts zu erwarten habe.‟

„Sie wollen mich nicht verſtehen. Nur in Jhrem
einſeitigen Jntereſſe kann ich nichts thun, ſonſt aber
werden Sie mich ſtets bereit finden —‟

„Leben Sie wohl.‟

Saltner hörte nicht mehr auf Ells Worte. Er war
ſchon auf den Gleitſtuhl getreten und löſte die Hem-
mung. Der Stuhl ſauſte die ſchraubenförmige Bahn
um den Stamm des Rieſenbaumes hinab nach dem
Erdboden. Das Geſpräch hatte auf der Plattform
ſtattgefunden, welche einen der Rieſenbäume in der
Nähe von Ells Wohnung umgab, dort, wo in einer
Höhe von vierzig Meter über dem Boden die erſten
Äſte anſetzten. Ein mechaniſcher Aufzug führte in
einer Schraubenlinie rings um den Stamm und be-
förderte ebenſo leicht von unten nach oben als von
oben nach unten. Dieſe geſchützten Plattformen boten
einen äußerſt angenehmen Arbeitsplatz. Wie vom
Chor eines Domes blickte man zwiſchen den Säulen
der Baumſtämme hindurch, über die niedrigen Häuſer
weit in die Anlagen. Die Luft war hier friſcher und
kühler als unten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0145" n="137"/>
          <fw place="top" type="header">Die Rente des Mars.</fw><lb/>
          <p>&#x201E;Jch verlange, was der Men&#x017F;ch vom Men&#x017F;chen,<lb/>
der Deut&#x017F;che vom Deut&#x017F;chen verlangen kann, daß er<lb/>
ihm hilft, eines übermächtigen Gegners &#x017F;ich zu er-<lb/>
wehren &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch aber &#x017F;tehe auf der Seite die&#x017F;es &#x017F;ogenannten<lb/>
Gegners, der im Grunde der be&#x017F;te Freund i&#x017F;t.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Dann haben wir uns nichts weiter zu &#x017F;agen. Jch<lb/>
wollte mich nur überzeugen, daß ich von Jhrer Seite<lb/>
für uns Men&#x017F;chen nichts zu erwarten habe.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie wollen mich nicht ver&#x017F;tehen. Nur in Jhrem<lb/>
ein&#x017F;eitigen Jntere&#x017F;&#x017F;e kann ich nichts thun, &#x017F;on&#x017F;t aber<lb/>
werden Sie mich &#x017F;tets bereit finden &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Leben Sie wohl.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Saltner hörte nicht mehr auf Ells Worte. Er war<lb/>
&#x017F;chon auf den Gleit&#x017F;tuhl getreten und lö&#x017F;te die Hem-<lb/>
mung. Der Stuhl &#x017F;au&#x017F;te die &#x017F;chraubenförmige Bahn<lb/>
um den Stamm des Rie&#x017F;enbaumes hinab nach dem<lb/>
Erdboden. Das Ge&#x017F;präch hatte auf der Plattform<lb/>
&#x017F;tattgefunden, welche einen der Rie&#x017F;enbäume in der<lb/>
Nähe von Ells Wohnung umgab, dort, wo in einer<lb/>
Höhe von vierzig Meter über dem Boden die er&#x017F;ten<lb/>
Ä&#x017F;te an&#x017F;etzten. Ein mechani&#x017F;cher Aufzug führte in<lb/>
einer Schraubenlinie rings um den Stamm und be-<lb/>
förderte eben&#x017F;o leicht von unten nach oben als von<lb/>
oben nach unten. Die&#x017F;e ge&#x017F;chützten Plattformen boten<lb/>
einen äußer&#x017F;t angenehmen Arbeitsplatz. Wie vom<lb/>
Chor eines Domes blickte man zwi&#x017F;chen den Säulen<lb/>
der Baum&#x017F;tämme hindurch, über die niedrigen Häu&#x017F;er<lb/>
weit in die Anlagen. Die Luft war hier fri&#x017F;cher und<lb/>
kühler als unten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0145] Die Rente des Mars. „Jch verlange, was der Menſch vom Menſchen, der Deutſche vom Deutſchen verlangen kann, daß er ihm hilft, eines übermächtigen Gegners ſich zu er- wehren —‟ „Jch aber ſtehe auf der Seite dieſes ſogenannten Gegners, der im Grunde der beſte Freund iſt.‟ „Dann haben wir uns nichts weiter zu ſagen. Jch wollte mich nur überzeugen, daß ich von Jhrer Seite für uns Menſchen nichts zu erwarten habe.‟ „Sie wollen mich nicht verſtehen. Nur in Jhrem einſeitigen Jntereſſe kann ich nichts thun, ſonſt aber werden Sie mich ſtets bereit finden —‟ „Leben Sie wohl.‟ Saltner hörte nicht mehr auf Ells Worte. Er war ſchon auf den Gleitſtuhl getreten und löſte die Hem- mung. Der Stuhl ſauſte die ſchraubenförmige Bahn um den Stamm des Rieſenbaumes hinab nach dem Erdboden. Das Geſpräch hatte auf der Plattform ſtattgefunden, welche einen der Rieſenbäume in der Nähe von Ells Wohnung umgab, dort, wo in einer Höhe von vierzig Meter über dem Boden die erſten Äſte anſetzten. Ein mechaniſcher Aufzug führte in einer Schraubenlinie rings um den Stamm und be- förderte ebenſo leicht von unten nach oben als von oben nach unten. Dieſe geſchützten Plattformen boten einen äußerſt angenehmen Arbeitsplatz. Wie vom Chor eines Domes blickte man zwiſchen den Säulen der Baumſtämme hindurch, über die niedrigen Häuſer weit in die Anlagen. Die Luft war hier friſcher und kühler als unten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/145
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/145>, abgerufen am 21.11.2024.