Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
Aladdins Wunderlampe.

"Der Kerl spricht arabisch," sagte er.

"Geist der Lampe, sprich deutsch!" rief ich feierlich.

Leise, aber deutlich vernehmbar klang es aus der
Lampe:

"Jch bin der Sklave der Lampe und bereit, zu
gehorchen Allen, welche Herren der Lampe sind."

"Wo bist Du, Geist?"

"Jn der Lampe."

"Warum zeigst Du Dich nicht?"

"Jch darf nicht. Sobald ich mich für alle mensch-
lichen Sinne im Raume objektiviere, bin ich den Ge-
setzen der Natur und der Gesellschaft unterworfen,
welche zur Zeit gelten. Da es im modernen Staate
keine Sklaverei gibt, so würde ich nach meiner Jn-
karnation frei sein. Es ist mir daher geboten, mich
nur akustisch zu materialisieren."

"Wie? So schreitet auch das Geisterreich fort?"

"Auch wir sind dem Gesetze der Anpassung und
Entwicklung unterworfen."

"Und kannst Du noch meine Befehle erfüllen?"

"Alles, was Du befiehlst, kann ich thun, so weit
es nicht den Naturgesetzen widerspricht."

"So wünschen Sie," sagte ich leise.

Die Frauen schwiegen und sahen sich an. Alander
kam ihnen zuvor.

"Hören Sie, Jhr Geist scheint mir bedenklich civilisiert.
Wir wollen gleich sehen, ob er echt ist. Lassen Sie ihn
doch einmal 300 000 Mark in Gold auf den Tisch
legen."

Aladdins Wunderlampe.

„Der Kerl ſpricht arabiſch,“ ſagte er.

„Geiſt der Lampe, ſprich deutſch!“ rief ich feierlich.

Leiſe, aber deutlich vernehmbar klang es aus der
Lampe:

„Jch bin der Sklave der Lampe und bereit, zu
gehorchen Allen, welche Herren der Lampe ſind.“

„Wo biſt Du, Geiſt?“

„Jn der Lampe.“

„Warum zeigſt Du Dich nicht?“

„Jch darf nicht. Sobald ich mich für alle menſch-
lichen Sinne im Raume objektiviere, bin ich den Ge-
ſetzen der Natur und der Geſellſchaft unterworfen,
welche zur Zeit gelten. Da es im modernen Staate
keine Sklaverei gibt, ſo würde ich nach meiner Jn-
karnation frei ſein. Es iſt mir daher geboten, mich
nur akuſtiſch zu materialiſieren.“

„Wie? So ſchreitet auch das Geiſterreich fort?“

„Auch wir ſind dem Geſetze der Anpaſſung und
Entwicklung unterworfen.“

„Und kannſt Du noch meine Befehle erfüllen?“

„Alles, was Du befiehlſt, kann ich thun, ſo weit
es nicht den Naturgeſetzen widerſpricht.“

„So wünſchen Sie,“ ſagte ich leiſe.

Die Frauen ſchwiegen und ſahen ſich an. Alander
kam ihnen zuvor.

„Hören Sie, Jhr Geiſt ſcheint mir bedenklich civiliſiert.
Wir wollen gleich ſehen, ob er echt iſt. Laſſen Sie ihn
doch einmal 300 000 Mark in Gold auf den Tiſch
legen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0078" n="72"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Aladdins Wunderlampe.</hi> </fw><lb/>
        <p>&#x201E;Der Kerl &#x017F;pricht arabi&#x017F;ch,&#x201C; &#x017F;agte er.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gei&#x017F;t der Lampe, &#x017F;prich deut&#x017F;ch!&#x201C; rief ich feierlich.</p><lb/>
        <p>Lei&#x017F;e, aber deutlich vernehmbar klang es aus der<lb/>
Lampe:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch bin der Sklave der Lampe und bereit, zu<lb/>
gehorchen Allen, welche Herren der Lampe &#x017F;ind.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo bi&#x017F;t Du, Gei&#x017F;t?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jn der Lampe.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Warum zeig&#x017F;t Du Dich nicht?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch darf nicht. Sobald ich mich für alle men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Sinne im Raume objektiviere, bin ich den Ge-<lb/>
&#x017F;etzen der Natur und der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft unterworfen,<lb/>
welche zur Zeit gelten. Da es im modernen Staate<lb/>
keine Sklaverei gibt, &#x017F;o würde ich nach meiner Jn-<lb/>
karnation frei &#x017F;ein. Es i&#x017F;t mir daher geboten, mich<lb/>
nur aku&#x017F;ti&#x017F;ch zu materiali&#x017F;ieren.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie? So &#x017F;chreitet auch das Gei&#x017F;terreich fort?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch wir &#x017F;ind dem Ge&#x017F;etze der Anpa&#x017F;&#x017F;ung und<lb/>
Entwicklung unterworfen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und kann&#x017F;t Du noch meine Befehle erfüllen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Alles, was Du befiehl&#x017F;t, kann ich thun, &#x017F;o weit<lb/>
es nicht den Naturge&#x017F;etzen wider&#x017F;pricht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So wün&#x017F;chen Sie,&#x201C; &#x017F;agte ich lei&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Die Frauen &#x017F;chwiegen und &#x017F;ahen &#x017F;ich an. Alander<lb/>
kam ihnen zuvor.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hören Sie, Jhr Gei&#x017F;t &#x017F;cheint mir bedenklich civili&#x017F;iert.<lb/>
Wir wollen gleich &#x017F;ehen, ob er echt i&#x017F;t. La&#x017F;&#x017F;en Sie ihn<lb/>
doch einmal 300 000 Mark in Gold auf den Ti&#x017F;ch<lb/>
legen.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0078] Aladdins Wunderlampe. „Der Kerl ſpricht arabiſch,“ ſagte er. „Geiſt der Lampe, ſprich deutſch!“ rief ich feierlich. Leiſe, aber deutlich vernehmbar klang es aus der Lampe: „Jch bin der Sklave der Lampe und bereit, zu gehorchen Allen, welche Herren der Lampe ſind.“ „Wo biſt Du, Geiſt?“ „Jn der Lampe.“ „Warum zeigſt Du Dich nicht?“ „Jch darf nicht. Sobald ich mich für alle menſch- lichen Sinne im Raume objektiviere, bin ich den Ge- ſetzen der Natur und der Geſellſchaft unterworfen, welche zur Zeit gelten. Da es im modernen Staate keine Sklaverei gibt, ſo würde ich nach meiner Jn- karnation frei ſein. Es iſt mir daher geboten, mich nur akuſtiſch zu materialiſieren.“ „Wie? So ſchreitet auch das Geiſterreich fort?“ „Auch wir ſind dem Geſetze der Anpaſſung und Entwicklung unterworfen.“ „Und kannſt Du noch meine Befehle erfüllen?“ „Alles, was Du befiehlſt, kann ich thun, ſo weit es nicht den Naturgeſetzen widerſpricht.“ „So wünſchen Sie,“ ſagte ich leiſe. Die Frauen ſchwiegen und ſahen ſich an. Alander kam ihnen zuvor. „Hören Sie, Jhr Geiſt ſcheint mir bedenklich civiliſiert. Wir wollen gleich ſehen, ob er echt iſt. Laſſen Sie ihn doch einmal 300 000 Mark in Gold auf den Tiſch legen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/78
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/78>, abgerufen am 21.11.2024.