Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Einleitung. in der Europa von der zweiten Vorstellung des Stückesin Berlin erzählte: am Schlusse habe sich keine Hand ge- regt und das Publikum sei still und mißvergnügt hinweg- gegangen. Zufällig bin ich selbst zugegen gewesen, und habe gesehen und gehört, daß am Schluß der zweiten wie am Schluß der ersten Vorstellung allgemein applaudirt und das spielende Personal in seinen Hauptvertretern ge- rufen wurde. Diese Nebensache erwähne ich nicht bloß, um in einer vergessenen Angelegenheit unnütz zu wider- sprechen, und auch nicht bloß um die Gewissenlosigkeit in Berichterstattungen nachzuweisen -- was würde das hel- fen bei einem viel tiefer liegenden Uebel?! -- Nein, ich erwähne sie, um auf den Eindruck zu kommen, welchen mir selbst die erste Vorstellung in Hamburg gemacht hatte, und um beiläufig einen Fehler der Berichterstatter, wel- chen sie ablegen können, einleuchtend zu rügen. Jch bin nämlich weit entfernt, unwahre Berichte über meine Stücke immer nur persönlicher Feindschaft und unlauterer Par- teiung zuzuschreiben und ich habe bei dieser Gelegenheit deutlich eingesehn, wie solche Lügenberichte entstehen. Das Stück hatte dem Berichterstatter selbst mißfallen, und er war eitel und oberflächlich genug, seinen Eindruck für den allgemeinen auszugeben -- in der nächsten Zeile spricht er von der Würde öffentlicher Meinung, nachdem er sie eben in Verläugnung öffentlicher Thatsache miß- handelt hat. Solche Berichterstatter haben zu lernen, daß getreue Darstellung des Thatbestandes eine Pflicht Einleitung. in der Europa von der zweiten Vorſtellung des Stuͤckesin Berlin erzaͤhlte: am Schluſſe habe ſich keine Hand ge- regt und das Publikum ſei ſtill und mißvergnuͤgt hinweg- gegangen. Zufaͤllig bin ich ſelbſt zugegen geweſen, und habe geſehen und gehoͤrt, daß am Schluß der zweiten wie am Schluß der erſten Vorſtellung allgemein applaudirt und das ſpielende Perſonal in ſeinen Hauptvertretern ge- rufen wurde. Dieſe Nebenſache erwaͤhne ich nicht bloß, um in einer vergeſſenen Angelegenheit unnuͤtz zu wider- ſprechen, und auch nicht bloß um die Gewiſſenloſigkeit in Berichterſtattungen nachzuweiſen — was wuͤrde das hel- fen bei einem viel tiefer liegenden Uebel?! — Nein, ich erwaͤhne ſie, um auf den Eindruck zu kommen, welchen mir ſelbſt die erſte Vorſtellung in Hamburg gemacht hatte, und um beilaͤufig einen Fehler der Berichterſtatter, wel- chen ſie ablegen koͤnnen, einleuchtend zu ruͤgen. Jch bin naͤmlich weit entfernt, unwahre Berichte uͤber meine Stuͤcke immer nur perſoͤnlicher Feindſchaft und unlauterer Par- teiung zuzuſchreiben und ich habe bei dieſer Gelegenheit deutlich eingeſehn, wie ſolche Luͤgenberichte entſtehen. Das Stuͤck hatte dem Berichterſtatter ſelbſt mißfallen, und er war eitel und oberflaͤchlich genug, ſeinen Eindruck fuͤr den allgemeinen auszugeben — in der naͤchſten Zeile ſpricht er von der Wuͤrde oͤffentlicher Meinung, nachdem er ſie eben in Verlaͤugnung oͤffentlicher Thatſache miß- handelt hat. Solche Berichterſtatter haben zu lernen, daß getreue Darſtellung des Thatbeſtandes eine Pflicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</fw><lb/> in der Europa von der zweiten Vorſtellung des Stuͤckes<lb/> in Berlin erzaͤhlte: am Schluſſe habe ſich keine Hand ge-<lb/> regt und das Publikum ſei ſtill und mißvergnuͤgt hinweg-<lb/> gegangen. Zufaͤllig bin ich ſelbſt zugegen geweſen, und<lb/> habe geſehen und gehoͤrt, daß am Schluß der zweiten wie<lb/> am Schluß der erſten Vorſtellung allgemein applaudirt<lb/> und das ſpielende Perſonal in ſeinen Hauptvertretern ge-<lb/> rufen wurde. Dieſe Nebenſache erwaͤhne ich nicht bloß,<lb/> um in einer vergeſſenen Angelegenheit unnuͤtz zu wider-<lb/> ſprechen, und auch nicht bloß um die Gewiſſenloſigkeit in<lb/> Berichterſtattungen nachzuweiſen — was wuͤrde das hel-<lb/> fen bei einem viel tiefer liegenden Uebel?! — Nein, ich<lb/> erwaͤhne ſie, um auf den Eindruck zu kommen, welchen<lb/> mir ſelbſt die erſte Vorſtellung in Hamburg gemacht hatte,<lb/> und um beilaͤufig einen Fehler der Berichterſtatter, wel-<lb/> chen ſie ablegen koͤnnen, einleuchtend zu ruͤgen. Jch bin<lb/> naͤmlich weit entfernt, unwahre Berichte uͤber meine Stuͤcke<lb/> immer nur perſoͤnlicher Feindſchaft und unlauterer Par-<lb/> teiung zuzuſchreiben und ich habe bei dieſer Gelegenheit<lb/> deutlich eingeſehn, <hi rendition="#g">wie</hi> ſolche Luͤgenberichte entſtehen.<lb/> Das Stuͤck hatte dem Berichterſtatter ſelbſt mißfallen, und<lb/> er war eitel und oberflaͤchlich genug, ſeinen Eindruck fuͤr<lb/> den allgemeinen auszugeben — in der naͤchſten Zeile<lb/> ſpricht er von der Wuͤrde oͤffentlicher Meinung, nachdem<lb/> er ſie eben in Verlaͤugnung oͤffentlicher Thatſache miß-<lb/> handelt hat. Solche Berichterſtatter haben zu lernen,<lb/> daß getreue Darſtellung des Thatbeſtandes eine Pflicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0034]
Einleitung.
in der Europa von der zweiten Vorſtellung des Stuͤckes
in Berlin erzaͤhlte: am Schluſſe habe ſich keine Hand ge-
regt und das Publikum ſei ſtill und mißvergnuͤgt hinweg-
gegangen. Zufaͤllig bin ich ſelbſt zugegen geweſen, und
habe geſehen und gehoͤrt, daß am Schluß der zweiten wie
am Schluß der erſten Vorſtellung allgemein applaudirt
und das ſpielende Perſonal in ſeinen Hauptvertretern ge-
rufen wurde. Dieſe Nebenſache erwaͤhne ich nicht bloß,
um in einer vergeſſenen Angelegenheit unnuͤtz zu wider-
ſprechen, und auch nicht bloß um die Gewiſſenloſigkeit in
Berichterſtattungen nachzuweiſen — was wuͤrde das hel-
fen bei einem viel tiefer liegenden Uebel?! — Nein, ich
erwaͤhne ſie, um auf den Eindruck zu kommen, welchen
mir ſelbſt die erſte Vorſtellung in Hamburg gemacht hatte,
und um beilaͤufig einen Fehler der Berichterſtatter, wel-
chen ſie ablegen koͤnnen, einleuchtend zu ruͤgen. Jch bin
naͤmlich weit entfernt, unwahre Berichte uͤber meine Stuͤcke
immer nur perſoͤnlicher Feindſchaft und unlauterer Par-
teiung zuzuſchreiben und ich habe bei dieſer Gelegenheit
deutlich eingeſehn, wie ſolche Luͤgenberichte entſtehen.
Das Stuͤck hatte dem Berichterſtatter ſelbſt mißfallen, und
er war eitel und oberflaͤchlich genug, ſeinen Eindruck fuͤr
den allgemeinen auszugeben — in der naͤchſten Zeile
ſpricht er von der Wuͤrde oͤffentlicher Meinung, nachdem
er ſie eben in Verlaͤugnung oͤffentlicher Thatſache miß-
handelt hat. Solche Berichterſtatter haben zu lernen,
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