Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.Sechsunddreißigstes Kapitel. Wenn es vielleicht noch ein andres Mari gab, und er,statt in der Nähe des Südpols, sich am Aequator oder am Nordpol wiederfand? Aber das Coupe war selbst- verständlich mit der erforderlichen Bibliothek versehen. Es fand sich da das Meisterwerk statistischer und tabellarischer Kunst, das Mars-Kursbuch, in welchem die Beförderungszeiten, Wege und Reisedauer an- gegeben waren. Durch eine höchst scharfsinnig kon- struierte, verschiebbare Tabelle konnte man die Weg- dauer zwischen je zwei beliebigen Stationen sofort finden. Als Saltner "Mari" nachschlug, fand er, daß es allerdings noch einen Bezirk gleichen Namens auf der nördlichen Halbkugel gab, und daß er die Bezeich- nung "Gol" beizufügen hatte. Er schrieb also die Adresse auf das kleine Kärtchen und steckte dies in einen hierzu bestimmten Rahmen im Jnnern der Thür. Dadurch erschien die Adresse stark vergrößert und hell beleuchtet außen an der Thür. Ein leises Summen begann gleichzeitig. Dies dauerte so lange, bis der Wagen die Station verlassen hatte, und diente als Merkzeichen für den Reisenden, daß er nicht etwa bei der Abholungszeit übersehen war. Wenn es wieder begann, so war es das Signal, daß das Reiseziel nach Angabe der Adresse erreicht war. Saltner hatte aus dem Kursbuche ersehen, daß seine Sechsunddreißigſtes Kapitel. Wenn es vielleicht noch ein andres Mari gab, und er,ſtatt in der Nähe des Südpols, ſich am Aequator oder am Nordpol wiederfand? Aber das Coupé war ſelbſt- verſtändlich mit der erforderlichen Bibliothek verſehen. Es fand ſich da das Meiſterwerk ſtatiſtiſcher und tabellariſcher Kunſt, das Mars-Kursbuch, in welchem die Beförderungszeiten, Wege und Reiſedauer an- gegeben waren. Durch eine höchſt ſcharfſinnig kon- ſtruierte, verſchiebbare Tabelle konnte man die Weg- dauer zwiſchen je zwei beliebigen Stationen ſofort finden. Als Saltner „Mari‟ nachſchlug, fand er, daß es allerdings noch einen Bezirk gleichen Namens auf der nördlichen Halbkugel gab, und daß er die Bezeich- nung „Gol‟ beizufügen hatte. Er ſchrieb alſo die Adreſſe auf das kleine Kärtchen und ſteckte dies in einen hierzu beſtimmten Rahmen im Jnnern der Thür. Dadurch erſchien die Adreſſe ſtark vergrößert und hell beleuchtet außen an der Thür. Ein leiſes Summen begann gleichzeitig. Dies dauerte ſo lange, bis der Wagen die Station verlaſſen hatte, und diente als Merkzeichen für den Reiſenden, daß er nicht etwa bei der Abholungszeit überſehen war. Wenn es wieder begann, ſo war es das Signal, daß das Reiſeziel nach Angabe der Adreſſe erreicht war. Saltner hatte aus dem Kursbuche erſehen, daß ſeine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0168" n="160"/><fw place="top" type="header">Sechsunddreißigſtes Kapitel.</fw><lb/> Wenn es vielleicht noch ein andres Mari gab, und er,<lb/> ſtatt in der Nähe des Südpols, ſich am Aequator oder<lb/> am Nordpol wiederfand? Aber das Coup<hi rendition="#aq">é</hi> war ſelbſt-<lb/> verſtändlich mit der erforderlichen Bibliothek verſehen.<lb/> Es fand ſich da das Meiſterwerk ſtatiſtiſcher und<lb/> tabellariſcher Kunſt, das Mars-Kursbuch, in welchem<lb/> die Beförderungszeiten, Wege und Reiſedauer an-<lb/> gegeben waren. Durch eine höchſt ſcharfſinnig kon-<lb/> ſtruierte, verſchiebbare Tabelle konnte man die Weg-<lb/> dauer zwiſchen je zwei beliebigen Stationen ſofort<lb/> finden. Als Saltner „Mari‟ nachſchlug, fand er, daß<lb/> es allerdings noch einen Bezirk gleichen Namens auf<lb/> der nördlichen Halbkugel gab, und daß er die Bezeich-<lb/> nung „Gol‟ beizufügen hatte. Er ſchrieb alſo die<lb/> Adreſſe auf das kleine Kärtchen und ſteckte dies in<lb/> einen hierzu beſtimmten Rahmen im Jnnern der<lb/> Thür. Dadurch erſchien die Adreſſe ſtark vergrößert<lb/> und hell beleuchtet außen an der Thür. Ein leiſes<lb/> Summen begann gleichzeitig. Dies dauerte ſo lange,<lb/> bis der Wagen die Station verlaſſen hatte, und diente<lb/> als Merkzeichen für den Reiſenden, daß er nicht etwa<lb/> bei der Abholungszeit überſehen war. Wenn es wieder<lb/> begann, ſo war es das Signal, daß das Reiſeziel nach<lb/> Angabe der Adreſſe erreicht war.</p><lb/> <p>Saltner hatte aus dem Kursbuche erſehen, daß ſeine<lb/> Reiſe acht Stunden in Anſpruch nehmen würde, denn<lb/> die Entfernung betrug etwa 3000 Kilometer. Es war<lb/> jetzt bald Mitternacht, er traf alſo am Vormittage<lb/> ziemlich zeitig auf der Station Mari ein. Uebrigens<lb/> brauchte er ſich darum nicht zu kümmern, ob er zur<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0168]
Sechsunddreißigſtes Kapitel.
Wenn es vielleicht noch ein andres Mari gab, und er,
ſtatt in der Nähe des Südpols, ſich am Aequator oder
am Nordpol wiederfand? Aber das Coupé war ſelbſt-
verſtändlich mit der erforderlichen Bibliothek verſehen.
Es fand ſich da das Meiſterwerk ſtatiſtiſcher und
tabellariſcher Kunſt, das Mars-Kursbuch, in welchem
die Beförderungszeiten, Wege und Reiſedauer an-
gegeben waren. Durch eine höchſt ſcharfſinnig kon-
ſtruierte, verſchiebbare Tabelle konnte man die Weg-
dauer zwiſchen je zwei beliebigen Stationen ſofort
finden. Als Saltner „Mari‟ nachſchlug, fand er, daß
es allerdings noch einen Bezirk gleichen Namens auf
der nördlichen Halbkugel gab, und daß er die Bezeich-
nung „Gol‟ beizufügen hatte. Er ſchrieb alſo die
Adreſſe auf das kleine Kärtchen und ſteckte dies in
einen hierzu beſtimmten Rahmen im Jnnern der
Thür. Dadurch erſchien die Adreſſe ſtark vergrößert
und hell beleuchtet außen an der Thür. Ein leiſes
Summen begann gleichzeitig. Dies dauerte ſo lange,
bis der Wagen die Station verlaſſen hatte, und diente
als Merkzeichen für den Reiſenden, daß er nicht etwa
bei der Abholungszeit überſehen war. Wenn es wieder
begann, ſo war es das Signal, daß das Reiſeziel nach
Angabe der Adreſſe erreicht war.
Saltner hatte aus dem Kursbuche erſehen, daß ſeine
Reiſe acht Stunden in Anſpruch nehmen würde, denn
die Entfernung betrug etwa 3000 Kilometer. Es war
jetzt bald Mitternacht, er traf alſo am Vormittage
ziemlich zeitig auf der Station Mari ein. Uebrigens
brauchte er ſich darum nicht zu kümmern, ob er zur
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