Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Selbstbiographische Studien. überhaupt einsetzen müßte. Man könnte etwa so be-ginnen: "Die erste Kunde meines Geschlechts erhebt sich dort, wo in den Tiefen des Urmeeres der laurentischen Periode eine behäbige Amöbe auf den Gedanken kam, sich zu halbieren. Die dickere Hälfte wurde mein Urahn. Sie erfreute sich eines stattlichen Zellkerns in kräftiger Protoplasmamasse und setzte die Methode der Teilungen mit Erfolg fort. Jn meinem Geschlechte war es auch, wo zuerst die Sitte aufkam, daß die Tochterzellen nach der Teilung nicht ihre eigenen Wege gingen, sondern zusammenblieben und sich gegenseitig unterstützten; damit geschah der unermeßlich wichtige erste Schritt zur Bildung von Zellgenossenschaften, von ent- wickelungsfähigen höheren Organismen. Seitdem blieb unserem Geschlechte eine dauernde Freude, Vereine zu gründen und im Kreise gleichgesinnter Genossen mit be- haglicher Rede sich mitzuteilen." Aber wohin komme ich? Jch beginne persönlich III. Die metaphysische Methode. Ein philosophischer Freund machte mich auf eine Selbſtbiographiſche Studien. überhaupt einſetzen müßte. Man könnte etwa ſo be-ginnen: „Die erſte Kunde meines Geſchlechts erhebt ſich dort, wo in den Tiefen des Urmeeres der laurentiſchen Periode eine behäbige Amöbe auf den Gedanken kam, ſich zu halbieren. Die dickere Hälfte wurde mein Urahn. Sie erfreute ſich eines ſtattlichen Zellkerns in kräftiger Protoplasmamaſſe und ſetzte die Methode der Teilungen mit Erfolg fort. Jn meinem Geſchlechte war es auch, wo zuerſt die Sitte aufkam, daß die Tochterzellen nach der Teilung nicht ihre eigenen Wege gingen, ſondern zuſammenblieben und ſich gegenſeitig unterſtützten; damit geſchah der unermeßlich wichtige erſte Schritt zur Bildung von Zellgenoſſenſchaften, von ent- wickelungsfähigen höheren Organismen. Seitdem blieb unſerem Geſchlechte eine dauernde Freude, Vereine zu gründen und im Kreiſe gleichgeſinnter Genoſſen mit be- haglicher Rede ſich mitzuteilen.“ Aber wohin komme ich? Jch beginne perſönlich III. Die metaphyſiſche Methode. Ein philoſophiſcher Freund machte mich auf eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0260" n="254"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Selbſtbiographiſche Studien.</hi></fw><lb/><hi rendition="#g">überhaupt</hi> einſetzen müßte. Man könnte etwa ſo be-<lb/> ginnen: „Die erſte Kunde meines Geſchlechts erhebt ſich<lb/> dort, wo in den Tiefen des Urmeeres der laurentiſchen<lb/> Periode eine behäbige Amöbe auf den Gedanken kam,<lb/> ſich zu halbieren. Die dickere Hälfte wurde mein<lb/> Urahn. Sie erfreute ſich eines ſtattlichen Zellkerns in<lb/> kräftiger Protoplasmamaſſe und ſetzte die Methode der<lb/> Teilungen mit Erfolg fort. Jn meinem Geſchlechte<lb/> war es auch, wo zuerſt die Sitte aufkam, daß die<lb/> Tochterzellen nach der Teilung nicht ihre eigenen Wege<lb/> gingen, ſondern zuſammenblieben und ſich gegenſeitig<lb/> unterſtützten; damit geſchah der unermeßlich wichtige erſte<lb/> Schritt zur Bildung von Zellgenoſſenſchaften, von ent-<lb/> wickelungsfähigen höheren Organismen. Seitdem blieb<lb/> unſerem Geſchlechte eine dauernde Freude, Vereine zu<lb/> gründen und im Kreiſe gleichgeſinnter Genoſſen mit be-<lb/> haglicher Rede ſich mitzuteilen.“</p><lb/> <p>Aber wohin komme ich? Jch beginne perſönlich<lb/> zu werden und habe den Urſprung des Geſchlechtes<lb/> noch keineswegs gründlich erforſcht. Denn jene Amöbe<lb/> mit dem Zellkern ſtammte von einem kernloſen Moner,<lb/> und dieſes Urprotoplasma — woher ſtammte dies?<lb/> Wir ſtehen vor der Frage nach dem Urſprung des<lb/> Lebens und ſehen uns genötigt, die hiſtoriſche Methode<lb/> unmittelbar in die metaphyſiſche überzuführen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#g">Die metaphyſiſche Methode.</hi> </head><lb/> <p>Ein philoſophiſcher Freund machte mich auf eine<lb/> Auffaſſung der Welt aufmerkſam, welche viel für ſich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0260]
Selbſtbiographiſche Studien.
überhaupt einſetzen müßte. Man könnte etwa ſo be-
ginnen: „Die erſte Kunde meines Geſchlechts erhebt ſich
dort, wo in den Tiefen des Urmeeres der laurentiſchen
Periode eine behäbige Amöbe auf den Gedanken kam,
ſich zu halbieren. Die dickere Hälfte wurde mein
Urahn. Sie erfreute ſich eines ſtattlichen Zellkerns in
kräftiger Protoplasmamaſſe und ſetzte die Methode der
Teilungen mit Erfolg fort. Jn meinem Geſchlechte
war es auch, wo zuerſt die Sitte aufkam, daß die
Tochterzellen nach der Teilung nicht ihre eigenen Wege
gingen, ſondern zuſammenblieben und ſich gegenſeitig
unterſtützten; damit geſchah der unermeßlich wichtige erſte
Schritt zur Bildung von Zellgenoſſenſchaften, von ent-
wickelungsfähigen höheren Organismen. Seitdem blieb
unſerem Geſchlechte eine dauernde Freude, Vereine zu
gründen und im Kreiſe gleichgeſinnter Genoſſen mit be-
haglicher Rede ſich mitzuteilen.“
Aber wohin komme ich? Jch beginne perſönlich
zu werden und habe den Urſprung des Geſchlechtes
noch keineswegs gründlich erforſcht. Denn jene Amöbe
mit dem Zellkern ſtammte von einem kernloſen Moner,
und dieſes Urprotoplasma — woher ſtammte dies?
Wir ſtehen vor der Frage nach dem Urſprung des
Lebens und ſehen uns genötigt, die hiſtoriſche Methode
unmittelbar in die metaphyſiſche überzuführen.
III. Die metaphyſiſche Methode.
Ein philoſophiſcher Freund machte mich auf eine
Auffaſſung der Welt aufmerkſam, welche viel für ſich
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