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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

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Stäubchen.

"Was ist Jhnen?" fragte Lenore.

"Das Sandkörnchen," sagte er und wandte sich ab.

Es hatte lange genug am Fensterbrette gespielt;
jetzt hielt es seine Zeit für gekommen, es sprang in die
Höhe und vom Winddrucke des Schnellzuges getrieben
flog es in das Auge des Dichters. Lenore lachte laut
auf und rief: "Das ist die Strafe, warum haben Sie
das Quarzkörnchen schlecht gemacht! Sie sehen furcht-
bar komisch aus, wenn Sie so zwinkern!"

Richard lehnte sich schweigend zurück. Es gelang
ihm, nach einiger Zeit mit dem Zipfel seines Tuchs das
Körnchen zu entfernen, aber das entzündete Auge schmerzte
ihn, und er hielt es geschlossen. Der Zug rasselte über
Weichen, Häuserreihen tauchten auf, man hielt am Bahn-
hof. Lenore blickte hinaus. "Ach," rief sie, "da ist
mein Bruder und Cousin Benno." Mit leichtem Sprunge
war sie aus dem Wagen.

"Schneidiges Wetter heut' -- kolossaler Staub,"
schnarrte Cousin Benno, ihr Tuch und Tasche ab-
nehmend.

Lenore wandte sich zurück, sie nickte Richard zu und
sagte zum Abschied:

"Und was hat Jhnen das Körnchen noch verraten?"

"Das Ende", erwiderte Richard kalt.



Stäubchen.

„Was iſt Jhnen?“ fragte Lenore.

„Das Sandkörnchen,“ ſagte er und wandte ſich ab.

Es hatte lange genug am Fenſterbrette geſpielt;
jetzt hielt es ſeine Zeit für gekommen, es ſprang in die
Höhe und vom Winddrucke des Schnellzuges getrieben
flog es in das Auge des Dichters. Lenore lachte laut
auf und rief: „Das iſt die Strafe, warum haben Sie
das Quarzkörnchen ſchlecht gemacht! Sie ſehen furcht-
bar komiſch aus, wenn Sie ſo zwinkern!“

Richard lehnte ſich ſchweigend zurück. Es gelang
ihm, nach einiger Zeit mit dem Zipfel ſeines Tuchs das
Körnchen zu entfernen, aber das entzündete Auge ſchmerzte
ihn, und er hielt es geſchloſſen. Der Zug raſſelte über
Weichen, Häuſerreihen tauchten auf, man hielt am Bahn-
hof. Lenore blickte hinaus. „Ach,“ rief ſie, „da iſt
mein Bruder und Couſin Benno.“ Mit leichtem Sprunge
war ſie aus dem Wagen.

„Schneidiges Wetter heut’ — koloſſaler Staub,“
ſchnarrte Couſin Benno, ihr Tuch und Taſche ab-
nehmend.

Lenore wandte ſich zurück, ſie nickte Richard zu und
ſagte zum Abſchied:

„Und was hat Jhnen das Körnchen noch verraten?“

„Das Ende“, erwiderte Richard kalt.



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[39/0045] Stäubchen. „Was iſt Jhnen?“ fragte Lenore. „Das Sandkörnchen,“ ſagte er und wandte ſich ab. Es hatte lange genug am Fenſterbrette geſpielt; jetzt hielt es ſeine Zeit für gekommen, es ſprang in die Höhe und vom Winddrucke des Schnellzuges getrieben flog es in das Auge des Dichters. Lenore lachte laut auf und rief: „Das iſt die Strafe, warum haben Sie das Quarzkörnchen ſchlecht gemacht! Sie ſehen furcht- bar komiſch aus, wenn Sie ſo zwinkern!“ Richard lehnte ſich ſchweigend zurück. Es gelang ihm, nach einiger Zeit mit dem Zipfel ſeines Tuchs das Körnchen zu entfernen, aber das entzündete Auge ſchmerzte ihn, und er hielt es geſchloſſen. Der Zug raſſelte über Weichen, Häuſerreihen tauchten auf, man hielt am Bahn- hof. Lenore blickte hinaus. „Ach,“ rief ſie, „da iſt mein Bruder und Couſin Benno.“ Mit leichtem Sprunge war ſie aus dem Wagen. „Schneidiges Wetter heut’ — koloſſaler Staub,“ ſchnarrte Couſin Benno, ihr Tuch und Taſche ab- nehmend. Lenore wandte ſich zurück, ſie nickte Richard zu und ſagte zum Abſchied: „Und was hat Jhnen das Körnchen noch verraten?“ „Das Ende“, erwiderte Richard kalt.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/45>, abgerufen am 21.11.2024.