Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierundvierzigstes Kapitel.
Heer mobilisiert werde. Wie aber sollte ich in die
Heimat gelangen? Die Luftbote nach Deutschland
verkehrten nicht mehr, und auf meine direkte Bitte
um Beförderung nach einem englischen Platze wurde
mir erwidert, daß ich in meiner Eigenschaft als Offizier
der Landwehr während der Dauer des Kriegszustandes
zurückgehalten werden müßte, es sei denn, daß ich
mich ehrenwörtlich verpflichtete, mich nicht zu den
Waffen zu stellen. Das konnte ich selbstverständlich
nicht thun. Nach dem Mars zu gehen war mir ge-
stattet, aber damit war mir nun nicht mehr gedient.
Jch mußte nach Deutschland. Wiederholte unangenehme
Dispute mit den Offizieren der Martier, von denen
die Jnsel jetzt wimmelte, machten mir den Aufenthalt
unerträglich. Jch erwog hundert Pläne zur Flucht,
selbst an unsern alten Ballon, der noch immer dort
lagert, dachte ich. Endlich beschloß ich auf eigene
Faust die Wanderung über das Eis zu versuchen,
die mir ja schon einmal gelungen war. Jm Falle
der vorzeitigen Entdeckung konnte doch, wie ich meinte,
meine Lage nicht verschlimmert werden. Natürlich
wurde ich entdeckt und zurückgebracht. Man kündete
mir an, daß ich wegen Verdachts der Spionage die
Jnsel Ara nicht mehr verlassen dürfe -- vorher hatte
man meinen Besuchen auf den benachbarten Jnseln
nichts in den Weg gelegt -- und daß ein Kriegs-
gericht oder dergleichen über mein weiteres Schicksal
beschließen würde. Schon glaubte ich, daß man mich
nach dem Mars bringen würde; dann konnte ich wenig-
stens hoffen, meine Frau zu treffen. Aber ich erfuhr

Vierundvierzigſtes Kapitel.
Heer mobiliſiert werde. Wie aber ſollte ich in die
Heimat gelangen? Die Luftbote nach Deutſchland
verkehrten nicht mehr, und auf meine direkte Bitte
um Beförderung nach einem engliſchen Platze wurde
mir erwidert, daß ich in meiner Eigenſchaft als Offizier
der Landwehr während der Dauer des Kriegszuſtandes
zurückgehalten werden müßte, es ſei denn, daß ich
mich ehrenwörtlich verpflichtete, mich nicht zu den
Waffen zu ſtellen. Das konnte ich ſelbſtverſtändlich
nicht thun. Nach dem Mars zu gehen war mir ge-
ſtattet, aber damit war mir nun nicht mehr gedient.
Jch mußte nach Deutſchland. Wiederholte unangenehme
Dispute mit den Offizieren der Martier, von denen
die Jnſel jetzt wimmelte, machten mir den Aufenthalt
unerträglich. Jch erwog hundert Pläne zur Flucht,
ſelbſt an unſern alten Ballon, der noch immer dort
lagert, dachte ich. Endlich beſchloß ich auf eigene
Fauſt die Wanderung über das Eis zu verſuchen,
die mir ja ſchon einmal gelungen war. Jm Falle
der vorzeitigen Entdeckung konnte doch, wie ich meinte,
meine Lage nicht verſchlimmert werden. Natürlich
wurde ich entdeckt und zurückgebracht. Man kündete
mir an, daß ich wegen Verdachts der Spionage die
Jnſel Ara nicht mehr verlaſſen dürfe — vorher hatte
man meinen Beſuchen auf den benachbarten Jnſeln
nichts in den Weg gelegt — und daß ein Kriegs-
gericht oder dergleichen über mein weiteres Schickſal
beſchließen würde. Schon glaubte ich, daß man mich
nach dem Mars bringen würde; dann konnte ich wenig-
ſtens hoffen, meine Frau zu treffen. Aber ich erfuhr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0270" n="262"/><fw place="top" type="header">Vierundvierzig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
Heer mobili&#x017F;iert werde. Wie aber &#x017F;ollte ich in die<lb/>
Heimat gelangen? Die Luftbote nach Deut&#x017F;chland<lb/>
verkehrten nicht mehr, und auf meine direkte Bitte<lb/>
um Beförderung nach einem engli&#x017F;chen Platze wurde<lb/>
mir erwidert, daß ich in meiner Eigen&#x017F;chaft als Offizier<lb/>
der Landwehr während der Dauer des Kriegszu&#x017F;tandes<lb/>
zurückgehalten werden müßte, es &#x017F;ei denn, daß ich<lb/>
mich ehrenwörtlich verpflichtete, mich nicht zu den<lb/>
Waffen zu &#x017F;tellen. Das konnte ich &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich<lb/>
nicht thun. Nach dem Mars zu gehen war mir ge-<lb/>
&#x017F;tattet, aber damit war mir nun nicht mehr gedient.<lb/>
Jch mußte nach Deut&#x017F;chland. Wiederholte unangenehme<lb/>
Dispute mit den Offizieren der Martier, von denen<lb/>
die Jn&#x017F;el jetzt wimmelte, machten mir den Aufenthalt<lb/>
unerträglich. Jch erwog hundert Pläne zur Flucht,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t an un&#x017F;ern alten Ballon, der noch immer dort<lb/>
lagert, dachte ich. Endlich be&#x017F;chloß ich auf eigene<lb/>
Fau&#x017F;t die Wanderung über das Eis zu ver&#x017F;uchen,<lb/>
die mir ja &#x017F;chon einmal gelungen war. Jm Falle<lb/>
der vorzeitigen Entdeckung konnte doch, wie ich meinte,<lb/>
meine Lage nicht ver&#x017F;chlimmert werden. Natürlich<lb/>
wurde ich entdeckt und zurückgebracht. Man kündete<lb/>
mir an, daß ich wegen Verdachts der Spionage die<lb/>
Jn&#x017F;el Ara nicht mehr verla&#x017F;&#x017F;en dürfe &#x2014; vorher hatte<lb/>
man meinen Be&#x017F;uchen auf den benachbarten Jn&#x017F;eln<lb/>
nichts in den Weg gelegt &#x2014; und daß ein Kriegs-<lb/>
gericht oder dergleichen über mein weiteres Schick&#x017F;al<lb/>
be&#x017F;chließen würde. Schon glaubte ich, daß man mich<lb/>
nach dem Mars bringen würde; dann konnte ich wenig-<lb/>
&#x017F;tens hoffen, meine Frau zu treffen. Aber ich erfuhr<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0270] Vierundvierzigſtes Kapitel. Heer mobiliſiert werde. Wie aber ſollte ich in die Heimat gelangen? Die Luftbote nach Deutſchland verkehrten nicht mehr, und auf meine direkte Bitte um Beförderung nach einem engliſchen Platze wurde mir erwidert, daß ich in meiner Eigenſchaft als Offizier der Landwehr während der Dauer des Kriegszuſtandes zurückgehalten werden müßte, es ſei denn, daß ich mich ehrenwörtlich verpflichtete, mich nicht zu den Waffen zu ſtellen. Das konnte ich ſelbſtverſtändlich nicht thun. Nach dem Mars zu gehen war mir ge- ſtattet, aber damit war mir nun nicht mehr gedient. Jch mußte nach Deutſchland. Wiederholte unangenehme Dispute mit den Offizieren der Martier, von denen die Jnſel jetzt wimmelte, machten mir den Aufenthalt unerträglich. Jch erwog hundert Pläne zur Flucht, ſelbſt an unſern alten Ballon, der noch immer dort lagert, dachte ich. Endlich beſchloß ich auf eigene Fauſt die Wanderung über das Eis zu verſuchen, die mir ja ſchon einmal gelungen war. Jm Falle der vorzeitigen Entdeckung konnte doch, wie ich meinte, meine Lage nicht verſchlimmert werden. Natürlich wurde ich entdeckt und zurückgebracht. Man kündete mir an, daß ich wegen Verdachts der Spionage die Jnſel Ara nicht mehr verlaſſen dürfe — vorher hatte man meinen Beſuchen auf den benachbarten Jnſeln nichts in den Weg gelegt — und daß ein Kriegs- gericht oder dergleichen über mein weiteres Schickſal beſchließen würde. Schon glaubte ich, daß man mich nach dem Mars bringen würde; dann konnte ich wenig- ſtens hoffen, meine Frau zu treffen. Aber ich erfuhr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/270
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/270>, abgerufen am 22.11.2024.